[B] Es herrscht (sozialer) Krieg und alle schauen zu. Erklärung zum Angriff auf Kärcher
Seit dem Einmarsch der faschistischen türkischen Armee in Rojava stellen wir uns die Frage wie weiter. Bis jetzt verharrt die radikal und militant organisierte Linke aus Deutschland in einer Art Schockstarre gegen diese Angriffe. Abgesehen von Solidaritätsbekundungen und Demos. Allerdings scheint die Wut, die 2018 beim Angriff auf Afrin noch herrschte, genauso wie die bis dahin existierende militante Kampagne, verflogen zu sein.
Mit der neuen Kampagne #fight4rojava finden nur noch eine marginale Anzahl der nächtlichen Angriffe auf Profiteure dieses und jedes anderen Krieges statt. Wir sind verwundert darüber, vor allem in Bezug auf die weltweiten öffentlichkeitswirksamen Blockaden der Industriestandorte von Rüstungsherstellern, Repräsentanten und türkischen Unternehmen, die eine Unterstützung von militanter Seite erfordern würden. Die Verknüpfung der Kämpfe der militanten Linken, die aus einem historischen Bewusstsein noch vorhanden sein sollte, lehrt uns, dass der Aufruf zu einer Kampagne allein nichts bringen wird. Den FreundInnen der Blockaden allerdings sprechen wir ausdrücklich unseren Dank aus.
Unsere antimilitaristische Perspektive, abseits des legalen Protestes, ist keineswegs eine neue und führte immer wieder zu einer praktischen Umsetzung in unseren Kämpfen der letzten Jahrzehnte. Sie scheint mittlerweile jedoch ein wenig eingerostet, möglicherweise auch aufgrund der erdrückenden Größe des Feindes. Wenn wir uns wieder bewusst werden, dass wir im Herzen des Krieges leben und Europa - speziell Deutschland - Drehscheibe der internationalen Waffenlobby ist, sollten wir entsprechende Antworten entwickeln.
Es sind eben nicht nur die Big-Player, die vom Krieg in Rojava, Jemen oder Mali profitieren.
Es sind ebenso „kleine“ und unscheinbare Firmen, die den Nutzen von Krieg für sich erkannt haben. In der offiziellen Liste der industriellen NATO-Partner tauchen zum Beispiel Palfinger Europe GmbH, Liebherr Baumaschinen Vertriebs-& Service GmbH, MDBA und auch Kärcher Futuretech GmbH auf.
Wir entschieden uns für Kärcher-Futuretech, da diese sich nicht nur an NATO-Partnern bereichern, sondern auch global im Bereich der Aufstandsbekämpfungen tätig sind. So wundert es uns nicht, dass sie im Jahr 2013 Aussteller für den Polizeikongress in Berlin waren. Wenn wir den Blick über Europa hinaus wenden, scheint es, als ob ihre Welt ins Chaos stürzen könnte: Jakarta, Hong-Kong, Chile, Ecuador, Bolivien, Iran, Irak. Erfahrungsberichten nach handelt es sich an vielen dieser Orte um rebellische Akte der Befreiung aus staatlicher und neoliberaler Unterdrückung. Wir betrachten die brennenden Straßen und unkontrollierbaren Momente mit Bewunderung und schicken unsere Grüße in diese Gebiete.
Futuretech ist ein Tochterunternehmen des renommierten deutschen Staubsauger-Herstellers Kärcher, das verschiedene Werksvertretungen in Deutschland betreibt. Selbst wenn hier nur Staubsauger ausgestellt werden, sollten wir die Kosten für die nicht-militärischen Bereiche der Kriegsprofiteure in die Höhe treiben. Oder macht ein Krieg Halt vor zivilen Sektoren?
Aus diesem Grund ist es uns egal, ob nur die Staubsauger Werksvertretung der Kärcher Group oder Futuretech direkt angegriffen wird. Die Kärcher Group stellt in ihrem Tochterunternhemen selbst mobile Dekontaminations Einheiten, Trinkwasserversorgungen und Feldlagersysteme zur Verfügung. Im Bereich der militärischen Zusammenarbeit unterstützt sie verschiedene Militärs rechtspopulistischer Regierungen wie in Brasilien oder Österreich. Futuretech nimmt nicht nur in Deutschland an Kongressen teil, sondern auch in Dubai bei der diesjährigen Konferenz unter dem Motto „Police Crime Prevention International“.
Mit Hämmern schlugen wir die Scheiben von einem Büro der Kärcher Group ein.
Für Andok und all die anderen die im Kampf für die Freiheit sterben mussten.
Ergänzungen
Bullenmeldung
bz-bericht
die boulevardzeitung B.Z. berichtet über diesen und ähnliche angriffe in der selben woche: https://archive.is/gt9sB
Noch kaputt
Die Scheiben sind heute, knapp drei Monate darnach, noch immer nur mit Pappe und manche mit Glas und Silikon geflickt. Etwa 10 große kaputte Scheiben sind es.
Von innen an den den Fenstern aufgehangen wurden Fahnungsaufrufe des Staatsschutzes, die fragen, wer etwas zu einem Angriff "mit Steinen und Farbgläsern" auf die Kärcher Filiale gesehen habe. Diese etwas von dem oben beschriebenen Vorgehen mit Hämmern abweichende Schilderung scheint von einem anderen Plakat einfach rüberkopiert worden zu sein. Immerhin werden sich die Leute von Kärcher da keine Illusionen machen, dass drüben beim LKA am Platz der Luftbrücke profesionell gearbeitet würde...