MIETREBELLEN - Aufführungen mit Team und Initiativen
In der kommenden Woche gibt es in Berlin Aufführungen des Films 'MIETREBELLEN - Widerstand gegen den Ausverkauf der Stadt' zusammen mit dem Filmteam und Aktivist_innen. Unten sind die Zeiten und Orte aufgeführt.
Vier Berliner Kinos zeigen den Film derzeit im Tagesprogramm. In Kreuzberg das Moviemento, im Prenzlauer Berg das Lichtblick, im Friedrichshain das Zukunft und in Moabit der Filmrauschpalast. Siehe www.mietrebellen.de/termine
Hier ein Bericht der vorherigen Veranstaltungen.
Es wird diskutiert
In den zurückliegenden Tagen gab es mehrere Aufführungen der MIETREBELLEN in den Kinos Moviemento, Central und Lichtblick in Anwesenheit der Filmemacher und von Protagonisten aus dem Film.
Im Kinosaal wird nach den Aufführungen interessiert und lebhaft diskutiert: So wird gefragt, wie man sich beteiligen könne.
Ein Mann aus der Belforter Straße in Prenzlauer Berg berichtet davon, wie bei ihnen die meist älteren Mieter auch massiv betroffen sind. Er erzählt von den Bäumen im Innenhof, die einer nach dem anderen abgeholzt wurden.
Eine Frau aus dem Bergmannkiez schildert, dass sie selber eine Räumungsklage wegen Eigenbedarf hat und sich mit den Nachbarn in ihrem Haus gegen den neuen Eigentümer, der sie loswerden wolle, zu wehren versucht. Viele Menschen wohnen dort seit 40 Jahren.
Sie fragt nach Kontaktmöglichkeiten zu den schon aktiven Mieterinitiativen und findet nach der Veranstaltung mit Mietern des Mietenpolitischen Dossiers zusammen.
Die Aktiven von Zwangsräumungen verhindern weisen darauf hin, dass auch wieder im Mai, diesmal in Charlottenburg, der nächste Versuch stattfindet, eine Zwangsräumung zu verhindern. Es gehen Zettel im ausverkauften Kinosaal herum mit dem Aufruf, sich solidarisch zu zeigen und sich zu beteiligen.
Nur durch gemeinsames Widersetzen könne der Verdrängung ganzer Bevölkerungsschichten hier in Berlin etwas entgegengesetzt werden.
Derzeit, so ein Mieter, versuche der Senat Menschen zu kriminalisieren, die sich gegen Zwangsräumungen engagieren.
Ali Gülbol berichtet, dass er und seine Familie durch die umfassende Solidarität aus der Nachbarschaft bei ihrer Zwangsräumung eine große Stärkung erfahren haben. Es tue sich etwas, doch es sei ein noch größerer Zusammenhalt gegen die derzeitige Entwicklung nötig.
Auf die Nachfrage nach Anlaufstellen für betroffene Mieter entgegnet Gülbol, Interessierte können jeden letzten Sonntag im Monat um 16 Uhr zu einem Betroffenencafé in die Lausitzer Str. 8 kommen, um sich auszutauschen und gemeinsame Aktivitäten zu entwickeln.
Auf die Frage, ob es an sozialem Wohnungsbau mangele, weist Matthias Coers darauf hin, dass in Berlin in den letzten Jahrzehnten die soziale Wohnraumversorgung aufs Sträflichste vernachlässigt wurde. Es werde immer auf London und Paris geschaut und damit die Dramatik der momentanen Situation in Berlin und anderen deutschen Großstädten verharmlost. Vielmehr solle man sich zum Beispiel an der Metropole Wien orientieren, wo in Anlehnung an den Gemeindebau aus der Zeit zwischen den Weltkriegen viele öffentliche Gelder für die Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten in die Hand genommen werden.
Gertrud Schulte Westenberg sieht bei vielen Politikern keine Konzepte, mit der aktuellen Situation umzugehen. Einige wenige setzen sich jedoch sehr für die Mieter ein. Deren vernünftige Positionen, so die Filmemacher, werden sich in den Parteien ohne aktive Mieter jedoch nicht durchsetzen können.
Der ehemalige Bezirksbürgermeister Franz Schulz verweist im Kino darauf, dass es die richtige Lösung für die Mieter_innen im Sozialen Wohnungsbau und insbesondere für die Palisaden-Panther wäre, die Häuser zurückzukaufen. Doch der Senat habe sich um einen solchen Vorstoß von ihm und anderen nicht geschert. Über die Symptome werde in der Politik zwar gesprochen, doch wenn es darum gehe, an den Ursachen anzupacken und für die notwendige Finanzierung des Mieterschutzes einzutreten, kneifen alle Parteien, so Schulz. Ohne die Initiativen wäre die ganze Diskussion nach seiner Einschätzung schon lange wieder vorbei.
Ein Aktiver der Palisaden-Panther berichtet, wie er und seine Nachbarn ihre Selbstorganisierung starteten. Die Palisade, ihr monatliches Faltblatt kann online aufgerufen werden. 60% der Berliner werden sich im Film wiederfinden können, so der Mieter.
Zu der Situation der massiven Mietsteigerungen im heutigen sogenannten sozialen Wohnungsbau erzählen Mitglieder der Kotti&Co-Jugend davon, wie sie eine kostenlose Mieter- und Sozialberatung aufgebaut haben. Derzeit organisieren sie in vielen der betroffenen Häuser um das Kottbusser Tor herum zusammen mit Anwälten Hausversammlungen. Diese werden in den Hauseingängen abgehalten – alle Nachbarn bringen einen Stuhl mit.
Der Film solle jenen Menschen eine Stimme geben, die sonst in den Medien eher als ohnmächtige Opfer dargestellt werden, so die Filmemacher. Dafür habe man bewusst auf Kommentierungen von Politikern und sogenannten Experten verzichtet. Es gehe vielmehr darum, sichtbar zu machen, wie Mieter die Initiative ergreifen, sich als selbstbewusste Besitzer ihres Mietvertrags verstehen und gemeinsam für ihre Grundrechte streiten.
Eine Mieterin der Initiative FuldaWeichsel, welche die Verdrängung durch Energetische Modernisierung thematisiert, verweist auf die Bedeutung, sich in Hausversammlungen zusammenzufinden, um die oft individualisierten juristischen Auseinandersetzungen besser durchzustehen. Hierdurch sei es ihnen im Haus möglich gewesen, Verdrängung zu verhindern und für die meisten Nachbar gerade noch annehmbare Einigungen vor Gericht zu erwirken. Energetische Modernisierung sei eine derzeit massiv angewandte Methode, den Menschen unter einem grünen Deckmantel das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Im Allgemeinen sei fast jede Mieterhöhung, so Coers, eine Umverteilung von unten nach oben, da ein großer Teil der Immobilieneigentümer bereits über enorme Vermögen und hohe Einkommen verfügt.
Die Filmemacher und Mieter betonen hingegen, dass die derzeitige Entwicklung keine Naturnotwendigkeit sei. Vielmehr sind es von blindem, kurzfristigen ökonomischen Handeln und mangelnder sozialer Verantwortung bestimmte Interessen, die durchgesetzt werden sollen.
Eine Aktive des Bündnisses Keine Rendite mit der Miete begründet dementsprechend die Organisierung der Proteste gegen die Jahrestagung der Immobilienwirtschaft damit, dass auf diese Weise über die konkreten Alltagsauseinandersetzungen hinaus auf diejenigen Akteure verwiesen werden soll, die von der aktuellen Situation profitieren und sie vorantreiben.
Bei der Aufführung mit der Vorstellung des Buches Zwangsräumungen verhindern stellen Herausgeber und Autoren die heutigen Kämpfe in den Kontext ihrer historischen Vorläufer aus der Weimarer Republik sowie der zur Zeit stattfindenden Auseinandersetzungen um Zwangsräumungen in Spanien, welche die Bewegungen hierzulande maßgeblich inspirieren. Dort werden inzwischen von Menschen, die zuvor ihre Wohnungen verloren haben, leerstehende Häuser besetzt und die Umwandlung in soziale Mietwohnungen erwirkt. Siehe dazu auch den Vortrag von Eduard Baches aus Lleida, der im Zuge der Veranstaltungsreihe Wohnen in der Krise im letzten Jahr in Berlin zu Besuch war.
Viele Kinobesucher formulieren, dass der Film Schritte aus der Ohnmacht heraus zeige. Sie betonen nach den oft sehr gut besuchten Vorstellungen, dass man nun ermutigt in den Alltag als Mieter gehe, wissend, dass man nicht alleine ist.
Auführungen mit Team und Initiativen in der kommenden Woche:
Mo. 19.5., 19.15 Uhr mit Wem gehört Kreuzberg und Recht auf Wohnen in Europa, Moviemento-Kino, Kottbusser Damm 22
Mi. 21.5., 19.00 Uhr mit Mietern der Initiative FuldaWeichsel, Kino Zukunft am Ostkreuz, Laskerstr. 5
Fr. 23.5., 18.00 Uhr mit Kotti&Co/Kotti&Co-Jugend, Filmrauschpalast, Lehrter Str. 35
So. 25.5., 18.30 Uhr mit der Stillen Straße und den Palisaden-Panthern, Lichtblick-Kino, Kastanienallee 77