[G20 HH] Solidarität mit allen Betroffenen von politischer Repression - für radikale Gesellschaftsperspektiven

Am 8. Juli wurden in Hamburg Drei von der Parkbank weg festgenommen. Im Anschluss fanden Durchsuchungen an mehreren Orten statt. Zwei Personen befinden sich aktuell noch in Untersuchungshaft. Die polizeiliche Maßnahme war laut Hamburger Abendblatt ein Ergebnis von Observationstätigkeiten rund um den Jahrestag der Proteste gegen den G20 Gipfel. Den Betroffenen wird keine konkret verübte Straftat vorgeworfen, sondern aufgrund präparierter Plastikflaschen mit brennbarer Flüssigkeit eine solche möglicherweise im Sinn gehabt zu haben.

Am Montag den 22.7. um 19 Uhr wird vom Centro Sociale eine Demonstration zum Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis ziehen. Wir rufen die gesamte Breite jener Bewegungen, die an den Protesten gegen den G20 Gipfel teilgenommen haben, dazu auf, an der Demonstration teilzunehmen, selbst dafür zu mobilisieren und weitere Solidarität zu entwickeln.

Die Festnahmen sind die Fortführung der massiven Repressionen nach G20. Bereits der Gipfel selbst in Hamburg war geprägt von Polizeigewalt, aber auch von Protest und Widerstand in den Straßen der Stadt. Wir distanzieren uns in diesem Zusammenhang von nichts. Die Auseinandersetzungen in Hamburg waren ein Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse und Konflikte.

Sie gilt es aufzugreifen, Kritik weiterzuentwickeln und zugrundeliegenden Gewaltverhältnisse zu überwinden. Wohnungslosigkeit, Armut, Ausgrenzungserfahrungen oder Polizeigewalt sind die Dinge, über die wir in unseren Zentren oder Stadtteilversammlungen sprechen und die uns bewegen.

Nach einer für Politik und Polizei katastrophalen Bilanz der Gipfeltage befinden sie sich nun auf einem Rachefeldzug. Die Soko Schwarzer Block wurde hierzu als politisches Instrument eingerichtet. Ziel war eine möglichst hohe Zahl an Ermittlungsverfahren als Vergeltung und präventive Abschreckung. Die anhaltenden öffentlichen Fotofahndungen sind ebenso Ausdruck davon, wie auch die hohen Strafurteile in Prozessen oder Drohungen gegen linke Zentren und stadtpolitische Projekte.

Die große Zahl an Ermittlungsverfahren resultiert aus oft absurden Ermittlungskonstrukten. Während Polizeigewalt bis heute verleugnet wird, wurden Betroffene von dieser mit vagen Vorwürfen und auch offensichtlichen Lügen teilweise monatelang in Untersuchungshaft gehalten. Rechte von Betroffenen werden systematisch ausgehebelt und die Ermittlungen selbst werden zum Strafinstrument und Teil einer autoritären Inszenierung.

Der Protest gegen den G20 Gipfel hatte eine globale Dimension. Migration, Landraub, Ausbeutung, Klimawandel und Kriege sind die Themen, die uns bewegt haben und weiterhin bewegen. Der Macht und Gewalt, mit der diese Verhältnisse aufrecht erhalten werden, setzen soziale Bewegungen ihren Widerstand entgegen.

Die Repression nach dem Gipfel ist Teil einer autoritären Strategie, die politische Dimension der Ereignisse auszublenden und unsichtbar zu machen - hier folgt sie dem gegenwärtigen Rechtsruck innerhalb der Gesellschaft. Zu diesem Zweck verschwinden Menschen in Gefängnissen, zu diesem Zweck werden Distanzierungen eingefordert und Aktivist*innen und Proteste dämonisiert. Wir widersetzen uns diesen Angriffen auf das Politische, indem wir die gesellschaftlichen Verhältnisse zum Thema machen und in Frage stellen und den Menschen, ihren Lebensverhältnissen und Kämpfen Sichtbarkeit verleihen. Im Knast oder draußen, ob schuldig oder nicht.

Wir haben dabei keine gemeinsame Antworten oder vorgefertigte Utopien. Protest auf den Straßen war und ist eine Verdichtung von Unterschiedlichkeiten, geprägt von vielfältigen Erfahrungen mit unterschiedlichen Praktiken, Zielen und politischen Selbstermächtigungen. Bisweilen auch von Streit und Differenz. Eines ist aber klar: Diese Welt geht unter und der alles durchdringende Kapitalismus ist kein Teil einer Lösung, sondern Teil dessen, das es zu überwinden gilt. Ohne radikale Kritik, neue Ideen, Aufbrüche und gesellschaftliche Reibung wird es keine bessere Welt, kein anderes Ganzes geben.

Unsere Solidarität gilt nicht den Waren und Sachwerten, sondern den Menschen. Jenen, die weltweit von Repression betroffenen sind, sich mit dem vorgegebenem Leben vor Ort nicht abfinden wollen, sich auf den Weg machen, Grenzen überwinden oder gemeinsam Widerstand entwickeln. Wir sind ein Teil davon.

Alle müssen raus!

Autonome und stadtpolitische Aktivist*innen

 

Aufruf zur Demo am 22.7. 19 Uhr Centro Sociale:

https://de.indymedia.org/node/34739

 

 

 

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