Statement einer "Arbeitsverweigerin".
Arbeitsverweigerung als Politische Waffe macht keinen Sinn, wenn ich nicht hin und wieder erkläre, warum ich das tue. Ich spreche hier zunächst für mich. Bin aber sicher, dass meine Worte auch vielen anderen Menschen aus der Seele sprechen. Dass es viele Überschneidungen in unseren Gedanken und Erfahrungen gibt.
STATEMENT EINER ARBEITSVERWEIGERIN
In letzter Zeit gibt es einen neuen Wind gegen "Arbeitslose".
Gemeint sind Menschen die keiner Lohnarbeit nachgehen. Später im Text werdet ihr verstehen, dass dies nicht unbedingt bedeutet, nicht zu arbeiten.
Wohlmeinende Menschen betonen immer, dass nur ein verschwindent geringer Prozentsatz von "Arbeitslosen", tatsächlich nicht arbeiten wollen. (gemeint ist hier natürlich immer, nicht selbstbestimmte Lohnarbeit)
Scheinbar sind sich alle einig, dass "Arbeitsverweigerer" (die bösen) diejenigen sind, die Sanktionen verdient haben. Das Problem sei nur, dass dann eben auch "die Guten" betroffen seien.
Deshalb dachte ich, es sei mal wieder an der Zeit als Arbeitsverweigerin Stellung zu beziehen.
Als ich eine Jugendliche war, und in das Alter kam, Natur-Gegebenes von Menschengemachtem zu unterscheiden, entschied ich mich für den Weg der Verweigerung. Schon damals Anfang der 198Oer Jahre wurde mir klar, dass der Mensch, insbesondere der Mensch der Industriegesellschaft dabei ist, die Natur: unsere Gesamte Lebensgrundlage, zu zerstören. Noch dazu schienen diese Menschen niemals für heute, sondern immer für morgen zu leben oder wie es mir schien, viele auch einfach überhaupt nicht zu leben. Ihr Zustand erinnerte mich eher an ein verbissenes funktionieren. Ähnlich einem Roboter (nur dass ein Roboter zumindest nicht verbissen wäre und nicht diese latente Wut ausstrahlen würde). Ohne Gefühl oder Mitgefühl, auch nicht mit sich selbst. Ohne Begeisterung und Inspiration. Es käme einem hinabsteigen in eine Gruft gleich, diesen Weg zu beschreiten. So erschien es mir damals. Hinzu kam, dass ich nicht ein Teil dieses sinnlosen Zerstörungswerkes sein wollte. Viele glaubten damals an eine bewaffnente Revolution. Daran glaubte ich nicht, da ich sah, dass die gleichen Menschen die von einer solchen Revolution träumten, tagtäglich mit ihrer Arbeitskraft dieses System am laufen hielten. So teilten irgend welche kommunistischen Lehrer fleißig die Kinder in FörderschülerInnen, HauptschülerInnen, RealschülerInnen und GymnasiastInnen ein. Wie brachten sie das übers Herz??? Wo ihnen doch im Gegensatz zu den konservativen LeherInnen klar war, dass dies nicht richtig ist und in eine Klassemgesellschaft führt.
Nun kam die Zeit als ich es doch nochmal mit einem Einstieg in die Gesellschaft versuchte. Was ich dort fand, war schlimmer, als ich es mir hätte ausdenken können. Natürlich landete ich ausgerechnet im Sozialbereich. Ich hatte Lust, mich um alte Menschen zu kümmern. Dazu fand ich es spannend, herauszufinden, ob ich bei sehr alten Menschen Gemeinsamkeiten feststellen kann. Wo sonst haben wir die Chance mit mehreren 100+ Mensche zu sprechen und etwas über ihre Lebenshaltung und Lebensart herauszufinden. Kleiner Abstecher: ich habe tatsächlich etwas herausgefunden. Alle 100+ Frauen die ich traf waren fast ihr gesamtes Leben unverheiratet, hatten eine geachtete Tätigkeit, zum Beispiel waren Besitzerin eines Tante-Emma-Ladens und waren von ihrer Einstellung her Genussmenschen. Ich erinnere mich noch an den komischen Blick, als ich fragte, ob sie sich besonders gesund ernährt hätten. Bei Kuchen nickten sie begeistert. Sagten aber auch mit erhobenem Zeigefinger: "Kein Fastfood".
Zurück zum Thema:
Die Zustände waren unhaltbar. Ich habe ständig Ärger bekommen, weil ich viel, viel zu langsam war. Ich habe Vernachlässigung und sogar Gewalt gengen liebe SeniorInnen beobachtet.
Eine ältere Kollegen erzählte mir, wie es war, als die Pflegeversicherung eingeführt wurde. Da wurde ihr Team von pro Schicht, pro Station von 7 auf 3 Pflegerinnen reduziert bei gleichzeitiger Mehrarbeit, weil die Dokumentation eingeführt wurde.
Glaubt ihr wirklich, ihr könnt die Qualität der Pflege garantieren, indem ihr ein Dokusystem einführt? Papier ist sowas von geduldig! Und wie fühlt es sich an unter solch einem Misstrauensvorschuß zu arbeiten! Ich glaube alle Menschen die in einen sozialen Beruf gehen tun das, weil sie Spaß daran haben Menschen zu helfen.
Aufgabe der Gesellschaft ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter dehen diese, meist sehr lieben Menschen, das auch tun können, ohne sich selbst zu opfern.
Lange Rede kurzer Sinn: ich bin da wieder raus gehüpft, nach einer Odyssee verschiedenener Arbeitsstellen und Institutionen.
Habe dann auch in ander Bereiche hereingeschaut. Nicht viel besser!
Erst nachdem ich ernsthaft krank geworden bin, mir stückweit untreu geworden bin, habe ich begriffen, dass mein jugendlicher Entschluss der Verweigerung (für mich) richtig gewesen ist.
Hier noch ein dringender Tip für alle jungen VerweigerInnen:
Arbeit ist ein Grundbedürfnis. Befriedigt euch das. Ihr glaubt nicht, was es für einen Rausch erzeugt, etwas was euren Neigungen enstpricht zu tun und dann zu erfahren wie ihr besser darin werdet. Euch an eurem fertigen Werk zu erfeuen. Und darüber hinaus eventuell auch anderen Menschen eine Freude damit machen zu können. Ich male zum Beispiel und verkaufe meine Bilder zu Preisen, die nicht im entferntesten meine Arbeit daran wiederspiegeln. Aber wer kann sich sonst im Kapitalismus schon selbst gemalte Bilder leisten. Und ich habe ja Arbeitslosengeld. :-)
Ich habe auch viel darüber nachgedacht, warum es dazu kommen konnte, dass selbst die schönsten Tätigkeiten in unserer Gesellschaft zur Qual gemacht wurden. Ich meine, warum haben die Menschen das mitgemacht?? Wo kein Opfer ist, ist vielerorts auch keine Täter...
Meiner Ansicht nach wurde das mithilfe der Religion geschafft. Den Menschen wurde eingeredet, dass das eigentliche Leben nach dem Tod beginnt und das dies hier nur eine Prüfung sei. Und das diejenigen Menschen, denen es im Diesseits gut geht, meistens in die Hölle kommen, während denjenigen die "ihr Kreuz auf sich nehmen" und brav leiden, anschließend der Himmel winkt.
Jo! Krasser Scheiß! Aber SCHLUß DAMIT!!!
Natürlich braucht es eine Zeit um ein System zu ändern, das innerhalb von Jahrhunderten gewachsen ist. Aber ändern muss es sich! Derweil sage ich: "nicht mit mir!"
Ergänzungen
Das Ende der Lohnarbeit ist das Ende des Kapitalismus
Befreiung von der Lohnarbeit – Arbeitsverweigerung als anarchistische Strategie
https://bibliothekderfreien.de/?s=Lohnarbeit+
arbeitsverweigerin
danke für deinen text. du bist nicht alleine. es gibt viele menschen, die nicht mitmachen wollen bei zwangslohnarbeit, sondern die frei schauen wollen, was zu tun ist und das dann auch selbstbestimmt so machen und dabei auch auf sich selber achten.