OUTCALL - Lützerath lebt, Juni 2023 - CN Sexualisierte Gewalt

Emailadresse: 
kein.einzelfall@luetzerathlebt.info
Abstract: 
*You find the English translation in the text* Sexualisierte Gewalt im Patriarchat ist kein Einzelfall! In dem Text werden wir (eine Prozess-Gruppe aus Lützerath) Informationen über eine gewaltausübende Person veröffentlichen, weil wir weitere Menschen vor der Person warnen und schützen möchten. Die veröffentlichte Person entzieht sich jeglicher Verantwortungsübernahme und verweigert Kontaktversuche. Wir sehen diese Veröffentlichung als wichtigen Schritt um einerseits das gesellschaftlich gewünschte Schweigen zu brechen, uns andererseits solidarisch an die Seite der von sexualisierter Gewalt betroffenen Menschen zu stellen und nach Möglichkeit weitere Betroffene zu verhindern. Außerdem ordnen wir die Vorfälle gesellschaftlich ein und formulieren unsere Forderungen an die Bewegung!     

You find the English translation of the text down below

OUTCALL 

Öffentlichmachung: Lützerath lebt, Juni 2023

Kontakt: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info

 

Contentnote (Anmerkung zum Inhalt des Texts)

Bei diesem Text handelt es sich um einen Outcall. Also eine Öffentlichmachung von gewaltvollem Verhalten durch eine übergriffige Person.

Dabei wird im gesamten Text immer wieder allgemein sexualisierte Gewalt* thematisiert. An einer bestimmten Stelle werden konkrete Taten und Verhaltensmuster sowie die übergriffige Person selbst beschrieben. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Formen der Gewalt. Direkt vor der Beschreibung von Taten, wird es eine explizite Triggerwarnung geben, sodass es auch möglich ist, den Text ohne diesen Abschnitt zu lesen.

Der folgende Text ist sehr umfangreich. Er ist in mehrere Kapitel aufgeteilt, welche wir für unterschiedliche Personengruppen geschrieben haben, das steht jeweils neben den Kapiteln.

 

Aufbau des Textes:

 

1.Einleitung (an alle)

  • Zu unserer Gruppe, Haltung und Motiven, diesen Text zu verfassen

2.Outcall (an alle)

  • Triggerwarnung

  • Beschreibung von Taten & Handlungsmustern 

  • Personenbeschreibung 

  • An (mögliche) betroffene Personen: Unterstützungsangebot

  • Hintergrund und politische Einordnung 

  • Ausblick und Forderungen: Was können wir als Bewegung gegen sexualisierte Gewalt tun?

  • Kontaktmöglichkeiten

3. An bestimmte Personengruppen

  • An das Umfeld und (ehemalige) Freund*innen der gewaltausübenden Person

  • An die gewaltausübende Person

  • An aktuelle/ehemalige linke Besetzungen und Widerstandsorte 

4. Glossar (an alle)

  • Begriffserklärungen zu Begriffen oder Konzepten, die wir verwenden (im Text mit * gekennzeichnet)

1. Einleitung

Zu unserer Gruppe, Haltung und Motiven, diesen Text zu verfassen

Wir schreiben diesen Text als eine Gruppe, die sich mit einer Reihe von sexualisierten Übergriffen beschäftigt hat, die von einer übergriffigen Person ausgeübt wurden. Unser Prozess zu diesem Outcall war viel Arbeit und dauerte länger als erwartet. Darum konnte die Öffentlichmachung nicht zu einem früheren Zeitpunkt stattfinden.

Wir sind weiß*, mehrheitlich able-bodied*, überwiegend neurotypisch*, teilweise endo* cis-weiblich*, endo* cis-männlich* und nicht-binäre Personen. 

Es ist uns außerdem auch wichtig zu benennen, dass wir die Muster und Taten der gewaltausübenden Person aus unserer eigenen Positionierung heraus beschreiben, wie wir sie dadurch verstanden haben. Dieser Abschnitt und die weitere Einordnung sind gefärbt durch unsere persönlichen Erfahrungen und Perspektiven auf die Welt.

 

Wir und die gewaltausübende Person waren Teil der Besetzung von Lützerath. Das Dorf wurde Anfang 2023 geräumt und für die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler 2 zerstört. Davor war es über Jahre ein Ort des Widerstandes der Klimagerechtigkeitsbewegung. Dort haben fast alle Übergriffe stattgefunden, auf die wir uns hier beziehen. Während und nach der Besetzung haben wir uns um eine Aufarbeitung, die Unterstützung von betroffenen Personen und einen gemeinschaftlichen Umgang im Dorf bemüht. Wir versuchen zu verhindern, dass die gewaltausübende Person (abgekürzt als gaP*) weiteren Menschen Gewalt antut. Wir müssen davon ausgehen, dass zusätzlich zu den uns bekannten betroffenen Personen weitere Menschen ähnliche Übergriffe erfahren mussten und werden. 

 

Wir möchten mit dieser Öffentlichmachung vor allem betroffenen Personen sagen: Ihr seid nicht Schuld und wir wollen für euch ansprechbar sein, wenn ihr Fragen habt oder mit dem Erlebten nicht allein sein wollt. Meldet euch gerne bei uns. Weiteres findet ihr im Kapitel "An (mögliche) Betroffene Personen."

Die gewaltausübende Person wurde nach dem Bekanntwerden der Übergriffe aus dem Dorf ausgeschlossen, da zu dem Zeitpunkt ein angemessener Umgang mit der gaP* nicht möglich war. Wir haben seitdem versucht in einen Prozess mit dem Menschen zu gehen. Allerdings haben wir keine Möglichkeit, mit der gewaltausübenden Person zu arbeiten: Der Mensch ignoriert seit Monaten unsere Kontaktversuche und auch aus dem Umfeld hat sich bisher unseres Wissens nach kein Mensch zu einer Aufarbeitung bereit erklärt.

Wir wollten den Menschen dazu bringen, Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen. Wir sind davon überzeugt, nur so verhindern zu können, dass mensch weitere Gewalt ausübt. Da wir davon ausgehen müssen, dass die gewaltausübende Person das eigene Verhalten nicht zeitnah ändert, möchten wir öffentlich vor der übergriffigen Person warnen.

Wir erhoffen uns so, weitere Übergriffe weniger wahrscheinlich zu machen: Einerseits wollen wir Menschen ermöglichen, die Person zu erkennen und sich zu schützen. Andererseits halten wir die beschriebenen gewaltvollen Muster für strukturell und gefährlich und wollen sie auch unabhänig von der Person aufzeigen.

 

2. Outcall

+++++ TRIGGERWARNUNG / Content-Note +++++

Im kommenden Kapitel wird im ersten Teil konkrete sexualisierte*, physische und psychische Gewalt beschrieben. Im zweiten Teil folgt eine Beschreibung der gewaltausübenden Person.

Überlegt, was ihr braucht, wenn ihr diesen Text lest z.B. gemeinsam mit einer vertrauten Person zu sein. Wenn ihr diesen Abschnitt nicht lesen wollt, scrollt nach unten bis +++ ENDE +++ 

Beschreibung von Taten und Verhaltensmustern

Manche der folgenden Gewaltmuster entwickelte und wiederholte die gaP* über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr gegenüber mehreren betroffenen Personen. Nicht immer kam es zu allen der unten genannten Übergriffe.

Die betroffenen Personen waren in den uns bekannten Fällen weiblich sozialisiert* und in einer oft romantischen/sexuellen Beziehung mit der gewaltausübenden Person. Wir wissen jedoch auch von Menschen im freund*innenschaftlichen Umfeld, die von manchen der Verhaltensmuster betroffen waren oder sind.

 

Die gewaltausübende Person hatte mit mehreren betroffenen Personen (wiederholt) nicht konsensualen Sex, was eine der massivsten Formen von sexualisierter Gewalt* darstellt. Zusätzlich beging die Person immer wieder Grenzüberschreitungen durch sexuelle Handlungen.

Die gewaltausübende Person nutzte zu dem Situationen aus, in denen Menschen nicht konsensfähig waren z.B. im Schlaf oder unter Drogeneinfluss, und verübte so einen Teil der Übergriffe. Zum Teil führte die gewaltausübende Person diese Situationen bewusst herbei, indem die betroffene Person beispielsweise dazu gedrängt wurde, Drogen zu nehmen.

 

Die gaP* übte teilweise über Wochen einen enormen Zwang auf betroffene Personen aus. Diese erfuhren z.T. wiederholt schwere sexualisierte*, psychische und physische Gewalt. Sie wurden auf verschiedenen Ebenen manipuliert, zu Körperlichkeiten und sexuellen Handlungen gegen ihren Willen gezwungen. Die gaP* wahrte dabei weder kurzfristig die sexuelle Selbstbestimmung noch langfristig die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen Personen.

 

Dies wurde unter anderem durch Anwendung von körperlicher Gewalt und emotionaler Erpressung erreicht.

 

Zu emotionaler Erpressung gehört unter anderem: Die gaP* benennt Wünsche (nach Sex, Nähe, Betroffene soll keinen Kontakt zu männl. gelesenen* Personen haben aufgrund von Eifersucht,...) an die betroffenen Personen und behandelt diese aber als nicht zu verhandelnde Bedürfnisse. Dabei sind die Bedürfnisse und Grenzen der betroffenen Personen für die gaP unwichtig. Wenn es also Gegenwehr gibt, diesen Wünschen nachzukommen, deutet die gaP* dies als nicht erfolgte Liebesbekundungen, droht mit selbstverletzendem (bis hin zu suizidalem) Verhalten und führt dies z.T. auch durch. Dadurch übt die gaP* enormen Zwang und extreme Formen der Manipulation aus.

Mindestens eine der betroffenen Personen wurde durch den ausgeübten Zwang systematisch davon abgehalten, ihre eigenen Grundbedürfnisse zu erfüllen. Dazu gehört Schlafen, Essen, körperliche Gesundheit, freie Bewegung und soziale Interaktion. 

Mindestens eine der betroffenen Personen wurden darüber hinaus aktiv daran gehindert, sich Hilfe zu suchen. Die gewaltausübende Person hat den betroffenen Personen eingeredet, dass das "Awarenessteam*" oder andere Personen aus der Besetzung uneingeschränkt die gewaltausübende Person unterstützen und den Erzählungen der betroffenen Person keinen Glauben schenken würden. Da die gewaltausübende Person in ihrem Umfeld vermeintlich offen über Details der Beziehung gesprochen hat, wurde dort die eigene Variante der Geschichte etabliert. In dieser Version stellte mensch sich als die leidende Person in der Beziehung dar. Dadurch tritt eine Schuldverschiebung auf, die als "Täter-Opfer-Umkehr" bekannt ist. 

Hinzu kam ein soziales Machtgefälle*, da die gaP* als schon länger in der Besetzung lebende Person einen besseren Zugang zu Dorfstrukturen, als auch potenziell mehr Vertrauen aus der Gemeinschaft bekommen hat. In Kombination mit der stärker werdenden Isolation der betroffenen Personen wurde es nahezu unmöglich Unterstützung zu finden. 

In der Aufarbeitung ist durch die Erzählungen der betroffenen Personen deutlich geworden, dass die gaP* sehr viele folgenschwere Lügen und Falschaussagen tätigte. Diese waren schwer zu durchschauen, da die gaP* die Lügengeschichten aufeinander aufbaute und mit tatsächlich Erlebtem verknüpfte. 

 

Beschreibung der gewaltausübenden Person:  

  • bekannter Name: Sterni

  • geschätztes Alter: Ende 20/ Anfang 30

  • mittellange natürlich rote / orangene Haare & Bart

  • ca. 1,80 m groß

  • eher kräftigere Statur 

  • Gesicht geprägt von Sommersprossen und Aknenarben

  • von uns mehrheitlich männlich gelesen* (siehe Fußnote mit Erklärung warum wir diese Beschreibung verwenden im Glossar)

  • (Struktur-)Aufgaben in denen mensch aktiv war: Sanitäter*in, IT (Internet-/ Techniksupport), als DJ 

  • vorherige Aufenthaltsorte: Lützerath (etwa ein Jahr), Dannenröder Forst und Strukturen in der Umgebung (mehrere Monate), Hambi, Raum Köln, Berlin

+++++ ENDE der Beschreibung der Übergriffe und der gewaltausübenden Person +++++

Aufruf und Angebot an betroffene Personen

Wir wissen bis jetzt von mindestens fünf betroffenen Personen. Aufgrund der Verhaltensmuster gehen wir davon aus, dass alle Personen, die mit der übergriffigen Person in einer romantischen oder sexuellen Beziehung waren, sind oder sein werden, möglicherweise ähnliche Gewalterfahrungen machen. Diese müssen nicht deckungsgleich mit den oben beschriebenen Handlungen sein.

Daher möchten wir Menschen, die sich angesprochen fühlen, anbieten mit uns in Kontakt zu treten. Auch wenn ihr euch nicht sicher seid, ob ihr die gaP* anhand der obigen Beschreibung identifizieren könnt. Gemeinsam können wir herausfinden, ob es sich um die gleiche Person handelt und wenn ihr mögt über das Erlebte sprechen.

Wenn ihr euch darüber hinaus Unterstützung in der Aufarbeitung wünscht, können wir euch weiter vermitteln an Menschen und Strukturen, die wir kennen und denen wir vertrauen. Wir selbst können eine langfristige und professionelle Unterstützung nicht leisten, euch jedoch in den Schritten dorthin begleiten. 

Ihr erreicht uns unter: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info. Den PGP-Schlüssel senden wir euch gerne auf Anfrage. Wir können dann auch einen Telefontermin verabreden, wenn euch das lieber ist.

Hintergrund und politische Einordnung

In diesem Outcall geht es uns nicht darum, auf eine vermeintlich "böse" Person zu zeigen und zu sagen: "Da! Das ist die böse Person" damit Andere sich klar davon abgrenzen und beruhigt mit ihrem Leben weiter machen können, weil der*die Täter*in ja gefunden wurde und sie selbst zu den "Guten" gehören. 

Nein, es geht uns darum zu betonen, dass diese Gewalt kein Einzelfall ist. Sexualisierte Gewalt* findet überall statt. Viele Menschen können zu Täter*innen in einem patriarchalen* System werden. Unsere Aufgabe ist es, die Präventionsarbeit und den Umgang mit stattgefundener Gewalt in unser aller Verantwortung zu sehen. Dabei hilft uns weder eine Straflogik*, noch das Ausblenden der strukturellen Dimension, in dem wir nur das individuelle Verhalten Einzelner thematisieren. Unsere Ziele sind ein gemeinschaftliches Bewusstsein und Handlungsfähigkeit.

 

Sexualisierte Gewalt* bezeichnet alle Übergriffe auf die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen. Es geht bei dieser Form der Gewaltausübung in erster Linie nicht um die sexuelle Befriedigung der Täter*innen, sondern Sexualität dient der Machtdemonstration* oder dazu die andere Person zu erniedrigen.

Wir wählen hier das Konzept "sexualisierte Gewalt*", weil dadurch die strukturelle Dimension herausgestellt wird. Sie ist ein furchtbarer Teil der patriarchalen* Machtausübung* :

Konkret bedeutet das: In den meisten Fällen wird diese Gewalt von männlich sozialisierten* Personen aus dem nahem Umfeld ausgeübt. Als Folge erleben Personen, die sexualisierte Gewalt* erfahren haben, dass ihre Grenzen und Bedürfnisse untergeordnet werden gegenüber denen der übergriffigen Person. Das führt zu einer Stabilisierung von patriarchalen* Machtstrukturen* und Gesellschaftsdynamiken. Das Patriarchat* wirkt auf verschiedensten Ebenen in jedem Menschen und unterdrückt uns alle. Es beginnt bei männlicher* Rededominanz, sexistischen Bemerkungen und Migroagressionen und kann im schlimmsten Fall bis zu gewalttätigen sexualisierten Übergriffen und Femiziden* (Mord oder Suizid) führen. 

Gleichzeitig funktioniert sexualisierte Gewalt* in einem System aus verschiedenen Herrschafts-  und Unterdrückungsstrukturen: 

Besonders betroffen von sexualisierter Gewalt* sind Frauen in allen gesellschaftlichen Lagen (jede 3.-4 Frau), Queere* Personen (jede 3. Person), von Ableismus* betroffenen Frauen (jede 3.) und vermutlich viele weitere Dimensionen. [Einige Quellen, die wir dazu gefunden haben ergänzen wir im Glossar unter sexualisierte Gewalt*.] Um den Stellenwert von anderen Marginalisierungseinflüssen* fundiert zu bewerten, braucht es mehr differenzierte Forschung. 

Die genannten Herrschaft- und Unterdrückungsstrukturen lassen sich nicht ohne ein gesellschaftliches Umfeld denken, welches von Rapeculture* geprägt ist: In dem betroffene Menschen noch immer Angst haben müssen, mindestens eine Teilschuld an den erlebten Übergriffen zugeschrieben zu bekommen, ihnen das Erlebte nicht einmal geglaubt wird oder als "Beziehungsdrama" verharmlost wird. [siehe Definition "Rapeculture" im Glossar] 

All das führt dazu, dass (sexualisierte) Gewalt tabuisiert und häufig nicht als solche benannt wird. Genauso wird viel zu oft die strukturelle Dynamik dahinter bewusst ausgespart oder nicht wahrgenommen. 

 

Und ja, auch unsere vermeintlich so sicheren und feministischen Orte, die wir uns aufbauen sind nicht frei von (u.a. patriachaler*) Gewalt. Wenn wir glauben, die schlimmen Fälle von sexualisierter Gewalt passieren nur "da draußen" in der Gesellschaft, täuschen wir uns: Wir sind Teil der Gesellschaft, also ist patriarchale* und sexualiserte Gewalt eine Realität in unseren Strukturen genauso wie sonst überall auch. Diese verschwindet nicht einfach, wenn wir uns Wörter wie "Feminismus" und "Gerechtigkeit" auf die Fahnen schreiben.

Die Tatsache, dass viele von uns angesichts der oben beschriebenen Taten schockiert und unvorbereitet waren und wie schwierig es in der Praxis dann doch war, feministische Grundsätze wie Definitionsmacht* und Betroffenenzentrierung* umzusetzen, hat uns gezeigt: Es ist wichtig für uns alle, dass wir uns mehr mit der strukturellen Unterdrückung, die hinter sexualisierter Gewalt steckt, beschäftigen!

 

Ausblick und Forderungen

Was können wir als Bewegung gegen sexualisierte Gewalt tun?

Hiermit erinnern wir euch ausdrücklich daran, dass sexualisierte Gewalt innerhalb unserer Strukturen immer und immer wieder passiert - Das hier ist ein Aufruf an die ganze Bewegung, jede Gruppe/Struktur und jede*n Einzelne*n zu handeln!

Wir sind alle in kollektiver Verantwortung, sexualisierter Gewalt etwas entgegenzusetzen und sie nach Möglichkeit zu verhindern!

An dieser Stelle formulieren wir vier Forderungen, die uns essentiell erschienen. Natürlich liefern wir damit kein fertiges Konzept und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Setzt euch damit auseinander und findet eigene kollektive Antworten!

1) Strukturelle Gewalt abbauen

Um strukturelle Gewalt aktiv abbauen zu können, müssen wir damit beginnen, sie anzuerkennen und sichtbar zu machen.

Das heißt, wir müssen individuelle und kollektive Bildungsarbeit organisieren, sowohl Feedback- als auch Reflektionsräume schaffen, um in langfristiger und tiefgehender Reflektion Rollenbilder gemeinsam zu überwinden. Dabei ist es bei (sexualisierter) Gewalt wichtig intersektional* zu denken, zu handeln und zu wirken.

Wir fordern, dass alle (Polit-)Gruppen regelmäßige Austausch-Runden machen, mit dem Ziel kollektive Verantwortung zu übernehmen. Darin können Menschen sagen, wie es ihnen geht und speziell, womit es ihnen in ihrem Alltag/Strukturen/Umfeld nicht gut geht. Dabei sollte die Aufmerksamkeit der Gruppe und die Bereitschaft zu Handeln nicht davon abhängen, wie die erzählende Person das Erlebte selbst analytisch bezeichnen kann.

Die Gruppe kann unter Wahrung der Definitionsmacht* dabei helfen zu benennen, um welche Form von struktureller Gewalt es sich handelt und soll gemeinsam dafür Verantwortung übernehmen, diese abzubauen und die Person zu unterstützen damit umzugehen.

2) Konsens lernen

"Wenn wir über unsere Erfahrungen mit Konsens sprechen, unsere Kämpfe, unsere Fehler und darüber, wie wir gelernt haben, dann ist das Teil von einem viel größeren, revolutionären Kampf." Cindy Crabb 

 

Es kann auch beim Sex zu Gewalt und Grenzüberschreitungen kommen, die nicht unter "Sexualisierte Gewalt" fallen. Zum Beispiel durch nicht erfragte Zustimmung aller Beteiligten. Das Konsensprinzip versucht hiermit einen Umgang zu finden.

In dieser Gesellschaft wird uns nicht nahegelegt, uns nicht übergriffig zu verhalten. Es wird uns wenig beigebracht, rücksichtsvoll zu sein und nach Bedürfnissen und Grenzen zu fragen. Wir folgen bestimmten verinnerlichten Handlungsabläufen (aufgebaut durch Erzählungen, Mythen, Literatur, Fernsehen, Überzeugungen, Werbung) wie wir Sex und Intimität zu leben haben (z.B. Aktivität vs. Passivität, einer bestimmten Reihenfolge von Abläufen wie Küssen, Fummeln, penetrativer Sex, Orgasmus). Das schränkt uns jedoch massiv darin ein, selbst frei zu denken, zu fühlen, uns zu entwickeln und auf unsere Grenzen zu achten. Um bei sexuellen Handlungen keine Grenzen zu überschreiten, müssen wir lernen miteinander in den Austausch zu kommen: Um aktiv "Ja" sagen zu können und dieses zu erfragen müssen wir unsere Grenzen und Begehren kennenlernen, herausfinden wie sich Menschen verhalten, wenn ihnen etwas nicht gefällt, wie eine gute Art ist Konsens zu erfragen, wie welche Körperteile genannt werden sollen,(...). Das heißt alle beteiligten Personen stimmen definitiv freiwillig bestimmten sexuellen Handlungen zu. Das Konsensprinzip ermöglicht einen positiven Zugang zur Sexualität und zu den eigenen Bedürfnissen.

Ein genauso wichtiger Baustein des Konsens ist es "Nein" sagen zu können und seine persönliche Grenzen klar aufzuzeigen. Es handelt sich unser Meinung nach um lebenslange Lernprozesse, welcher innerhalb unserer Orte und Strukturen aktiv durch Bildungsangebote und Austauschräume angestoßen werden müssen und nur als einer von vielen Teilen von Präventionsarbeit verstanden werden darf.

3) Selbstorganisierung von FLINTA* und betroffenen Personen aufbauen

Wir müssen nicht auf die gleiche Art betroffen sein, um uns gemeinsam gegen das aufzulehnen, was uns betroffen macht. 

 

Um diese Selbstorganisierung aufzubauen haben wir verschiedene Vorschläge:

 

*Wir brauchen Rückzugsräume:

 

Es gibt keine tatsächlich sicheren Orte und trotzdem müssen wir versuchen, sie zu schaffen. Diese Orte ermöglichen uns der alltäglichen und konstanten Gewalt durch z.B. das Patriarchat* zu entfliehen. Es sollten Orte sein, an denen wir erstmal gar nichts müssen und auftanken können. Dafür sind FLINTA* Räume manchmal zu diffus und es braucht einen Austausch mit Menschen, die die gleichen Betroffenheiten haben. Hier könnten zum Beispiel explizite Räume für TINA*, Menschen mit Behinderungen, BIPoC, weiblich sozialisierte* Menschen etc. helfen.

 

*Wir brauchen Austauschräume:

Nur in dem wir Orte schaffen, an denen wir für das Unausprechliche Worte finden, wo wir gemeinsam eine Sprache entwickeln, um über die Gewalt und Grenzüberschreitungen zu sprechen können wir einen gemeinsamen Umgang damit finden. Hier gilt unbedingt: Die Definitionsmacht* liegt bei der betroffenen Person, es gibt keine Infragestellung der betroffenen Perspektive oder Absprache der eigenen Wahrnehmungen.

Um sich dabei tatsächlich zu verstehen ist unser Vorschlag möglichst themenspezifische Austauschräume statt FLINTA*-Räume zu schaffen: z.B.: trans sein auf dem Land oder Überlebende von sexualisierter Gewalt, (denn auch endo* cis-männliche* Personen können von dieser Gewalt betroffen sein), etc.

 

*Wir brauchen Empowerment-Räume:

An diesen Orten können wir uns trotz unterschiedlicher Betroffenheiten (vom Patriarchat*) gegenseitig empowern, uns gemeinsam von verinnerlichten Mustern zu befreien und neueHandlungsoptionen entwickeln. Hier können wir über einen Reflektionsprozess hinaus gemeinsam lernen wie wir der strukturellen Gewalt in all ihren leisen und lauten Formen begegnen, sie bekämpfen und Alternativen aufbauen. Wir brauchen Selbstverteidigung, den Aufbau von Gegengewalt* und den Kampf für eine befreite Gesellschaft. Denn es ist essentiell, dass wir eine kollektive Handlungsfähigkeit entwickeln um auch auf gesellschaftlicher Ebene wirken zu können.

*Solidarität unter Menschen, die von dem gleichen Diskriminierungssystem betroffen sind (z.B.FLINTA*):

Wir sind nicht auf die gleiche Art von struktureller Gewalt betroffen und doch müssen wir uns ihr gemeinsam entgegenstellen! Wie das geht müssen wir noch lernen. Ein wichtiger Pfeiler auf dem Weg dorthin, ist für uns ein solidarischer Umgang in den unterschiedlichen Betroffenheiten und Umgangsformen zu kreieren. Dies ermöglicht uns respektvoll verschiedene Betroffenheiten zu hören. 

 

4) Vorbereitet sein!

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Grenzüberschreitungen und sexualisierter Gewalt innerhalb unserer Strukturen kommt oder bereits gekommen ist, ist sehr hoch. Und gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, dass darüber gesprochen wird gering. Das müssen wir ändern!

In all unseren Strukturen und Gruppen ist es wichtig, dass wir uns gedanklich mit der Möglichkeit von Übergriffen beschäftigen, bevor es passiert. Um handlungsfähig zu sein, müssen wir so früh wie möglich das Tabu brechen und gemeinsam diese - teilweise unangenehmen - Fragen klären:

Womit ihr euch im Allgemeinen JETZT auseinander setzten solltet:

  • Was passiert, wenn es zu Gewalt innerhalb eurer Gruppe kommt?

  • Was sind eure Grundwerte/Vereinbarungen (Definitionsmacht*, Betroffenenzentrierung*,...) und was passiert, wenn Menschen diese nicht respektieren?

  • Wer ist niedrigschwellig ansprechbar für Grenzüberschreitungen? 

  • Welche Kommunikationsstrukturen müsst ihr aufbauen um frühzeitig von (pot.) Grenzüberschreitungen zu erfahren bzw. davon berichten zu können?

 

Diese Fragen solltet ihr zeitnah klären können, wenn es zu Übergriffen gekommen ist und es macht Sinn, sich vorher schon gedanklich damit zu beschäftigen:

  • Was sind die nächsten Schritte? Welche Konsequenzen werden gezogen?

  • Wie kann schnell geklärt werden, wer die folgenden Rollen übernimmt: Support der betroffenen Person, Kommunikation zur gewaltausübenden Person, Kommunikation zum Rest der Gruppe, Kommunikation in die Bewegung/Gruppe etc., Prozesskoordination etc.

  • Wie könnt ihr betroffenen Personen ermöglichen weiter Teil der Gruppe zu sein?

  • Welche externen Unterstützungsangebote (Beratungsstellen, Prozessbegleitung etc.) kennt ihr schon und könnt ihr niederschwellig annehmen? Welche Kontakte müsst ihr noch aufbauen?

Kontakt

Wir sind per Mail erreichbar: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info - PGP auf Anfrage. 

Wie bei jedem Outcall ganz wichtig: Spekuliert nicht darüber, wer betroffene Personen sein könnten und deanonymisiert sie nicht ohne ihr Einverständnis! 

Teilt diesen Outcall gerne mit Menschen aus eurem Umfeld oder an allen Orten, die euch passend erscheinen.

 

Solidarität mit allen betroffenen Menschen!

 

Juni 2023

Prozess-Gruppe aus Lützerath

 

3. An bestimmte Gruppen

 

Dieser Teil richtet sich an bestimmte Gruppen. Weil der Text bereits ziemlich lang ist, haben wir den Abschnitt bewusst an das Ende gestellt. Lest bitte bei passender Überschrift weiter, wenn ihr euch zu den ehemaligen Freund*innen der gewaltausübenden Person zählt, selbst die gewaltausübende Person seid und wenn ihr in linken Besetzungen lebt oder euch dort zugehörig fühlt. 

An (ehemalige) Freund*innen der gewaltausübenden Person

Uns ist klar, dass es auch für aktuelle oder ehemalige Freund*innen der gewaltausübenden Person nicht einfach ist, von den Taten einer befreundeten Person zu hören. Leider haben wir in diversen Situationen schon miterlebt, wie sich Freund*innen aus Unwissenheit/ Unreflektiertheit oder aus Überforderung beschissen verhalten, wenn sie von Grenzverletzungen im Umfeld erfahren. Dabei sind weder Verleugnung ("in unserem  Freund*innenkreis passiert so etwas nicht") noch bedingungsloser Kontaktabbruch ("mit so einem Menschen möchte ich nichts mehr zu tun haben") hilfreich. Trotzdem kann es dafür natürlich auch sehr legitime Gründe geben - z.B. aus Selbstschutz bei eigener Betroffenheit.

Wir sind davon überzeugt, dass auch Menschen, die anderen schlimme Gewalt angetan haben, sich verändern können. Da es eine Welt ohne Übergriffe wahrscheinlich nicht geben wird, ist es umso wichtiger, dass Menschen ihr gewaltvolles Verhalten reflektieren und ändern.

Die Verantwortung für den Prozess liegt bei der gewaltausübenden Person. Besonders endo* cis* Männer sollten sich der Verantwortung als unterstützende Person nicht entziehen, weil gerade sie in ihrem nahen Umfeld ihr ansozialisiertes oder privilegienbehaftetes Verhalten mitprägen und dadurch sexistisches und anderweitig diskriminierendes Verhalten mit unterstützen.

Wir als Prozess-Gruppe haben es leider nicht geschafft, zur gewaltausübenden Person auch nur ansatzweise durchzudringen, was dazu geführt hat, dass wir überhaupt keinen Kontakt mehr haben. Wir hoffen trotzdem darauf, dass es Menschen im aktuellen Umfeld der gewaltausübenden Person gibt, die versuchen Verantwortung zu übernehmen.

Gleichzeitig haben wir selbst erlebt, wie groß die Gefahr ist, täterschützendes* Verhalten zu reproduzieren. In unserer Gesellschaft lernen wir alle, das Erleben von Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, zu hinterfragen, in Zweifel zu ziehen oder klein zu reden, und den gewaltausübenden Menschen mehr Glauben zu schenken. Also seid euch bitte dieser Gefahr bewusst. Seid solidarisch mit den betroffenen Menschen - auch wenn ihr euch erstmal nicht vorstellen könnt, dass ein Mensch in eurem Umfeld so grenzüberschreitend gehandelt hat!

An die gewaltausübende Person: 

Wir haben lange versucht, mit dir Kontakt aufzubauen, weil wir uns sowohl für dich, als auch für die betroffenen Personen und uns einen anderen Weg als diesen gewünscht hätten. Wir haben dir Unterstützung angeboten und mehrfach versucht, uns mit dir zu treffen. Mit diesem Outcall machen wir die Vorfälle jetzt öffentlich und werden nicht weiter versuchen, mit dir in Kontakt zu treten. Das heißt aber nicht, dass du das jetzt einfach aussitzen kannst und darauf hoffen darfst, dass sich die Wogen wieder glätten und alles vorbei ist. Es ist weiterhin deine Verantwortung, an deinem Verhalten zu arbeiten und zu verhindern, dass du wieder andere Menschen massiv verletzt und deren Grenzen übergehst.

Apell an ehemalige / aktuelle linke Besetzungen und Widerstandsorte

Fall 1) Die gewaltausübende Person hält sich vermutlich in euren Strukturen auf

Geht aktiv auf Menschen zu, die sich im engeren Umfeld der Person aufhalten, insbesondere in einer romantischen Beziehung. Schafft Transparenz und Vertrauen und bietet nach Möglichkeit Anlaufstellen an, wo sie sich Hilfe holen können. Gebt dazu gerne auch unsere Kontaktmöglichkeiten weiter.

Seid darauf vorbereitet, dass die gewaltausübende Person bei einer Konfrontation keine Verantwortung übernimmt, sondern vielmehr im Sinne der "Täter-Opfer"-Umkehr systematisch und manipulativ andere Versionen der Geschichte verbreitet und darin von ihrem engeren Umfeld unterstützt und gedeckt wird.

An dieser Stelle ist es uns wichtig zu betonen, dass die gewaltausübende Person in alltäglichen Interaktion keine direkte, aggressive Gewalt ausübt. Allerdings ist es unserer Einschätzung nach sehr wahrscheinlich, dass es zu ähnlichem, gewaltvollen Verhalten kommt wie von uns beschrieben, wenn der Mensch länger vor Ort ist und emotionale Beziehungen zu Menschen eingeht. Dies wirkt verstärkt unter Einfluss von Drogen.

Insgesamt gilt: Wir glauben, es ist wichtig, dass die gewaltausübende Person professionelle Hilfe bekommt. Dies ist kein Aufruf diesen Menschen per se aus euren Strukturen auszuschließen. 

Fall 2) Die gewaltausübende Person hat sich vermutlich in der Vergangenheit in euren Strukturen aufgehalten:

Geht aktiv auf potentiell betroffene Personen aus der Vergangenheit  (v.a. Menschen die mit der gewaltausübenden Person in engen / romantischen / sexuellen Beziehungen standen) zu und bestärkt sie darin, über ihre Erfahrungen zu sprechen oder sich an uns zu wenden.

Wir wünschen uns, dass auch in eurer Besetzung/Struktur eine Möglichkeit geschaffen wird, dass potenziell weitere betroffene Menschen von dem Fall erfahren. 

Fall 3) Die gewaltausübende Person befindet sich nicht in euren Strukturen, aber ihr wisst wo sie sich aufhält/aufhalten könnte:

Überlegt welche Orte ebenfalls diesen Outcall erhalten sollten und leitet ihn weiter. 

Fall 4) Ihr geht nicht davon aus, dass die gewaltausübende Person sich bei euch aufhält oder aufgehalten hat:

Auch wenn der Mensch nicht bei euch ist, ist jetzt trotzdem ein guter Zeitpunkt, auch im eigenen Umfeld genau hinzusehen und sich aktiv mit sexualisierten und anderen Übergriffen auseinanderzusetzen. (siehe Kapitel: Ausblick und Forderungen im Outcall)

4. Glossar *

 

Wir haben verschiedene Begriffe und Konzepte, die immer wieder Teil von unserer Arbeit waren, versucht im Folgenden zu definieren. Wir wollen damit vor allem Transparenz und ein besseres Verständnis für den Text schaffen. Es geht dabei nicht um eine allgemeingültige Erklärung, sondern um unser eigenes Verständnis und es gibt darüber durchaus Diskussionen.

Ableismus und abled-bodie

Der Begriff Ableismus kommt von dem englischen Wort Ableism, der aus der US-amerikanischen Behindertenbewegung stammt. Er beschreibt die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, indem Menschen an bestimmten Fähigkeiten – z.B. laufen, sehen, sozial interagieren – gemessen und auf ihre Beeinträchtigung reduziert werden.

Als abled-bodie werden hingegen Menschen bezeichnet, die körperlich und geistig diesen gesellschaftlichen Erwartungen bzw. Normvorstellungen entsprechen.

Quelle: https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/ableismus

Awarenessteam

"Awareness" kommt aus dem Englischen und heißt Bewusstsein oder Achtsamkeit und meint in diesem Kontext eine achtsame Umgangsweise miteinander, in der Grenzen respektiert und Diskriminierung (möglichst) nicht reproduziert werden. Die Aufgabe des Awarenessteams ist es, ansprechbar für Betroffene von Diskriminierung und/oder Grenzüberschreitung zu sein. Das bedeutet oft auch Fall- und Konfliktarbeit.

 

Betroffenenzentrierung

Betroffenenzentriert zu arbeiten, bedeutet für uns, die gesellschaftlich übliche Umgangsform mit (sexualisierter) Gewalt umzudrehen: Nicht der Umgang mit der gewaltausübenden Person (Prozess, Strafe, Unterstützung,...) sollte im Vordergrund stehen, sondern die Bedürfnisse der (potenziell) betroffenen Menschen. Es bedeutet betroffenen Personen glauben zu schenken (siehe auch Definitionsmacht*) und ihr Erlebtes und ihre Einordnung nicht in Frage zu stellen. Akzeptanz und Verständnis dafür zu haben, wenn betroffene Personen nicht immer sortiert sind oder emotional werden oder dies eben nicht sind. Die "Opferbilder", die die Gesellschaft zeichnet, zu hinterfragen und damit betroffene Personen nicht darin einzuschränken, ihre eigenen Umgangsformen zu finden. All das ist in der Rapeculture, in der wir leben, leider Teil der Norm.

Wir wollen den Großteil unserer Zeit und Energie darauf verwenden, Betroffene zu unterstützen und weitere Betroffene zu verhindern. Teil davon kann sein, eine Verantwortungsübernahme der gaP zu erreichen. Dabei ist es wichtig den Fokus auf Betroffenenarbeit nicht aus dem Blick zu verlieren. Soweit wir es können, wollen wir bei unseren Entscheidungen und Handlungen die Bedürfnisse der betroffenen Personen mitdenken. Ein wichtiges Ziel von Unterstützungsarbeit muss sein, die betroffenen Personen dazu zu empowern (wieder) handlungsfähig zu bleiben / werden.

Cis

Bezeichnet Menschen, denen bei der Geburt ein Geschlecht (weiblich oder männlich) zugewiesen wurde und für die dieses als ihre geschlechtliche Identität zutrifft.

Definitionsmacht

Definitionsmacht ist ein Konzept aus den feministischen Kämpfen der 80er Jahre. Grundlegend darin ist die Forderung, dass nur die Person, die von einem Übergriff betroffen ist, definieren kann, wie sie die Handlung wahrgenommen hat. Es geht nicht darum, wie die tatverantwortliche Person ihr Handeln bezeichnet oder legitimiert. Die Benennung des Übergriffs von der betroffenen Person zweifeln wir daher in der Unterstützungsarbeit nicht an, und stellen ihre Wahrnehmung nicht in Frage. Das heißt jedoch nicht, dass die betroffene Person allein über Konsequenzen für die gewaltausübende Person bestimmen kann (oft als Sanktionsmacht bezeichnet). Ihr die alleinige Verantwortung zuzuschieben wäre nicht fair. Als unterstützendes Umfeld versuchen wir, so gut es geht, die Forderungen der Betroffenen zu unterstützen und dabei unsere eigenen Grenzen nicht zu übertreten.

Endo

Endo ist das Gegenstück von inter* und bezeichnet Menschen, deren körperliche Merkmale zu den medizinischen Normvorstellungen passen und die somit im binären Geschlechtersystem aufgrund bestimmter Geschlechtsteile entweder dem "weiblichen" oder dem "männlichen" zugeschrieben werden. Bei inter* Menschen ist diese Zuordnung oftmals nicht möglich und so werden bzw. wurden sie demnach meistens als Kind und ohne deren Zustimmung geschlechtsverändernden medizinischen Eingriffen unterzogen, um äußerlich eben dieser "Normvorstellung" wieder zu entsprechen. Seit 2021 sind solche Opterationen offiziell verboten.  Die Variationen der Geschlechtsmerkmale von inter* Menschen können "auf der anatomischen, chromosomalen oder hormonellen Ebene auftreten und sind gesunde Ausprägungen geschlechtlicher Vielfalt." (zitiert von https://www.trans-inter-beratungsstelle.de/de/begriffserklaerungen.html)

Femizid & Feminizid

Der Begriff Femizid wurde durch die Feministin Diana E. H. Russell geprägt und heißt nach ihr: „frauenfeindliche Tötungen von Frauen durch Männer“ (Russel 1992, S. xi). Die Motive dieser Morde sind patriachales Besitzdenken, Mysogenie und genderspezifischer Hass.

In Deutschland wird zum Beispiel an jedem 3. Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner ermordet. In Medien wird dann von einer "Tat aus Leidenschaft" oder einem "Beziehungsdrama"  gesprochen, was eine Verhamlosung bedeutet, strukturelle Machtverteilung* ignoriert und individualisiert.  

Der Begriff Feminizid wurde vor allem von der Wissenschaftlerin Marcela Lagarde geprägt und unterstreicht den Vorwurf an den Staat und die Justiz als systemischen Mittäter: Zum Beispiel das Unsichtbarmachen der genderspezifischen Gewalt, wenn die Gewalt zwar als Mord wahrgenommen, aber nicht in dem politischen Kontext bewertet wird. Ein anderes Beispiel ist, dass in solchen Gerichtsprozessen die Tat von Richter*innen oft verharmlost wird. Der Staat trägt also (Mit-)Verantwortung, weil er durch seine Untätigkeit, die Gewalt zulässt.

gaP = gewaltausübende Person / Übergriffige Person

Wir verwenden in unserer Arbeit und diesem Text sowohl die Beschreibung  gewaltausübende als auch übergriffige Person, da beides zutrifft. Manchmal kürzen wir dies mit gaP ab. 

Gegengewalt

Ist Macht und Handlungsfähigkeit, die sich gegen Gewaltausübung richtet und so eine Reaktion auf ausgeübte Gewalt darstellt. Sie kann das Ziel haben die Ursprünge der zuerst ausgeübten Gewalt zu bekämpfen, durch Abschreckung weitere Gewalt zu verhindern oder Handlungsmacht (wieder) zu erlangen.

Intersektional

Der Begriff ist von Kimberlé Crenshaw geprägt worden und heißt wörtlich übersetzt "Straßenkreuzung". Gemeint ist damit, wenn sich in einer Person verschiedene Betroffenheiten kreuzen z.B. Rassismus als eine "Straße" trifft auf Patriarchat* als die zweite Straße. Durch die "Kreuzung" entsteht eine eigene Betroffenheit, die in Beschreibungen von Rassimus oder Sexismus als jeweils vermeintlich unabhängige Diskriminierungsformen nicht auftauchen. Oft ist dann auch die Rede von Mehrfachbetroffenheiten.

Neurodivergent/ Neurotypisch

Neurodivergenz ist ein Begriff dafür, wenn dem Gehirn zugeschriebene  Funktionen bei einer Person anders sind, als es den gesellschaftlichen Erwartungen entspricht (wird dann neurotypisch genannt). Also ein Sammelbegriff dafür, wie Menschen auf verschiedenste Arten in Gefühlen, Wahrnehmung, Bedürfnissen und vielem mehr aus dem Rahmen fallen, der in der Gesellschaft als normal oder „zu erwarten“ gilt. Viele neurodivergente Menschen Erfüllen die Kriterien psychiatrischer oder neurologischer Diagnosen, aus einer neurodiversen Perspektive sind die aber nicht das Wichtigste. (zitiert von https://nibi.space/neurodivergenz)

Macht

Auf das Konzept von Macht gehen wir auf zwei verschiedenen Ebenen ein.

Erstens "Macht" als Begriff der Abhängigkeits- oder Überlegenheitsverhältnisse beschreibt, also die Möglichkeit ohne Zustimmung, gegen den Willen oder trotz Widerstandes anderer Personen die eigenen Ziele durchzusetzen und zu verwirklichen (Max Weber). Macht kann unter anderem von einzelnen Personen, Gruppen, Organisationen, Parteien, Verbänden, Behörden, dem Staat ausgeübt werden. Alle Personen bzw. Gruppen etc. verfügen in unterschiedlichen Gesellschaften über unterschiedliche (persönliche, soziale, anonyme) Machtpositionen. Hierbei geht es um eine Machtform über andere Menschen, Gruppen, Natur, etc.  (siehe https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17812/macht/ )

Zweitens "Macht" als Handlungsmacht, (siehe auch Begriff Potentia von zum Beispiel Spinoza, Marx etc.) also das Vermögen zu handeln, zu beinflussen und beeinflusst zu werden. Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit etwas zu verändern, Veränderung aufzuhalten oder die Kapazität Entscheidungen zu treffen. Einzelpersonen haben diese Art der Handlungsmacht häufig im Zusammenhang mit anderen, innerhalb eines Kontextes oder in Beziehung zu bestehenden Strukturen. Bei der Organisierung dieser Handllungsmacht also z.B. in sozialen Bewegungen, Autonomieorganisierungen und anderen Formen des Widerstandes geht es darum eine Gegenmacht zum herrschenden System aufzubauen. Diese Macht ist nicht statisch sondern dynamsich, also nicht festgeschrieben, sondern muss immer wieder neu ausgehandelt werden.

 

Männlich gelesen

Das heißt wir schreiben einer Person von außen das männliche Gender zu.

Um eine Person zu identifizieren kann es helfen, zu nennen welches Gender die meisten Menschen der Person zuschreiben würden. Um sichtbar zu machen, dass es eine (Fremd-) Zuschreibung ist benutzen wir das wort "gelesen". Kritisch daran ist, dass wir uns dabei an Biologismen (Körper -> Gender) bedienen - dafür haben wir noch keine bessere Lösung gefunden. 

 

Männlich/ weiblich sozialisiert

Da wir überwiegend in einer binären Gesellschaft (welches nur zwei Geschlechter kennt; also "männlich" und "weiblich") leben, wird Menschen so gut wie immer eines der "beiden" Gender zugeschrieben. Damit geht einher, dass bestimmte Erwartungen an das Verhalten gestellt werden, ausgehend vom Gender, dass wiederum dann die eigene Sozialisierung prägt.

Leider bedeutet diese binäre Zuschreibung aber auch automatisch, dass z.B. Menschen, die inter, trans, nicht binär, agender sind, meistens falsch kategorisiert werden und damit auch falsche Erwartungen an sie gestellt werden, was sich auch auf die Sozialisierung auswirkt. 

Marginalisierung

bezeichnet die Verdrängung von Individuen oder Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft. Die Verdrängung kann auf verschiedenen Ebenen  erfolgen, also zum Beispiel geografisch, wirtschaftlich, sozial oder kulturell sein; meist spielt sie sich auf mehreren Ebenen gleichzeitig ab. Marginalisierung findet in einem Machtgefüge statt und geht mit Diskriminierung einher: Je weiter sich eine Gruppe am gesellschaftlichen Rand befindet, desto weniger Macht hat sie und desto stärker ist sie gegenüber der  gesellschaftlichen „Mitte“ benachteiligt. (Quelle: https://www.idaev.de/recherchetools/glossar)

Patriarchat

Wörtlich Vaterherrschaft, bezeichnet Patriarchat das System sozialer Beziehungen, das maßgeblich von endo cis Männern geprägt und kontrolliert wird.

Es sichert die endo-cis-männliche Herrschaft und ermöglicht die endo-cis-männlich dominierte, hierarchische Geschlechterstruktur.

Der Grundbaustein des Patriarchats ist die strukturelle Unterdrückung von  FLINTA*, die sich überall in unserer Gesellschaft wiederfindet. Sei es in Ausbeutung oder indirekter wie direkter Gewalt.

Das Patriarchat zeigt sich unter anderem in seiner Grausamkeit bei sexualisierter Gewalt, in dem Erhalt der sogenannten "Rapeculture" und Femiziden bzw. Feminiziden.

 

Queer

Wir verstehen unter "queer" einerseits Menschen, die sich als genderqueer verstehen: Das sind alle Menschen, die sich nicht als das Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde. Also Menschen, die z.B. non-binär, trans, agender,... sind. 

Andererseits bezeichnen wir Menschen, die sich als "begehrensqueer" verstehen ebenfalls als queer: Also Menschen, die sich sexuell hingezogen fühlen zu Menschen des gleichen Geschlechts, mehreren Geschlechtern, allen Geschlechtern oder unabhägig vom Geschlecht, z.B. schwul/lesbisch, bisexuell, pansexuell, etc. sind. Also explizit nicht heteronormativ begehren. 

Rapeculture

Rapeculture bedeutet wörtlich "Vergewaltigungskultur". Der Begriff bezeichnet das soziale und gesellschaftliche Umfeld, welches sexualisierte Gewalt –  nicht nur Vergewaltigungen – normalisiert, ignoriert und verharmlost. Rapeculture rechtfetigt und begünstigt patriachale, sexualisierte Gewalt. Diese Kultur ist tief in patriarchalen Strukturen verankert und wird durch verharmlosende Darstellungen in Medien (TV, Instagram, etc), sexistische Werbung und Witze, sowie eine nicht ausreichende/schlechte Rechtsprechung unterstützt.

Dass Rapeculture überall Teil in unserer Gesellschaft ist, zeigt sich zum Beispiel in...

  • der Vorstellung "Passivität" = Weiblichkeit und "Dominanz" = Männlichkeit

  • der weitverbreitetend Ansicht, dass ein Nein, auch ein fehlendes Nein als Zustimmung gelten kann

  • "Täter-Opfer"-Umkehr bzw. Schuldumkehr als verbreitete Reaktion auf sexualisierte Gewalt. Das heißt betroffenen Menschen (Mit-)Schuld an Übergriffen geben: Die gewaltausübende Person wird dann oft damit entschuldigt, es "ja nicht gewaltvoll gemeint zu haben" und die Schuld wird dann bei der betroffenen Person gesucht (körperbetonte Kleidung, wechselnde Sexualpartner*innen, nachts alleine unterwegs sein...)  

  • dem Mythos darüber wie eine Vergewaltigung aussieht, weshalb Menschen, die diese Gewalt erfahren, diese oft selbst nicht als Vergewaltigung einordnen (können), weil Vergewaltigungen (in den Medien) oft anders dargestellt werden 

  • dem Einsetzen von Vergewaltigung als Waffe

  • dem Absprechen oder Angreifen selbstbestimmter Sexualität 

  • alleine die verbreitete Angst vor sexualisierter Gewalt ist ein Instrument der Einschüchterung und Unterdrückung vor allem von weiblich sozialisierten Menschen. Die Angst wird aufrecht erhalten, durch ein ständiges Androhen/Erinnern der Möglichkeit. Damit die Drohung nicht unglaubwürdig wird, reicht es schon, wenn nur "selten" sexuaisierte Gewalt bekannt wird.

Sexualisierte Gewalt

Ist eine Bezeichnung für Gewalt, die sich sexuellen Handlungen bedient. Das zentrale Element ist die Auslebung von Macht gegenüber der gewalterfahrenden Person. Oft finden diese Übergriffe in Abhängigkeitsverhältnissen statt. Vermeintlich sexuelle Handlungen werden hier als Waffe eingesetzt. Wir verwenden in diesem Text sexualisierte Gewalt in Abgrenzung zu sexueller Gewalt, weil wir den Fokus auf die Ausübung von Gewalt und Macht legen.
Quellen dazu, welche Personengruppen wie häufig von sexualisierter Gewalt betroffen sind:

https://www.lsvd.de/de/ct/4101-Ueberdurchschnittliche-Betroffenheit-von-sexualisierter-Gewalt-bei-nicht-heterosexuellen-Jugendlichen

https://www.bmfsfj.de/resource/blob/94204/3bf4ebb02f108a31d5906d75dd9af8cf/lebenssituation-und-belastungen-von-frauen-mit-behinderungen-kurzfassung-data.pdf (S.21)

https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/gefaehrdungen-und-risiken

Sexuelle Gewalt

Ist die Bezeichnung für jegliche Form von grenzverletztedemVerhaltem, das die Sexualität betrifft. z.B. Es kommt durch nicht erfragten Konsens beim Sex zu Grenzüberschreitungen. In diesen Bereich können auch unerwünschte Anmache, Belästigung, sexuelle Aufdringlichkeit fallen. Im Unterschied zu sexualisierter Gewalt wird nicht unbedingt der Fokus auf die Gewalt und die Machtdimension gelegt, aber der Übergang und vor allem umgangsprachliche Gebrauch verschwimmt an dieser Stelle.

Straflogik

Ist eine verbreitete Haltung, wie mit vermeintlichem Fehlverhalten umgegangen wird. So werden z.B. in der deutschen Rechtsprechung "Straftäter*innen" zu Gefängnishaft verurteilt. Die Grundlage dieser "Logik" ist, durch (möglichst harte) Bestrafung Menschen zum Lernen zu zwingen, sodass sie ihr Verhalten ändern. Ein weiterer Effekt soll sein, Menschen aus Angst vor der Bestrafung von den "Taten" abzuschrecken. [als Gegenentwurf: siehe Transformative Justice*]

Täter*innenschutz

Nicht nur aktives Schützen von gewaltausübenden Personen oder aktives Handeln gegen betroffene Personen kann täter*innen-schützend sein. Auch Wegschauen, nicht handeln, offenes Anzweifeln, Infrage-stellen von Definitionsmacht, ...  etc. In unserer Gesellschaft ist solches Verhalten weit verbreitet. Zu akzeptieren, dass Freund*innen oder Mitstreiter*innen auch Gewalt ausüben können, kann schwierig sein. Umso wichtiger ist es, wachsam zu bleiben und betroffenenenzentriert zu handeln.

Transformative Gerechtigkeit (TG) / Community Accountability (CA)

TG und CA sind Konzepte aus schwarzen und indigenen Zusammenhängen in den USA. Sie wurden vorallem in feministischen und queeren Bewegungen entwickelt, also bei der Schnittmenge z.B. schwarzer feministischer Kämpfe. Besonders in diesen Kontexten haben viele Menschen nicht die Möglichkeit, zur Polizei oder anderen Institutionen zu gehen, wenn ihnen Gewalt angetan wird, weil sie dort oft nur Rassismus, Retraumatisierung und Machtlosigkeit erleben müssen. 

Die Idee ist, dass stattdessen das Umfeld Verantwortung für die Aufarbeitung übernimmt. Betroffene Personen sollen unterstützt und empowert werden und die gewaltausübende Person dazu gebracht werden, Verantwortung zu übernehmen und ihr Verhalten zu reflektieren und zu ändern. Aber auch das Umfeld (die Community) muss hinterfragen, wie es dazu beiträgt, dass Gewalt angewendet, geduldet oder verharmlost wird. Grundlagen sind außerdem die Annahme, dass Menschen sich ändern können (möglicherweise nur mit Unterstützung) und die Überzeugung, dass Bestrafungen einen Menschen nicht verbessern wird.

Sich an den Prinzipien von TG zu orientieren schließt unserer Meinung nach nicht aus, einen Menschen temporär oder auch dauerhaft auszuschließen, outzucallen oder anzuzeigen.

Leseempfehlung: http://www.whatreallymakesussafe.com/de/toolkit-buch.php & https://www.transformativejustice.eu/de/

 

weiß

Mit dem Adjektiv weiß ist die Positionierung und soziale Zuschreibung einer weißen Person in einer rassistisch strukturierten Gesellschaft gemeint. Rassismus verleiht weißen Menschen Privilegien, Dominanzerfahrungen und der Erfahrung als Maßstab zur Beurteilung zu fungieren. Die Bezeichnung weiß dient dazu, diese in der Regel unmarkiert bleibende Positionierung weißer Menschen – mit ihren in der Regel für sie unsichtbaren Folgen – sichtbar zu machen. Um dies auch im Text deutlich zu machen, wird hier wie von vielen anderen Autor*innen weiß kursiv gesetzt. (Andere schreiben das Adjektiv in Analogie zu Schwarz groß.)
weitere Ausführung: https://www.idaev.de/

 

 

 

 

 

 

 

 

**Outcall English Translation**

OUTCALL 

 

Lützerath lebt, June 2023

Contact: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info

Contentnote (comment on the content of the text)

 

This text is an outcall. In other words, it is a publication of violent behavior by a person commiting violence*.

Throughout the text, sexualised violence* is repeatedly addressed in general. At a certain point, concrete acts and behaviour patterns as well as the assaulted person themself will be described. The description contains also different forms of violence. Directly before the description of acts, there will be an explicit trigger warning, so that it is also possible to read the text without this section.

The following text is very extensive. It is divided into several chapters which we have written for different groups of people. For who, is written next to each chapter.

 

Structure of the text:

1.Introduction (to all)

  • About our group, attitude and motives for writing this text

2.Outcall (to all)

  • Trigger warning

  • Description of violant acts & patterns 

  • Description of person 

  • To (possible) affected persons: Offer of support

  • Background and political estimation 

  • Outlook and demands: What can we as a movement do against sexualised violence?

  • How to contact us

 

3. To certain groups of people

  • To the environment and (former) friends of the person commiting violence

  • To the person committing violence

  • To current/former left occupations and places of resistance 

4. Glossary (to all)

  • Explanations of terms or concepts we use (marked with * in the text)

1. Introduction

About our group, positions and motives for writing this text

We are writing this text as a group that dealt with a series of sexualised assaults made by a person commiting violence. Our process on this outcall was a lot of work and took longer than expected. That's why the publication couldn't happen at an earlier time.

We are white*, majority able-bodied*, predominantly neurotypical*, partial endo* cis-female*, endo* cis-male* and non-binary. 

It is also important to us to name that we describe the patterns and actions of the gaP* from our own positioning, as we have understood them through this. This section and the further assessment are shaped by our personal experiences and perspectives on the world.

 

We and the harming person* (abbreviated as harm.p.*) were part of the occupation of Lützerath. The village was evicted in early 2023 and destroyed for the expansion of the Garzweiler 2 open-cast lignite mine. Before that, it was a place of resistance of the climate justice movement for years. Almost all of the assults we refer to, took place there. During and after the occupation, we have tried to reappraise what happend, to support the people affected and to find a collectively way of dealing with it in the village. We try to prevent the harming person* from doing violence to other people. We have to assume that in addition to the affected persons known to us, other people have experienced and will experience similar assaults. 

 

With this publication, we especially would like to say to those affected: You are not to blame and we want to be approachable if you have questions or do not want to be alone with what you have experienced. Please feel free to contact us. You can find more information in the chapter "To (possible) affected persons."

 

The harming person* was excluded from the village after the assaults became known, becuase at that time it was not possible to deal with the gaP* appropriately. Since then we have tried to go into a process with the person. However, we have no way of working with the person who was committing this violence: The person has been ignoring our attempts to contact them for months and, as far as we know, no one in their close environment is ready for holding the person responsible.

We wanted the person to take responsibility for their own behaviour. We are convinced that this is the only way to prevent further violence. Since we have to assume that the harming person* will not change their behaviour in the near future, we want to publicly warn against the harming person*.

In this way, we hope to make further assaults less likely: On the one hand, we want to enable people to recognise the person and protect themselves. On the other hand, we consider the violent patterns that are described to be structural and dangerous and want to point them out independently of the person.

 

2. Outcall

 

+++++ TRIGGERWARNING / Content-Note +++++

In the next chapter, the first part describes concrete sexualised*, physical and mental violence. The second part is a description of the person comnmitting violence*.

Think about what you need when you read this text, e.g. to be together with a trusted person. If you do not want to read this section, scroll down to +++ END +++ 

 

Description of acts and patterns of behaviour

Some of the following patterns of violence were developed and repeated by the harm.p.* over a period of at least one year towards several (at least 5) affected persons. Not all of the assaults mentioned below always occurred to all affected people.

In the cases known to us, the affected persons were femaly socialised* and often in a romantic/sexual relationship with the harming person*. However, we also know of people who were part of the friendly environment of person committing the violence* and who were or are affected by some of the behaviour patterns.

 

The person committing violence* had (repeatedly) non-consensual sex with several of the affected persons, which is one of the most massive forms of sexualised violence*. In addition, the person repeatedly committed boundary violations through sexual acts.

The harming person* also took advantage of situations in which people were not capable of consensual sex, e.g. when they were asleep or under the influence of drugs, and committed some of the assaults in this way. In some cases, the harm.p.* deliberately brought about these situations, for example by urging the affected person to take drugs.

 

The person comitting violence* partially exerted enormous force on the affected persons for weeks. Some of them repeatedly experienced severe sexualised*, psychological and physical violence. They were manipulated on various levels and forced to perform physical and sexual acts against their will. The harm.p.* did not respect the physical integrity or sexual autonomy of the affected persons.

 

This was achieved, among other things, through the use of physical violence and emotional blackmail.

 

Emotional blackmail includes, among other things: The person committing violence* names desires (for sex, closeness, affected person should have no contact with male read* persons due to jealousy,...) to the affected persons but treats these desires as non-negotiable needs. The needs and limits of the affected persons are unimportant for the gaP. When there is resistance to follow these wishes, the harm.p.* interprets this as a non-expression of love, threatens with self-harming (up to suicidal) behaviour and sometimes even carries this out. In this way, the person comitting violence exerts enormous pressure and extreme forms of manipulation.

 

At least one of the affected persons was systematically prevented from fulfilling their own basic needs by the coercion exerted. These include sleeping, eating, physical health, free movement and social interaction. 

 

At least one of the affected persons was also actively prevented from getting help. The harming person* persuaded the affected persons that the "awareness team*" or other persons from the occupation would fully support the harm.p.* and would not believe the narratives of the affected person. Since the harming person* supposedly spoke openly about details of the relationship in their environment, their own version of the story was established there. In this version, the harm.p.* presented themselves as the person suffering in the relationship. This results in a shift of blame known as "perpetrator-victim reversal".

 

In addition, there was a social power imbalance*, since the person committing violence*, as a person who had been living in the occupation for a longer time, had better access to village structures, as well as potentially more trust from the community. In combination with the increasing isolation of the affected person, it became almost impossible to find support.

 

During the processing, it became clear through the stories of the affected persons that the harm.p.* made many serious lies and false statements. These were difficult to see through, as the harm.p.* built up the fabricated stories on top of each other and linked them to what they had actually experienced. 

Description of the person committing violence*:  

  • known name: Sterni

  • estimated age: late 20s/early 30s

  • medium length natural red/orange hair & beard

  • approx. 1.80 m tall

  • rather strong build 

  • face marked by freckles and acne scars

  • perceived by us as male* (see footnote with explanation why we use this description in the glossary)

  • (Structural) tasks in which they was active: paramedic, IT (internet/technical support), as DJ 

  • previous locations: Lützerath (about one year), Dannenröder Forst and structures in the surrounding area (several months), Hambi, Cologne area, Berlin

+++++ END of the description of the assaults and the person committing violence* +++++

Appeal and offer to affected persons

We know of at least five affected persons so far. Based on the behaviour patterns, we assume that all persons who were, are or will be in a romantic or sexual relationship with the harming person* may have similar experiences of violence. These do not have to be congruent with the actions described above.

Therefore, we would like to offer people who feel addressed to get in touch with us. Even if you are not sure whether you can identify the gaP* from the above description. Together we can find out if it is the same person and, if you like, talk about what you have experienced.

If you would like additional support in processing your experiences, we can transfer you to people and structures that we know and trust. We cannot provide long-term professional support ourselves, but we can accompany you in the steps you need to take to get there. 

You can reach us at: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info. We will gladly send you the PGP key upon request. Then we can also arrange a telephone appointment if you prefer.

Background and political estimation

This outcall is not about pointing at a supposedly "bad" person and saying: "There! That's the bad person" so that others can clearly distance themselves from it and calmly go on with their lives, because the perpetrator* has been found and they themselves belong to the "good people". 

No, we want to emphasise that this violence is not an isolated case. Sexualised violence* happens everywhere. Many people can become perpetrators* in a patriarchal* system. It is our task to see that prevention work and dealing with violence that has taken place is the responsibility of all of us. We are not helped by penalty logic*, nor by ignoring the structural dimension by only addressing the individual behaviour of individuals. Our goals are community awareness and the collective ability to act.

 

Sexualised violence* refers to all assaults on the sexual self-determination of people. This form of violence is not primarily about the sexual satisfaction of the violent person*, but thereby sexuality serves as a demonstration of power* or to humiliate the other person.

 

We choose the concept "sexualised violence*" here because it highlights the structural dimension. It is a terrible part of the patriarchal* exercise of power* :

In concrete terms, this means: In most cases, this violence is perpetrated by male socialised* persons from the close environment. As a result, people who have experienced sexualised violence* experience that their boundaries and needs are subordinated to those of the harming person*. This leads to a stabilisation of patriarchal* power structures* and social dynamics. Patriarchy* operates on many different levels in every human being and oppresses us all. It starts with male* speech dominance, sexist comments and migroagressions and in the worst cases it can lead to violent sexualised assaults and femicides* (murder or suicide). 

At the same time, sexualised violence* functions within a system of various structures of domination and oppression: 

Women in all social situations are particularly affected by sexualised violence* (every 3rd-4th woman), queer* persons (every 3rd person), women affected by ableism* (every 3rd) and probably many more dimensions. [We add some sources we found on this in the glossary under sexualised violence*]. More differentiated research is needed to assess the significance of other marginalising influences*.

 

The named structures of domination and oppression cannot be thought of without a social environment that is shaped by rape culture*: In which affected people still have to fear that at least part of the blame for the assaults they have experienced will be attributed to them, that they will not even be believed what they have experienced or that it will be played down as a "relationship drama". [see definition of "rape culture" in the glossary]. 

All this leads to the fact that (sexualised) violence is made a taboo subject and often not named as such. In the same way, the structural dynamics behind it are all too often deliberately left out or not perceived. 

 

And yes, even the supposedly safe and feminist places we build for ourselves are not free of (patriarchal*) violence. If we think that the bad cases of sexualised violence* only happen "out there" in society, we are mistaken: we are part of society, so patriarchal* and sexualised violence is a reality in our structures just like everywhere else. It doesn't just disappear when we put words like "feminism" and "justice" on our banners.

The fact that many of us were shocked and unprepared in the face of the acts described above and how difficult it was in practice to implement feminist principles such as power of definition* and survivors-centredness* showed us: it is important for all of us to pay more attention to the structural oppression behind sexualised violence!*

Outlook and demands

What can we as a movement do against sexualised violence?

With this we explicitly remind you that sexualised violence* happens again and again within our structures - This is an appeal to the whole movement, every group/structure and every individual to act!

We all have a collective responsibility to oppose sexualised violence* and to prevent it if possible!

At this point we formulate four demands that seemed essential to us. Of course, we do not provide a ready-made concept and do not claim it to be complete. You have to deal with them and find your own collective answers!

 

1) Dismantle structural violence

In order to actively dismantle structural violence, we have to start by ackknowledging it and making it visible.

This means that we have to organise individual and collective educational work, create both feedback and reflection spaces in order to overcome role models together in long-term and deep reflection. In the case of (sexualised) violence, it is important to think, act and work intersectionally*.

 

We demand that all (political) groups have regular exchange rounds with the aim of taking collective responsibility. In these rounds, people can say how they are doing and specifically with what they are not doing well in their everyday life/structures/environment. The group's attention and willingness to act should not depend on how the person telling the story can name the experience analytically.

The group can help to identify what form of structural violence it is, while retaining the affected person's power of definition*. Together they should take responsibility for fighting it and supporting the person in dealing with it.

 

2) Learning (sexual) consensus

"When we talk about our experiences with consensus, our struggles, our mistakes and how we've learned, it's part of a much bigger revolutionary struggle." Cindy Crabb 

There can also be violence and boundary violations during sex that do not fall under "sexualised violence*". That is, people have and want to have sex with each other, but e.g. by not asking for consensus, boundaries are crossed without one side abusing sex as a weapon or exercise of power*. The consensus principle tries to find a way to deal with this.

In this society, we are not taught not to behave in an abusive way. We are taught little about being considerate and asking for needs and boundaries. We follow certain internalised routines (built up through stories, myths, literature, television, beliefs, advertising) of how to live sex and intimacy (e.g. activity vs. passivity, a certain sequence of routines such as kissing, petting, penetrative sex, orgasm). However, this massively restricts us from thinking, feeling, developing freely ourselves and being mindful of our boundaries. In order not to overstep boundaries during sexual interactions, we have to learn to communicate with each other: In order to be able to actively say "yes" and ask for it, we have to learn about our boundaries and desires, find out how people behave when they don't like something, what is a good way to ask for consensus, how body parts should be called,(...). This means that all people involved definitely voluntarily agree to certain sexual acts. The consensus principle enables a positive approach to sexuality and to one's own needs.

An equally important component of consensus is to be able to say "no" and to clearly indicate one's personal boundaries. In our opinion, these are lifelong learning processes that must be actively initiated within our places and structures through educational offers and spaces of exchange and may only be understood as one of many parts of prevention work.

3) Build autonomous organisations of FLINTA* and affected people

We do not have to be affected in the same way to rebel together against what affects us. 

 

* We need spaces of shelter and retreat:

 

There are no actual safe places and yet we must try to create them. These places allow us to escape from the everyday and constant violence by e.g. the patriarchy*. They should be places where we don't have to fulfill anything for at first and can recharge our energies. FLINTA* spaces are sometimes too unclear to find an exchange with people who are affected by the same things. Here, for example, explicit spaces for TINA*, people with disabilities, BIPoC, female socialised* people etc. could help.

 

* We need spaces for exchange:

Only by creating places where we find words for the unspeakable, where we develop a language together to talk about violence and border crossings, we can we find a common way of dealing with it. Here it is imperative: the power of definition* lies with the affected person, there is no questioning of the affected perspective or denial of one's own perceptions.

In order to really understand each other, our suggestion is to create topic-specific spaces of exchange instead of FLINTA* spaces: e.g.: being trans in the countryside or survivors of sexualised violence*, (because endo* cis-male* people can also be affected by this violence), etc.

 

* We need empowerment spaces:

 

In these places we can empower each other, despite being affected differently (by patriarchy*), to free ourselves together from internalised patterns and to develop new options for action. Here, beyond a process of reflection, we can learn together how to confront structural violence in all its quiet and loud forms, how to fight it and build alternatives. We need self-defence, the building of counter-violence* and the struggle for a liberated society. Because it is essential that we develop a collective ability to act, to be able to fight for us in society.

* Real Solidarity among people affected by the same system of discrimination (e.g. FLINTA*):

We are not affected by structural violence in the same way and yet we have to oppose it together! We still have to learn how to do that and just creating a FLINTA* space is obviously not the solution. An important pillar on the way there is to create an honest listening and respect each individual, how they are affected by discrimination, violation or violence and how they decide to deal with it. We have to stand together in solidarity with each other!

 

4) Be prepared!

The probability that violations and sexualised violence* will occur or have already occurred within our structures is very high. And at the same time, the probability that it will exoressed  is low. We have to change that!

In all our structures and groups it is important that we deal with the possibility of assaults before it happens. To be ready to act, we have to break the taboo as early as possible and clarify these - sometimes unpleasant - issues together:

What you should generally deal with NOW:

  • What happens when violence occurs within your group?

  • What are your core values/agreements (power of definition*, survivor- centredness*,...) and what happens when people do not respect them?

  • Who can be approached on a low level when border crossings are happening? 

  • What communication structures do you need to build up in order to learn about (potential) violance at an early stage or to be able to report them?

You should be able to clarify these questions promptly if there have been violations and it makes sense to thiink them trough before:

  • What are the next steps? What consequences will be drawn?

  • How can you quickly clarify who will take on the following roles: support for the affected person, communication with the person who did the harm, communication with the rest of the group, communication with the movement/group, process coordination, etc.?

  • How can you enable affected persons to continue to be part of the group?

  • Which external support services (counselling centres, process support, etc.) do you already know about and can you accept on a low-threshold basis? Which contacts do you need to establish beforehand?

 

Contact

We can be reached by email: kein.einzelfall[ät]luetzerathlebt.info - PGP on request. 

As with every outcall, it is very important not to speculate about who the affected persons might be and not to de-anonymise them without their consent! 

Feel free to share this outcall with people around you or in any place that seems appropriate to you.

Solidarity with all affected people!

June 2023

Process Group from Lützerath

 

3. To specific groups

 

This section is addressed to specific groups. Because the text is already quite long, we have deliberately placed this section at the end. Please read on under the appropriate heading if you are a (former) friend of the person committing violence*, if you are the the person committing violence* yourself and if you live in or feel part of left-wing occupations. 

 

To (former) friends of the person committing violence*

We are aware that it is not easy for current or former friends of the perpetrator* to hear about the actions of a friend. Unfortunately, we have already witnessed in various situations how friends behave crappy out of ignorance/unreflectiveness or out of excessive demands when they learn about boundary violations in their environment. Neither denial ("this kind of thing doesn't happen in our circle of friends") nor unconditional breaking off of contact ("I don't want to have anything more to do with someone like that") is helpful. Nevertheless, there can of course also be very legitimate reasons for this - e.g. self-protection.

 

We are convinced that even people who have inflicted terrible violence on others can change. Since there will probably not be a world without assaults, it is all the more important that people reflect on and change their violent behaviour.

The responsibility for the process lies with the harming person*. Endo* cis* men in particular should not escape from their responsibility as a supportive person, because it is precisely they who help shape their socialised or privileged behaviour in their close environment and thus support sexist and otherwise discriminatory behaviour.

 

Unfortunately, we as a process group have not managed to get through to the person who did the harm, which has led to the fact that we no longer have any contact at all. Nevertheless, we hope that there are people in the current environment of the person who try to take responsibility.

 

At the same time, we have experienced ourselves how great the danger is to reproduce offender protection*. In our society we all learn to question, doubt or belittle the experience of people affected by sexualised violence* and to give more credence to the perpetrators of violence*. So please be aware of this danger. Be in solidarity with the people affected - even if at first you cannot imagine that a person in your environment has acted in such a transgressive way!

 

To the person committing violence*

We have tried for a long time to get in touch with you because we would have liked a different way for you, for the person affected and for us. We have offered you support and tried to meet with you several times. With this outcall, we are now making the incidents public and will no longer try to get in touch with you. However, this does not mean that you can just sit it out and hope that the dust will settle and everything will be over. It is still your responsibility to work on your behaviour and to prevent yourself from massively hurting other people again and crossing their boundaries.

 

Appeal to former / current left occupations and places of resistance:

Case 1) The person committing violence* is probably in your structures.

Actively approach people who are in the person's immediate environment, especially in a romantic relationship. Create transparency and trust and, if possible, offer contact points where they can get help. Feel free to share our contact information.

 

Be prepared that the person will not take responsibility in a confrontation, but will rather systematically and manipulatively spread other versions of the story in the sense of "perpetrator-victim" reversal, and will be supported and covered up in this by their close environment.

At this point, it is important for us to emphasise that the perpetrator of violence* does not engage in direct, aggressive violence in everyday interactions. However, in our estimation, it is very likely that similar, violent behaviour as described by us occurs when the person is around for a longer period of time and forms emotional relationships with people. This has a stronger effect under the influence of drugs.

 

Overall, we believe it is important that the person commiting violence gets professional help. This is not a call to exclude this person per se from your structures. 

 

Case 2) The person committing violence* has probably been in your structures in the past:

Actively approach potentially affected persons from the past (especially people who were in close / romantic / sexual relationships with the person) and encourage them to talk about their experiences or to contact us.

We would like to see an opportunity created in your place or structure for other potentially affected people to learn about the case. 

 

Case 3) The person committing violence* is not in your structures, but you know where they could be:

Consider which places should also receive this outcall and forward it. 

 

Case 4) You do not assume that the person committing violence* is or has been staying with you:

Even if the person is not with you, now is still a good time to take a close look in your own environment and actively deal with sexualised and other assaults. (see chapter: Outlook and demands in the Outcall)

4. Glossary *

 

We have tried to define various terms and concepts that have repeatedly been part of our work in the following. Our main aim is to create transparency and a better understanding of the text. We do not want to give an universal explanation, but explain our own understanding and there are discussions about these terms among the group.

 

Ableism and able-bodied

The term Ableism comes from the English word Ableism, which originates from the US-American disability movement. It describes the discrimination of people with disabilities, in that people are measured by certain abilities - e.g. walking, seeing, social interaction - and reduced to their impairment.

In contrast, people who physically and mentally conform to these social expectations or norms are referred to as abled-bodied.

Source: https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/ableismus

 

Awareness team

"Awareness" means consciousness or attentiveness and in this context means a mindful way of dealing with each other in which boundaries are respected and discrimination is (as far as possible) not reproduced. The task of the awareness team is to be approachable for those affected by discrimination and/or boundary crossing. This often means working on cases and conflicts.

Survivor-centredness

For us, working in a survivor-centred way means turning around the way society usually deals with (sexualised) violence: Not dealing with the person committing violence (trial, punishment, support,...) should be in the foreground, but the needs of the (potentially) affected people. It means believing affected persons (see also power of definition*) and not questioning their experiences and their classification. To have acceptance and understanding when affected people are not always sorted or become emotional (or are not). Questioning the "victim images" that society paints and thus not restricting affected persons in finding their own ways of dealing with things. All this is unfortunately part of the norm in the rape culture* we live in.

We want to spend most of our time and energy on supporting affected people, preventing further affected people. Part of it can be to work towards the person committing violences taking responsibility, without losing the focus on working with the survivors. As far as we can, we want to think about the needs of affected people in our decisions and actions. An important goal of support work must be to empower the survivors to remain / become capable to act (again).

Cis

Refers to people who were assigned a gender (female or male) at birth and for whom this applies as their gender identity.

Power of definition

Power of definition is a concept from the feminist struggles of the 1980s. Fundamental to it is the demand is that only the person affected by an assault can define how they perceived the act. It is not about how the person committing violences labels or legitimises their actions. We therefore do not doubt the naming of the assault by the person affected in the support work, and do not question their perception. This does not mean, however, that the affected person alone can determine the consequences for the person committing violences (often referred to as sanctioning power). Putting the sole responsibility on them would not be fair. As a supportive environment, we try to support the demands of the person affected as best we can, while not overstepping our own boundaries.

Endo

Endo is the counterpart of inter* and refers to people whose physical characteristics fit the medical norm and who are thus assigned to either the "female" or the "male" in the binary gender system due to certain sexual parts. In the case of inter* people, this assignment is often not possible and they are or were therefore usually subjected to gender-changing medical interventions as children and without their consent, in order to correspond externally to this "norm". Since 2021, such operations have been officially prohibited. The variations in gender characteristics of inter* people can occur "at the anatomical, chromosomal or hormonal level and are healthy expressions of gender diversity." (quoted from https://www.trans-inter-beratungsstelle.de/de/begriffserklaerungen.html)

Femicide & Feminicide

The term femicide was shaped by feminist Diana E. H. Russell and means, after her, "misogynistic killings of women by men" (Russell 1992, p. xi). The motives of these murders are patriarchal possessiveness, mysogeny and gender-specific hatred.

In Germany, for example, a woman is murdered by her (ex-)partner every 3rd day. The media then speak of an "act of passion" or a "relationship drama", which means a disparagement, ignores and individualises structural power distribution*.   

The term feminicide was mainly shaped by the scientist Marcela Lagarde and underlines the accusation against the state and the judiciary as systemic accomplices: For example, the invisibility of gender-specific violence, when the violence is perceived as murder but not assessed in the political context. Another example is that in such court cases, the crime is often played down by judges. The state therefore bears (co-)responsibility because it allows the violence through its inaction.

Harm.p. = Violent person / Assaultive person/ Person committing violence / Harming person / Perpetrator of violence

In this text, we use different descriptions for the person we are outcalling. We are not deeply involved in the English speaking debate about transformative justice and don't know if we neglect nuances or differences by doing so. From our current understanding all of the describtions fit.

 

Counterviolence

Th power and the ability to act that is directed against the use of violence and thus represents a reaction to violence that has been used. It can have the aim of combating the origins of the violence first perpetrated, preventing further violence through deterrence or (re)gaining agency.

 

Intersectional

The term was coined by Kimberlé Crenshaw and literally means "crossroads". What is meant by this is when different concerns intersect in one person, e.g. racism as one "road" meets patriarchy* as the second road. The "intersection" creates its own affectedness, which does not appear in descriptions of racism or sexism as supposedly independent forms of discrimination. 

 

Neurodivergent/ Neurotypical

Neurodivergence is a term for when the functions attributed to the brain in a person are different from what society expects (this is then called neurotypical). In other words, it is a collective term for the many ways in which people's feelings, perceptions, needs and many other things are out of line with what is considered normal or "expected" in society. (quoted from https://nibi.space/neurodivergenz)

 

Power

We address the concept of power on two different levels.

First, "power" as a term describing relations of dependence or superiority, i.e. the possibility of asserting and realising one's own goals without the consent, against the will or despite the resistance of other persons (Max Weber). Power can be exercised by individuals, groups, organisations, parties, associations, authorities, the state, among others. All persons or groups etc. have different (personal, social, anonymous) positions of power in different societies. This is a form of power over other people, groups, nature, etc. (see https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17812/macht/ ).

Secondly, "power" as the power to act (see also the term potentia by, for example, Spinoza, Marx, etc.), i.e. the ability to act, to influence and to be influenced. This is the possibility to change something, to stop change or the capacity to make decisions. Individuals often have this kind of power with to others, within a context or in relation to existing contexts. When organising this power to act, e.g. in social movements, autonomy organisations and other forms of resistance, the aim is to build up a counter-power to the ruling system. This power is not static but dynamic, i.e. it is not fixed but has to be renegotiated constanteley

 

Perceived as male

This means that we ascribe the male gender to a person from the outside.

In order to identify a person, it can help to name which gender most people would ascribe to that person. To make it visible that it is a (foreign) attribution we use the word "read". Critically, we use biologisms (body -> gender) - we haven't found a better solution yet. 

 

Male/female socialisation

Since we live predominantly in a binary society (which only knows two genders, "male" and "female"), people are almost always ascribed one of the "two" genders. This goes hand in hand with the fact that certain expectations are placed on behaviour, based on gender, which in turn then shapes one's own socialisation.

Unfortunately, this binary attribution also automatically means that, for example, people who are inter, trans, non-binary, agender, are usually wrongly categorised and thus wrong expectations are placed on them, which also has an impact on socialisation. 

 

Marginalisation

Refers to the displacement of individuals or populations to the margins of society. Marginalisation can take place on different levels, for example geographically, economically, socially or culturally. It usually takes place on several levels at the same time. Marginalisation takes place in a power structure and goes hand in hand with discrimination: the further a group is on the social fringe, the less power it has and the more disadvantaged it is compared to the social "centre". (Source: https://www.idaev.de/recherchetools/glossar)

Patriarchy

Literally fatherhood, patriarchy refers to the system of social relations that is largely shaped and controlled by endo cis men. It ensures endo cis male domination and enables the endo cis male dominated hierarchical gender structure.

The core of patriarchy is the structural oppression of FLINTA* that is found everywhere in our society: e.g. in exploitation, indirect, cultural, structural or direct violence.

Patriarchy shows itself, among other things, in its cruelty in sexualised violence*, in the preservation of the so-called "rape culture" and femicides or feminicides.

Queer

We understand "queer" to mean, on the one hand, people who see themselves as genderqueer: These are all people who do not identify as the gender they were assigned at birth. So people who are e.g. non-binary, trans, agender,.... are queer.

On the other hand, we also refer to people who see themselves as "desiring queer" as queer: people who are sexually attracted to people of the same gender, multiple genders, all genders or regardless of gender, e.g. gay/lesbian, bisexual, pansexual, etc. In other words, they explicitly do not desire heteronormatively.

Rape culture

The term refers to the social environment that normalises, ignores and trivialises sexualised violence - not just rape. Rape culture justifies and encourages patriarchal, sexualised violence. This culture is deeply rooted in patriarchal structures and is supported by trivialising representations in media (TV, Instagram, etc), sexist advertising and jokes, as well as insufficient/bad jurisdiction.

The fact that rapeculture is part of our society everywhere can be seen for example in...

* the idea of "passivity" = femininity and "dominance" = masculinity

* the widespread view that a "no" or the lack of "no", can be taken as consent

* "perpetrator-victim" reversal or blame reversal as a widespread reaction to sexualised violence. 

* the survivor is blamed (clothing, changing sexual partners, being out alone at night...).  

* the myth of what rape looks like, which is why people who experience this violence often do not (cannot) classify it as rape themselves, because rape is often portrayed differently (in the media) 

* the use of rape as a weapon

* denying or attacking self-determined sexuality 

The widespread fear of sexualised violence alone is an instrument of intimidation and oppression, especially of socialised females. The fear is maintained by constantly threatening/reminding people of the possibility. 

 

Sexualised violence

Is a term for violence that uses sexual acts. The central element is the exercise of power over the person experiencing the violence. These assaults often take place in relationships of dependency. Supposedly sexual acts are used as weapons. In this text, we use sexual violence* in distinction to sexual violence because we focus on the exercise of violence and power.

Sources on which groups of people are affected by sexualised violence and how often (in German):

https://www.lsvd.de/de/ct/4101-Ueberdurchschnittliche-Betroffenheit-von-sexualisierter-Gewalt-bei-nicht-heterosexuellen-Jugendlichen

https://www.bmfsfj.de/resource/blob/94204/3bf4ebb02f108a31d5906d75dd9af8cf/lebenssituation-und-belastungen-von-frauen-mit-behinderungen-kurzfassung-data.pdf (P.21)

https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/gefaehrdungen-und-risiken

 

Sexual violence

This is the term for any form of behaviour that violates boundaries and concerns sexuality, e.g. boundaries are violated during sex when consent is not enquiered. Unwanted propositions, harassment and sexual intrusiveness can also fall into this category. In contrast to sexualised violence, the focus is not necessarily on violence and the power dimension.  The differentiation between both terms and especially their colloquial usage blur at this point.

 

Penalty logic

Is a widespread attitude on how to deal with alleged misconduct. For example, in German jurisprudence, "offenders" are sentenced to prison. The basis of this "logic" is to force people to learn by punishing them (as harshly as possible) so that they change their behaviour. Another effect is to scare people from "doing" something for fear of punishment. [as a counter-design: see Transformative Justice*].

 

Offender protection

It is not only active protection of people who use violence or active action against those affected that can be protective of perpetrators. Not acting, openly doubting, questioning the power of definition, ...  etc. such behaviour is widespread in our society. It can be difficult to accept that friends or comrades can also be violent. This makes it even more important to remain vigilant and to act in a survivor-centred way.

 

Transformative Justice (TG) / Community Accountability (CA)

TG and CA are concepts from black and indigenous contexts in the USA. They were developed mainly in feminist and queer movements, i.e. at the intersection of e.g. Black feminist struggles. Especially in these contexts, many people do not have the possibility to go to the police or other institutions when violence is done to them, because they often have to experience racism, re-traumatisation and powerlessness there. 

The idea is that instead, the environment takes responsibility for coming to terms with it. Affected persons should be supported and empowered, and the person perpetrating violence should be made to take responsibility and to reflect on and change their behaviour. But the environment (the community) must also question how it contributes to the use, toleration or trivialisation of violence. Also fundamental is the assumption that people can change (possibly only with support) and the conviction that punishment will not improve a person.

In our opinion, being guided by the principles of TG does not exclude the possibility of temporarily or permanently excluding, outcalling or report a person.

Recommended reading: http://www.whatreallymakesussafe.com/de/toolkit-buch.php & https://www.transformativejustice.eu/de/

 

white

The adjective white refers to the positioning and social attribution of a white person in a racially structured society. Racism gives white people privileges, experiences of dominance and beingt the standard for judgement. The term white serves to make this positioning of white people - which usually remains unmarked - visible, together with its consequences that are usually invisible as well. In order to make this clear in the text, white is italicised here, as it is by many other authors. (Others capitalise the adjective Black in analogy to white). 

further version: https://www.idaev.de/

 

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