Den Wald vor lauter Macker_innen nicht sehen - Zum strukturellen Problem des Danni-EA und antisexistischer Arbeit in der Klimabewegung

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Viele Waldbesetzungen lassen sich vom Danni-EA (Ermittlungsauschuss) unterstützen. Im Danni-EA sind jedoch Personen aktiv, die diskriminierendes und übergriffiges Verhalten an den Tag legen. Betroffene wollen deshalb die Vorfälle öffentlich machen, um andere zu warnen, und auf das strukturelle Problem hinweisen, dass ein EA Zugang zu vielen Gruppen bekommen hat und damit auch problematischen Personen Zugang zu vielen linken_anarchistischen Räumen verschafft wurde. Beides wird in diesem Text erläutert, damit Menschen sich selbst entscheiden können, ob sie mit dem Danni-EA zusammenarbeiten wollen.

Wer oder was ist der Danni-EA?

Der Danni-EA ist vielen Klimaaktivist:innen ein Begriff, seit wir versuchten die Rodung des Dannenröder Forsts zu verhindern. Dort hat sich jene Antirepressionsstruktur gegründet und ist seit dem Ende der Danni-Räumung in vielen anderen Waldbesetzungen aktiv (gewesen) - im Heibo, im Fecher, im Osterholz, im Steini und anderen hing die gleiche oder ähnliche EA-Telefonnummer, die im Falle von Polizeigewahrsam Unterstützung verspricht. Viele Waldbesetzungen wurden zeitweise oder werden mindestens über Ecken vom Danni-EA betreut. Auch bei größeren Aktionen und Kampagnen waren sie als Gruppe oder Einzelpersonen involviert. Es geht also um eine Gruppe, die Einblicke und Befugnisse in vielen Räumen der Klima(gerechtigkeits)bewegung bekommen hat.

Was ist der Anlass für diesen Text?

Die Gruppe ist seit der Räumung des Dannis stark geschrumpft und besteht im Moment nur noch aus wenigen Personen. Einige dieser Personen sind  in den letzten Jahren für verschieden Formen von Übergriffen verantwortlich, die sie nicht wirklich aufarbeiten. Aus diesem Grund haben sich einige Betroffene und solidarische Menschen entschieden diese Vorfälle öffentlich zu machen, damit Menschen einen aktive Entscheidung treffen können, ob sie eine Zusammenarbeit mit dem Danni EA möchten.

Zu den Vorfällen: Es handelt sich dabei um mindestens 2 Personen innerhalb des Danni EAs und um Fälle von sexualisierter Gewalt, Rassismus_Antisemitismus, Aufrechterhaltung patriarchaler Strukturen, Machtmissbrauch in der Rolle als EA-Person und Gewaltandrohungen. Diese Vorfälle fanden an verschieden Orten in Deutschland und der Schweiz über mehrere Jahre hinweg statt und betreffen nicht wenige Personen. Es gab und gibt immer noch Versuche, die übergriffigen Personen zu einer Aufarbeitung der Vorfälle und Reflexion ihres Verhaltens zu bewegen. Auch wurde der Danni-EA als Gruppe bereits auf die Problematik hingewiesen.
Die Aufarbeitungsprozesse verlaufen jedoch bisher erfolglos, weil die Personen die Zusammenarbeit verzögern oder sich ganz verweigern. Zusätzlich wird das Thema von Verbündeten der übergriffigen Personen kleingeredet oder individualisiert - klassische Vermeidungstaktiken, die uns in der antisexistischen und rassismus_antisemitismus-kritischen Arbeit leider nur zu bekannt sind.

Gruppendynamiken und Machtdynamiken

Durch Gespräche in verschiedenen (Wald-)Besetzungen wurde nun in letzter Zeit stärker sichtbar, dass der Danni-EA auch als Gesamtstruktur die übergriffigen Personen schützt. Außerdem sind noch andere Personen im nahen Umfeld des Danni-EAs aktiv, die ebenfalls patriarchale Strukturen mindestens aufrechterhalten, reproduzieren und die übergriffigen Menschen unkritisch supporten. Der Danni-EA sucht zudem aktiv Zusammenarbeit mit Menschen, die patriarchaler Gewalt ausgeübt haben, und empfiehlt sie weiter.
Durch die übergriffigen Personen wurden noch weitere Personen mit ähnlichem Fehlverhalten angezogen und vernetzt - "Männerbünde" hätten wir früher dazu gesagt, es sind jedoch nicht nur cis-Männer, denen dieser Vorwurf gilt (wenn auch größtenteils Personen, die vom Patriarchat stark profitieren).

Es beunruhigt uns sehr, das der Danni EA weiträumig aktiv ist und auch auf neue Waldbesetzungen zugeht und ihnen Unterstützung anbietet. Dieser Support besteht jedoch in der Regel nicht darin, Erfahrungswissen zu teilen oder neue Strukturen aufzubauen, sondern sorgt für eine Abhängigkeit der Besetzungen zum Danni-EA. Diese Abhängigkeit bezieht sich auf finanzielle Mittel, auf technisches/technologisches Wissen, auf EA-Wissen (juristisch, organisatorisch, Erfahrungen), sowie auf Netzwerke und persönliche Beziehungen. Dies ermöglicht weitere Gewalt und stärkt die Positionen der übergriffigen Menschen, da sie ihnen scheinbar politische Legimitation, Glaubhaftigkeit und Immunität verleiht - sie wirken mitunter mächtig, allwissend und unangreifbar.

Strukturelle Probleme in der Antirepressionsarbeit

Aus unserer Sicht ist ein strukturelles Problem dadurch entstanden, dass ein einziger EA als Antirepressionsstruktur für zahlreiche Waldbesetzungen zuständig ist oder war. Zentralität ist anfälliger für Machtmissbrauch als Dezentralität. Und auch für staatliche Angriffe auf unsere Strukturen ist es gefährlich, wenn eine kleine Gruppe als Knotenpunkt für viele andere dient. Zur Entstehung dieses Dilemmas hat beigetragen, dass in unserer Bewegung zu wenig EAs vorhanden sind, die wenigen Antirepressionsgruppen weithin unbekannt sind und sich die wenigsten Gruppen oder Einzelpersonen vorstellen können, die eher unsichtbare zeit- und nervenraubende Arbeit eines dauererreichbaren Räumungs-EAs zu übernehmen. Nicht wenige Waldbesetzungen mussten auf den Danni-EA zurückgreifen, weil sie einfach keinen anderen EA gefunden haben. Wir müssen Antirepressionsarbeit wieder mehr in unseren Kämpfen verwurzeln und gemeinsam für einen Ausbau unserer Fähigkeiten und Kapazitäten sorgen.

Politische (Nicht-)Positionierungen

Auf der politischen Ebene ist zu kritisieren, dass eine Struktur, die gegen staatliche Repression (und hoffentlich auch gegen Knäste und den Staat) kämpft, selber repressive Strukturen aufbaut und erhält. Der Danni-EA ist zu einer relativ geschlossenen Gruppe geworden, in der sich Einzelpersonen mächtige Schlüsselpositionen in unseren Widerstandskämpfen verschafft haben, die ihren eigenen Machtbereich ausweiten und sich unabdingbar machen. Diese Personen haben Grenzen überschritten und verweigern sich nun transformativen Prozessen.

Wir stellen in diesem Zuge in Frage, inwiefern der Danni EA eine politische Haltung hat, die das Patriarchat, die weiß-christliche Vorherrschaft und andere gewaltvolle Strukturen zerstören will, wenn es ihnen nicht gelingt, eigene Privilegien und übergriffiges Verhalten in den eigenen Reihen aufzuarbeiten. Uns ist klar, dass nicht alle Menschen, die Teil des Danni-EA sind oder waren, in gleichem Maße zu diesem Problem beigetragen haben oder sich selber diskriminierend verhalten. Einige der gewaltausübenden Personen sind auch selber von struktureller Gewalt wie Abelism und Patriarchat  betroffen. Wir sind umso mehr gespannt auf eine Reaktion aus der Gruppe zu diesem Text, damit wir mit einer kollektiven Aufarbeitung beginnen können, die über Schuldzuweisungen hinaus geht.

Was nun? Forderungen und Ausblick

Wir haben uns auch entschieden nicht einzelne Personen zu bennen, weil wir immer noch hoffen, dass sie sich in transformative Prozesse begeben. Darüber hinaus ist es uns wichtig, nicht die Einzelpersonen für ihr Verhalten zu bestrafen, sondern an die Verantwortung der Community und an bestehende und zukünftige Waldbesetzungen zu appellieren. Wir rufen alle auf, mit Verantwortung zu übernehmen, damit übergriffige Personen in Zukunft nicht einfach in Machtpositionen kommen, nur weil wir verzweifelt nach einem EA suchen. Wir rufen alle auf, sich mehr mit Antirepressionsarbeit und anderen Aufgaben in Support-Strukturen "im Hintergrund" zu beschäftigen. Unsere Solidarität, Aufmerksamkeit und Zeit gilt den betroffenen Personen, die Gewalt erfahren haben. Vertraut euch Kompliz_innen an.

 

Hier einige Resourcen, falls (Wald-)Besetzungen eigene EAs aufbauen möchten:

 

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Ergänzungen

Haltet euch was Ermittlungsauschschüsse angeht am Besten nur an diese Gruppen: https://www.nadir.org/nadir/initiativ/ermittlungsausschuss/

Und am Besten nicht einfach einen EA selber machen, das kann arg in die Hose gehen und ist dann für Betroffene richtig Käse.

Immer die gleiche Mär von "transformativen Prozessen", von "Community Accountability", immer der gleiche Befindlichkeitsdiskurs. Oppression Olympics und moralisierende Identitätspolitk, ick hör' dir tapsern. Das Leben in der Bubble, warm und eng zugleich.

 

Wenn Menschen sich konkreter Handlungen haben zu Schulden kommen lassen: Konfrontation, Bewertung, Konsequenz. Nicht so zu denken wie mensch selbst, geschlossene In-Groups zu bilden (Die Rote Hilfe kann ein Lied vom Repressionsdruck singen, der auf ihr selbst als Struktur liegt) und die Unmöglichkeit, (fach)juristisches Wissen an Laien weiter zu vermitteln, konstituieren keinen OutCall.

Schon mal daran gedacht, dass die Arbeit des Danni-EA unter die Kategorie "Ehrenamt" fällt? Dass Menschen ihre private Zeit und Ressourcen dafür einsetzen, allzuhäufig dadurch selbst von Repression betroffen werden und teilweise ihre berufliche Zulassung aufs Spiel setzen? Viel Glück dabei ohne juristischen Beistand den Weg durch die Untiefen dieses schönen deutschen Rechtsstaates zu finden. Die Gruppe der erfolgreichen Selbstverteidiger_innen ist ja reich an Zahl, da suche mensch sich einfach die Erfahrungswerte zusammen.

 

Spaß beiseite, die Unfähigkeit, sich mit konkreten Widersprüchen auseinander zu setzen, sei es auf der politischen Ebene oder im Privaten, das Streben nach Widerspruchsfreiheit und diese unsägliche Tendenz, in aller Öffentlichkeit (vermeintlich) schmutzige Wäsche zu waschen ist bezeichnend für die ausufernde progressive Regression. Dass Menschen und Genoss_innen Dinge tun, mit denen wir teilweise nicht einverstanden sind, über unpopuläre Meinungen verfügen bzw. sich das Recht vorbehalten Privatperson zu bleiben und sich nicht dem totalitären Defma-Diskurs der Identitätspolitik unterwerfen wollen, müssen wir akzeptieren. Mehr Realitätsprinzip, weniger Prinzip Wokeness.

 

Und um das klar zu sagen: wenn konkrete (!) Übergriffe geschehen sind (und nein, nicht zu gendern, Gesichtskasper zu haben und zu denken, dass ein zweites Staatsexamen einen selbst zu mehr qualifiziert als die/den/das geneigte Laie sind keine Übergriffe), dann maximale Härte und Konsequenz. Es wird in der befreiten Gesellschaft nicht genug Toiletten zum Putzen geben, um all den Menschenfeind*innen eine Partizipationsmöglichkeit zu ermöglichen...