NEU ERSCHIENEN: "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen" (1993-2017)

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Abschiebung ist Mord

 

Abschieben  -  am Beispiel Afghanistan

Der abgelehnte Asylbewerber Atiqullah Akbari (23), abgeschoben am 23. Januar 2017, wird 2 Wochen später durch einen Bombenanschlag in Kabul verletzt. Der 22 Jahre alte Farhad Rasuli wird am 10. Mai, drei Monate nach seiner Abschiebung aus Deutschland, in Afghanistan bei einem gezielten Anschlag durch die Taliban getötet. Abdullrazaq Sabier (23) stirbt am 31. Mai bei einem verheerenden Bombenanschlag im Diplomatenviertel von Kabul. Sein Asylantrag in Deutschland war abgelehnt worden, und als die dritte Sammelabschiebung stattgefunden hatte, gab er dem Abschiebungsdruck der Behörden nach und war im März "freiwillig" nach Afghanistan zurückgekehrt.
   
Mitte Dezember 2016 hatten die Sammelabschiebungen von abgelehnten Flüchtlingen nach Afghanistan begonnen. Bis Ende 2017 waren 188 abgelehnte Flüchtlinge gewaltsam abgeschoben worden. Mit 512 Bundespolizist*innen für diese 8 Flüge und einem Flugkosten-Aufwand von 1,925 Millionen Euro hatte die BRD vollendete Tatsachen geschaffen.

Die immer bedrohlicher und konkreter werdenden Abschiebe-Szenarien hatten auch auf die hier lebenden afghanischen Flüchtlinge in den Jahren 2016 und 2017 verheerende Auswirkungen: Mindestens 8 Afghan*innen (davon 3 Minderjährige) töteten sich selbst, und es kam zu 110 Selbstverletzungen/Suizidversuchen, von denen 20 von Minderjährigen begangen wurden. Von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen.

 

Abschotten  -  durch Verhinderung des Familiennachzugs

Im März ertrinkt die Syrerin Suzan Hayider mit ihrer dreijährigen Tochter und ihrem einjährigen Sohn im aufgewühlten Meer der Ägais. Sie hatte mit weiteren 18 Flüchtlingen versucht, in einem kleinen Schlauchboot die Insel Samos – und somit Europa – zu erreichen. Zwei Jahre zuvor hatte ihr Mann, Salah J., die damals Schwangere in der Türkei zurücklassen müssen und war allein weiter nach Deutschland gelangt. Die Möglichkeit des Familiennachzugs war hier offiziell bis mindestens März 2018 ausgesetzt, und da ihr Mann auch kein Visum für die Türkei bekam, um seine Familie zu sehen, hatte Frau Hayider sich tragischerweise für den gefährlichen Weg übers Mittelmeer entschieden.

 

25 Jahre Recherche und Dokumentation des staatlichen & gesellschaftlichen Rassismus

Todesfälle und Verletzungen von Flüchtlingen im Zusammenhang mit Deutschland sind in der dreibändigen Einzelfall-Dokumentation über den Zeitraum der letzten 25 Jahre chronologisch dokumentiert. In weit über 9000 Geschehnissen wird deutlich, welche Gewalt auf geflüchtete Menschen von Ämtern, Gerichten und Polizei, aber auch von Seiten rassistischer Menschen im öffentlichen Raum einwirkt, und mit welcher Willkür und Verachtung Schutzsuchende geschlagen, gequält, schikaniert, isoliert und oft in Suizide oder zu Selbstverletzungen getrieben werden.
   
Geschehnisse wie das Beispiel oben, bei denen Flüchtlinge durch die Abschottungmaßnahmen Europas oder Deutschlands zu Schaden kamen, sind selten in der Dokumentation zu finden, weil bei den meisten Betroffenen unbekannt ist, ob sie explizit nach Deutschland wollten.
   
Die oben genannten Beispiele von Abgeschobenen, die im Herkunftsland zu Schaden kamen, stellen ebenfalls Ausnahmen dar, denn abgeschobene Personen haben selbst nur selten die Möglichkeit, sich zu melden, weil sie sich verstecken oder weiterfliehen müssen, kein Geld haben oder schlichtweg keine Kontaktpersonen in Deutschland mehr kennen.

 

Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2017.

  261    Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch,
            vor der Abschiebung zu fliehen, davon 79 Menschen in Abschiebehaft.
2528    Flüchtlinge verletzten sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung
            (Risiko-Hunger- und Durststreiks) oder versuchten, sich umzubringen, davon befanden sich 743 Menschen in Abschiebehaft.
      5    Flüchtlinge starben während der Abschiebung.
  540    Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt.
    37    Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode.
  617    Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert,
            kamen aufgrund ihrer bestehenden schweren Erkrankungen in Lebensgefahr oder erkrankten schwer.
    74    Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos.
  213    Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen,
            davon allein 131 an den deutschen Ost-Grenzen, 3 Personen trieben in der Neiße ab und sind seither vermißt.
  714    Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 352 an den deutschen Ost-Grenzen.
    24    Flüchtlinge starben durch direkte Gewalteinwirkung von Polizei oder Bewachungspersonal entweder in Haft,
            in Gewahrsam, bei Festnahmen, bei Abschiebungen, auf der Straße, in Behörden oder in Heimen,
            mindestens 1102 wurden verletzt.
    23    Todesfälle gab es durch unterlassene Hilfeleistung.
    86    Flüchtlinge starben bei Bränden, Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Wohnungen oder durch sonstige Gefahren und
           1612 Flüchtlinge wurden dabei z.T. erheblich verletzt.
    26    Flüchtlinge starben durch rassistische Angriffe im öffentlichen Raum und mindestens 2465 Flüchtlinge wurden körperlich
            angegriffen, und es wurden Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet.

Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 563 Flüchtlinge ums Leben –
durch rassistische Angriffe und die Unterbringung in Lagern (u.a. Anschläge, Brände) starben 112 Menschen.

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