Delegation grenzenloser Widerstand - erste und zweite Erklärung

Um den Widerstand des kurdischen Volkes gegen die Bandes des IS und des türkischen Staates vor Ort zu unterstützen, uns selbst ein Bild von der Lage machen zu können und darüber zu berichten, haben die Organisationen Rote Aktion, Young Struggle, SKB (Bund sozialistischer Frauen) eine Delegation zur türkisch-syrischen Grenze entsandt.

Auf syrischer Seite befindet sich die kurdische Stadt Kobanê, in der seit 2 Jahren eine demokratische Selbstverwaltung aufgebaut wird und die sich seit 2 Wochen mit einer Großoffensive des terroristischen Islamischen Staates konfrontiert sieht. Nur der heldenhafte Kampf der Selbstverteidigungseinheiten der YPG konnte ein Massaker an der Bevölkerung verhindern, wie es erst vor wenigen Wochen in der irakischen Stadt Sindschar geschehen ist. Bei ihrem Kampf gegen die IS können die Kurden auf keinerlei Hilfe anderer Staaten vertrauen, auch nicht derjenigen die vor kurzem eine Anti-IS Koalition gegründet haben. Während die USA bis heute keine Luftangriffe gestartet haben, die Kobanê tatsächlich geholfen hätten, unterstützt das NATO-Mitglied Türkei die Terroristen mit Waffen, freiem Grenzübertritt und medizinischer Versorgung. Über 10.000 Menschen befinden sich auf der Flucht vor den Terroristen Richtung Türkei. Gleichzeitig versuchen tausende nach Kobanê zu gelangen um den Kampf zu unterstützen. Die Flüchtlinge werden immer wieder vom türkischen Militär und der Türkei brutal angegriffen. Zurzeit zieht die Türkei immer mehr Truppen und Panzer an die Grenze zusammen. Es ist zu befürchten, dass sie unter dem Vorwand gegen den IS vorzugehen und eine Puffer-Zone zu errichten, versuchen werden Kobanê zu besetzen und die Autonomie zu zerschlagen. Die Türkei hat keinerlei Probleme mit dem IS, aber sehr wohl mit einem selbstverwalteten Kurdistan.

 

Wir wollen mit dieser Delegation das Schweigen in Deutschland brechen, das nicht nur im Lager der Bürgerlichen vorherrscht, sondern auch leider in weiten Teilen der radikalen Linken. Die Revolution in Rojava zu verteidigen ist nicht nur eine Aufgabe der Kurden, sondern aller freiheitsliebenden Menschen. Wir sind hier weil Kobanê heute Stalingrad ist, heute ist Kobanê das rote Madrid, wo der Hauptkampf gegen den Faschismus geführt wird.

 

Gemeinsam mit den Genossen der ESP (Sozialistische Partei der Unterdrückten) werden wir die nächsten Tage am Widerstand des kurdischen Volkes an den Grenzen teilnehmen und versuchen das Auge der Weltöffentlichkeit dahin zu lenken.

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An unserem 1. Tag haben wir uns von Gaziantep auf zur Grenze gemacht. Schon in Suruç (Pirsus) war die Realitat des Krieges zu spüren. Gepanzerte Polizeifahrzeuge, Wasserwerfer und Polizeibusse reihten sich meterweit aneinander. In Zeltlagern waren die Geflüchteten aus Kobane untergebracht.

Nach wenigen Stunden haben wir das Dorf Qop erreicht, in dem ein Wachpunkt errichtet wurde. Abwechselnd wird dieser von Gruppen sozialistischer und kurdischer Organisation, wie etwa der ESP und der DBP geführt. Ziel ist es, die Grenze zu kontrollieren, Flüchtlinge aufzunehmen und IS-Faschisten am Grenzübertritt zu hindern. Von solchen Punkten gibt es 6 entlang der türkisch-syrischen Grenze. Wir befinden uns 1 Kilometer von Stützpunkten des IS entfernt, 2 km auf der anderen Seite befindet sich die YPG. Den ganzen Tag über können wir das Kriegsgeschehen hören und Rauchsäulen zeugen von Bombeneinschlägen. Immer wieder werden diese Wachposten vom Militär und der Polizei mit Gasgranaten und Gummigeschossen angegriffen. Da die Gasgranaten direkt auf Körper und Köpfe geschossen werden, wurden in den letzten 2 Wochen um die 150 Menschen verletzt. Die Wachposten sinddem türkischem Staat ein Dorn im Auge, weil sie die Bewegungen des IS verlangsamen. Es herrscht eine hohe Zusammenarbeit zwischem dem Militär und dem IS. Noch in der selben Nacht konnten wir in ca 800 Metern ein Zusammentreffen und Austausch zwischen IS und Soldaten beobachten. Es läuft in der Regel so, dass bei Zusammenkünften der Strom in den Dörfern ausgeschaltet wird, damit esstockdunkel ist und nichts videographiert werden kann. Ein Freund berichtet uns, dass IS- Leute, die sie festnehmen wollten, direkt in die nahgelegene Militärstation geflohen sind.
Unsere Wachorte führen an den Straßen Kontrollen durch. Jedes Auto wird angehalten und die Fahrer nach Herkunft und Ziel gefragt, danach werden Taschen und Ausweise kontrolliert. Werden IS-Leute erwischt, werden sie inGewahrsam genommen, verhört und an die YPG überliefert.
Das Leben in unseren Wachposten gleicht einem kommunalen Dorf, in dem Einheimische und Aktivisten aus der Türkei, Familien aus Kobanê und Revolutionäre zusammenleben. Die Bedürfnisse der geflüchteten Familien werden als erstes erfüllt. Eine gemeinsame Koordination organisiert das Kommunelebenund organisiert die Kollektivität. Nach unserer Ankunft haben Geflüchtete aus Kobanê ihr Leid mit uns geteilt und konnten ihren Schmerz kaum verbergen. Trotz alledem stehen wir an den Grenzposten, egal welchen Alters, welcher Herkunft und welchen Geschlechts und singen unsere Kampflieder gemeinsam gegen die Angriffe an der Menschlichkeit.Heute Nacht werden wir uns an der Nachwache beteiligen, morgen weiter berichten und unsere zahlreichen Interviews mit euch teilen.

 

Her bijî Kobanê!

 

Bijî Berxwedana Kobanê! *

 

Oktober 2014

 

Rote Aktion

 

Young Struggle

 

SKB

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Ergänzungen

In Kobane /Ain-al Arab wurden in den letzen Jahren keinesfalls "demokratische Strukturen" aufgebaut, sondern eine Parteiendiktatur der PKK, hier YPG genannt. Denooch sollte man die PKK gegen die IS unterstützen, ohne sie zu verherrlichen wie in diesem Artikel geschehen.