Jeder Tag, an dem wir kämpfen, ist ein Feiertag!

Feministische Demonstration in Athen

Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der kapitalistischen Krise haben in den letzten Jahren auch in Griechenland zu einer massiven Wiederbelebung und Stärkung von Frauenkämpfen und zu einer Radikalisierung der LGBTQ-Bewegung geführt. Das ist dringend notwendig, denn sexistische Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung sind stark angestiegen. Frauen* kämpfen hier gegen drohende Arbeitslosigkeit, Lohnungleichheit und die Abschaffung grundlegender Rechte. Eleni Triantafyllopoulou, eine Genossin aus der Redaktion der Zeitung ΠΡΙΝ, berichtet für das re:volt magazine aus Athen.

Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der kapitalistischen Krise haben in den letzten Jahren weltweit zu einer massiven Wiederbelebung und Stärkung von Frauenkämpfen und zu einer Radikalisierung der LGBTQ-Bewegung geführt. Auch in Griechenland. Der 8. März war ein Tag des Widerstands gegen jede Form der Unterdrückung: „Keinerlei Toleranz gegenüber Sexismus, Patriarchat und Kapitalismus“, tönte es lautstark aus tausenden Kehlen eines mächtigen Demonstrationszugs, der durch die Innenstadt von Athen zog. Aufgerufen und organisiert wurde der Protest von unterschiedlichen feministischen Strukturen und Gruppierungen gegen Sexismus und Patriarchat, aber auch von Organisationen der radikalen Linken. Darüber hinaus beteiligte sich eine große Anzahl an Studierendengruppen und Basisorganisationen. Geflüchtete Frauen* nahmen mitsamt ihren Kindern am Protest teil, sie erhoben ihre Stimme gegen ihre spezifische multiple Unterdrückung aufgrund von Geschlecht, Herkunft und Klasse.

Frauen* in Griechenland sind in den letzten Jahren stark von den sozialen Auswirkungen der Wirtschaftskrise betroffen. Die steigende Arbeitslosigkeit in Kombination mit den kollabierenden wohlfahrtsstaatlichen Sicherungssystemen und der Schließung sozialer Infrastrukturen wie Kindergärten zwangen viele Frauen* dazu, zur häuslichen Arbeit zurückzukehren und Unterstützungsfunktionen für Kinder, Patienten oder ältere Familienmitglieder zu übernehmen. Darüber hinaus sind diejenigen, die auf dem Arbeitsmarkt bleiben, auf vielfältige Weise mit alltäglicher Diskriminierung und Sexismus konfrontiert – zusätzlich zu Arbeitsverhältnissen, die immer prekärer und unsicherer werden. Erkämpfte Verbesserungen von grundlegenden Rechten, die Frauen* in den vergangenen Jahrzehnten erzielten – etwa Unterstützungsleistungen bei Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft –, gibt es einfach nicht mehr. Arbeitgeber*innen stellen Frauen* vor die Wahl: „Wenn Sie einen Job haben wollen, sollten Sie keine Kinder haben“. Tatsächlich ist es für eine arbeitslose oder eine im Niedriglohnsektor arbeitende Frau* heute fast unmöglich, die notwendigen Ausgaben für die Geburt eines Kindes zu decken. Gleichzeitig gibt es unzählige Fälle, in denen Frauen* ihre Arbeit aufgrund einer Schwangerschaft verloren haben. Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches Unternehmen ermöglicht, schwangere Lohnarbeiter*innen trotz eines bestehenden rechtlichen „Schutz“rahmens bei Massenentlassungen ebenfalls zu entlassen, ist eine Vorschau auf die arbeiterfeindliche Politik, die folgen wird.

Nicht zuletzt sind in den letzten Jahren immer mehr Fälle von Gewalt und körperlichem Missbrauch gegenüber Frauen* und LGBTQ-Personen am Arbeitsplatz, zu Hause oder sogar auf der Straße öffentlich geworden. Femi(ni)zide, sexuelle Belästigung und Gewalt im öffentlichen und privaten Raum nehmen dramatisch zu, wenn sich die sozialen Auswirkungen der Krise verschärfen. In diesem Zusammenhang muss der anhaltende Kampf gegen Ungleichheiten und Diskriminierung in Bildung und Arbeit, gegen Geschlechterstereotype und -unterdrückung (auch in Bezug auf sexuelle Orientierung, Herkunft oder Hautfarbe) sowie der Kampf für Grundrechte wie Mutterschutz und Erziehungsurlaub ins Zentrum unserer Anstrengungen gerückt werden. Die kollektive Durchsetzung dieser Forderungen ist eine Voraussetzung, um den Weg zu weiteren revolutionären Veränderungen zu öffnen. Wir hoffen mit Blick auf die Kämpfe in Spanien als Beispiel, dass sich die Proteste weiter radikalisieren und im nächsten Jahr der 8. März ein weltweiter Tag des massiven Streiks von lohnarbeitenden und Reproduktionsarbeit leistenden Frauen* sein wird. Jeder Tag des Kampfes ist für uns eine Feier. Keine Toleranz für Patriarchat und Kapitalismus!


Eleni Triantafyllopoulou ist Redakteurin bei der linksradikalen Zeitung Πριν (Prin).
Übersetzung: Johanna Bröse


Auf dem Banner des Artikelbilds steht der Slogan: "Jeder Tag des Kampfes ist für uns eine Feier. Keine Toleranz für Patriarchat und Kapitalismus".

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