Eindrücke von Lützerath

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Ein Text über Lützerath

 

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Am Anfang waren hier in Lützerath nur ein paar Menschen. Die Mahnwache bestand in den ersten Tagen nur aus ein paar Stühlen und Wasser in Kanistern. Dieses war angeregt durch den Teilabriss der L277, auf der es eine Blokade gab. Durch den Abriss dieses Teilstückes wurde die Rote Linie angegriffen. Die Rote Linie, welche das 1,5-Grad-Ziel markiert. Mich hat das Leben an diesem Ort sofort beeindruckt. Das andere Miteinander, als es überall in der breiten Gesellschaft üblich ist.

Ich war im Sommer 2020 das erste Mal an diesem Ort. An dem Ort, wo so viel Widerstand gewachsen ist. Der Ort, wo so viele Menschen miteinander leben und gemeinsam Widerstand aufbauen. Der Ort, wo Kohlebagger auf Aktivisti treffen- wo Aktivisti auf Kirchen im Dorf lassen treffen. Wo nicht nur radikaler Aktivismus stattfindet, sondern auch mit den Dorfbewohner*innen in der ZAD Rheinland ein Netzwerk aufgebaut wurde, welches nicht nur Lützerath, sondern alle bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler II liegen. 

Mein erster Eindruck von dem Ort, wo ich gleichzeitig auch den ersten "näheren" Kontakt mit einem Kohlebagger hatte, auch, wenn da noch ein Feld zwischen war, welches mittlerweile auch zerstört ist und der Boden teilweise abgebaggert wurde, war Wut. Ich war fürchterlich wütend. Ich war wütend und gleichzeitig froh; machtlos und gleichzeitig voller Tatendrang. Wütend darüber, dass die Regierung nichts dagegen tut und Datteln 4 eröffnet und froh darüber, dass Menschen zusammenkommen und sich dagegen stellen, Aufmerksamkeit erregen und es schaffen, Lützerath am Leben zu erhalten und machtlos, weil ich noch nie so eine große Zerstörung gesehen hatte und alleine der Blick in die Grube und auf den Bagger hat gereicht um meine letzten Bedenken, ob das denn so richtig ist, einfach etwas zu blockieren, zu zerstören. Ja, es ist richtig und wichtig angeblich systemrelevante Infrastruktur zu stoppen, wenn sie dem Planeten schadet und das tut sie. Und die Erde hat keinen Arzt, wo sie hingehen kann, wenn sie eine Wunde hat. Sie wehrt sich. Sie wehrt sich mit dem Klimawandel, der uns das Leben auf ihr irgendwann unmöglich macht.

Aber Lützerath ist nicht mehr das, was es 2020 war. Es ist weniger geworden und gleichzeitig ist es mehr geworden. Es sind weniger Häuser, unter diesen auch eine unschuldige Hütte und ein ehemaliger Bauernhof, aber dafür sind die anderen Häuser mittlerweile wiederbelebt und bunt. Es ist weniger von der L277 übrig, aber dafür ist der Widerstand gewachsen und stellt sich nun noch konsequenter gegen die Bagger und die weitere Kohleverstromung. Doch auch die Distanz zur Grube ist kleiner geworden. Sehr klein. Nur noch geschätzte 150 Meter trennen meinen Körper noch von der riesigen Baggerschaufel, wenn ich im Wendehammer stehe. Doch dann drehe ich mich um, höre Gehammer und Gesäge, irgendwo läuft Musik. Ich sehe die Baumhäuser in den Bäumen und Menschen, die überall rumwuseln. Und dann sehe ich den Wohnwagen an der Mahnwache, die Bierganiturtische davor, das Mawa-Zelt daneben und auf der anderen Seite vom Wohnwagen das rote Auto von der Feuerweht; unser "Lauti" und wenn ich dann wieder zur Grube blicke, fühle ich mich stärker.

Ich bin nicht alleine. Ich muss diesen Kampf nicht alleine führen, was ich auch nicht kann und möchte. Wir sind so viele und das ist empowernd. Wir kommen nach Lützerath, knüpfen Freund*innenschaften und stellen uns gegen das System. Gegen die weitere Kohleverstromung und dafür lohnt es sich, auch mal in der GeSa zu landen, oder einen Winter lang draußen zu sein, wenn ich nur so etwas erreichen kann. 

Wenn es nur durch physischen Widerstand geht, dass TIere und Menschen nicht vertrieben werden, dann mache ich das. Und dann mache auch nicht nur ich das, sondern alle, die sich gegen das System stellen.

 

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