Nachtrag - Redebeitrag zur Blockade des Grünen Büros am 9.12.21 in Göttingen

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Am 09. Dezember 2021 wurde im Rahmen einer Demonstration für offene Grenzen in Göttingen für eine halbe Stunde das Büro der

Grünen blockiert. An der Demo und Blockade beteiligten sich etwa 220 Menschen.

 

 

 

Redebeitrag zur Blockade des Grünen Büros am 9.12.21 in Göttingen

 

 

 

Am 09. Dezember 2021 wurde im Rahmen einer Demonstration für offene Grenzen in Göttingen für eine halbe Stunde das Büro der

Grünen blockiert. An der Demo und Blockade beteiligten sich etwa 220 Menschen.

 

 

 

Wir dokumentieren hier den dort gehaltenen Redebeitrag auf deutsch und englisch.

 

 

 

Auch in der seither vergangenen Zeit haben die Grünen zwar von Diktator Lukashenko eine „menschliche Behandlung“ der

Flüchtlinge eingefordert, wie zuletzt die Europaabgeordnete der Grünen Viola von Cramon bei einer Kundgebung der Grünen in

Göttingen. Zu den systematischen Menschenrechtsverletzungen der EU-Mitgliedsstaaten Polen, Kroatien, Griechenland, Italien,

Spanien schweigen sich die Grünen weiter aus.

 

Fotos von der Demonstration gibt es von Links Unten Göttingen: https://www.flickr.com/photos/linksuntengoe/albums

 

 

 

Redebeitrag vom 09. Dezember

 

 

 

Wir stehen hier und jetzt vor dem Parteibüro der Grünen, um dieses in einer symbolischen Aktion blockieren.

 

Am Eingang des Büros wird in diesem Moment mit künstlerischen Mitteln den

 

Grünen unsere Botschaft überbracht:

 

„Wir nehmen euer schändliches Verhalten zu den Geflüchteten an der polnischen EU-Außengrenze nicht länger schweigend hin.“

 

Wir werden diese Blockade für eine halbe Stunde aufrecht halten, um dann gemeinsam weiterzugehen.

 

 

 

Wir protestieren hier auf das schärfste gegen die von der Parteiführung der Grünen betriebene Komplizenschaft mit denen, die direkt

für das Elend zahlloser Menschen an dieser EU-Grenze verantwortlich sind.

 

Und wir protestieren gegen die angekündigte weitere Abschottungspolitik, die die Grünen jetzt in der neuen Bundesregierung mittragen wollen.

 

 

 

Statt offensiv dafür einzutreten, Geflüchteten, die um ihr Leben kämpfen, Schutz hier in Deutschland zu gewähren, reagieren die

Grünen auf die rassistische und menschenfeindliche Politik der polnischen Regierung und der EU überwiegend mit Schweigen.

 

Während bereits viele Geflüchtete an der polnisch-belarussischen Grenze erfroren

 

oder verhungert sind UND mindestens 1000 Personen dort in den Wäldern von

 

Minute zu Minute um ihr Überleben kämpfen, verhalten sich die Grünen meistens

 

dazu, in dem sie nichts tun.

 

 

 

Wenn es eines der seltenen Statements von ihnen dazu gab, wurde menschliches

 

Vorgehen zwar angemahnt, doch zu wirkungsvollen Schritten zur Evakuierung der

 

Geflüchteten nach Deutschland stets geschwiegen.

 

Stattdessen forderten Baerbock und Habeck, es müsste jetzt Aufklärungskampagnen in der Herkunftsländern der Geflüchteten geben, dass diese es nicht auf diesem Wege versuchen sollten, in die EU zu gelangen

 

 

 

Während systematische Menschenrechtsverletzungen in China, Russland und Belarus

 

durch die Grünen angeprangert werden, gibt es beinahe nichts von ihnen zur tagtäglichen und fortdauernden Außerkraftsetzung der Menschenrechte an dieser Außengrenze.

 

In der Realität entpuppen sich die Wahlkampfaussagen der Grünen für wirksamen

 

Flüchtlingsschutz wieder einmal als reine Heuchelei.

 

Habeck sprach sich im Oktober für eine EU-weite Aufnahme und Verteilung der

 

Geflüchteten aus. Damit spielte er einmal mehr das bei den meisten Politiker*innen

 

beliebte Spiel: „Ich sag mal, alle sollen Verantwortung übernehmen. Und wenn es

 

dann keine*r macht, bin ich aus meiner Verantwortung raus.“

 

 

 

 

 

Die Forderung aber, Deutschland solle die Geflüchteten evakuieren, war von den

 

Grünen NICHT zu hören.

 

Die Chance, selbst verantwortlich zu handeln und menschliche Leben zu schützen,

 

wird aus politischer Berechnung ausgeschlagen. Damit stellen sich die Grünen einmal

 

mehr hinter den im Grunde zutiefst rassistischen und wohlstands-chauvinistischen

 

Konsens, der die Festung Europa kennzeichnet. Als zunehmend People of Colour in

 

Europa Asyl forderten, wurde 1993 das Recht auf Asyl in Deutschland per

 

Grundgesetzänderung schon weitgehend abgeschafft. Und den People of Colour

 

mordenden Nazis im Grunde recht gegeben. Und als die Grünen zu Beginn des

 

Jahrtausends schon einmal in der Bundesregierung beteiligt waren, brachen sie neue

 

Kriege mit los, taten aber nichts dafür, das Dublin-System abzuschaffen, mit dem Deutschland und andere EU-Staaten, Flüchtlingen das Recht auf Bewegungsfreiheit nehmen.

 

Das offenkundige Ziel dabei ist, Europa in eine „gated community“, also eine

 

„abgeschottete Gemeinschaft“ zu verwandeln.

 

 

 

Europa hat mit dem historischen Kolonialismus und dem gegenwärtigen

 

Neokolonialismus und mit den von hier ausgehenden Kriegen, viele Verwüstungen in

 

den Gesellschaften des globalen Südens ausgelöst. Diese Zerstörungen sind hier trotz

 

eindrücklicher Bilder für viele unvorstellbar. Die Folgen der überwiegend von den Reichen in den reichen Ländern befeuerte Klimakatastrophe sind dann nur ein Fluchtgrund mehr.

 

Doch die Grünen, und mit ihnen SPD/AFD/CSU/CDU/FDP wollen die Opfer der

 

Verwüstungen aus der EU draußen halten, damit der Reichtum hier bei denjenigen

 

unangetastet bleibt, die ihn sich angeeignet haben.

 

 

 

Zuletzt trieb Habeck die rassistische Mobilmachung weiter voran, indem auch er von

 

„hybrider Kriegsführung“ sprach, für die die belarussische Regierung die

 

Geflüchteten einsetze. Diese Bezeichnung wird in der letzten Zeit von den

 

verschiedenen flüchtlingsfeindlichen Politiker*innen von CSU-Seehofer bis SPD-Maas

 

gezielt eingesetzt, um die Menschen, die als Geflüchtete um ihr Leben und ihre

 

Würde kämpfen, unsichtbar werden zu lassen. Ihre Individualität wird ihnen damit

 

abgesprochen und sie werden als bedrohlich inszeniert.

 

 

 

Es gibt zwar in Einzelfällen ein humanitäres Engagement von einzelnen Grünen, aber

 

leider bleibt selbst bei diesen Initiativen, der auf Abschottung bestehende Kern der

 

Festung Europa unangetastet. Letztlich sorgen Grüne dafür, dass wenn die von

 

ihnen mitbetriebenen humanitären Aktionen in Szene gesetzt werden, der grüne

 

Mensch sich ein sich bisschen entlastet fühlen darf, während die ständig

 

weiterlaufende EU-Abschottungsmaschinerie ungebrochen ausgebaut wird.

 

 

 

Mit ihrem Schweigen und wenig konkreten Unterstützungsangeboten positionieren

 

sich die Grünen als Kraft, die den Krieg gegen Geflüchtete mitführt.

 

Statt beispielsweise ein wirksames Einschreiten der EU-Kommission gegen die

 

defakto-Abschaffung von Menschenrechten durch die polnische Regierung zu

 

fordern, wollen die Grünen gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern in der neuen

 

Bundesregierung lieber eine Abschiebeoffensive vorantreiben.

 

Die Aufhebung der Pressefreiheit seitens der polnischen Regierung und die

 

Kriminalisierung von Menschen, die die Geflüchteten unterstützen, wird von der

 

Parteispitze Tag für Tag hingenommen.

 

 

 

Weder wird den aktuellen Plänen der EU-Kommission, die menschenrechtswidrige und menschenverachtende Praxis der osteuropäischen EU Staaten zu genehmigen, etwas entgegen gesetzt, noch der Ausbau der EU-“Grenzschutzagentur“ Frontex in Frage gestellt. Nach dem Willen der Grünen soll Frontex lediglich die Menschenrechte beim Kampf gegen Geflüchtete "mehr" beachten als vorher. Die Legitimität dieser Einrichtung wird nicht in Frage gestellt.

 

Das erinnert an die Mitausgestaltung der Göttinger Ausländerbehörde durch die

 

Grünen: während Eltern sich gegen die angedrohte Abschiebung zu wehren versuchen, dürfen ihre Kinder in der Spielecke spielen.

 

 

 

Vor drei Wochen fand hier in Göttingen eine Blockade der SPD-Zentrale statt, in der

 

die Mitverantwortung dieser Regierungspartei für das Flüchtlingselend an der

 

belarussisch-polnischen Grenze angeprangert wurde.

 

Wir denken, es ist an der Zeit, Menschen in allen politischen und ausführenden Funktionen mit ihrer Mitverantwortung am Massenelend zu konfrontieren, damit diese Praxis nicht ungestört so weiterläuft.

 

 

 

Wir stehen jetzt hier, um den Grünen klar zu machen, dass sie ihre Art der rassistischen

 

Abschottungspolitik nicht länger ungestört durchziehen können.

 

 

 

Wir fordern:

 

- Sofortige Evakuierung aller Geflüchteten von der polnisch-belarussischen Grenze

 

nach Deutschland!

 

- Unabhängige Aufklärung aller von Frontex verübten Verbrechen!

 

- ein Ende der fortgesetzten Militarisierung der Grenzen!

 

Wir fordern

 

- Aufkündigung aller schmutzigen Deals zur Abwehr von Geflüchteten – ob mit der

 

Türkei oder Staaten auf dem afrikanischen Kontinent!

 

- Ablehnung des neuen EU-Asyl-Pakt, der auf Lager und Abschottung setzt!

 

Wir fordern

 

- die Lager aufzulösen,

 

- Sichere Fluchtwege und Bleiberecht für alle!

 

 

 

(Diese Rede wurde in deutscher und englischer Sprache gehalten bei einer Demonstration für offene Grenzen am 09. Dezember 2021 vor dem Büro der Grünen in Göttingen. An der Demo und Blockade beteiligten sich ungefähr 220 Personen.)

 

 

 

 

On December 9th 2021 during a demonstration for open borders there was a blockade of the office of the Green Party here in Göttingen for half an hour. Pictures can be found at https://www.flickr.com/photos/linksuntengoe/albums

 

Around 220 persons took part in the event. Here we are documenting the speech that was held in german and english.

 

 

 

Speech in front of the Green Party‘s office

 

We arehere in front of the Green Party office which we are going to block as a symbolic action.

 

At the entrance to the office, we want to use artistic means to deliver our message to the Greens: "We will no longer accept your shameful behaviour towards the refugees at the Polish EU external border in silence". We are going to maintain this blockade for half an hour and then move on together.

 

 

 

We protest in the strongest possible terms against the complicity of the Green Party leadership with those who are directly responsible for the misery of countless people at this EU border. And we protest the announced policy of further isolation which the Greens want to support in the new federal government.

 

 

 

Instead of aggressively advocating that refugees who are fighting for their dignity and for their lives be granted protection here in Germany, the Greens react to the racist, anti-human policy of the Polish government and the EU predominantly with silence. While many refugees have already frozen or starved to death on the Polish-Belarusian border AND at least 1,000 people are fighting for their survival there in the forests, the Greens mostly act on this by doing nothing. When they have made one of the rare statements on the subject, they have called for humane action, but have always remained silent on effective steps to evacuate the refugees to Germany. Instead, Baerbock and Habeck, demanded that there should now be education campaigns in the refugees' countries of origin that they should not try reaching the EU this way.

 

 

 

While systematic human rights violations in China, Russia and Belarus are denounced daily by the Greens in numerous statements, they hardly speak about the daily and continuing abrogation of human rights at this external border.

 

In reality, the Greens' campaign statements for effective refugee protection once again turn out to be mere hypocrisy. In October, Habeck spoke out in favour of an EU-wide reception and distribution of refugees. In doing so, he once again played the game popular with most politicians: "I say that everyone should take responsibility. And if no one does it, then it's not my responsiblity anymore".

 

 

 

But the demand that Germany should evacuate the refugees was NOT heard from the Greens.

 

The opportunity to act responsibly and protect human lives is being turned down out of political calculation. Once again, the Greens are backing the deeply racist and chauvinist consensus that characterizes Fortress Europe. When more and more people of color were demanding asylum in Europe, the right to asylum in Germany had already been largely abolished by an amendment to the Basic Law in 1993. And the Nazis who mutilated and murdered many POC were basically proven right. When the Greens were involved in the federal government at the beginning of the millennium, they helped to start new wars, but did nothing to abolish the Dublin system, which Germany and other EU states have created to protect themselves from refugees.

 

The obvious aim is to turn Europe into a "gated community".

 

 

 

Europe, with its historical colonialism and current neo-colonialism, and the wars that originate here, has caused much devastation in the societies of the global South. This devastation is unimaginable for many, despite some of the images. The consequences of the climate catastrophe, which is mainly fuelled by the rich in the rich countries, are only a further reason for flight.

 

But the Greens, like SPD/AFD/CSU/CDU/FDP, want to keep the victims of the devastation out of the EU so that the wealth of those who have appropriated it remains untouched.

 

 

 

Most recently, Habeck pushed the racist mobilisation further by also using speaking of "hybrid warfare" for which the Belarusian government is using the refugees. This term has recently been used by various anti-refugee politicians, from CSU-Seehofer to SPD Maas, to make the people invisble who are fighting for their lives and dignity as refugees. Their individuality is thus denied and they are staged as threatening.

 

In some cases, individual Greens, have shown humanitarian commitment. Unfortunately, even with these initiatives, the core of Fortress Europe, which is based on isolation, remains untouched. Ultimately, Greens ensure that when the humanitarian actions they are involved in are staged, the green man can feel a little relieved, while the ever-ongoing EU sealing-off machine continues to be expanded unabated.

 

 

 

With their silence and few concrete offers of support, the Greens place themselves as a force in the war against refugees.

 

Instead of, for example, the effective intervention by the EU Commission against

 

the de facto abolition of human rights by the Polish government. the Greens, together with their coalition partners in the new federal government, prefer to push ahead with a deportation offensive.

 

The Polish government's abolition of the freedom of the press and the criminalisation of people who support the refugees is accepted day after day by the party leadership.

 

 

 

Neither is there any opposition to the current plans of the EU Commission to approve the practice of the Eastern European EU states, nor is the expansion of the EU "border protection agency" Frontex questioned.

 

According to the Greens, Frontex is only supposed to take human rights more serious while still fighting refugees.

 

The legitimacy of this institution is not questioned.

 

This is reminiscent of the way the Greens helped to shape the immigration authority in Göttingen: while parents try to defend themselves against the threat of deportation their children are allowed to play in the play-corner.

 

 

 

Three weeks ago, a blockade of the SPD headquarter took place here in Göttingen, in which the co-responsibility of this governing party for the refugee’s misery on the Belarusian-Polish border was denounced. We think it's time to start confronting people in all political and and executive functions with their co-responsibility for mass misery, so that this practice does not continue undisturbed.

 

 

 

We are here to clarify to the Greens that they can no longer continue their kind of isolationist and racist policies undisturbed.

 

 

 

We demand:

 

- We demand immediate evacuation of all refugees from the Polish-Belarusian border to Germany!

 

- We demand independent investigation of all the crimes committed by the EU agency Frontex

 

and the abolishment of Frontex!

 

- We demand the right to stay for all!

 

- We demand to stop the continued militarisation of the borders!

 

- We demand the cancellation of all dirty deals to keep refugees out - whether with Turkey or states on the African continent.

 

- We demand to veto the new EU asylum pact, which relies on camps and isolation!

 

- We demand to evacuate camps!

 

- We demand to create safe escape routes for all!

 

 

 

(This speech was held on december 9th 2021 in front of the office from the Green Party in Göttingen during a demonstration for open borders. About 220 persons took part in the demonstration and blockade.)

 

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