Die Auseinandersetzung um ein Transparent an der Flora- … oder auch: Katalonien und unser Verhältnis dazu als Linke in Deutschland.

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…Es ist der 2. Anlauf um unsere Solidarität mit der Bewegung in Katalonien in Form eines Banners an der Roten Flora auszudrücken. Das 1. Transparent wurde nach einem Tag wieder abgehangen wegen des von Etlichen so verstandenen „nationalistischen Ausdrucks“ durch die dort als Untergrund der Parole gemalten 4 roten Streifen auf gelbem Hintergrund mit außen 2 roten Sternen.

Dabei hatten wir ganz bewusst die sog. „Estelada Vermella“ also mit dem roten Stern gewählt, die in Katalonien (nur) von der linken Bewegung benutzt wird. Letztere ist allerdings eben wichtiger Teil der Bewegung für eine Unabhängigkeit von Spanien. Die „Estelada Vermella“ drückt andererseits aber auch explizit aus, dass es um viel mehr geht, als „nur“ um einen neuen, unabhängigen Nationalstaat… z.B. um echte soziale Gerechtigkeit.

Die „Estelada Blava“ mit dem blauen Dreieck und weißem Stern hingegen ist die historische Nationalfahne Kataloniens und die roten Streifen auf gelbem Untergrund stehen einfach „nur“ für die Regionen Katalonien, Valencia, Aragón und Balearen, die sog. „paises catalanes“ und werden auch von strammen spanischen Nationalisten als solche benutzt. Sie beinhalten keine Aussage zur staatlichen Unabhängigkeit Kataloniens.

Wir fanden die Aussagen des Transparentes und diesen kleinen Akt der Solidarität wichtiger, als die roten Streifen und haben sie dann jetzt (einfach) übergemalt und halt auch einen Teil der Parole zu den aus unserer Sicht politischen Gefangenen aktualisiert. Und schließlich, weil auch alles so schön griffbereit war mit einer „visuellen Barrikade“ und einem „No Pasaran !“ („Sie werden nicht durchkommen“) gestalterisch ergänzt.

Mal abgesehen von dem Transparent geht unser Solidaritätsbegriff zentral davon aus, dass wir hier viel von der Bewegung in Katalonien lernen können und auch sollten, genauso übrigens wie auch von der in Kurdistan, wo es ja ebenfalls vordergründig um Unabhängigkeit von einem als Unterdrückung erlebten Nationalstaat geht.

Unsere Solidarität machen wir aber nicht an der Unabhängigkeitsbestrebung an sich fest, sondern am geschichtlichen Kontext und vor allem an den aktuellen Konstellationen, Ereignissen und politischen Zielformulierungen der Akteure. Hinzu kommen – das ist aber ganz natürlich – teilweise enge persönliche Hintergründe und auch aktuelle politische Verbindungen.

Außerhalb Spaniens ist es in Europa hauptsächlich ein Teil der Linken in Deutschland, welcher die Bestrebung nach Unabhängigkeit in Katalonien aus ganz „generellen ideologischen Gründen“ problematisch findet oder klar ablehnt. Ähnlich konstaliert gab es auch schon Streit unter deutschen Linken zu Hochzeiten der Kämpfe im Baskenland.

Es gibt in Hamburg allerdings auch Leute, wie im „Jolly Roger“, die unmittelbar nach dem von enormer Polizeigewalt geprägten Referendumstag eben die „Estelada Vermella“ auf ihrer vielbesuchten Facebook – Seite tagelang titelten.

Oder auch das „Café Enternatyonal“ (eine junge kurdisch/ deutsche Aktivist*innengruppe mit regelmäßigem Floraabend), die eine coole Informationsveranstaltung zur Situation in Katalonien vor 70 Leuten in den Fanräumen des FC Sankt Pauli gemacht haben. Die waren aktuell und organisiert in Katalonien, haben sich umgesehen, mit vielen dort direkt gesprochen und vermittelten an dem Abend eine klare und leicht nachvollziehbare Haltung. Das kleine Podium saß übrigens vor der „Estelada Vermella“ und hinter der eigenen Antifa-Fahne.

Apropos: Für uns geht es tatsächlich jetzt, heute in erster Linie um antifaschistische Solidarität. Diese lässt aus unserer Sicht bzw. für uns selber auch keine „3.Option der Neutralität“. Wir reden über eine massive, auch gewalttätige Mobilisierung des offen post-frankistischen Teils Spaniens gegen eine von der Grundtendenz her eindeutig fortschrittliche, emanzipatorische und weltoffene Bewegung mit unübersehbaren antifaschistischen Wurzeln und Grundsätzen.

…Zum Schluss noch ein lesenswerter Artikel aus der re:volt https://revoltmag.org/articles/entsolidarisierung-im-zentrum/ mit interessanten Verlinkungen oder empfehlenswert auch der Blog von Raul Zelik https://www.raulzelik.net/baskenland-texte/504-was-ist-los-in-katalonien-blog-herbst-2017 mit momentan ständig aktualisierten Beiträgen.

                                           
Catalunyatranspigroup

 

 

                                                             
         

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Ergänzungen

Hi, super sache. Im uebrigen gibt es eine weltweite solidaritaet von st. pauli fan vereinigungen fuer die linke bewegung in catalonien und gegen die faschistische counter-mobilisierung.

und wenn mensch sich mal umschaut: uberall, auch in catalonien selbst, gibt es zahlreiche gruppen von antifa und anarchist_innen die zwar kritisch dem kontext nationale befreiung / unabhaengigkeit von spanien / gegenueberstehen, aber dennoch ihre solidaritaet mit den linken gruppen innerhalb der katalonischen unabhaengigkeitsbewegung zum ausdruck bringen. oder MINDESTENS sich gegen den faschistischen mob von spanien wenden und fordern, dass "der spanische staat" (<-- braeuchte jetzt 5 saetze um differenziert zu sagen welche teile von staat und gesellschaft ich damit meine, daher mal "verkuerzt" "der spanische staat", sorry folks) endlich mal entgueltig seine faschistische vergangenheit und faschistische ueberbleibsel aufarbeitet.

Hier die internetseite von Embat, - katalanische organisierte Anarchist_innen: http://embat.info/