'Mantelarbeit' - die neue 'Schwarzarbeit'?

Mit diesem Artikel möchte ich einen Kommentar zum Begriff der 'Schwarzarbeit' leisten, was ich in Anbetracht der sich neubildenden Regierung für angebracht halte und dem Erstarken konservativer und teils offen rassistischer Regierungen in Europa und der Welt für angebracht halte. Obwohl ich nicht zur Gruppe der PoC gehöre, was an sich, wie ich finde, angehaucht problematisch ist, wenn es um die Veröffentlichung von Beiträgen zum Thema Rassismus geht, dennoch sehe ich diesen Artiekl auch als Aufruf dazu, sich mit dem Thema Rassismus, bzw. Antirassismus auseinanderzusetzen und im Rahmen einer Beleuchtungsoffensive für neue sprachliche Zugänge und die Abschaffung der ekelhaften Einteilung von Mensch in Rasse zu werben. Ich freue mich insbesondere über Kommentare und weiterführende Auseinandersetzung von PoC.

Auf die Idee gekommen, diesen Artikel zu verfassen bin ich im Rahmen meiner Beschäftigung für berufliche Alternativen, nachdem ich mein Studium der Medienwissenschaften aus Unlust vorzeitig abgebrochen habe, womit auch die Unterstützung meiner Eltern wegfiel und ich mir erstmals ernsthafte Gedanken zur Sicherung meines Lebensunterhalts machen musste. Dabei habe ich nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen der Bewerbung auf verschiedenste Jobs irgendwann auch darüber nachgedacht 'schwarz' zu arbeiten - also ohne einen gültigen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, wie es auf Baustellen oder im Logistikbereich üblich ist. Ich setze den Begriff 'Schwarz' hier bewusst in Anführungszeichen, da ich mir bei der Beschäftigung mit dem Gedanken irgendwann die Frage stellte: warum heißt nicht-vertraglich abgesichrte Arbeit eigentlich 'Schwarzarbeit'?

 

Auf wikipedia lässt sich folgende Erklärung zur Etymologie des Begriffs finden:

 

"Der Begriff Schwarzarbeit kommt aus dem Handwerk und beschränkte sich ursprünglich auf Tätigkeiten, für die der Ausführende nicht über die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen (beispielsweise die Meisterprüfung) verfügte. Im Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache wird schwärzen, einem Begriff aus dem Rotwelschen (18. Jahrhundert., schwarzen/schwerzen: „etwas bei Nacht tun“, allgemein „illegal tun/kaufen“) zugeschrieben. „Schwarz“ hängt demnach etymologisch zusammen mit „schmutzig“. Die Bezeichnungen „Schwarzarbeit“ oder „jemanden. anschwärzen“ lassen sich auf das rotwelsche „schwärzen“ = „schmuggeln“ = „etwas bei Nacht tun“ zurückführen."

 

Wie so üblich in den Gedankenstrukturen von noch zu Vielen und der Behandlung von PoC im Alltag, am Arbeitsplatz oder im Rahmen von polizeilicher Sache, wird der Begriff 'Schwarz' mit Illegalität und Dunkelheit verbunden. Zwei - sagen wir Themenpunkte, mit denen sich bei Weitem keine Mehrheit der PoC assoziiert oder assoziieren möchte. Dennoch gibt es einige Menschen, die sich bewusst als PoC und insbesondere 'Schwarze' bezeichnen - sei es aus politischen oder 'hautfarbenbedingten' Gründen. Wie könnte eine solche Bezeichnung nicht politisch sein, ganz besonders, wenn es doch, wie ich hier mit diesem Artikel verdeutlichen möchte, eine offensichtliche Stigmatisierung dergleichen gibt. 'Schwarzarbeit' bezeichnet die Ausfährung von nicht-rechtskonformer Arbeit, wenn man Wikipedia, dem Gesetz und einem gesunden Menschenverstand glaubt. Es gibt den Fall des Stigmas, der bestimmte Personengruppen schier bewusst oder vielmehr nachhaltig in unbeugsame Kategorien versetzt, was auch gefühlt wird und die Lebensrealität derselben nicht nur beeinflusst, sondern im Falle des Begriffes 'Schwarz' in den allermeisten Fällen vor dem Gesetz und der breiten Masse der Gesellschaft schlechter, bzw. unpassender, falscher, witzig und eben im Falle der 'Schwarzarbeit', krimineller stellt. Ekelhaft, wenn man bedenkt, dass ja auch schwarze Menschen ganz normal arbeiten und allein die Kombination beider Begriffe schon zu einem anscheinend nachhaltigen Stigma der Illegalität schwarzer Menschen in Deutschland und anderen, reichen, westlichen Ländern führt.

 

Es zeigt sich hier ein Phänomen - nicht nur der - deutschen Sprache auf, nach welchem vereinfachte Abgrenzung von Einzelpersonen oder Gruppen möglich und bevorzugt wird und eine bestimmte (und sicher alt verwurzelte) illegale Stellung vor dem Gesetz begrifflich mit politischer oder kultureller 'Andersartigkeit' und leider oft auch mit sprachlichem Outing in Verbindung gebracht wird und dennoch breit anerkannt und verbreitet und, wie ich im Rahmen meiner Beschäftigung mit dem Gedanken, selbst anzufangen 'schwarz' zu arbeiten, auch als durchaus als angenehm vorstellbare Form des Wirtschaftens einschätzen lernen wollte.

 

Der Duden hält die grandiosen Synoyme 'Schattenwirtschaft' und aus dem österreichisch kommend 'Pfusch' bereit. Im Französischen sagt man neben 'travail au noir' auch 'travail dissimulé', also 'verborgene Arbeit', was ich als deutlich weniger rassistisch und in Bezug auf das Gesetz auch passender empfinde. Aus bleibt die sprachliche Korrelation mit der Selbstbezeichnung von ethnischen Minderheiten in reichen, weißen Ländern. In einem anderen Wörterbuch habe ich den Begriff 'Mantelarbeit' gefunden, was ich auch passender als Schwarzarbeit finde. Nicht dass etwas damit verkehrt sein soll, die eigene Arbeit als 'schwarz' und gleichzeitig damit einhergehend als 'cool' oder hip zu bezeichnen. Dennoch finde ich die kritische Auseinandersetzung und langfristig auch die einbürgerung von anderen Begriffen in diesem Punkt sehr wichtig, da es um einen Kernpunkt der latetenten rassistischen Bewertung der Dinge geht.

 

Ich freue mich sehr, wenn Ihr aus Euren eigenen Erfahrungen mit verborgener Arbeit erzählt und sich evtl. auch ein Themenabend und/oder eine erweiterte Diskussionsrunde zu dem Thema und der Abschaffung von alten Begriffen in einer neuen Welt organisieren ließe, bzw. Ihr euch mit Ideen zu 'neuen Begriffen für eine neue Welt' äußert.

 

Lasst Euch nicht unterkriegen. Kein Mensch ist illegal und nichts falsches so richtig, dass es nicht hinterfragt werden könnte. Raum für neue Ideen und ein bedingungsloses Grundeinkommen, damit die Menschen die auf 'Schwarzarbeit' stehen, diese in Zukunft als Hobby oder Ehrenamt betreiben können, ohne eine Ausbeutung - egal von welcher Seite - befürchten zu müssen.

 

No boders no nation, stop deportation - stop rassism - stop that easy stigma and fight the police!

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