Sächsische Linkspartei wählt Sexualtäter erneut ins Amt – Realität der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt

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Sächsische Linkspartei wählt Sexualtäter erneut ins Amt – Realität der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt

 

Die Linkspartei hat einen Sexualtäter wiedergewählt – mit nur einer Gegenstimme. „Wer das war den finden wir“ sagte nach der Auszählung der Stimmen der alte und neue Ortsvorsitzende der Freiberger Linkspartei zur allgemeinen Erheiterung der Anwesenden. Dabei suggeriert der sächsische Landesverband der Linkspartei, zudem besagter Ortsverband gehört, sich als parteiinterne Vorkämpferin gegen sexualisierte Übergriffe.

 

Wir möchten das bisherige Geschehen kurz zusammen fassen:

  • Bereits in der Vergangenheit hatte die Linkspartei die sexualisierte Gewalt im Freiberger Ortsverband toleriert und sich de facto auf die Seite des Täters gestellt, wie hier nachzulesen ist: https://de.indymedia.org/node/37625

  • 2020 versprach die sächsische Linkspartei zwar öffentlich etwas gegen die bereits mehrfach (!) geschehenen Übergriffe im Landesverband zu tun. Warum dass als reine Kosmetik aufgefasst werden kann und den Initiatorinnen einer entsprechenden Resolution auf dem Landesparteitag 2020 die Betroffenen schlicht egal waren, erfahrt ihr hier: https://de.indymedia.org/node/129171

  • Wie die Linkspartei dann dem Betroffenen Anfang 2021 eine umfangreiche Aufarbeitung des Geschehenen einschließlich Konsequenzen für den Täter versprach, diesen komplett verarschte und sich letztendlich der Landesvorsitzende der Linkspartei selbst schützend vor den Täter stellte kann hier entnommen werden: https://de.indymedia.org/node/151152

 

Inzwischen wurde der Sexualtäter wiedergewählt. Vor Ort wird der Betroffene seitens der Linksparteimitglieder des Ortsverbands verleumdet, der Sachverhalt heruntergespielt oder die sexualisierte Gewalt gerechtfertigt. Dieses Verhalten ist immer noch die gelebte Praxis der Linkspartei trotz ihrer öffentlichen Aussage, jetzt endlich ernsthaft innerparteilicher sexualisierter Gewalt entgegen zu treten.

 

Möglicherweise war das Verhalten des Ortsverbands dem Landesverband dann doch etwas zu dreist und so forderte der Landesvorstand den Sexualtäter der Freiberger Linkspartei auf, seine Ämter nieder zu legen. Sah dies anfangs nach einem ersten Schritt in die richtige Richtung aus, kommen langsam Zweifel ob dass nicht eine Vorwand zur Kaschierung des eigenen Nichtstun ist. Die Aufforderung zur Niederlegung der Ämter des Sexualtäters seitens des Landesvorstands geschah nicht öffentlich, so dass nirgends darüber berichtet wird. Wir warteten mit der Veröffentlichung dieses Beitrags bewusst ab, um der Partei eine faire Chance zu einem angemesseneren Umgang mit dem Sexualtäter zu geben – leider vergeblich. Der Täter macht einfach weiter wie bisher, gilt in der Öffentlichkeit als „verdienter Genosse“ und die Aufforderung des Landesvorstands lässt den Eindruck einer reinen Alibi-Aktion entstehen – möchte mensch behaupten etwas getan zu haben und sich gleichzeitig sicher sein, keinem innerparteilichen Täter ernsthaft auf die Füße zu treten?

 

Nach der erfolgten Wiederwahl des Sexualtäters erklärte bereits im April das regionale Mitte-Links-Bündnis „Junges Netzwerk Freiberg“ ihre Distanzierung vom Freiberger Ortsverband der Linkspartei und rief öffentlich zu dessen Boykott auf. U.a. ein örtlicher AfD-Politiker und Teile dessen Umfelds verteidigte daraufhin ebenso öffentlich den Sexualtäter aus der Linkspartei – diese selbst hat damit freilich kein Problem.

 

Vor Ort geht mensch in der Linkspartei davon aus, die derzeitige mediale Berichterstattung, u.a. des Spiegels bezüglich der in der Linkspartei tolerierten sexualisierten Gewalt, würde über Freiberg hinweg wehen. Ein Handlungsbedarf wird nicht gesehen. Ausgerechnet der AfD-Pöbel, welcher den Täter verteidigte, stilisieren regionale Linksparteimitglieder zur „Stimme des Volkes“ und betrachten diese als Legitimierung des eigenen Handelns.

 

Die Linkspartei hat zwar öffentlich alle Betroffenen innerparteilicher sexualisierter Gewalt um Entschuldigung gebeten, aber... Sie scheint davon auszugehen dass es ausreichend ist, wenn sie einmalig pauschal knapp „Entschuldigung an alle Betroffenen“ aus dem medialen Fenster ruft und anschließend ist das Thema gegessen. Es erhöht auch nicht ihre Glaubwürdigkeit, wenn z.B. ein Frank Laubenburg als Sprecher der AG Queer in TAZ-Interviews dreist den großen Vorkämpfer gegen sexualisierte Gewalt mimt, wo er doch, als der Betroffene besagte AG um Hilfe bat, diese kategorisch ablehnte und das Anliegen des Betroffenen u.a. öffentlich verhöhnte.

 

Wir fordern die Linkspartei auf, endlich wirksame Schritte zu unternehmen, damit sexualisierte Gewalt auch in der Linkspartei für Täter Konsequenzen hat!

 

Wenn die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Linkspartei lediglich aus Alibi-Aktionen oder Schuldzuweisungen an Betroffene besteht, dann hat die Linkspartei jegliche Chance verspielt ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

 

Aus Kreis- und Landesverband heißt es, sie hätten keine Möglichkeit „auf den renitenten Ortsverband einzuwirken“. Verschwiegen wird dabei dass es auch nicht ernsthaft versucht wurde. Es ist eben nicht ausreichend eine „allgemeine Handreichung“ an alle Ortsvorsitzenden des Kreisverbandes auszureichen (daraus bestand im Wesentlichen der bisherige „Aufarbeitungsprozess“), etwas small talk zu üben und dass war es.

 

Sollte es dem Kreis- und Landesverband nicht gelingen, den Ortsverband zu einem verantwortungsvollen Umgang mit innerparteilicher sexualisierter Gewalt zu verpflichten, dann haben sie öffentlich Stellung zu beziehen. Es ist nicht ausreichend, vollmundig zu versprechen gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen, es müssen Taten folgen! Wenn die Linkspartei ernsthaft diese Zustände beenden will kann erwartet werden dass sie aufhört, die Schuld auf den Ortsverband zu schieben und statt dessen ihrer eigenen Verantwortung gerecht wird. Eine öffentliche Distanzierung von dem Verhalten des Ortsverbandes ist das Mindeste. Darin muss der sexuelle Übergriff klar benannt, verurteilt und begründet werden, warum die Linkspartei diese Form sexualisierter Gewalt ablehnt – also falls sie diese tatsächlich ablehnen möchte. Wenn die gewählten Vorstände in den entsprechenden Parteigliederungen dazu nicht bereit oder in der Lage sind, sollten diese Personen platz machen, die dass können.

 

Daran sollte die radikale Linke diese Partei messen, bevor mensch bei irgendwelchen Wahlen für die Kandidaten dieser Partei als „das kleinere Übel“ stimmt. Denn genau diese Zustände werden durch die Stimmenabgabe reproduziert – die anders lautenden Beteuerungen aus Linksparteikreisen lassen sich an der politischen Praxis der Linkspartei überprüfen.

 

Eine Organisation, die sexuelle Übergriffe toleriert, die Täter weiter gewähren lässt und die Betroffenen verhöhnt kann für eine radikale Linke kein potentieller Bündnispartner mehr sein!

 

 

Für Rückfrage stehen wir wie immer unter emanzipatorisches-arzgebirg@riseup.net zur Verfügung.

 

 

 

 

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Ergänzungen

Wenn ich dem ersten Link folge, dann steht dort drin, dass Uwe Fankhänel sich über sexuellen Missbrauch von Kindern lustig gemacht hat. Das ist Rapce Culture, macht ihn aber nicht selbst zum "Sexualtäter". Auch Rapce Culture kann re-traumatisieren und ist generell sehr ersnt zu nehmen. Allerdings nutzt ihr den Begriff mMn so, dass es irreführend ist.

Das genannte Verhalten wird in den Sexualwissenschaften als Form sexualisierter Gewalt bezeichnet und gilt als sexueller Übergriff im sexualwissenschaftlichen Sinne. Wir berufen uns dabei unter anderem auf den Sexualwissenschaftler Prof. Dr. Voß sowie diesbezügliche Einschätzungen von professionellen Beratungsstellen, wie z. B. Wildwasser und einigen weiteren. Sexualwissenschaftlich wird eher über Begriffe gestritten, einige bezeichnen es als „sexuellen Sekundärübergriff“ um das Verhalten von dem Primärübergriff des Missbrauchs abzugrenzen, andere sprechen schlicht von einem erneuten sexuellen Übergriff. Dass dieses Verhalten als sexueller Übergriff gewertet werden kann, waren sich die Fachmenschen einig und dass wurde als „Stand der Wissenschaft“ bezeichnet.

Juristisch ist dieses Verhalten tatsächlich nicht erfasst, sexualwissenschaftlich jedoch wie bereits beschrieben, so dass der Mensch sexualwissenschaftlich als Sexualtäter bezeichnet werden darf, nicht jedoch juristisch.

 

 

 

Die Führungsspitze auszutauschen reicht nicht. Das Problem ist der mittlere Führungskader der Partei. Weite Teile haben weniger Erkenntnis- sondern eher Umsetzungsprobleme.

 

 

Deshalb muss der Parteitag einen Betroffenenbeirat einrichten, der unsere Interessen vertritt und ein Vetorecht bei Personalentscheidungen auf allen Ebenen der Linkspartei bekommt! Zu diesem Zweck sollte eine BAG gegründet werden, zu der ausschließlich Betroffene der sexuellen Übergriffe in der Linkspartei Zutritt erhalten (einschließlich der ausgetretenen Betroffenen).

 

 

Dann sind Täter-Karrieren endlich Geschichte!