Linkspartei verarscht Betroffene sexualisierter Gewalt

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Linkspartei verarscht Betroffene sexualisierter Gewalt

 

 

Bereits in der Vergangenheit haben wir in einem Indymedia-Artikel über die „Toleranz sexueller Übergriffe in der Linkspartei“ berichtet https://de.indymedia.org/node/37625

Bei diesem sexuellen Übergriff nutzte ein Funktionär der Linkspartei des Ortsverbandes Freiberg/Sachsen seine Kenntnisse eines sexuellen Missbrauchs im jugendlichen Alter, um in dem Betroffenen mit makaberen Kommentaren gezielt die damaligen Bilder erneut zu wecken und sich an seiner betroffenen Reaktion zu erfreuen. Der Sexualwissenschaftler Prof. Dr. Voß bezeichnet diesen Vorfall als einen erneuten sexuellen Übergriff und als Form sexualisierter Gewalt in Verbindung mit einer Aktualisierung der Gewalterfahrung und retraumatisierendem Charakter. Für den Übergriff gibt es einen Zeugen und der Täter war sich aufgrund vorhandener Kenntnisse seiner Wirkung voll und ganz bewusst. Der Betroffene benötigte mehrere Monate um dieses Geschehen überhaupt thematisieren zu können. Wir dokumentierten in Folge wie die Linkspartei auf allen Ebenen weg sah, dieses Verhalten de facto tolerierte (der Politiker wurde in Kenntnis der Vorfälle gleich an mehreren Positionen zu regionalen Wahlen aufgestellt) und selbst Politiker:innen der Linkspartei dem Betroffenen ihre Hilfe verweigerten bzw. nicht einmal antworteten, obwohl deren öffentlich vorgetragenes politisches Profil eine Unterstützung als Selbstverständlichkeit erwarten lies.

Der Betroffene sah sich in Folge gezwungen ein politisches Amt niederzulegen um eine Wiederholung zu vermeiden und verließ die Linkspartei. Der Täter ist immer noch in seinen verschiedenen Ämtern aktiv, macht weiter wie bis her und ein konkreter Aufarbeitungsprozess findet vor Ort nicht statt.

 

Nachdem wir wiederholt den Vorfall aufgriffen, kam im Januar diesen Jahres plötzlich Bewegung in die Sache. Die regionale Kreisvorsitzende der Linkspartei suchte Kontakt zu einer wichtigen unabhängigen regionalen linken Jugendstruktur, welche eine eventuelle Zusammenarbeit von der Aufarbeitung des sexuellen Übergriffs als Grundvoraussetzung abhängig machte. Die Kreisvorsitzende Marika Tändler-Walenta kommunizierte mit dem Betroffenen, bat um Entschuldigung für das Verhalten des Kreis- und Ortsverbands und sagte eine umfassende Aufarbeitung des sexuellen Übergriffs zu. Wir fühlten uns erleichtert und glaubten an einen tatsächlichen Fortschritt.

 

Doch die Realität sieht anders aus. Auf Landesebene scheint sich zwar tatsächlich etwas getan zu haben (es gibt jetzt dort z.B. eine Ansprechpartnerin bei sexuellen Übergriffen), aber vor Ort ist die Lage genauso bitter wie zuvor.

 

Fragt mensch die „Genoss:innen“ im Ortsverband nach dem versprochenen Aufarbeitungsprozess, erntet der Betroffene vielsagendes Schweigen, breites Grinsen oder es wird über andere Reaktionen deutlich gemacht, dass die Erwartung einer ernsthaften Aufarbeitung des sexuellen Übergriffs als gelungener Spaß betrachtet wird. Inzwischen kandidiert der Landesvorsitzende Stefan Hartmann in genau diesem (Wahl-)Kreis zur Bundestagswahl als Direktkandidat. Im Ortsverband der Linkspartei wird das als Unterstützung für die praktizierte Aussitzpolitik gewertet. „Grundlos ist er hier ja nicht angetreten“ heißt es aus gut informierten Kreisen. Bisher hatte der Landesvorsitzende keinerlei Bezug zu diesem Wahlkreis und seine öffentlich vorgebrachten Gründe für seine Kandidatur in diesem Ort erscheinen fadenscheinig. Spricht mensch ihn auf diesen Zusammenhang zwischen seiner Kandidatur und dem nicht stattgefundenen Aufarbeitungsprozess an, dementiert Stefan Hartmann diesen Zusammenhang. Der Landesvorsitzende lässt erkennen das ihm der sexuelle Übergriff bekannt ist und vermeidet jede Äußerung, dass er bereit wäre die Aufarbeitung voranzubringen.

 

Dazu erklärt der Betroffene: „Ich fühle verarscht, betrogen und bin entsetzt! Mir versprach die Kreisvorsitzende (Mittelsachsen) bei ihrer Entschuldigung für den Vorfall, dass jetzt alles Notwendige unternommen würde um die Sache aufzuarbeiten. Über sechs Monate danach wurde noch nicht einmal damit angefangen – im Gegenteil. Die benehmen sich wie die Katholiken – nach außen entschuldigen, nach innen wird weitergemacht wie bisher. Die haben mich nur verarscht damit ich vor der Bundestagswahl aufhöre ihren Übergriff zu thematisieren. Der Kampf geht weiter!“ Wir schließen uns dem vollumfänglich an und gehen erneut in die Offensive.

 

Sexuelle Übergriffe müssen Konsequenzen haben, auch in der Linkspartei. Gerade im Wahlkampf offeriert sie eine Menge toller Programmpunkte (von denen einige sicher ganz super emanzipatorisch sind), aber ihr fehlt die Bereitschaft auch nur einen Bruchteil dessen in den eigenen Reihen umzusetzen. Doch daran sollten wir die Linkspartei messen. Diesmal hindert sie nicht irgendwelche bösen Medien, politische Gegner oder Wahlergebnisse dass zu tun was sie programmatisch verspricht, sondern nur sie selbst. Solange die Linkspartei den Täter einfach weiter machen lässt werden wir ihr keine Ruhe geben.

 

Wir fordern zusammen mit dem Betroffenen:

 

  • Eine fünfjährige Ämter- und Postensperre für den Sexualtäter sowie dessen Rückzug aus allen Ämtern, Mandaten, Posten und Gremien

  • Da der Landesvorsitzende Stefan Hartmann diesen Bundestagswahlkreis übernahm, soll er auch offiziell die Verantwortung für die Aufarbeitung übernehmen, diese entscheidend voranbringen oder als Landesvorsitzender zurücktreten

 

Die Linkspartei mag vielleicht hoffen dass dem Betroffenen Kraft, Mut oder die Solidarität ausgeht um weiter diese Schweinerei zu thematisieren. Wir möchten nicht nur deutlich machen dass dieses Wunschdenken fern jeglicher Realität ist, wir möchten auch zeigen dass wir motiviert sind öffentlichkeitswirksam unsere Forderungen zu platzieren und in den Wahlkampf einzugreifen. Wir werden uns keine weiteren Ankündigungen oder Versprechungen anhören, wir wollen Ergebnisse sehen!!

 

 

Wie immer gilt:

Wir nennen keine Details des bei dem sexuellen Übergriff instrumentalisierten sexuellen Missbrauchs. Auch werden wir hier nicht darstellen, wie konkret diese Instrumentalisierung erfolgte. Zum einen dient das dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen – Dritte sollen keine Möglichkeit bekommen sich ebenso zu verhalten wie der Instrumentalisierende. Zum anderen haben wir nicht die Absicht voyeuristische Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Details sind der Linkspartei in der nötigen Ausführlichkeit bekannt.

 

 

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Ergänzungen

 

Wenn diese angeblichen „Strukturen die Betroffenen sexualisierter Gewalt helfen sollen“ nichts taugen, was sind diese dann wert? War eine Wirkung überhaupt beabsichtigt? Für mich sieht das nach Make up aus, welches lediglich die Folgen sexualisierter Gewalt für die Öffentlichkeit übertünschen soll, damit der gleiche Funktionärskader weitermachen kann wie bisher.

 

Solche Vorfälle „passieren“ der Linkspartei immer wieder. Ich habe das selbst erlebt! De facto ist dann alles wieder okay wenn keineR mehr drüber spricht und Gras über die Sache wächst. Sollte die Betroffene sich auch noch anmaßen deshalb die Partei zu verlassen, ist sie „nie richtig dabei gewesen“ und der Täter hat automatisch recht. Merkt mensch Betroffenen sexualisierter Gewalt ihre Verletzungen an, wird diesen aufgrund der sichtbaren Verletztheit gerne mal die Zurechnungsfähigkeit abgesprochen. Die Vorgehensweise in der Provinz ist eigentlich ein Täterschutzmodell aus den 70er/80er Jahren. Betroffenen oder Opfern wird von vornherein Übertreibungen unterstellt und deren Angaben in Zweifel gezogen, während die Angaben des Täters nicht hinterfragt werden. Gerne wird Betroffenen vorgeschlagen erst mal eine umfangreiche Therapie oder ähnliches zu machen, Hauptsache die finden keine Zeit oder Energie mehr gegen Sexualtäter vorzugehen (der Täter macht inzwischen ungestört weiter). Gern mit einem schmalzigen Hinweis auf „sonstige persönliche Probleme“, wird doch die emotionale Verletztheit gerne mal als Beleg genommen dass mit der Betroffenen Person „auch eine Menge anderer Dinge nicht stimmt“. Von dir wird erwartet „auch mal an deine Verantwortung zu denken“ und „was das für Folgen für den Täter hat“. Die Rollen von Täter und Opfer werden so verdreht.

 

Du hast sonstwieviele Zeugen und die Sachlage ist eindeutig, aber wenn der Täter Verleumdung schreit, dann hängt man sich in „sowas“ nicht rein und erwartet „das ihr das unter euch ausmacht. Im besten Falle wird dir ein Meditationsprozess auferlegt „um euch die Gelegenheit zu geben aufeinander zuzugehen und Missverständnisse auszuräumen“. Dabei wird „Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten“ erwartet. Wenn du nicht ausreichend bereit bist auf den Täter zuzugehen und „auch mal die Kirche im Dorf zu lassen“ bist wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft DU das Problem und der Täter reibt sich die Hände. In einem solchen Meditationsprozess muss sich der Täter lediglich entschuldigen („es tut mir leid dass du meine Worte völlig missverstanden hast“ reicht aus) und der Betroffenen wird auferlegt dies anzunehmen und ihre Vorwürfe nicht weiter zu wiederholen. Bleibt sie trotzdem bei der Einschätzung dass hier kein „bedauerliches Missverständnis“ vorliegt sondern sexualisierte Gewalt ist sie das Problem und nicht der Täter. Denn sie ist schließlich unkooperativ und hat sich an solche Absprachen (welche der Täter mit den Mediatoren traf) zu halten. Gerade die älteren Damenkreise scheinen z.B. verbale sexualisierte Gewalt bei älteren Tätern für einen Ausdruck männlicher Potenz zu halten und sie erzählen dir dass es nach dem Krieg viel schlimmer war. Wenn dann einige Zeit später immer noch keine Aufarbeitung steht du aber weiter darauf bestehst wird dir vorgeworfen alte Kamelen vorzuholen und dir auferlegt deine persönlichen Konflikte „außen vorzulassen“. Du würdest mit deinen „privaten Problemen“ den „politischen Prozess“ stören. Die „Genossen“ wollen schließlich nicht weiter in der tollen Zusammenarbeit mit dem Täter gestört werden

 

Das bedeutet in der Praxis der Täter macht ungestraft weiter und du kannst sehen wo du bleibst. Irgendwann wirst du feststellen, dass die einzige Möglichkeit nicht erneut von sexualisierter Gewalt betroffen zu sein massive körperliche Gegengewalt ist. Sexualisierte Gewalt in der Linkspartei mit Gegenwalt stoppen zu wollen gilt innerparteilich nicht nur als wesentlich schlimmer als die sexualisierte Gewalt an sich, sie führt auch automatisch zu einem Solidarisierungseffekt der Mitglieder mit dem Täter. Es ist in der Linkspartei schlimmer wenn dein Freund nach einer Sexualtat dem Täter damit er dass nicht mehr macht eine reinhaut als die Sexualtat an sich. Deine „Genossen“ erwarten schließlich von dir das du auf das einzige Mittel der Gegenwehr selbstverständlich verzichtest.

 

Werden die Vorfälle öffentlich bekannt, bist du daran schuld und nicht etwa der Täter. Das Problem ist schließlich nicht die Sexualtat sondern dass die durch dich öffentlich wurde. Vor Wahlen wird Geschlossenheit verlangt und Wahlen sind immer irgendwo. Ein Ausscheren wird als „parteischädigendes Verhalten“ eingestuft. Was du auch machst wenn du sexualisierte Gewalt in der Linkspartei ansprichst, der eigentlich Schuldige bist du und nicht der Täter. Ich könnte heulen!!!

 

 

Ich hatte nicht die Kraft dagegen vorzugehen. Deshalb wünsche ich dem Betroffenen (er scheint männlich gelesen zu sein) alle Kraft und Mut der Welt um weiter gegen diese Schweinerei vorzugehen.

 

Wenn ihr die Linkspartei wählt habt ihr sicher ihre tollen Versprechungen und Forderungen vor Augen. Aber was ihr eigentlich wählt ist die gerade von mir geschilderte Praxis. Jede Stimme für die Linkspartei bedeutet ein weiter so!!

 

Liebe Vorrednerin,

 

dein Beitrag vom hat uns sehr berührt. Wir möchten dir gern Unterstützung anbieten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und wir sind keine Profis. Vielleicht können wir dir auf persönlicher Ebene helfen, vielleicht interessiert es dich wie der Betroffene bei diesem Übergriff vorgeht um der Linkspartei eine Aufarbeitung abzuzwingen (freiwillig passiert da sonst nichts), vielleicht können wir dich anderweitig unterstützen. Dass du keine Angaben zu deiner Identität machst ist nachvollziehbar. Selbstverständlich bleibt die Kommunikation vertraulich. Du erreichst uns unter:

emanzipatorisches-arzgebirg@riseup.net

 

Herzliche Grüße