Kosmetik überdeckt sexuelle Übergriffe – Linkspartei.Sachsen verweigert Aufarbeitung

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Auf ihrem letzten Landesparteitag im Oktober verabschiedete die sächsische Linkspartei eine Resolution gegen sexualisierte Gewalt. Geändert hat sich leider nichts.

 

Zweck der Resolution war es, dass die sächsische Linke endlich gegen sexistische Übergriffe bzw. sexualisierte Gewalt innerhalb der eigenen Reihen vorgehen möchte und Betroffene zukünftig unterstützt werden sollen. Doch die Realität ist auch nach über zwei Monaten genauso bitter wie bisher. So schrieb der Betroffene eines sexuellen Sekundärübergriffs in der Linkspartei eine der wichtigsten Antragssteller*innen, die Landesvorsitzende Susanne Schaper, im Vorfeld des Parteitags an, um Unterstützung zu erhalten. Es geht um diesen Vorfall: https://de.indymedia.org/node/37625 Zusammengefasst wird hier beschrieben, wie der Parteifunktionär Uwe Fankhänel der Linkspartei die Kenntnisse über einen sexuellen Missbrauch im Jugendalter eines Betroffenen nutzt, um mit makaberen Sprüchen in dem Betroffenen die damalige Gewalterfahrung zu aktualisieren und ihn bewusst zu retraumatisieren. Für den Vorfall gibt es einen Zeugen. Die Einstufung als sexueller Sekundärübergriff erfolgte u.a. durch einen Professor der Sexualwissenschaften der Universität Merseburg.

 

Susanne Schaper war der Vorfall nicht einmal eine Antwort wert. Das hinderte sie natürlich nicht, sich auf dem sächsischen Landesparteitag am 10.10.2020 als große Vorkämpferin gegen sexualisierte Gewalt zu inszinieren – eine reine PR-Show. Die Linkspartei in Sachsen ignoriert weiterhin den sexuellen Sekundärübergriff.

 

Im Freiberger Ortsverband der Linkspartei (Landkreis Mittelsachsen), in dem der von uns veröffentlichte sexuelle Übergriff stattfand, sitzt mensch mit Wissen des Landesverbands der Linkspartei den Vorfall nicht nur aus. Der Ortsvorsitzende Dr. Achim Grunke behauptet gegenüber Journalisten er hätte noch nie davon gehört. Tatsächlich hat der Betroffene auf einer Mitgliederversammlung der Freiberger Linkspartei im Juni 2019 im Beisein des anwesenden Dr. Achim Grunke einen detaillierten Vortrag über den Vorfall gehalten.

Intern wird der Übergriff entweder heruntergespielt und z.B. als „harmloser Scherz“ dargestellt bzw. der Betroffene verleumdet. Dabei unterstellen die „Genossen“ dem Betroffenen, dass er einfach nicht „die nötige Härte“ für die Politik besäße. Wir sind nicht der Meinung dass das „über sich ergehen lassen“ sexualisierter Gewalt durch Parteifunktionäre eine Voraussetzung für ein politisches Handeln sein sollte – egal in welcher Partei.

Andere Mitglieder der Linkspartei versuchen den Betroffenen als psychisch unzurechnungsfähig hinzustellen, weil man ihm noch Monate nach dem sexuellen Sekundärübergriff seine emotionale Betroffenheit anmerken konnte. Die Forderungen des Betroffenen werden als „anmaßend“ denunziert, weil er diese nicht im Rahmen einer „höflichen Bitte“ geäußert hat – als wären die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt oder die individuellen Persönlichkeitsrechte des Betroffenen ein Gnadenakt höher gestellter Parteifunktionäre, der erst nach untertänigem Betteln gewährt wird.

Was hier nach einem schlechten Film über das Umfeld der katholischen Kirche klingt, ist die bittere Realität im mittelsächsischen Kreisverband der Linkspartei, welche vom sächsischen Landesverband weiterhin toleriert wird. Es wird versucht den Übergriff auszusitzen in der Hoffnung, dass dem Betroffenen irgendwann die Kraft ausgeht weiter gegen den Täter und die ihn unterstützenden Genoss:innen vorzugehen. Nahm ursprünglich ein Großteil des Freiberger Ortsvorstandes eine Zuschauerrolle ein, haben sich inzwischen nicht wenige auf die Seite des Täters geschlagen und sind inzwischen zu Komplizen geworden. Es wird Täterschutz betrieben.

„Es ist ja nicht verboten“, sagt mensch im Ortsverband in Hinblick auf den Täter. Tatsächlich ist die Instrumentalisierung eines sexuellen Missbrauchs, bei dem der Instrumentalisierende gezielt verbal in dem Betroffenen die Gewalterfahrung aktualisiert, um eine Retraumatisierung zu erreichen und sich an der Reaktion des Betroffenen zu erfreuen, juristisch nicht erfasst. Das ändert jedoch nichts daran dass das genannte Verhalten nach der Auffassung von Sexualwissenschaftlern einen sexuellen Sekundärübergriff darstellt. Niemand zwingt die Linkspartei bewusst eine Person zu Stadt- und Kreistagswahlen aufzustellen, die sexuellen Missbrauch als etwas spaßiges empfindet und daraus für sich einen inneren Nutzen gewinnen möchte. Es ist damit nicht mehr die Tat eines einzelnen Parteifunktionärs. Es wird zur Tat einer Gesamtpartei, die dieses Verhalten toleriert statt den Täter zur Verantwortung zu ziehen.

 

Dieser Beitrag dient auch dazu, sowohl dem Täter als auch den Täterschützer:innen klar zu machen, dass niemand vorhat aufzugeben oder Gras über die Sache wachsen zu lassen.

 

Die Linkspartei ist nicht einmal bereit sich für diesen Vorfall zu entschuldigen oder auch nur zu garantieren, dass es keine weiteren ähnlichen Vorkommnisse durch den Funktionärskader der Partei geben wird. Die Resolution zum Umgang mit sexualisierter Gewalt des sächsischen Landesparteitags vom 10.10.2020 dient lediglich dem Zweck, sich öffentlichkeitswirksam ein anderes Image zu geben. Täter machen weiter wie bis her. Täterschützer:innen (wie z.B. die mittelsächsische Kreisvorsitzende) inszenieren sich dreist als Vorkämpfer:innen gegen sexualisierte Gewalt und feilen unbehelligt an ihrer Parteikarriere. Sie sind Schlüsselfiguren der Toleranz des genannten sexuellen (Sekundär-)Übergriffs und behaupten Zustände zu bekämpfen, die sie selbst herbei geführt haben.

 

Wir fordern weiterhin:

  • Sexuelle Übergriffe müssen Konsequenzen haben – auch in der Linkspartei!

  • Umfassende Aufarbeitung – täterschützende Strukturen müssen zerschlagen werden! Täter:innen und Täterschützer:innen haben in politischen Ämtern, Mandaten und Posten nichts zu suchen – kein Geld für ausgeübte oder tolerierte sexualisierte Gewalt!

  • Einrichtung von sexual-awareness-Strukturen die ernsthaft bereit sind Betroffene von sexualisierter Gewalt zu unterstützen statt Kosmetikresolutionen!

 

Einiges möchten wir hier noch einmal klarstellen:

Wir nennen keine Details des instrumentalisierten sexuellen Missbrauchs. Auch werden wir hier nicht darstellen, wie konkret diese Instrumentalisierung erfolgte. Zum einen dient das dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen – Dritte sollen keine Möglichkeit bekommen sich ebenso zu verhalten wie der Instrumentalisierende. Zum anderen haben wir nicht die Absicht voyeuristische Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Details sind der Linkspartei in der nötigen Ausführlichkeit bekannt.

 

Ihr erreicht uns wie immer unter: emanzipatorisches-arzgebirg@riseup.net

 

 

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