Am 1. Mai 2019 liefen in Hamburg 400 Antifaschist*innen einem ehemaligen Neonazikader hinterher?
Euer ernst?!
Am 1. Mai 2019 fand unter dem Motto „Mach das mal anders“ eine antiautoritäre Demonstration, bei welcher unter anderem zu Themenschwerpunkten wie Lohnarbeit oder Feminismus deutliche Kritik am kapitalistischen System ausgeübt wurde. Soweit, so notwendig, so angebracht.
Völlig unangebracht und definitiv unnötig ist jedoch, dass der frühere Neonazi Frank Försterling – auch bekannt als ehemals „Frank the Tank“ eine führende Rolle bei diesem Demonstrationszug übernahm.
Kann man sich eigentlich nicht ausdenken, aber an genau der gleichen Stelle, wo Försterling früher Anti-Antifa-Dokumentationen betrieb, wurde sich in diesem Jahr zu besagter Demo versammelt und unter Sicherheitsanweisungen des früheren Neonazikader losmarschiert.
Euer ernst?!
Am 1. Mai 2019 fand unter dem Motto „Mach das mal anders“ eine antiautoritäre Demonstration, bei welcher unter anderem zu Themenschwerpunkten wie Lohnarbeit oder Feminismus deutliche Kritik am kapitalistischen System ausgeübt wurde. Soweit, so notwendig, so angebracht.
Völlig unangebracht und definitiv unnötig ist jedoch, dass der frühere Neonazi Frank Försterling – auch bekannt als ehemals „Frank the Tank“ eine führende Rolle bei diesem Demonstrationszug übernahm.
Kann man sich eigentlich nicht ausdenken, aber an genau der gleichen Stelle, wo Försterling früher Anti-Antifa-Dokumentationen betrieb, wurde sich in diesem Jahr zu besagter Demo versammelt und unter Sicherheitsanweisungen des früheren Neonazikader losmarschiert.
Försterlings Ausstieg aus der Neonaziszene ist weithin bekannt und selbst in gängigen Suchmaschinen ohne großen Zeitaufwand nachzulesen. Sicherlich ist jeder, der sich von der rechten Szene lossagt als Gewinn zu verzeichnen. Und wenn besagte Person sich anschließend an linken Aktionen beteiligen will – bitte.
Aber das so unsensibel früheren Opfern von Försterling und so unüberlegt Kritiker*innen an dessen Partizipation im linken Spektrum gegenüber agiert wird, lässt nur eine Frage zu – Libertäre? Geht’s noch?
Mal dran gedacht, es im eigenen Stadtteil zumindest kund zu tun, dass er in einer repräsentativen Aufgabe vor Ort sein wird?
Mal dran gedacht, dass diese Aktion Menschen abschreckt, die eigentlich endlich wieder eingebunden werden sollten?
Mal dran gedacht, dass sein Auftreten auch auf andere linke Strukturen, zumindest im gleichen Stadtteil, ebenfalls zurückfallen wird?
Nicht nur, dass Menschen, die früher in seiner Funktion als Neonazi von ihm beschattet oder verdroschen wurden, einen mentalen Schlag in die Fresse verbuchen durften, als sie zur Demo kamen. Auch in den entsprechenden Medien wurde er – allen voran und scheinbar völlig frei von Rollenkonflikten oder Gewissensbissen, als Anführer von gut 400 demonstrierenden Linken abgebildet.
Die Frage nach Verhältnismäßigkeiten, die wir sonst nur den Bullen stellen, ist diesmal wohl an die eigenen Genoss*innen zu richten – wie kommt man dazu, eine Person mit dieser politischen Vita derart in den Vordergrund zu platzieren, statt ihm vielleicht einfach nahe zu legen, sich in Reihe 4 einzuordnen? Macht das mal anders.
Weitere Infos unter:
https://de.indymedia.org/node/29502
Ergänzungen
Verstehe die Kritik nicht.
Verstehe die Kritik nicht. Ich war selbst Teilnehmerin im vorderen Teil der Demo und habe den Typen auch vorne gesehen. Aber eher selten. Ich finds gut, wenn ein glaubwürdig aus Nazistrukturen ausgestiegener Mensch (was im Artikel ja bestätigt wird) bei so ner Demo dabei ist. Bei Sichtung früherer Kameraden, die Stress machen wollen, kann mensch dadurch vielleicht sogar früher reagieren. Mit Blick auf den Opferschutz ist es egal, wo er mitgeht. Frühere Opfer können genauso gut vorne wie hinten sein – dann hätte nur geholfen ihm die Demo zu verbieten. Und noch eins: „Anführer“ gibt’s bei anarchistischen Demos übrigens nicht.
Echt jetzt?
Versteh ich das richtig? Ein Ex-fascho macht heute im alten Wirkungsgebiet antifa-arbeit? Läuft in der "linken Hochburg Hamburg"...
Der taz Artikel in dem Frank
Der taz Artikel in dem Frank Försterling über seinen Ausstieg spricht ist _10_ Jahre alt. Frank Försterling ist damit länger Aussteiger als er je Neonazi war.
Kann die Kritik überhaupt nicht nachvollziehen.
Weiterhin, sofern sich ehemalige Opfer von Försterling an seiner Partizipation stören, dann sollten diese für sich selbst sprechen. Die Inanspruchnahme von anonymen (eventuell nicht existenten) "Opfergruppen", dient sonst nur der Stärkung der eigenen Machtposition ohne, dass dies durch die Realität begründbar wäre.
Kritik an Schwarz-Rote 1. Mai Demo in Hamburg-Harburg
Am 1. Mai hat es das erste Mal seit langem in Hamburg wieder eine anarchistische Demonstration gegeben, was der Geschichte dieses Kampftages auch gerecht wird! Gerade, dass diese sehr schwungvolle Demonstration jenseits der Szene-Wohlfühl-Viertel, so schön es dort auch sein kann, in Harburg so stattfinden konnte, verbuchen wir als schönen Erfolg. Im Anschluss wurde aber auch Kritik speziell an unserer Gruppe laut. Zu einem vieldiskutierten Punkt möchten wir Stellung nehmen, vor allem auch mit Blick auf das nächste Jahr.
Die auf Indymedia veröffentlichte Kritik, bei der Demonstration hätte ein Ex-Nazi die führende Rolle übernommen, wegen der man ihm „hinterherlief“, müssen wir in diesem Wortlaut zurückweisen. Erst einmal widerspricht die ihm zugesprochene „Anführer-Rolle“ ganz klar dem Inhalt einer Demonstration, auf der über 400 Menschen gerade gegen Herrschaft demonstrierten. Wie die meisten von euch wissen, gibt es von der Versammlungsbehörde die Vorgabe, eine bestimmte Anzahl an Ordner*innen zu stellen. Da wir ursprünglich mit viel weniger Demonstrationsteilnehmenden gerechnet hatten (bei den Bullen wurde 150 angegeben), sind wir davon ausgegangen, keine Probleme damit zu haben, auch noch kurz vor Beginn der Demo die notwendige Anzahl an Ordner*innen zu stellen. Es war zu diesem Zeitpunkt nämlich auch überhaupt noch nicht klar, welche Dynamik in der Demonstration vorherrschen würde und wir befanden uns alle sehr im Stress. Letztendlich wurde dabei auch eine Armbinde an den besagten Genossen vergeben.
Wir haben die Rolle unseres Genossen inzwischen in diversen Gesprächen kritisch reflektiert und sind zu einem Konsens gelangt. Selbstkritisch eingestehen müssen wir, dass wir in der hektischen Situation kurz vor Beginn der Demo nicht ausreichend bedacht haben, dass unter den Teilnehmer*innen Menschen sein können, die aufgrund der Vergangenheit des Genossen (nachvollziehbare) Probleme mit seiner optischen Rolle im Geschehen haben. Im Nachhinein sehen wir auch unseren Fehler als Orga-Team, dass wir während der Demo nicht mit ihm gesprochen und ihn gebeten haben, sich mehr zurückzuhalten, als er am Rande und auch mehrmals am vorderen Teil der Demo in gutmeinender, aber auch exponierter Weise Passant*innen zum Mitmachen bewegt und Mitdemonstrierende zu Sprechchören animiert hat. Diesen Schuh zieht sich v.a. der Anmelder an, der sich wegen des Stresses, den die Bullen immer wieder gemacht haben, überwiegend an der Spitze aufgehalten hatte und ihn um mehr Zurückhaltung hätte bitten sollen / müssen (was, wie seine Bekannten wissen, dann auch passiert wäre). Hier überwog auch auf der persönlichen Seite des Betreffenden die Euphorie über die große Beteiligung. Wir lernen daraus und wenn es ein nächstes Mal gibt, wird das so auf jeden Fall nicht wieder passieren!
Wir möchten den berechtigten Kern der Kritik also nicht infrage stellen, möchten aber auch anmerken, dass sie teilweise in unseren Augen überflüssige Polemik enthält. Der Hinweis, dass die Demonstration genau an der gleichen Stelle begann, an der der Mensch früher sein Unwesen trieb, dient unseres Erachtens der Stimmungsmache. An allen anderen Standorten in Hamburg hätten die gemachten Aussagen genauso gegolten und hätten wir auch die Kritik angenommen. Auch die Formulierung „scheinbar völlig frei von Rollenkonflikten oder Gewissensbissen“ transportiert ganz nebenbei eine Botschaft, die wir problematisch finden: Weil der Mensch vor mehr als einem Jahrzehnt Nazi war, muss auch auf einer Demo, die seiner heutigen politischen Einstellung entspricht, zu sehen sein, dass er wegen seiner Vergangenheit ein schlechtes Gewissen hat? Ja, er hat bis heute ein verdammt schlechtes Gewissen und bereut, was er damals getan hat. Aber muss ihm das 10 Jahre nach einem echten Ausstieg als Nazi unter Einschaltung und Zusammenarbeit mit antifaschistischen Gruppen bei einer gelungenen, anarchistischen Demo anzusehen sein?
Wir vertreten keine grundlegend andere Sicht auf die Dinge, auch wenn wir die Darstellung in ihrer Aufmachung nicht wirklich fair finden. Natürlich ist dieses Thema ebenso emotional wie sensibel. Wir möchten aber betonen, dass zum „Links-Sein“ immer auch Sachlichkeit und Fairness gehören, und das auch gegenüber Aussteigern aus der Nazi-Szene, die ihre Fehler erkannt und sich nunmehr für die „richtige Seite“ engagieren. Dass Kritik im breitenwirksamen Medium Indymedia hochgeladen wird, ist im Allgemeinen ebenso wünschenswert wie üblich und es steht allen frei, sich auf diese Weise mehr oder weniger in Kontakt zur politischen Szenen zu begeben. So, wie sie geschehen ist, halten wir die Veröffentlichung allerdings für nicht ganz unproblematisch, da darin Behauptungen über linke Strukturen getroffen werden. Wir empfinden diese Art und Weise der Kommunikation daher als nicht unbedingt solidarisch.
Wir hoffen jedenfalls, dass klargeworden ist, dass bei uns eine Aufarbeitung stattgefunden hat und stattfindet. Der Genosse weiß unverändert um sein damaliges menschenfeindliches Denken und Handeln, und hat sich dieses bereuend davon vor langer Zeit verabschiedet. Wir hoffen, dass im nächsten Jahr eine noch mitreißendere, noch vielfältigere, diversere und noch lautere Demonstration der Anarchist*innen stattfinden kann und entschuldigen uns, dass bei all dem wirklich großen und Nerven aufreibenden Aufwand zur Organisation uns vor allem dieser Fehler unterlaufen ist. Nichtsdestotrotz betonen wir nachdrücklich die politische und menschliche Integrität der betreffenden Person.
Schwarz-Roter 1. Mai HH