Bericht vom ersten Prozesstag des rassistisch-motivierten Anschlags auf dem S-Bahnhof Veddel

S-Bahnhof Veddel

Im folgenden ein kurzer Bericht vom Prozess gegen den vorbestraften Neonazi Stephan Kronbügel.

 

Die Anklage gegen Stephan Kronbügel lautet versuchter Totschlag, Körperveletzung, versuchte Körperverletzung, die Beschädigung öffentlicher Einrichtungen/Gegenstände und zwei Sprengstoffdelikte. Er soll am 17.12.17 um 17.35 Uhr auf Gleis 2 im S-Bahnhof Veddel eine Tüte zur Explosion gebracht haben. In der Tüte waren 2 Sprengkörper. Es waren Böller der Marke "Dum Bum 50" (siehe Bilder) – zwei 50g Blitzsätze, der 165db laut werden kann.

Überblick über den Prozess

 

Wie bereits im Eingang erklärt, lautet die Anklage gegen Stephan Kronbügel versuchter Totschlag, Körperveletzung, versuchte Körperverletzung, die Beschädigung öffentlicher Einrichtungen/Gegenstände und zwei Sprengstoffdelikte.

 

Er soll am 17.12.17 um 17.35 Uhr auf Gleis 2 im S-Bahnhof Veddel eine Tüte zur Explosion gebracht haben. In der Tüte waren 2 Sprengkörper. Es waren Böller der Marke "Dum Bum 50" (siehe Bilder) – zwei 50g Blitzsätze, der 165db laut werden kann.

Den Böller hat der Angeklagte angezündet als die S-Bahn einfuhr und ist dann selber in die Bahn wieder eingestiegen.

 

Es gab eine zwei Meter großen Feuerball, der eine unbekannte Person nur knapp verfehlte, drei weitere Personen waren in unmittelbarer Nähe und eine weitere Person erlitt ein Knalltrauma.

Die Person stand am Türrahmen der S-Bahn.

 

 

Erklärung der Verteidigung

 

Die Verteidigung hat eine abschließende Erklärung vorgelesen, in der der Angeklagte zu den Vorwürfen Stellung bezieht. Eine abschließende Erklärung bedeutet, das der Angeklagte während des Prozesses wahrscheinlich keine weiteren Aussagen machen wird.

In dieser Erklärung hat Stephan K. zugegeben die Tat begangen zu haben.

Nichtsdestotrotz wurde seitens des Angeklagten und der Verteidigung behauptet, dass er trotz des Geständnisses die Böller gezündet zu haben, niemanden verletzen oder töten wollte.

 

Die Verteidigung gab zu Protokoll das der Angeklagte die Tüte mit den Böllern am gleichen Tag von einem Bekannten aus Harburg bekam. Dieser Bekannte trage den Spitznamen "La Bomba".

Stephan K. behauptete er könne sich nicht an den Namen des Bekannten erinnern, da er gerne Spitznamen gebe.

 

Den Bekannten mit dem (Spitz-)Namen "La Bomba" kenne er aus der "Trinkerszene" Harburgs. Diese beschränke sich laut Aussage des Angeklagten auf den Harburger Bahnhof und den Netto-Parkplatz. Zum Geschehen am S-Bahnhof Veddel behauptete der Angeklagte, dass er die Tüte oder den Rucksack in der Bahn vergessen habe, diese dann geholt hat und dann spontan die Idee hatte die Böller zu zünden. Er gab an neugierig gewesen zu sein, wie die Böller funktionieren und bei der Detonation war er schon wieder in der S-Bahn. Dabei habe er sich gefreut, dass sich die Mitreisenden erschreckt haben.

 Zur Tüte gab die Verteidung an, dass der Angeklagte nicht in die Tüte geschaut haben soll und das sie nach Angaben des Angeklagten leicht anfühlte.

 

 

Hinweis von der Person, die den Prozess begleitete:

 Die Aussage zielt darauf ab, dass der Angeklagte in Hinsicht auf die Schrauben in der Tüte entlastet werden sollte.

 

 

Außerdem wollte er die Böller eigentlich an Silvester zünden und er gab an mehrmals in der Bahn eingeschlafen zu sein.

Das war die Erklärung der Verteidigung. Der Angeklagte hat sich persönlich nicht geäußert.

 

 

Ansprache der Richterin

 

Nach der Erklärung erzählte die Richterin etwas allgemeines zum Prozess, z.B. Dass das BKA vor Januar 2019 kein Sprengstoffgutachten anfertigen kann (weil das BKA überlastet sei) und welche Alternativen es zu diesem Gutachten gibt.

Nach langem hin und her kam raus, dass es ein Gutachten am 08.08. und 07.09. von einem Sachbearbeiter vorgelegt werden soll.

Nach dem Input der Richterin, gab es einen Antrag der Verteidung.

Das Verfahren sollte ausgesetzt werden, bis das Gutachten erstellt worden ist und bis dahin sollte der Angeklagte frei gelassen werden.

 

Die Verteidigung war der Meinung, dass es bis zu dem Gutachten nicht zu beweisen wäre, ob die Schrauben in der Tüte waren oder ob sie bereits am Tatort herumstanden. Darüber hinaus behauptete die Verteidigung, dass dem Angeklagten nicht vorgeworfen werden kann das er Menschen verletzen oder töten wollte. Außerdem soll der Angeklagte nach Aussage der Behörden keinen nachweisbaren Kontakt in die Rechte Szene haben.

Die Staatsanwaltschaft erwiderte daraufhin, das ein subjektiver Vorsatz zum versuchten Mord erkennbar sei, dass er aber zu unfähig war, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Nach der Mittagspause wurde der Antrag der Verteidigung zurückgewiesen.

 

In der Mittagspause wurde hinter verschlossenen Türen festgelegt, das ein Materialforscher die Wehrkraft der beiden Böller feststellen soll.

Die Wehrkraft beschreibt die Kraft die die Pyrotechnik entwickeln kann und die Fähigkeit Menschen ohne die Tüte (plus Inhalt) zu verletzen oder zu töten.

 

 

Videobeweise

Der letzte Teil der Verhandlung war die Einsicht von Videoaufnahmen von verschiedenen Kameras. Es gab 9 unterschiedliche Videos. Aufnahmen aus Neugraben, wo der Angeklagte zustieg, vom Bahnsteig der Veddel, wo er ausstieg, die Bombe zündete und wieder zustieg. Dann von der Haltestelle Harburger Rathaus, wo er nach der Tat ausgestiegen ist nach der Tat und Aufnahmen aus dem Innern der S-Bahn.

Zu sehen war, dass er einen Rucksack dabei hatte, dassI er eine ungeöffnete Flasche Bier in der einen Hand und in der anderen eine geöffnete Flasche dabei hatte. Aus der geöffneten Flasche trank er auch während der Fahrt, womit die Behauptung der Verteidigung, dass Stephan K. mehrmals eingeschlafen sein soll, widerlegt wurde.

Auf dem Video war auch zu sehen, wie der Sprengsatz um 17.35 Uhr auf dem Gleis Veddel explodierte. Der Lichtblitz war selbst auf dem Video sehr grell und durch das Publikum ging ein Raunen.

Der 2 Meter große Feuerball sah absolut nicht harmlos aus.

Auf der Aufnahme von der anderen Gleisseite ist zu sehen, wie nach der Explosion, 6 – 7 Menschen aufgeregt hin und her laufen und ein Polizist in Uniform ist zu sehen, der den Eindruck macht, das er gerade von oder zur Arbeit fährt.

Der Polizist telefoniert vor Ort, aber lässt Zeug*innen sofort gehen und nimmt keine Zeugenaussagen auf. Die Gespräche zwischen Polizisten und Zeug*innen dauern nur ein paar Sekunden.

 

 

Fazit

Die Erklärung der Verteidigung wurde durch die Videos in einigen Punkten widerlegt.

Zum einen die Behauptung dass der Angeklagte in der Bahn eingeschlafen sein soll, zum anderen dass er wohl spontan auf die Idee gekommen sei, die Böller zu zünden. Die Tatsache ist wichtig, weil die Verteidigung dem Gericht erklären wollte, dass der Angeklagte nicht zurechnungsfähig gewesen sei und dass es keine geplante Tat gewesen sein soll.

Zu der Behauptung, dass der Angeklagte keinen nachweisbaren Kontakt in die Rechte Szene hat, können wir nur mutmaßen, dass die Rechte Szene in Hamburg nichts mit dem Angeklagten zu tun haben will.

Rassistische und menschenfeindliche Motive sind aufjedenfall vorhanden. Auf die Motive gehen wir im Bericht zum zweiten Prozesstag näher ein.

 

Anbei zwei Berichte zu der Tat und zu Stephan Kronbügel:

https://new.antifainfoblatt.de/artikel/von-„alten-bekannten“-aus-der-militanten-neonazi-szene

https://www.der-rechte-rand.de/archive/2737/stephan-kronbuegel-anschlag-...

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Ergänzungen

"Vor Gericht hatte der Anwalt von K. zuletzt behauptet, sein Mandant habe mit der Szene nichts mehr gemein. Ein politisches Motiv sei deshalb reine Spekulation. Für die Ex-Freundin allerdings nicht: Vor Gericht sagte B., sie kenne K. seit 2005 und er habe bis heute rechtsextreme Ansichten, könne Adolf Hitler frei zitieren und wolle alle Ausländer „vergasen“. Er sei eine tickende Zeitbombe."

 

http://taz.de/Prozess-um-Bombe-auf-der-Veddel/!5514514/