DON’T TRY TO BREAK US – WE’LL EXPLODE – Der G20 2017 in Hamburg

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Der G20 Gipfel 2017 provozierte die bislang heftigsten Auseinandersetzungen in Deutschland in diesem Jahrhundert. Wir waren vor Ort und haben kontinuierlich berichtet; in dem Monat, der seitdem vergangen ist, haben wir die Berichte aus Hamburg zusammengebracht und einen komplette Chronologie und Analyse hergestellt. Herausgekommen ist eine epische Geschichte von Staatsgewalt und breitem Widerstand dagegen, welcher auf diesem Level bislang sowohl in den USA wie auch in Nordeuropa kaum beobachtet werden konnte.

Die Kurzversion: Die Polizei versuchte mit roher Gewalt all jene, die gekommen waren um gegen den G20 zu protestieren zu isolieren und zu terrorisieren. Im Lauf der Geschehnisse brachten sie so einen großen Teil der Bevölkerung gegen sich auf und die Stadt geriet außer Kontrolle. Dies ruft uns wieder ins Bewusstsein, dass die wichtigsten Ereignisse an den Rändern von jedem gegebenen Konflikt stattfinden – die Verbreitung von Rebellion ist bedeutsamer, als die Aktionen selbsternannter Radikaler. Die Strategie der Polizei unterstreicht wie wichtig altbekannte Zwangsmittel für die Herrschaft der G20 sind; nichtsdestotrotz konnten wir beobachten wie eine entschlossene Bevölkerung selbst die best-trainierte und ausgerüstete Polizei aus-manövrieren kann. Wenn 31.000 militarisierte Polizist_innen, die ihr ganzes Repertoire bis kurz vor tödlicher Gewalt anwenden, nicht in der Lage sind die Ordnung beim wichtigsten und bestgesicherten Ereignis des Jahres in der reichsten Nation Europas aufrecht zu erhalten; dann ist es vielleicht auch wieder vorstellbar, eine Revolution zu denken.

Also müssen wir damit anfangen die Courage all jener die sich gegen den G20 aufgelehnt haben – sei dies durch das Organisieren von Demonstrationen, die Unterbringung von Gästen nachdem die Polizei die Camps angriff, durch das Mitlaufen im Black Bloc, durch die medizinische Hilfe für Opfer von Polizeigewalt oder durch das Stören der scheinheiligen „Hamburg räumt auf“ Aktion im Nachhinein – zu ehren.

Jeder Sieg bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Während keine*r erwartet hätte, dass sich Hamburg inmitten einer quasi militärischen Besatzung durch die Polizei erfolgreich zur Wehr setzt und eine temporär autonome Zone errichten würde, gibt dieser Erfolg rechten Autoritären und ihren angsterfüllten linken Komplizinnen eine gefundene Ausrede um nach noch mehr Staatskontrolle zu schreien. In der Konsequenz daraus haben einige Leute – insbesondere jene, die nicht in Hamburg waren – eine Verschwörungstheorie entwickelt, laut der die Autoritäten vorsätzlich der Polizei erlaubt haben die Kontrolle in Hamburg zu verlieren. Dies ist eine alte, wiederkehrende Behauptung, die jedes mal wieder auftaucht, wenn sich die Leute gegen die Polizei behaupten. Es ist ein automatisierter Reflex jener, die sich so sehr an die Kontrolle des Staates gewöhnt haben, dass sie alle Ereignisse dem Einfluss einer monolithischen, allmächtigen Autorität zuweisen. In dieser Chronologie der G20 Proteste werden wir alle Fakten zur Disposition stellen, so dass du für dich selber entscheiden kannst, was passiert ist.

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Ergänzungen

"Herausgekommen ist eine epische Geschichte von Staatsgewalt und breitem Widerstand dagegen, welcher auf diesem Level bislang sowohl in den USA wie auch in Nordeuropa kaum beobachtet werden konnte."

Der letzte Castortransport war ungleich heftiger - sowohl was Organisation, Breite des Bündnisses als auch Militanz anging. So zumindest meine Einschätzung. Aber war nicht so international. Ich frag mich nur, was diese "Heldengeschichten" und ihre ständigen Superlative bringen sollen. Analysen gerne, um daraus für die Zukunft zu lernen. Aber Heldengeschichten erzählen wir doch lieber unseren Enkeln.

Und das die Polizei es in der Schanze zugelassen hat ist keine Verschwörungstheorie und auch kein Reflex, sondern eine notwendige selbstkritische Betrachtung der Ausschreitungen - sie hatte ein starkes Interesse daran, dass Ausschreitungen lokal begrenzt bleiben und das hat sie geschafft. In einem Viertel, das sie null interessiert und in dem es auch nicht viele lohnenswerte Ziele gab.