Auf nach Mittenwald

Angreifbare Traditionspflege 25.05.2004 12:52
Pressemitteilung

Die Mörder sind unter uns!

Schluss mit dem Gebirgsjäger-Treffen in Mittenwald 2004

Wir möchten Sie und euch wie im letzten Jahr zur Berichterstattung nach Mittenwald einladen.
Angreifbare Traditionspflege

Antifaschismus-Referat Bergische Universität Wuppertal Max Horkheimerstrasse

42223 Wuppertal

 angreifbare.tradition@freenet.de




www.nadir.org/mittenwald

Pressekontakt: 0178 / 5310941/ AK Distomo 0163-5714842

(Deutsch/Englisch) 0163-3478666 (Deutsch/Griechisch)









Der AK Angreifbare Traditionspflege und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ? Bund der Antifaschisten VVN-BdA führen zum dritten Mal Gegenveranstaltungen zur Brendtenfeier der Gebirgsjäger durch. Inhaltliche Schwerpunkte sind dieses Jahr die Täterverfolgung, angelehnt an die Kampagne des Simon Wiesenthal Centers, die Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger in Griechenland und Frankreich und die Bedeutung und Notwendigkeit der Resistance im Kampf gegen den Vernichtungskrieg von Nazi-Deutschland.

Wir laden Sie herzlich zur Pressekonferenz, am Samstag den 29.Mai 2004 um 14:00 Uhr in die Gaststätte der Eissporthalle Mittenwald ein.

Wir haben den Überlebenden des Gebirgsjäger-Massakers von Lyngiades, Panagiotis Babouskas eingeladen, der als einjähriges Kind, geklammert an seine ermordete Mutter, überlebte. Ebenfalls in Mittenwald zu Gast ist Jacob Baruch "Jacquot" Szmulewicz, der als jüdischer Partisan in Frankreich, bei der FTP-MOI in Lyon und Grenoble gegen Gebirgsjäger, französische Miliz und Gestapo gekämpft hat. Der angekündigte Vertreter des italienischen Partisanenverbandes ANPI, und Vertreter der Opfergemeinde Camerino, Livio Piccioni kann aus gesundheitlichen Gründen leider nicht nach Mittenwald reisen.



Wir bedauern auch, dass die Jugendherberge in Mittenwald mit Rückendeckung des bayrischen Jugendherbergsverbandes keine TeilnehmerInnen unserer Veranstaltungen, ?keine sogenannten Brendten-Gegner? aufnehmen will und die meist jugendlichen TeilnehmerInnen an der Teilnahme an den Veranstaltungen gehindert werden sollen. Hierbei beruft sich die Jugendherberge Mittenwald auf eine angebliche ?Neutralitätspflicht? der Jugendherberge. Als langjähriges Mitglied des Jugendherbergsverbandes und als Organisatoren von Gedenkstättenfahrten werden wir gegen dieses unverschämte Verhalten vorgehen. Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Wehrmacht kann wohl kaum von Mittenwalder Jugendherbergseltern sabotiert werden.

Für weitere Informationen wenden Sie sich ab Mittwoch bitte an das Pressehandy.( Kontakt: 0178 / 5310941/ AK Distomo: 0163-5714842 (- Deutsch/Englisch) 0163-3478666 (Deutsch/Griechisch) 0173-5714842). Außerdem kann eine umfangreiche Materialsammlung angefordert werden bzw. möchten wir auf die untenstehende Neuerscheinung hinweisen.



Ralph Klein/Regina Mentner/Stephan Stracke (Hg.)
Mörder unterm Edelweiß
Dokumentation des Hearings zu den Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger,
Papy Rossa, Köln Broschur, 152 S., EUR 12,90 (D)/SFR 23,50,
ISBN 3-89438-295-3,



Veranstaltungsübersicht:

Samstag, den 29. Mai 2004



11.00 Demonstration ab Bahnhof durch Mittenwald



RednerInnen u.a.

Ulrich Sander, VVN-BDA

Tobias Pflüger, Informationsstelle Militarisierung, Tübingen

14:00 Pressekonferenz Gaststätte der Eissporthalle Mittenwald



15.00 Uhr Die Mörder sind unter uns!

Gaststätte der Eissporthalle Mittenwald



Veranstaltung mit Beiträgen zu den NS-Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger in
Frankreich und Griechenland, zur Bedeutung des bewaffneten
Widerstandes gegen die Deutschen und zu Entschädigungsforderungen mit:

* Ernst Grube, ehemaliger Gefangener KZ Theresienstadt, Grußwort

* Panagiotis Babouskas, Überlebender des Massakers in Lyngiades/
Griechenland
* Jacob Baruch "Jacquot" Szmulewicz - ein jüdischer Partisan in
Frankreich, FTP-MOI Lyon/Grenoble
* Ludwig Baumann, Vorsitzender der Vereinigung der Opfer der Militärjustiz: Als Deserteur in Frankreich

* Martin Klingner, Rechtsanwalt, AK Distomo Hamburg zu den Entschädigungsforderungen

* Stephan Stracke, Historiker, Angreifbare Traditionspflege Wuppertal zu den

Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger in Frankreich und zum Kampf der Resistance





ab 15:00 Uhr Dauerkundgebung in der Innenstadt mit offenem Mikrophon mit und für die MittenwalderInnen

Ab 19:00 Kameradschaftsabend der Gebirgsjäger im Postkeller



Sonntag, den 30. Mai 2004



ab 9 Uhr Kundgebung gegen das Pfingsttreffen am Hohen Brendten

10:30 Uhr Feldgottesdienst





"Jacob Baruch "Jacquot" Szmulewicz - ein jüdischer Partisan in
Frankreich

1924 wird Jacob Baruch "Jacquot" Szmulewicz in Sincice in Polen geboren. Die Familie
Szmulewicz emigriert nach Frankreich und lässt sich im Marais, einem
jüdischen Viertel von Paris nieder. Der Vater, Schneider von Beruf, eröffnet
eine jüdische Metzgerei, die er jedoch nicht lange halten kann. Er
arbeitet wieder als Zuschneider. Die Kinder wachsen im proletarisch-
jüdischen Milieu von Belville auf, Szmulewicz schließt sich der
Jugendorganisation der Jüdischen Sektion in der Kommunistischen
Partei an. 1941 geht er, inzwischen 17 Jahre alt, nach Lyon. Nach
dem Einmarsch der Deutschen in der sogenannten Freien Zone,
arbeitet Jacquot als Illegaler für die Jugendorganisation der M.O.I.(der
vorwiegend aus Juden bestehenden Immigrantenorganisation der
Kommunistischen Partei). 1943 wird er in die bewaffnete Einheit der
M.O.I., Liberté, in Grenoble aufgenommen. Anfang 1944 kehrt er
nach Lyon zuück, wo er bis zur Befreiung im Détachment Carmagnole
kämpft. Heute lebt Jacquot Szmulewicz in Paris! "





Panagiotis Babouskas, Überlebender des Massakers in Lyngiades/
Griechenland



Am 3. Oktober 1943 ermordeten die Gebirgsjäger des Feldersatz Bataillion 79 in der Ortschaft Lyngiades 87 Zivilisten, darunter einjährige Säuglinge und 90jährige. Das sollte die die Rache der Deutschen für Josef Salminger sein, der am 1. Oktober 1943 in eine Straßensperre der Partisanen geraten war und erschossen wurde. Der Befehlshaber des Gebirgsarmeekorps Hubert Lanz würdigte in einem Tagesbefehl den Tod des ?in hundert Schlachten (?) bewährten Bataillons- und Regimentskommandeur? und befahl: ?Ich erwarte, dass die 1. Gebirgs-Division diesen ruchlosen Banditenmord (?) in einer schonungslosen Vergeltungsaktion (?) rächen wird.? In dem Gefechtsbericht der Mörder unter dem Edelweiß hieß es: ?Ostwestlich Jannina-See, im Raum Struma ? Lingiades, wird Tragtierverkehr der Banditen beobachtet. Hierauf angesetztes Felders. Btl. 79 nimmt Lingiades und die Höhen 1015 und 1277 gegen schwachen Feindwiderstand. Die Ortschaften Lingiades und Strumy werden zerstört, 50 Zivilisten erschossen.?

(Gefechtsbericht der Gruppe Dodel Feldersatz-Batallion 79, 3.10.1943)



Die Überlebenden des Massakers haben andere Erinnerungen:

?Sonntag, Sonntag, 3. Oktober 1943. Ein sonnenstrahlender Tag, ein Tag für leichte Arbeiten. Sie meisten Dorfbewohner sind unterwegs. Die einen sind [ ins ] (?) Nachbardorf gegangen, um dort mit langen Stöcken, die Nüsse von den Walnussbäumen zu klopfen. Andere sind in den Feldern. Eine Gruppe von Frauen ist talwärts mit Tragtieren unterwegs, um von der Quelle Wasser zu holen, da es im Dorf keine Wasserstelle gibt. Die Frauen sind auf dem Rückweg. Während sie noch bergauf steigen, fallen die ersten Salven. (?). Die Leute sehen von oben, dass in Joannina fünf Lastwagen losgefahren sind, gefolgt von zwei Sanitätsfahrzeugen. Die Wagen halten am Fuß der Berges an drei verschiedenen Punkten. Soldaten springen herunter und steigen in drei Gruppen den Berg hinauf, denn es führen drei Fußwege nach Lyngiades. (?) Oben angekommen schließen die Soldaten das Dorf ringsum ein und stellen Posten auf. Unterdessen schlagen ringsum Salven ein, ohne Unterbrechung. Niemand soll flüchten können. Nur alte Männer, Frauen und Kinder sind in den Häusern geblieben. Das Dorf soll nicht verlassen erscheinen. Die Leute hatten befürchtet es werde sonst als Partisanendorf niedergebrannt. Nur die Jungen sind beim Angriff der Soldaten in die Berge geflüchtete. Als die Soldaten den höchsten Punkt über dem Dorf erreicht haben, lassen sie eine Leuchtrakete steigen. Dass ist das Zeichen zum ausschwärmen. Jetzt werden die Leute aus den Häusern geholt und vor der Schule zusammengetrieben. Alle müssen raus, auch die kleinen Kinder. Wer sich weigert wird mit Fußtritten und Kolbenschlägen misshandelt. Etwa 90 Menschen stehen auf dem Platz vor der Schule. Alte Männer, Frauen, Mütter mit kleinen Säuglingen auf dem Arm, kleine Kinder. Sie werden von zwei oder drei Soldaten bewacht, Maschinenpistole im Anschlag. Der erste der Soldaten schwärmt aus, um zu plündern. Nach einiger Zeit werden die drei Wachposten abgelöst, damit auch sie sich ihren Teil aus den Häusern holen können. Die Soldaten tragen ihr Beute auf dem Schulhof zusammen: Kleider, Decken, Teppiche, Kisten, Aussteuer, Käse, Butterfässer, Kupferkessel, Hausrat, Schachteln mit Zuckerzeug, Nüsse, Mandeln, Ziegen, Hühner, Lämmer, Schafe.

Nach einiger Zeit gibt der Anführer ein Zeichen und wechselt ein paar Worte mit dem Unteroffizier. Die Dörfler verstehen nicht was sie sagen, denn sie sprechen deutsch. Dann, wortlos, gibt der Anführer wider ein Zeichen mit der Hand. Jeweils drei Mann trennen jetzt mit Kolbenstößen kleine Gruppen ab. Jeweils zehn Frauen und Kinder, ungefähr. Sie führen sie vom Schulplatz weg, bergauf, in Richtung der Häuser. (?)

Die alten Männer werden gesondert abgeführt. Fußtritte, Kolbenschläge, Geschrei ? sie werden in den Keller (?) gestoßen und dort mit Maschinengewehrgaben umgemäht. Auch die Frauen und Kinder werden in die Keller verschiedener Häuser gestoßen und dann ebenfalls mit Maschinengewehren niedergemacht. Anschließend zünden sie die Häuser an. (?) eine Kugel traf meinen Geldbeutel. Sie prallte an den Münzen ab und traf meinen kleinen Alexis am Kopf. Ich hatte ihn auf dem Arm. Sein Blut platschte mir ins Gesicht und lief mir über Hals und Brust. Ich war über und über voller Blut. Mehrmals kamen sie noch zurück und schossen wieder in den Haufen, weil sie irgendwo noch jammern hörten. Auch ich war hingestürzt, in meinen Armen das Kind mit dem verstümmelten Kopf. In einer anderen Ecke sah ich mein anderes Kind liegen.?

(Aus der Dorfchronik von Lyngiades .Übersetzung Christoph Schminck-Gusrtavus/ Abschrift Hearing Mittenwald 2003)



Seit 1953 versammeln sich die Überlebenden des Massakers, die die Nüsse im Nachbarort geschlagen hatten und das brennende Dorf von weitem sahen zu einer Gedenkfeier auf dem Dorfplatz. Das Dorf war jahrelang unbewohnt und bis 1989 hat es noch Wellblechdächer gehabt, die Häuser waren nicht wieder korrekt aufgebaut worden. Die Morde wurden nicht gesühnt, die deutsche Justiz hat nicht einmal ein Ermittlungsverfahren geführt. Die Veteranen des Feldersatz Batallion 79 sind im Kameradenkreis der Gebirgsjäger organisiert.



Aufruf Pfingsten 2004



Die Mörder sind unter uns
Schluss mit dem Pfingsttreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald/ Bayern
Traditionspflege in Mittenwald
Seit 1952 treffen sich alljährlich zu Pfingsten Veteranen der Wehrmachtseinheiten im Schulterschluss mit aktiven Bundeswehrsoldaten in Mittenwald, um eine der größten soldatischen Feiern Deutschlands zu begehen. Unterstützt von der Bundeswehr, gehuldigt durch Kranzniederlegungen des Verteidigungsministeriums und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung.

Es wird der gefallenen Kameraden und ihrer anständigen Pflichterfüllung gedacht und der Mythos vom Kampfes- und Opfermut der Wehrmachtssoldaten genährt. Es wird eine Traditionspflege betrieben, die eine Verdrehung des Verhältnisses von Opfern und Tätern verfolgt, die die kriegerischen Handlungen der Soldaten verherrlicht und die Verbrechen verharmlost, leugnet oder als notwendige Kriegshandlungen umdeutet. Organisiert und ausgerichtet werden die Feiern vom Traditionsverband "Kameradenkreis der Gebirgstruppe", der sich 1952 gründete.

"Ich würde gern einen der Soldaten finden und ihn fragen, warum hast du das getan?" Diese Frage stellte Christina Dimou, Überlebende aus dem griechischen Dorf Kommeno, als sie Pfingsten 2003 an den Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der Gebirgsjäger in Mittenwald teilnahm. Als 13-jähriges Mädchen hatte sie erleben müssen, wie im August 1943 ihr Dorf Kommeno in Nordgriechenland von einer Wehrmachtseinheit zerstört wurde und 317 Menschen erschossen wurden. Die tätige Wehrmachtseinheit war die 12. Kompanie des Gebirgsjäger-Regiments 98 der 1. Gebirgsjägerdivision aus Mittenwald gewesen.

In dem idyllisch anmutenden Städtchen Mittenwald in Bayern, das damals und heute Stationierungsort der Gebirgsjägereinheit war und ist, scheint seitens der Bevölkerung niemand Fragen zu haben - seit Jahrzehnten nicht!

Auf Fragen sowie auf die seit zwei Jahren stattfindenden Protestveranstaltungen reagieren die Mitglieder der Traditionsgemeinschaften und der Großteil der Bevölkerung mit Antworten, die sich in einem gruseligen Ordnungsdenken verlieren. Als die jahrzehntelange Ruhe des Traditionstreffens zu Pfingsten 2002 von einigen Personen durch Protest und mit der Aufforderung unterbrochen wurde, u.a. der griechischen Opfer der deutschen Gebirgsjäger zu gedenken, reagierten die ausgebildeten Kämpfer - Veteranen und Bundeswehrsoldaten vereint - mit gezielten Kniestößen und Fausthieben. Alte Veteranen verwandelten ihre Krückstöcke rasant zu Schlagstöcken. Der Wunsch nach Säuberungsaktionen und Entsorgungsphantasien wurden Pfingsten 2003 angesichts der Proteste vor laufender Fernsehkamera ausgesprochen.

Blutige Vergangenheit
Das von den Gebirgsjägern der Wehrmacht begangene Massaker in dem griechischen Dorf Kommeno am 16.August 1943 war kein Einzelfall; zum Katalog der Gebirgsjäger- Verbrechen gehört auch die Erschießung von ca. 5.000 italienischen Kriegsgefangenen auf der griechischen Insel Kephallonia im September 1943. Die Blutspur schwerster Kriegsverbrechen dieser Eliteeinheit zieht sich über Finnland, die heutige Ukraine, Jugoslawien, Italien, Frankreich bis nach Griechenland. "Sühnemaßnahme" und "Vergeltungsaktion" lautete die kriegspropagandistische Rechtfertigung, mit der die deutschen Gebirgsjäger Zivilisten ermordeten, plünderten und die Dörfer niederbrannten und zerstörten. Im Gefechtsbericht zu dem Massaker in Kommeno hieß es später: "Beute: etwa 150 tote Zivilisten, 16 Stück Großvieh, 1 LKW, 5 italienische Karabiner, eine italienische MP."

Keine Verurteilung der Täter
Wie es zu den "erbeuteten 150 toten Zivilisten" kam, beschäftigte die deutsche Justiz erst ein Vierteljahrhundert später, doch auch dann kam es nur zu Ermittlungsverfahren, die alle eingestellt wurden. Die begangenen Verbrechen wurden im Paragraphenmantel und mit juristischer Diktion versehen als Kriegshandlungen legitimiert, die Täter mit widersprüchlichen juristischen Konstruktionen vor einer Strafverfolgung geschützt. Keiner der Mörder von damals wurde je von einem deutschen Gericht verurteilt; sie konnten sogar unbedenklich öffentlich auftreten, ohne eine Verhaftung zu befürchten.

Dass Kriegsverbrechen begangen wurden, war bereits bald nach 1945 durch Kriegsberichterstattungen oder Unterlagen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen mit Zeugenaussagen der Beteiligten bekannt geworden und dokumentiert. Im Nürnberger "Geiselmordprozess" 1948 waren u.a. wegen Okkupationsverbrechen in Griechenland einige Generäle zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Im Zuge der Amnestiewelle wurden sie jedoch im Jahre 1951 wieder aus der Haft entlassen.

Die personellen Kontinuitäten im Justizbereich, die Reintegration der Bundesrepublik in die westliche, kapitalistische Welt und die damit verbundene Wiederbewaffnung waren die Hintergründe dafür, dass kein Interesse an einer Strafverfolgung existierte, dass kein politischer Druck bestand und sich einige Politiker vielmehr engagierten, um die alten Offiziere nicht im Gefängnis, sondern in den militärischen Reihen der neu gegründeten Bundeswehr einzugliedern. Der Kameradenkreis hat somit auch die Funktion einer Art Selbsthilfegruppe von NS-Kriegsverbrechern.

Keine Entschädigung für die Opfer
Während die Mörder von einst strafrechtlich nicht verfolgt wurden und von staatlichen Renten leben, erhalten die meisten Opfer bis heute keine Entschädigungen, so auch nicht die Überlebenden der von den Gebirgsjägern begangenen Massaker in Griechenland. Die Entschädigungszahlung an Opfer von Kriegsverbrechen wurde mit Verweis auf das Londoner Schuldenabkommen von 1953 auf den Zeitpunkt eines endgültigen Friedensvertrages verschoben. Doch nach dem Zustandekommen des 2-plus-4 Abkommens 1989 verweigerte die Bundesrepublik die Verhandlungen über Entschädigungszahlungen, sprach weiterhin von notwendigen Kriegshandlungen oder betonte die guten zwischenstaatlichen Beziehungen, als Beweis des bereits gezogenen Schlussstrichs.

Elitetruppen: heute und gestern
Die Einheiten der Gebirgsjäger gehören auch heute zu den Elitetruppen der Bundeswehr, seit Mitte der 90er Jahre sind sie an Auslandseinsätzen beteiligt. Ihre Verbindungen zu den Traditionsgemeinschaften sind im Vergleich zu anderen Truppengattungen der Bundeswehr besonders ausgeprägt. Als Bestandteil der Krisenreaktionskräfte und des Kommandos Spezialkräfte werden sie auch in der seit Herbst 2003 bereitstehenden EU-Interventionstruppe zum Einsatz kommen. In Anlehnung an die Wehrmacht propagiert die Bundeswehr das sog. unpolitische Soldatentum, den "Kämpfertyp", der professionell seinen Job erledigt. Die in den Traditionsvereinen gepflegte "Kameradschaft" soll den Bundeswehrangehörigen - wie einst den Soldaten der Wehrmacht - dabei helfen, traumatische Erfahrungen wie Verwundung, Verstümmelung und Tod im Einsatz zu bewältigen.

Mittenwald - der Blick in ein Reagenzglas
Eng verstrickt zeigt sich in diesem Städtchen die Verwobenheit von Militär und Zivilgesellschaft. Dass der derzeitige Bürgermeister Salminger der Sohn von Josef Salminger ist, der u.a. im August 1943 das Massaker in Kommeno als Kommandeur des Gebirgsjägerregiments 98 zu verantworten hatte, ist exemplarisch für die enge familiäre Verflochtenheit. Für seinen familiären Ursprung ist der Bürgermeister nicht angreifbar, doch dass er unbeirrtMitglied im Kameradenkreis ist und die Traditionspflege betreibt, ist Ausdruck der verbreiteten Identifizierung mit der traditionellen Eliteeinheit und für die ungebrochene Verherrlichung der Taten in dieser Region.

Wir rufen alle AntifaschistInnen und AntimilitaristInnen zur Teilnahme an den geplanten Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der Gebirgsjäger auf. Zu Pfingsten, am 29. und 30. Mai 04 wollen wir erneut dazu beitragen, dass dieses Soldatentreffen nicht ungestört über die Bühne gehen kann.

Bestrafung der Kriegsverbrecher
Entschädigung aller NS-Opfer
Für die Auflösung der Bundeswehr
Termine
Infos unter:  http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/mittenwald/

Kontakt:  angreifbare.tradition@freenet.de

Spendenkonto: Freie Medien "Traditionspflege" Postbank Essen Kto 470834437, BLZ 36010043



Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
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Ergänzungen

Noch Busplättze ab Berlin

Angreifbare Traditionspflege 25.05.2004 - 13:58
Es gibt noch einige Busfahrkarten ab Berlin, Kostenpunkt 20€, Abfahrt Freitag 28.5.; 14:oo Rosa-Luxemburg-Platz, Rückfahrt Sonntag nachmittag.

Karten und Infos gibts bei den Buchläden Schwarze Risse im Mehringhof und in der Kastanienallee. Infos unter  mittenwald@antifa.de

Campingsachen werden gebraucht, wer kein Zelt hat, darf trotzdem mitkommen!

Fahrradkarawane München-Mittenwald

RadlerInnen 25.05.2004 - 20:36
"Sommer, Sonne, Kriegsverbrechen!" - untert diesem Motto startet bereits am Donnerstag eine Fahrradkarawane von München nach Mittenwald.

Treffpunkt: 12:00 Uhr, Haupteingang Tierpark Hellabrunn/München
Infos unter 0163-465 27 90 oder per Mail:  fahrradkarawane_mittenwald@web.de

weitere postings + Aufrufe zu Mittenwald

egal 26.05.2004 - 10:52
MÜNCHEN:
28/05 (Kat: Politik)
Ausstellung: Hellas unterm Hakenkreuz - Deutsche Besatzungspolitik in Griechenland 1941 - 1944
26.05 (Kat: Politik, Podium&Diskussion)
Infoabend zu den Aktionen gegen das Gebirgsjägertreffen in Mittenwald
27.05 - 28/05 (Kat: Politik) Fahrradkarawane nach Mittenwald!
 http://www.indynews.net/indytermine+M5f37bc45e75.html
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Angreifbare Traditionspflege: Gebirgsjägertreffen in Mittenwald
 http://www.klick-nach-rechts.de/ticker/2004/04/mittenwald.htm
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Gegen das Gebirgsjägertreffen in Mittenwald!
 http://x-berg.de/article.pl?sid=04/05/12/1246232
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 http://www.vvn-muenchen.de/html/mittenwald_2004.html
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Auf nach Mittenwald - im Bus ab Berlin
 http://de.indymedia.org//2004/05/83846.shtml

Mittenwald 2004 - Die Mörder sind unter uns
 http://de.indymedia.org//2004/05/83545.shtml

Gebirgsjäger ohne Militärkapelle
 http://de.indymedia.org//2004/04/81601.shtml

Gebirgsjäger-Kameradenkreis in München
 http://de.indymedia.org//2003/10/63196.shtml

Mittenwald - Nachtrag Teil 3 Kundgebung (incl. Bilder):
 http://de.indymedia.org//2003/06/54770.shtml

Mittenwald - Nachtrag Teil 2 Demo (incl. Bilder):
 http://de.indymedia.org//2003/06/54753.shtml

Mittenwald - Nachtrag Teil 1 Hearing (incl. Fotos):
 http://de.indymedia.org//2003/06/54739.shtml

Erster Bericht von den Aktionen Pfingsten 2003
 http://de.indymedia.org//2003/06/54140.shtml

Kurzbericht Mittenwald
 http://de.indymedia.org//2003/06/54052.shtml

IMC SPECIAL 2003
Angreifbare Traditionspflege in Mittenwald
 http://de.indymedia.org//2003/06/53925.shtml
 http://www.germany.indymedia.org/2003/06/53925.shtml

Mittenwald Pressekonferenz
 http://de.indymedia.org//2003/06/53898.shtml

Last minute Reise! Auf nach Mittenwald!
 http://www.de.indymedia.org/2003/06/53810.shtml

Auf nach Mittenwald
 http://de.indymedia.org/2003/05/51064.shtml

Gebirgsjäger stören!
 http://de.indymedia.org//2003/04/48792.shtml

Mittenwald-Vorbereitung
 http://germany.indymedia.org/2003/03/45549.shtml

Angreifbare Tradition! Offener Brief an den Staatsanwalt Weilheim
 http://www.de.indymedia.org//2002/09/29353.shtml

Deutsche PolizistInnen verhindern Schweigeminute
 http://de.indymedia.org/2002/05/22370.shtml




kampfelefanten in mittenwald

agnoli 26.05.2004 - 13:35
aus dem garmisch-partenkirchener tageblatt:

Überraschung im Briefkasten. "Mittenwalder Landbote" heizt Stimmung weiter an.
von Christoph Schnürer
 
Mittenwald - So mancher Isartaler mag am Wochenende verwundert den Kopf geschüttelt haben, als er aus seinem Briefkasten den "Mittenwalder Landboten" gezogen hatte. Darin werden dezidiert die Verbrechen deutscher Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg in Griechenland aufgezählt. Diese "Sonderausgabe" trägt ganz klar die Handschrift der "Angreifbaren Traditionspflege". Fünf Tage vor dem Pfingsttreffen der Gebirgstruppe auf den Hohen Brendten mobilisiert dieses Aktionsbündnis seine Sympatisanten mit immer unorthodoxeren Mitteln.
Der vier Seiten umfassende "Landbote", bei dem ein gewisser "Hans Mittermaier" ein "Grüß Gott miteinand" an seine Leser richtet, liegt auch bei Mittenwalds Polizeichef Alfred Holzer auf dem Schreibtisch. "Die suchen nicht Gewalt, sondern sie wollen stören und Aufmerksamkeit erregen", meint Holzer nach erster Lektüre.
Tatsächlich war die Postille schnell Ortsgespräch in Mittenwald. Passanten hatten am Samstagabend beobachtet, wie einige junge Männer etwa in der Bundeswehr-Siedlung  in der Gebirgspionierstraße den "Landboten" an Windschutzscheiben befestigten oder diesen in diversen Briefkästen steckten.
 
Verstärkung durch "Kampfelefanten"
 
Wieviele dieser Blätter letzlich verteilt wurden, ist unklar. Ernst Antoni, Geschäftsführer der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) in Bayern, die gemeinsam mit der "Angreifbaren Traditionspflege" zur Demonstration gegen Kriegsverbrecher nach Mittenwald aufruft, jedenfalls weiß nach eigenem Bekunden gar nichts vom jüngsten Coup der Brendtengegner. Er verweist auf VVN- Bundessprecher Ulrich Sander in Dortmund. Doch der war gestern telefonisch nicht zu erreichen.
Nicht ganz ernst gemeint scheint die Ankündigung im "Landboten" zu sein, mit drei Kampfelefanten anzurücken. Und wenns chon, " ein bayrischer Polizist kommt mit jeder Situation klar", unterstreicht Jachim Loy, Sprecher der Polizei-Direktion Weilheim. Weitaus realistischer scheint da via Internet angekündigte Radltour der Brendtengegner zu sein, die am Donnerstag 27. in München starten und über Wolfratshausen, Wallgau, Krün am Samstag 29.Mai, in Mittenwald ankommen soll. Motto: "Sommer, Sonne Kriegsverbrechen".
"Die haben sich auf uns fixiert", so schwant dem Vizepräsidenten des Kameradenkreises, Hans Peter Mayer nichts Gutes. Mit Schriften wie dem "Landboten" werde bewusst versucht, "einen Keil zwischen Kameradenkreis und Bundeswehr zu treiben". Artikel über das Massaker von Lyngiades, über Wehrmachtsveteranen, denen Mordprozesse drohen, über das "Traditionsverständnis der Bundeswehr" oder der Buchtipp "Mörder unterm Edelweiß" jedenfalls heizen das vergiftete Klima weiter an
Dabei hatte der Kamerdenkreis, der ehemalige und aktive Soldaten mittlerweile zum 47. Mal zum Gedenkgottesdienst auf den Hohen Brendten ruft, mit einer versöhnlichen Geste versucht, die Wogen zu glätten.
 
Gedenken an griechische Opfer
 
Anlässlich des 60. Jahrestages des Massakers in Kommeno, verübt von Angehörigen der Wehrmacht, nahmen im vergangegen Jahr Mayer und Kameradenkreis-Präsident, Brigadegeneral a.D. Ernst G. Coqui am 16. August an einer Gedenkfeier in dem kleinen griechischen Dorf teil (wir berichteten). Mit dabei war auch der deutsche Botschafter Dr. Albert Spiegel und der CDU- Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel. Der Kameradenkreis bezeichnete dies in einer Presse-Erklärung als "Eine heiße Reise in eine bedrückende Vergangenheit". Die Gegenseite ficht das offenbar nicht an. Sie wird an Pfingsten die bekannten Parolen rufen, ob die Mittenwalder wollen oder nicht.