Protest gegen Naida Pintul in Hannover

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Am Freitag, den 7.3. hat Naida Pintul ihren Vortrag „Queerfeminismus und Islam – eine feministische Kritik“ in Hannover gehalten. Nachdem durch die untenstehende Stellungnahme zunächst verhindert werden konnte, dass der Vortrag in einem studentisch-linken Raum stattfindet, wurde er kurzfristig in einen Seminarraum an der Uni verlegt.

 

Dort sammelten wir uns mit etwa 20 Queerfeminist*innen, die das Ganze nicht unkommentiert stattfinden lassen wollten. Es wurden Handzettel mit Kritikpunkten an Pintuls Positionen und die Stellungnahme an die Organisatoren (ausschließlich Typen!) sowie an alle, die zum Vortrag kamen, verteilt. Außerdem hing ein Transpi am Eingang.

 

Wir dokumentieren hier die Stellungnahme und senden Grüße an alle, die bereits in anderen Städten Aktionen gegen Pintuls trans- und sexarbeitsfeindlichen und antimuslimisch-rassistischen Vorträge organisiert haben.

 

 

Nächste Woche Samstag, den 14.3. wird sie einen weiteren Vortrag in Räumen der Linkspartei Hannover (Goseriede 8) halten. Der Titel lautet dieses Mal „Regression reclaimen – zur Kritik der islamischen Verschleierung“ und die organisierende Gruppe „LAK Shalom Niedersachsen“. Beginnen soll es um 18 Uhr.

 

 

 

 

 

 

Liebe Genoss*innen,

 

am 07.03. kommt Naida Pintul nach Hannover in den Schneiderberg 50, um dort ihren Vortrag "Queerfeminismus und Islam - eine feministische Kritik“ zu halten. Wir distanzieren uns von dieser Veranstaltung und den Positionen Naida Pintuls, da diese transfeindlich und anti-muslimisch sind, sich in einem biologistisch-binären und rassistischen Weltbild manifestieren und bestehende Machtverhältnisse reproduzieren. Wir lehnen den Feminimus ab, der sich aus ihren Analysen ergibt. Dieser stellt für uns keine Basis für eine grundlegende Kritik am Queerfeminismus dar.

Um zunächst ein scheinbar häufig aufkommendes Missverständnis aus dem Weg zu räumen: Bei diesem Vortrag handelt es sich nicht um eine queerfeministische Islamkritik, sondern wie Pintul es bezeichnet, um eine „feministische“ Kritik am Queerfeminismus und am Islam.

 Pintul bezieht sich positiv auf Gruppen wie „Femen“, die insbesondere gegenüber Muslim*innen und Sexarbeiter*innen paternalistische Positionen einnehmen und diese zu Opfern machen, die es zu befreien gelte.
In Zeiten, in denen die AfD mit ihren anti-muslimischen rassistischen Diskursen auf breite Zustimmung trifft, befeuert Pintul diese durch ihre Vorträge und Texte:
So empört sie sich darüber, dass Queerfeminist*innen es zwar in Ordnung fänden, „alte, weiße, heterosexuelle Männer“ als Problem zu benennen, während jedoch „arabische Männer“ nicht kritisiert oder ihre „Herkunft“ nicht benannt werden dürfe. Pintul negiert hiermit Rassismus als System, in dem People of Color und Schwarze Menschen unterdrückt werden und von dem weiße Menschen strukturell profitieren. People of Color und Schwarze Personen als „andere“ zu markieren und zu stigmatisieren ist keine seltene, sondern eine alltägliche und rassistische Praxis in Deutschland. Nicht nur von Nazis, AfD und bürgerlicher Mitte werden People of Color oder Schwarze Menschen entweder zu Opfern oder zu „gefährlichen Tätern“ gemacht, auch von „linker“ Seite werden immer wieder feministische Positionen gegen sexualisierte Gewalt weiß vereinnahmt und für diese Diskurse instrumentalisiert. Das Problem patriarchaler Männlichkeit wird auf angeblich „andere“ verlagert und lenkt damit vom eigenen gewaltvollen Kartoffel- Sexismus ab.

 Polizei- und Sicherheitsdiskurse werden vorangetrieben, bei denen die Frage aufkommt, wessen „Sicherheit“ hier überhaupt gewährleistet werden soll und wo dabei die Ideen eines emanzipatorischen Feminismus bleiben. Gut nachvollziehbar waren diese Mechanismen in den Diskursen um die Silvesternacht in Köln 2015/2016. Damals hatten manche Feminist*innenversucht, der rassistischen Berichterstattung und politischen Forderungen etwas entgegen zu setzen, z.B. mittels Verweise auf die weiß-deutsche Alltäglichkeit sexualisierter Gewalt und deren kaum beachteter regelmäßiger Eskalation bei Events wie etwa auf dem Oktoberfest. Pintul stellt die jährlichen Übergriffe auf dem Oktoberfest als im Vergleich zur Silvesternacht in Köln nicht wesentlich dar, um im gleichen Atemzug diese mit Übergriffen beim arabischen Frühling zu vergleichen. Damit schlägt Pintul wieder in die Kerbe rassistischer und anti-muslimischer Bilder; „der arabische Mann“ wird ganz nebenbei zum Synonym für sexualisierte Gewalt schlechthin.

 Pintul stellt in ihren Vorträgen das muslimische Kopftuch als Symbol der Unterdrückung von Frauen heraus. Sie spricht selbstbestimmten Muslima* und muslimischen Feminist*innen damit ihre Existenz ab.
Pintul sticht durch ein Bashing von Critical Whiteness Ansätzen, aber auch intersektionalem Feminismus hervor. Für unseren Feminismus aber sind weiße Selbstreflektion, das Erkennen und der verantwortungsvolle Umgang mit Privilegien sowie das Zusammendenken verschiedener Unterdrückungsverhältnisse unerlässlich!

Pintul zeichnet mit ihren Äußerungen, wie z. B. in einem von ihr gemeinsam mit Janina Marte verfassten Artikel in der Jungle World »Die Reform würde eine biologische Fiktion von Frauen mit Penis erschaffen« ein extrem transfeindliches Bild, indem sie Transpersonen danach kategorisiert, ob und wie weit sie sich medizinischen Eingriffen unterzogen haben. Dabei schließt sie nichtbinäre Personen kategorisch aus und verkennt die Transidentität all jener, die sich keinen operativen und/ oder hormonellen Eingriffen unterziehen können oder wollen. Die Behauptung Transfrauen würden eine Bedrohung für Cis-Frauen - insbesondere in frauenspezifischen Einrichtungen - darstellen, führt das ganze ad absurdum. Aufgrund dieser Argumente positioniert sich Pintul gegen die Gesetzesreform der "Self-ID“ in Großbritannien, die die erniedrigende und langwierige Prozedur, um die Geschlechtseintragung zu ändern, erleichtern soll.

Anstatt die aus bestehenden Machtverhältnissen hervorgebrachten diskriminierenden Erfahrungen von Transpersonen mitzureflektieren, verkehrt und stilisiert sie diese als Täter*innen. Diese Argumentationen unterscheiden sich damit nicht von rechts-konservativen Diskursen um die Bedrohung von Cis-Frauen durch intersektionale queerfeministische Forderungen.

Schon im letzten Jahr gab es Debatten und Proteste zu Pintuls Vortrag "Kritik zur Prostitution“, in dem sie sich gegen Sexarbeit ausspricht und diese kriminalisiert.
Wie sich an einer Veranstaltung in Leipzig gezeigt hat, bietet der gesetzteRahmen des Vortrags keine Möglichkeit für Sexarbeiter*innen Erfahrungen zu äußern oder Kritik zu üben. Es ist fraglich, warum ein Vortrag von Naida Pintul, in diesem Rahmen, trotz bereits geführter Debatten und kritischer Stellungnahmen stattfindet. Die Annahme mit Pintuls Vortrag einen Raum für Diskussionen zu eröffnen, erschöpft sich allein darin, dass es sich um ein exklusives Format handelt, in welchem MuslimX, Transpersonen sowie Sexarbeiter*innen diskriminiert und damit ausgeschlossen werden.

 

Perspektiven und Kämpfe muslimischer Feminist*innen, Feminist*innen of Color und Schwarzer Feminist*innen sind wesentlich für einen emanzipatorischen und antirassistischen Feminismus! Es gilt Lebensrealitäten von Transpersonen und Sexarbeiter*innen endlich als Bestandteil feministischer Kämpfe zu begreifen und diese Kämpfe nicht zu isolieren, deshalb:
Für einen Feminismus, der Diskriminierungsmechanismen und systemische Zusammenhänge reflektiert und versucht zu untergraben.
Für eine intersektionale Perspektive, die verschiedene Erfahrungen verknüpft, um gemeinsam gegen jede Form der Diskriminierung und Stigmatisierung marginalisierter Gruppen zu kämpfen, um gemeinsam das Patriarchat zu stürzen.

 

 

Weitere Informationen/Kritik zu Naida Pintul

 https://www.asta.uni-hamburg.de/1-kontakt/1-news/2019-12-05-antidis-stel...

https://de.indymedia.org/node/43854 https://missy-magazine.de/blog/2019/10/22/ein-bettlaken-geht-um-in-europa/

 Artikel von Pintul: https://jungle.world/artikel/2019/04/die-reform-wuerde-eine-biologische-... https://jungle.world/artikel/2018/28/die-zahlen-des-patriarchalen?page=all

 

 

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Ergänzungen

Heißt "Diskriminierungsmechanismen und systemische zusammenhänge reflektiert und versucht zu untergraben", dass man systematisch jede Auseinandersetzung mit Gewalt in der Prostitution oder in konservativen Islamischen Milieus vermeidet – und alle, die es doch tun als "rechtsoffen" denunziert? 
klingt ein bisschen nach einer aktualisierten und erweiterten Version der klassischen antiimperialistischen Doktrin, nach der alle "Befreiungskämpfe" im Trikont unterstützt werden mussten. Weswegen man sich dann als Linker auch mal easy z.B.  mit libanesischen falangisten zum antijüdischen Schießtraining verabredet hat.

Hauptsache, der gemeisame Feind stimmt, da macht man dann auch mal mit Faschisten gemeinsame Sache. Oder halt mit Zuhältern oder Verfechterinnen des islamischen Patriarchats. 

Oder man setzt sich dafür ein, dass der Medienstudent, der am Wochenende mit Lidstrich und Mascara unterwegs ist, auf die Feauentoilette darf. Auch so untergräbt man "systemische Zusammenhänge". 

Wichtig ist nur, dass man sich kein bisschen mit den Konsequenzen der eigenen Propagandatätigkeit auseinandersetzt, dabei aber immer irgendwas von "reflektieren" erzählt.