Nachspiel zur identitären Demo in Wien

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Am Samstag, 17.Mai gab es eine rechte Demo durch Wien. Antirassistischer Protest wurde durch extreme Polizeigewalt behindert. Was danach geschah, welche Reaktion von Politik und Medien es gab, soll hier dokumentiert werden.

Repression

 

Insgesamt gab es über 200 Anzeigen. Bei je nach Angabe 400 bis 800 Demoteilnehmer*innen sidn somit zwischen 25% und 50% von der Kriminalisierungsstrategie betroffen. Den neurechten Aufmarsch haben 800-900 Polizist*innnen bewacht. Eine Person befindet sich weiterhin in Haft.

 

Ein freundschaftliches Verhältnis

 

Schon während des Aufmarsches hatte es den Anschein, dass es ein enges zwischen Teilen der Polizei und Identitären gibt. So wurde rassistische Versammlung inkl. Mittagessen, An- und Abreise, Taxibestellung etc. unter Verweis auf die Versammlungsfreiheit beschützt, während gleichzeitig antifaschistische Versammlungen gesprengt und die Bewegungsfreiheit von Anrainer*innen beschränkt wurde. Ein Video vom Ende des identitären Aufmarsches belegt das gute Verhältnisse. Es gibt auch andere Hinweise darauf: Der Polizeisprecher sprach in einem Fernsehinterview von der rechten Demo als „wir“. Ein Transparent der Offensive gegen Rechts wurde von der Polizei beschlagnahmt und kurz darauf bei den Identitären gefunden.

 

Polizei lügt

 

Einer Lüge wurde die Polizei schnell überführt. Sie behauptete, dass ein Geschäft verwüstet worden ist. Wie sich herausstellte, flüchteten einige Menschen aus Angst in das Geschäft. Die Polizei setzte ihnen nach, dabei wurde ein Regal umgestürzt. Laut Information der Geschäftsführung entstand dabei ein geringer Sachschaden von ca. 230€.

 

Randale?

 

Dass die Polizei lügt, ist nicht verwunderlich. Schließlich ist sie selbst Akteur und daran interessiert, dass Übergriffe verharmlost und sie selbst in einem möglichst guten Licht dargestellt werden. Dass Problem ist, dass ihre Meldungen ungeprüft übernommen werden. So war in den meisten Medien von „Randalen“(Österreich), „Straßenschlacht“(Kurier), zu lesen. Deswegen erfolgt hier nochmal eine Aufzählung der „Linken Gewalttaten“ und von wo diese Info kommt.

  • Mensch mit Steinschleuder (Polizei, Foto)
  • Fund weiterer Waffen (Polizei, Foto))
  • 2-3 Menschen werfen Steine in der Größe einer Murmel (unabhängig)
  • 1 Person schlägt mit Plastikstange in Richtung Polizeihelm (unabhängig)
  • 3 Polizeiautos zerstört (1x Farbbombe unabhängig, 1x zerstörte Fenster Polizei,Foto, 1x unbekannt Polizei, kein Foto)
  • 1 Bauzaun auf die Straße gestellt
  • 1 Geschäft zerstört (bestätigt: 230€ Sachschaden)

 

Angesichts dieser Vorfälle scheinen die Begriffe „Ausschreitungen“, „Randale“ etc. sehr weit hergeholt.1

 

schwanger?

 

Am Tag nach de Demo gab es viel Aufregung um eine Meldung, nach der eine Schwangere durch massive Polizeigewalt eine Fehlgeburt erlitt. Am Montag verkündete die Polizei, das sie Im Auftrag der Staatsanwaltschaft den Krankenakt beschlagnahmt hat und dass die Frau gar nicht schwanger war. Der Akt ist bislang noch nicht bei der StA eingetroffen. Auf diese Medlung gab es einiges an Häme. Dennoch bleibt folgendes festzuhalten: Mehrere Zeug*innen berichten unabhängig voneinander, dass die Frau der Polizei gegenüber angab, das sie schwanger sei. Dies schützte sie nicht vor der Gewalt. Sie wurde mit Bauch voran(?) gegen den Boden gestoßen.

 

Medien

 

Fast alle Medien mit Ausnahme des Standards übernahmen zuerst die Polizeiangaben praktisch ungeprüft. Hier wird auch ersichtlich, welche Reporter*innen wirklich auf der Straße war, und wer nur kopiert hat. Dabei wurden einige jener Reporter*innen auf der Straße bei ihrer Arbeit massiv behindert. Nachdem bekannt wurde, dass die „Geschichte“ mit der Schwangeren (es ist natürlich keine Geschichte. Es ist eine Person, die Polizeigewalt erlebte s.o.)gab es einige Häme. Und erst mit Abstand einiger Tage gab es auch gute und kritische Berichte. Das Fazit: „Bürgerlichen“ Medien sollte genau die gleiche Kritik entgegengebracht werden wie Indymedia, etc. Da du aber nur eine Sorte beeinflussen kannst, bleibt nur ein Fazit: Medien sind zum Selbermachen da!

 

Reaktionen der Politik

 

Die Reaktionen der Politik waren fast vorhersehbar: Von den Grünen und der SPÖ kamen Lippenbekenntnisse zum Antifaschismus (mit wenigen Ausnahmen gefragt: Wo wart ihr auf der Demo?), gleichzeitig gab eine Distanzierung von Gewalt. Von den Grünen gibt es eine Forderung nach Kennzeichnung der Polizei, die SPÖ nimmt die Polizei. Der Bürgermeister von Wien fordert ein Verbot der Identitären. Die wenigen Ausnahmen, die sich voll und ganz mit der Demo solidarisieren, seien hier auch noch genannt: Junge Grüne, Birgit Hebein und David Ellensohn (Grüne) sowie Johannes Jarolim(SPÖ). Die ÖVP schützt und stärkt die Polizei und fährt ein Anti-Extremismus-Programm (Links und Rechts gleich Scheiße- Sie sind die gute Mitte). Ein Kennzeichnung der Polizei wird mit ihnen nicht kommen, eher noch mehr Repression, indem jede*r Polizist*in eine Videokamera bekommt. FPÖ solidarisiert sich mit den Identitären und fordert Kennzeichnungspflicht für Demonstrant*innen. Das linke Wahlbündnis „Europa anders“ solidarisiert sich im Nachhinein mit den Opfern der Polizeigewalt. Von den liberalen neos und den populistischen Team Stronach war bislang noch nichts zu hören.

 

Reaktionen der Zivilgesellschaft

 

Spät, aber doch kam es auch zu einigen sehr klaren Worten und Solidaritätsbekundungen von Seiten der Zivilgesellschaft. Michael Genner von Asyl in Not führt die Exzesse der Polizei auch auf das vorherige Schweigen der Zivilgesellschaft zurück. SOS Mitmensch fordert eine Überprüfung des Polizeieinsatzes.Der Österreichiche Journalisten Club richtete eine Meldestelle für Angriffe gegen die Pressefreiheit ein.

 

Solidarität

 

Am Donnerstag, dem 22.Mai, gab es in Wien, Graz und Innsbruck Kundgebungen gegen Polizeigewalt. In Wien beteiligten sich zwischen 800-1000 Menschen, in Graz ca. 100 und in Innsbruck ca. 200 Menschen. Am Rande gab es kleinere Provokationen von Rechten. In Garz gab es deswegen eine Anzeige wegen Wiederbetätigung.

 

Kontext

 

Die Gewalttaten der Polizei passierten nicht im luftleeren Raum. Es lässt sich beobachten, dass der Polizeiknüppel immer öfter zur scheinbaren Lösung für politische, soziale und kulturelle Probleme wird. Es ist klar, dass sie keine Lösungen bringt, sondern nur neue Probleme schafft. Durch diese immer repressivere Stimmung werden neue Sündenböcke geschaffen(die, die nur Probleme machen) und sein rechter Diskurs befeuert. Politisch aktiv Menschen sind im hier Gegensatz zu Bettler*innen, Refugees oder Sexarbeiter*innen sogar noch einigermaßen privilegierten Situation, sie haben Kontakt zu Medien und Anwälten, sie haben ein solidarisches Netzwerk und sie haben ein Wissen über die Rechtslage. Um Burschenschaftler, Identitären, etc. effektiv entgegenzutreten braucht es Solidarität über politische Grenzen hinweg.

 

Links

 

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1 ZumVergleich : Im Bericht über das Conchita Wurst -Konzert am Heldenplatz berichtete Österreich vom 19.Mai 2014 folgendes: 17.10 (...)Inzwischen sind 10.000 Fans da, Einige stehen sogar auf Polizeiautos, um etwas zu sehen!

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