Polizeieinsatz am Peršmanhof (Kärnten/Österreich) sorgt für Empörung und historische Wunden

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Ein antifaschistisches Sommercamp am Ort des Gedenkens an ein NS-Massaker gerät ins Visier der Polizei – Kritik an Vorgehen und politischer Tragweite wird laut.
(Demo „Einfordern von voller Aufklärung des Einsatzes vom 27.7. am Peršmanhof“ am 1.8.25 in Klagenfurt)

 

Der Peršmanhof, ein historisch bedeutender Ort des antifaschistischen Widerstands der Kärntner Slowenen, wurde am 27. Juli 2025 Schauplatz eines umstrittenen Polizeieinsatzes. Anlass war ein antifaschistisches Sommercamp mit rund 60 Teilnehmer:innen aus Österreich, Italien und Slowenien. Die Polizei rückte mit über 30 Beamten, Spezialeinheit SIG, Hundestaffel, Hubschrauber und Drohnen an, um gegen vermeintlich illegales Campieren und Verstöße gegen die Sittlichkeit vorzugehen.

Die Teilnehmer:innen des Camps verweigerten die Identitätskontrollen, woraufhin die Polizei das Areal durchsuchte, drei Personen festnahm und eine Person verletzte. Besonders brisant: Auch das Museum und die Gedenkräumlichkeiten wurden ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl betreten.

Historischer Hintergrund: Am 25. April 1945 wurden am Peršmanhof elf Zivilist:innen, darunter sieben Kinder, durch Einheiten des SS- und Polizeiregiments 13 ermordet. Das Massaker wurde nie juristisch aufgearbeitet, der Peršmanhof entwickelte sich zur Gedenkstätte und Mahnung gegen Faschismus.

 

Die Kritik an dem Einsatz folgte prompt: Vertreter:innen der slowenischen Minderheit, antifaschistische Organisationen sowie die KPÖ Kärnten/Koroška sprachen von einem Einschüchterungsversuch und einem Angriff auf die Erinnerungskultur. Die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) sowie nationale Politiker:innen wie Vizekanzler Andreas Babler und das slowenische Außenministerium forderten eine umfassende Aufklärung.

Der Einsatz wurde von renommierten Institutionen wie dem DÖW, der Gedenkstätte Mauthausen und dem Mauthausen Komitee Österreich, insbesondere angesichts des sensiblen historischen Kontextes der Gedenkstätte als völlig überzogen bezeichnet.

Innenminister Gerhard Karner kündigte eine Untersuchung durch eine eigens eingesetzte Analysegruppe an. Landeshauptmann Peter Kaiser bemühte sich um Deeskalation und lud zu einem Runden Tisch. Das Museum Peršmanhof bzw der betreuende Verein Peršman lehnte die Einladung zum Runden Tisch bewusst ab. Die Museumsleitung erklärte, es sei aktuell nicht zumutbar, mit den Behörden, die den Einsatz organisiert hatten, an einem Tisch zu sitzen. Damit äußerten sie ihre tiefe Betroffenheit und Distanz zu dem Vorgehen, das sie als inakzeptabel im historischen Kontext bewerten. Eine symbolische Entschuldigung seitens der Polizei gegenüber Nachfahren der Massaker-Opfer wurde ausgesprochen, jedoch ohne Eingeständnis von Fehlverhalten.

Der Einsatz im Juli 2025 trifft daher einen empfindlichen Nerv: Die Verbindung von staatlicher Gewalt mit einem Ort des antifaschistischen Gedenkens löst breite Empörung aus und wirft Fragen zum Umgang mit Minderheiten, Erinnerungskultur und demokratischen Grundrechten auf.

 

Weder lag eine konkrete Gefährdung noch ein nachvollziehbarer Verdacht auf strafbare Handlungen vor. Die Identitätsfeststellungen erfolgten ohne ersichtliche Rechtsgrundlage. Die Begründung, der massive Personaleinsatz sei nötig gewesen, um diese durchzusetzen, erscheint aus rechtsstaatlicher und logischer Sicht nicht tragfähig. Auch naturschutzrechtliche Argumente greifen nicht: Das Campieren erfolgte mit ausdrücklicher Zustimmung des Museums, konkrete Schäden sind nicht dokumentiert. Somit fehlt auch für ein behördliches Einschreiten aus Umweltschutzgründen die Grundlage. Die Polizei betrat zudem ohne Durchsuchungsbefehl die Gedenkräumlichkeiten, ein Vorgehen, das angesichts der historischen Bedeutung des Ortes als besonders sensibel gilt.

Dass ein Ort, an dem einst Kinder von Faschisten ermordet wurden, heute von der Polizei mit Hunden, Drohnen und Spezialeinheiten durchsucht wird, wegen Zeltplanen und linker Lieder, ist nicht nur ein Skandal. Es ist ein Alarmzeichen. Wer antifaschistische Erinnerung kriminalisiert, stellt sich auf die falsche Seite der Geschichte. Und wenn staatliche Gewalt dort zuschlägt, wo Widerstand gegen den Faschismus geehrt wird, dann ist nicht nur die Demokratie in Gefahr – dann hat sie vielleicht längst begonnen, sich selbst zu verraten.

Der Staat schützt nicht das Gedenken an den Widerstand – er bekämpft es. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern: Wo Erinnerung unter Beschuss steht, da wird unser Widerstand stärker. Es ist höchste Zeit, gemeinsam aufzustehen, antifaschistischen Kampf lebendig zu halten und der staatlichen Repression entschlossen entgegenzutreten.

 

Am 1.8.2025 findet eine Demo mit dem Motto „Einfordern von voller Aufklärung des Einsatzes vom 27.7. am Peršmanhof“ vor der Kärntner Landesregierung in Klagenfurt statt. Eine Demo mit dem Motto „Razzia am Peršmanhof, geht’s noch?!“ fand heute in Wien statt.

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