Landkreis Leipzig: Im Endspurt geht der NPD die Puste aus

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Allein auf dem Markt: Die NPD am 14. Mai 2014 in Rötha. Foto: Indymedia linksunten.

Im Europa- und Kommunalwahlkampf scheint bei der NPD im Landkreis Leipzig kurz vor dem Wahlsonntag, dem 25. Mai 2014, die Wirkungsmacht zu verpuffen. Als kürzlich bekannt wurde, dass im Röthaer Alpha-Apparthotel nun doch dauerhaft AsylbewerberInnen einquartiert werden sollen, ließ die Reaktion von NPD und “Jungen Nationaldemokraten” nicht lange auf sich warten. Für den 14. Mai riefen sie zu einer Kundgebung unter dem Motto “Nein zum Heim in Rötha” auf, auch unter dem Deckmantel der thematisch ähnlich gelagerten “Bürgerinitiative Wir sind Borna”.

Die Versammlung entpuppte sich jedoch als Desaster. Gerade einmal 15 Nazis fanden sich ab 18:00 Uhr auf dem Röthaer Markt ein, darunter Karsten Promnitz, Initiator der “Bürgerinitiative Rötha wehrt sich”, der allerdings im zehn Kilometer entfernten Lobstädt wohnt. Zu ihm gesellten sich der NPD-Kreisvorsitzende Manuel Tripp aus Geithain, sein “Kamerad” David Brandl, Lisett Freyer aus Groitzsch, Robert Andres aus Chemnitz, eine Gruppe Nazis um Ronny Seiche aus Mittweida sowie Paul Rzehaczek, Maik Scheffler, Thomas Schübel und Alexander Spogat aus Nordsachsen. Speziell die “Kameraden” aus Nordsachsen müssen zur Zeit an allen Ecken und Enden der ausgedünnten Personaldecke mehrerer NPD-Kreisverbände Abhilfe leisten. Ob im Landkreis Leipzig, in Mittelsachsen oder in der Stadt Leipzig, nirgends scheint man ohne die Hilfe aus der Region Delitzsch-Eilenburg einen Wahlkampf führen zu können. Der eigene Kreis erscheint Scheffler und Rzehaczek dabei bisweilen schon fast vernachlässigenswert.

Von links: Robert Andres (Kopf einer asylfeindlichen “Bürgerinitiative” und Kommunalwahlkandidat von “Pro Chemnitz”), Paul Rzehaczek, Karsten Promnitz, Manuel Tripp, Maik Scheffler. Foto: Indymedia linksunten.

Die Erkenntnis, dass auf dem menschenleeren Marktplatz kein Blumentopf zu gewinnen war, reifte bei den Nazis offenbar recht schnell. So zog man mangels Öffentlichkeitswirkung – einzig 40 AntifaschistInnen interessierten sich für das braune Trauerspiel – die Notbremse und packte nach gerade einmal einer Stunde sang- und klanglos die Sachen.

Die Rechnung, mit vermeintlichen Bürgerinitiativen auf Stimmenfang zu gehen, ging in Rötha nicht auf. Ohnehin war schnell klar, dass die “Bürgerinitiativen”, hinter denen namhafte Nazis aus der Region stehen, ebenso wie in Leipzig lediglich eine besondere Form der Wahlkampfes sind. So möchte Karsten Promnitz einen Sitz für die NPD im Kreistag ergattern, die selbsternannten Bürgerinitiativen “Rötha wehrt sich” und “Wir sind Borna” rufen mittlerweile zur Wahl der NPD auf.

Ein ähnliches Wahlkampfereignis spielte sich einen Monat zuvor in der nahegelegenen Stadt Borna ab. Hier hatte sich die “Bürgerinitiative Wir sind Borna” gegen eine Asylunterkunft gegründet. Schnell war klar, dass hinter den Kulissen Nazis die Fäden ziehen – in diesem Fall Stefan Schubinski und Kati Köhler, die zeitweise auch als “Anti-Antifa”-AktivistInnen tätig waren. Ebensowenig verwundert es nun, dass die InitiatorInnen sich auch in diesem Fall auf dem Wahlzettel wiederfinden. Das Paar tritt zur Kreistagswahl für die NPD an, Schubinski erhofft sich zudem ein Mandat im Bornaer Stadtrat.

Stefan Schubinski und Kati Köhler auf einem Naziaufmarsch im Jahr 2013. Foto: linksunten.indymedia.org.

So versuchte man sich mit einer Kundgebung am 13. April 2014 unter dem Motto “Wer schweigt, verliert seine Stimme. Unser Heimat, unser Recht” im Wahlkampf zu profilieren – wie in Rötha mittlerweile ganz offen unter dem Banner der NPD, deren Infostand Manuel Tripp gleich mitbrachte. Es fanden sich zwar 150 Personen auf dem Bornaer Markt ein, doch das erhoffte Klientel – BürgerInnen von Borna als potentielle Wähler – befand sich kaum darunter. Stattdessen Nazis aus der sächsischen Peripherie, die mit ihren großteils kahlgeschorenen Köpfen keine “bürgernahe Politik”, sondern eher das Bild einer Reenactmentgruppe für ostdeutsche Subkultur aus den Neunzigern vermittelte.

Es ist also fraglich, ob das Kalkül der NPD, mit rassistischen “Bürgerinitiativen” die Gunst der WählerInnen zu erheucheln, aufgehen wird. Dabei hat die NPD im Landkreis Leipzig allen Grund zur Sorge. Anfang 2012 war der Kreisvorstand nach einer internen Schlammschlacht geschlossen zurück- und aus der Partei ausgetreten. Von da an verwaltete Maik Scheffler den brachliegenden Kreisverband, bis im Dezember 2013 Manuel Tripp zum Vorsitzenden gewählt wurde.

Die angestrebte kommunale Verankerung ist weiterhin aussichtslos, ein Anknüpfen an die Erfolge der Kreistagswahl 2008 und der Stadt- und Gemeinderatswahlen 2009 erscheint kaum möglich. Traten zur letzten Kreistagswahl noch 26 Nazis an, von denen vier in das Kreisparlament einzogen, so kann die NPD dieses Mal lediglich zehn KandidatInnen ins Rennen schicken. Von den einstmals 50 BewerberInnen zu Stadt- und Gemeinderatswahlen bleiben ganze fünf. Keine Überraschung ist, dass neben den bereits erwähnten Karsten Promnitz, Kati Köhler und Stefan Schubinski auch Manuel Tripp um Ämter in der Kommunalpolitik kämpft. Er tritt sowohl für den Kreistag wie auch zur Stadtratswahl in Geithain an, wo er bereits 2009 ein Mandat erwarb.

Karsten Promnitz und Manuel Tripp. Foto: linksunten.indymedia.org.

Mit dem 70-jährigen Peter Köppe tritt weiterhin ein Urgestein der rechten Szene im Muldental zur Wahl an. Köppe, der ab 1990 in der “Deutschen Sozialen Union” (DSU) aktiv war, bis diese ihn 2007 wegen seiner innigen Nähe zur NPD ausschloss, saß schon einmal bis 2008 im Kreistag. Derzeit ist er Mitglied des Gemeinderats von Parthenstein, zeitweise leitete er die mittlerweile geschlossene geschichtsrevisionistische “Gedächtnisstätte” in Borna. Im August 2009 besuchte mit zahlreichen anderen Nazis den Prozess um das Verbot der von HolocaustleugnerInnen durchsetzten Vereine “Collegium Humanum”, “Bauernhilfe e. V.” und “Verein zur Rehabilitierung der wegen des Bestreitens des Holocaust Verfolgten” am Leipziger Bundesverwaltungsgericht. Köppe, dem nachgesagt wird, gelegentlich eine Pistole mit sich zu führen, möchte sein Gemeinderatsmandat in Parthenstein behalten und in den Kreistag einziehen.

Ein weiterer alter Bekannter ist Andreas Hufnagel, der sich einen Sitz im Kreistag wie auch im Stadtrat von Trebsen erhofft. Für beides kandidierte er bereits 2008 bzw. 2009 erfolglos. Auch der Brandiser Frührentner Rolf Lehmann nimmt einen zweiten Anlauf. Zur letzten Stadtratswahl in Brandis noch gescheitert, kandidiert er nun erneut für den Kreistag und den Brandiser Stadtrat.

Nicht zu einer Stadtratskandidatur ließ sich Mathias König aus Wurzen hinreißen. In der Muldestadt, einer ehemaligen Hochburg der NPD, geht diese überhaupt nicht ins Rennen. Der wegen unerlaubten Waffenbesitzes verurteilte König tritt jedoch zur Kreistagswahl an. Im Frühjahr 2011 noch zum Vize der sächsischen “Jungen Nationaldemokraten” ernannt, musste er mit dem Abgang des damaligen sächsischen JN-Vorsitzenden Tommy Naumann im Herbst 2012 auch seinen Posten räumen und wurde damals durch den drittklassigen Jens Gatter aus Nordsachsen ersetzt. Seine Kandidatur ist ein Indiz dafür, dass der NPD-Kreisverband inzwischen die letzten Reserven mobilisieren muss.

Einen Sitz im Kreistag streben weiterhin der Bornaer Rentner Manfred Loos sowie David Lübke aus Trebsen an.

Peter Köppe, Andreas Hufnagel, Mathias König, David Lübke. Fotos: NPD (2), via GAMMA, Indymedia linksunten.

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Ergänzungen

Das scheint eine sachsenweite Entwicklung zu sein. In Görlitz haben sie nicht eine enzige Kundgebung o.ä. gemacht. Die letzen Jahre sind sie fast wöchentlich irgendwo rumgestanden und haben Flyer verteilt.

Aber passt einfach generell zu dieser Partei die nur noch vollkommen demotiviert und resigniert wirkt und deren Personal größenteils aus ziemlichen Volldeppen besteht.