Dresden: Gefälschte Plakate sagen Nein zum Veteranentag!
Zum ersten nationalen Vetranentag kaperte die "Antimilitaristische Plakatguerilla Dresden" die Werbevitrinen der Stadt mit satirischen Postern. Auf ihren Plakaten kritisiert die Grupe den Veteranentag als "Nazipreppertag". Verena Tan, Sprecher*in der Antimilitaristischen Plakatguerilla, sagt: "Die Veteranenverbände sind eine Brut- und Sammelstelle bürgerkriegsgeiler Neonazis. Diese Strukturen gehören nicht geehrt, sondern gesellschaftlich geächtet. Mit unseren Plakaten haben wir dazu einen Beitrag geleistet."
Wer hätte es geahnt: Zum ersten nationalen Veteranentag am 15. Juni 2025 hängen die Bus- und Tramhaltestellen der Dresdener Innenstadt voll mit Bundeswehrplakaten im berühmten Tarnfleck-Polygon-Design. Doch Moment! Der Slogan klingt so gar nicht nach Bundeswehr: "Abhängen mit Nazipreppern? Nein zum Veteranentag", steht auf einem der Plakate.
Adbustings an Militärstandorten
Verantwortlich für die gefälschten Poster sind die Freizeit-Werbungtreibende der Antimilitaristischen Plakatguerilla Dresden. Unerlaubt haben sie 30 Plakate unter anderem in die Werbevitrinen vor dem Militärhistorischen Museum, der Stauffenberg-Kaserne und dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum gehängt. Im Bundeswehr-Dienstleistungszentrum sitzt auch der Dresdner Reservistenverband. "Wir haben die Poster extra an Standorte mit Militärbezug gehängt. Damit zeigen wir den Bundis, dass ihre Veteranenverbände voller bürgerkriegsgeiler Naziprepper genau null Ruhm und Ehre verdient haben!", erklärt Verena Tan, eine* der Hobby-Plakatierer*innen. Das Militärhistorische Museum bietet anlässlich des Veteranentags Sonderführungen an: "Das war unsere Gelegenheit, den Militärfans auf dem Weg zum Museum so richtig die Party zu versauen!"
Wer sind Naziprepper?
"Naziprepper": Gemeint sind die rechten Preppergruppen aus dem Umfeld der Bundeswehr und der Veteranenverbände. Ursprünglich 2018 durch eine Recherche der taz aufgedeckt, haben Oberleutnant Franco Albrecht, das "Hannibal"-Netz und "Nordkreuz" zwischenzeitig eine gewisse Prominenz erlangt. Mittlerweile sind sie fast schon wieder aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Die Mitglieder dieser Preppergruppen konnten jahrelang völlig unbehelligt Bundeswehrmunition mitgehen lassen, in bundeswehrinternen Chatgruppen jede Menge Nazidreck posten und Feindeslisten für den "Tag X" erstellen, an dem sie gemeinsam Linke ermorden wollten.
Organisation in Veteranenvereinen
Instrumental für die Organisation dieser rechtsextremen Preppergruppen war der “ganz normale” Veteranenverein "Uniter e. V.". Dass sich im Umfeld der Bundeswehr solche Strukturen entwickeln konnten, wundert Verena Tan nicht: "Das Militär bietet eine strenge Hierarchie und den bewaffneten Einsatz für die Nation: Natürlich gehen Nazis da voll drauf ab."
Munitionsklau in der Bundeswehr
Auf einem anderen Adbusting steht: "Deutscher Mix: Nazis, Patronen, Einzelfälle." 2020 drang über eine eigentlich geheime Antwort der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen an die Öffentlichkeit, dass die Bundeswehr innerhalb von zehn Jahren mindestens 96.000 Patronen "verloren" hat. Der Großteil "verschwand" aus den Beständen des Kommando Spezialkräfte (KSK), deren Elitesoldat*innen in jeder Preppergruppe der letzten Jahre anzutreffen sind: Ob bei Uniter e. V., Hannibal, Nordkreuz oder der "Patriotischen Union" von Prinz Reuß.
Keine Einzelfälle
Alles Einzelfälle? Dafür wären es ganz schön viele Fälle, findet Verena Tan: "Die Naziprepper sind im Militär keine Außenseiter, sondern in guter Gesellschaft." Man dürfe sich das nicht so vorstellen, dass sie in der Bundeswehr ihre politischen Ansichten verstecken müssten. "Oberleutnant Franco Albrechts Masterarbeit ist ein rassistisches und antisemitisches Hetzwerk. Die Bundeswehr hinderte das kein bisschen daran, ihn als Berufssoldat einzustellen und bis zum Oberleutnant zu befördern."
Bedrohung für die Demokratie
In einem die Bundeswehroptik störenden pinken Kasten fordern die Poster schließlich: "Nein zum Veteranentag!". Verena Tan erklärt: "Der Veteranentag soll Soldat*innen und Reservist*innen dafür ehren, dass sie angeblich unter tapferem Einsatz ihres Lebens die Demokratie verteidigen. In Wahrheit geht gerade vom Militär und den Veteranenverbänden eine der krassesten Bedrohungen für die Demokratie in den letzten Jahren aus." Einen detaillierten Hintergrundtext über die Veteranenvereine und ihre rechten Netzwerke hat die Werkstatt für antifaschistische Aktionen veröffentlicht.
Bundesweites Aktionsnetzwerk
Schließlich haben die Aktivst*innen noch das Bundeswehrlogo mit einem störenden pinken Pfeil ergänzt und mit "Braunes Heer" beschriftet. Ein QR-Code führt zur Webseite des Jugendnetzwerks der Friedensgesellschaft DFG-VK. Dieses hatte die Poster entworfen und mit ihnen bundesweit zu Aktionen am Veteranentag aufgerufen: "Wir danken dem Jugendnetzwerk für die tolle Idee und für die schicken Poster, die nun auch Dresden ein Stückchen schöner machen"”
Darf man das?
Ist die Arbeit als Feierabendplakatierer*in eigentlich verboten? Nicht, wenn man eigene Poster in die Werbevitrinen hängt und dabei nichts klaut oder kaputt macht! So hat das die Berliner Staatsanwaltschaft 2020 beschlossen. In Dresden haben Adbustings sogar musealen Wert: In der Ausstellung "Krieg und Frieden 2005-2021. Die Bundeswehr in der Ära Merkel" zeigt das Militärhistorischen Museum seit 2022 zwei antimilitaristische Adbustings.
Kriegsdienstverweiger*innen ehren
Verena Tan ist zufrieden: "Die bundesweiten Aktionen zeigen eindrücklich, dass sich die Militärs von ihrem Traum eines 'ehrenvollen' Veteranentags ohne peinliche öffentliche Kritik verabschieden müssen." Für eine Sondergruppe unter den Veteranen hat die Aktivist*in dann doch noch gute Worte übrig: Nach Definition der Bundeswehr seien alle Ex-Soldat*innen Veteranen, auch Kriegsdienstverweiger*innen. "Sie zeigen uns: Es ist nie zu spät, das Militär als den mörderischen, braunen Sumpf zu erkennen, das es ist. Da nicht mitzumachen, ist die richtige Entscheidung! Davor alle Achtung!"
