Berlin: Notausgang-Plakate fordern Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen
Groß und grün hängen sie in den Werbevitrinen der Tram- und Bushaltestationen der Berliner Innenstadt: In Handarbeit gebastelte Poster der Werkstatt für antifaschistische Aktionen zeigen eine leicht bearbeitete Version des bekannten Symbols für Notausgänge. Die aus dem Notausgang rennende Person hat hinter sich ein zerbrochenes Gewehr und einen Stahlhelm fallen lassen und stellt dadurch eine Kriegsdienstverweiger*in dar. „War Resisters welcome!“ steht in Großbuchstaben über dem Bild. „Mit unserer Aktion machen wir darauf aufmerksam, dass Kriegsdienstverweiger*innen aus Ukraine, Belarus und Russland hohe Hürden für einen Aufenthalt in Deutschland in den Weg gestellt werden“, sagt Kai N. Krieger von der Werkstatt für antifaschistische Aktionen: „Dabei müssen wir unbedingt Menschen unterstützen, die sich am Töten im Krieg nicht beteiligen wollen. Wir sprechen uns für ein Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen aus!“
Rob dictators of their army
„Gerade in Zeiten des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist es wichtiger denn je, Menschen, die den Kriegsdienst verweigern, eine Zufluchtsmöglichkeit zu bieten“, sagt Kai N. Krieger, Sprecher*in der Werkstatt für antifaschistische Aktionen (W2A): „Ohne Soldat*innen kann Putin keinen Krieg führen. Damit mehr Menschen den Kriegsdienst verweigern, brauchen sie jedoch eine sichere perspektive, einen Zufluchtsort und Asyl, zum Beispiel in Deutschland.“
Viel reden, wenig machen
Doch entgegen vollmundiger Ankündigungen will die Bundesregierung aus Russland und Belarus Geflüchtete lieber schnell wieder los sein. Nur etwas weniger als 100 russische Deserteur*innen, Kriegsdienstverweiger*innen und vor der Einberufung Geflüchtete hat die Bundesregierung bisher anerkannt. „Skandalös wenig!“, findet Kai N. Krieger.
#ObjectWarCampaign
Die Aktion findet im Rahmen der #ObjectWarCampaign des Connection e. V. statt. Connection macht internationale Arbeit zu Kriegsdienstverweigerung und Desertion und bietet Unterstützung für Kriegsdienstverweiger*innen an. Am 14.12. veranstaltet Connection e. V. eine „Demonstration gegen Krieg und für Schutz für Geflüchtete“ vor dem Bundesamt für Migration in Nürnberg. Außerdem gibt es die Möglichkeit zur Unterstützung einer Onlinepetition, die Maßnahmen des europäischen Parlaments und der europäischen Kommission zum Schutz von Kriegsdienstverweiger*innen fordert, sowie Solidaritätsprojekte für politische Flüchtlinge der belarussischen Friedensbewegung.
Adbusting als Kreativprotest
Als Mittel für ihren Kreativprotest bedienten sich die Chaot*innen der Werkstatt für antifaschistsiche Aktionen des Adbustings. Bei dieser Aktionsform werden Werbevitrinen im öffentlichen Raum gekapert und für die Verbreitung von politischen Botschaften genutzt. Das gefällt aber nicht allen: Obwohl die Staatsanwaltschaft Berlin findet, dass das Öffnen und Hineinhängen eigener Poster völlig legitim sei, kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Repressionsmaßnahmen gegen Adbuster*innen, die sogar in mehreren Hausdurchsuchungen endeten. Nach einer Klage der Betroffenen stellte jedoch letztendlich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe fest, dass die Durchsuchungen völlig unverhältnismäßig und rechtswidrig waren. Ein klarer Sieg für die Chaot*innen.
Schluss mit der Doppelmoral!
„Wir halten Adbusting für eine super Methode um unsere Forderungen öffentlichkeitswirksam zu stellen“, so Kai N. Krieger. Im Vordergrund steht die Forderung nach Asyl für Menschen, die sich dem Kriegsdienst verweigern. „Wie können wir als Gesellschaft sagen, dass wir gegen Krieg und die damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen sind, wenn wir gleichzeitig anderen Menschen nicht die Möglichkeit geben, sich dem Kriegsdienst zu entziehen? Das ist doch eine totale Doppelmoral!“, beschwert sich Kai. Für die Chaot*innen steht fest: Wenn jeder Mensch das Recht auf ein leben in Frieden habe, müsse auch jeder die Möglickeit bekommen, davon Gebrauch zu machen. „Außerdem werden Diktatoren wie Putin ordentlich dumm aus der Wäsche gucken, wenn ihm nach und nach die Leute abhauen, die er eigentlich an der Front verheizen wollte“, fügt Kai N. Krieger grinsend hinzu.
Mehr Infos:
Die #ObjectWarCampaign von Connection e. V.:
https://objectwarcampaign.org/
Wer mehr über Adbusting wissen möchte, findet Bücher zum Thema beim Berlin Buster’s Social Club:
Wie öffne ich Werbevitrinen?