Mouhamed ist tot und seine Mörder kommen davon.

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Grafitti mit dem Gesicht von Mouhamed Lamine Drame, daneben der Text: Von der Polizei ermordet am 08.08.2022. Mouhamed Lamine Dramé wurde nur 16 Jahre Alt.

CN: Gewalt, Misshandlung, Mord

Am 8. August 2022 haben sich 5 Bewaffnete und einige Unterstützer:innen in der Dortmunder Nordstadt zusammengerottet. Sie haben, angeleitet von ihrem Rädelsführer, einen Tatplan gefasst, einen Jugendlichen, der in einer psychischen Notlage Hilfe gebraucht hätte, zunächst zu misshandeln um ihn gefügig zu machen und für den Fall, das er sich wehren sollte, ihn zu töten. Sie haben auf Befehl ihres Anführers Pfefferspray gegen ihn eingesetzt. Als er sich daraufhin auf den einzigen, von seinen Peinigern blockierten Ausweg zubewegte, haben sie ihn zunächst mit Elektroschockern angegriffen und Sekundenbruchteile später mit einer Maschinenpistole erschossen.

Die Täter stehen seit fast einem Jahr vor Gericht. Und sie werden aller Voraussicht nach am 12.12.2024 von einem Großteil der Vorwürfe freigesprochen. Nur für den Rädelsführer fordert der Staatsanwalt eine geringe Bewährungsstrafe.

Das diese Gewalttäter und Mörder wohl so entspannt davonkommen werden hat einen Grund: Bei ihnen handelt es sich um Polizist:innen, bei ihrem Opfer um einen Geflüchteten, der erst seit wenigen Tagen alleine, ohne Angehörige oder Freunde, hier in der Dortmunder Nordstadt wohnte.

Mord und Misshandlung vom 8. August geschehen nicht ohne Kontext. Sie sind nicht begangen worden, obwohl die Täter:innen Polizist:innen sind, sodern gerade weil Sie es sind. Den Täter:innen wurde in ihrer Sozialisation als Polizist:innen vermittelt, dass sie Gewalt ausüben können und sollen, um Widerstand gegen ihre Anweisungen zu brechen und Situationen unter ihre Kontrolle zu bringen. So haben sie gehandelt.
Hinter dem Todesschützen, hinter denen die mit Reizgas gequält und mit Elektroschocks angegriffen haben, stehen ein Vorgesetzter der sie dazu anleitete und ein Apparat, der sie ausstattete, ausbildete und bis heute schützt.
Es ist diesem Apparat offenbar gelungen, jedem einzelnen von Ihnen eine Geisteshaltung zu vermitteln, in der sie nicht innehielten, als Ihnen ihre jeweiligen Aufgaben im Tatgeschehen zugewiesen wurden. Sie haben nicht erkannt oder sich nicht gekümmert, was da von ihnen verlangt wurde. Sie haben gehorcht.
Dieser Apparat ist zu bekämpfen. Es ist seit Jahren klar, dass die Wache Nord in besonderem Maße durchsetzt ist mit Gewalttätern, die ihre Position nutzen, um Menschen zu Misshandeln. Schläge und Drohungen gegen eine Schwangere Frau bei der Razzia eine Shishabar, der Schlägerpolizist Malte F., dem von mehreren Frauen gewaltätige Übergriffe und sexistische Beleidigungen vorgeworfen werden, der Mord an Mouhamed - immer wieder fallen die Beamt:innen von der Münsterstraße auf. Es wäre höchste Zeit, diese Einrichtung zu zerschlagen. Das diesen Leuten stattdessen eine hüsche neue Wache gebaut werden soll, die es Ihnen in Zukunft noch angenehmer und effektiver ermöglichen soll, ihrem Treiben nachzugehen, ist eine Tatsache, die noch zu wenig Menschen im Viertel erzürnt.

Dass die Gewalt, die Mouhamed erfahren hat, im Wesen der Polizei angelegt ist, sollte jedoch nicht dazu verleiten, die Täter:innen aus der Verantwortung zu entlassen. Niemand hat das Recht, zu gehorchen. Der Befehl zur Tat ist von ihrem Vorgesetzten gekommen, gehandelt haben die Täter:innen aber schon selber. Das es verkehrt ist, einen suizidalen Jugendlichen mit Pfefferspray zu malträtieren und den einzigen Fluchtweg mit einer Maschinenpistole zu verstellen, diese Erkenntnis hätten sie haben müssen, die Verantwortung dafür nimmt ihnen niemand ab. Das sie sich jetzt hinter ihrem Gehorsam verstecken, dass die Anklagebehörde diesen Gehorsam unter dem Begriff "Verbotsirrtum" schützend vor Sie hält, zeigt nur einmal mehr, das vom Staat gegen das Morden durch seine Polizist:innen keine Hilfe zu erwarten ist.

Den Täter:innen, das wurde im vergangenen Jahr deutlich, ist die Ungeheuerlichkeit Ihrer Tat bis heute nicht klar geworden. Insbesondere die Einlassung des Schützen, der seine Sicht der Tat im Verlauf des Prozess verschiedenen Medien ausgebreitet hatte, zeigt das. Er hat es sich in seinem Gehorsam ("Vertrauen" nennt er das) gegenüber des Vorgesetzten bequem gemacht. Klar tut es ihm Leid das Mouhamed tot ist, aber er bereut nicht geschossen zu haben, gibt er beim Interview mit dem WDR zu Protkoll. Er habe seine Kollegen schützen müssen, man wisse ja nie was jemand mit einem Messer so anstelle. Das er und seine Mittäter:innen erst dafür gesorgt haben, das Mouhamed mit dem Messer irgendwas anderes tat als es gegen sich selbst zu richten? Man wisse ja nie was hätte geschehen können, sagt der Mann, der mit seinen Komplizen diese vielen Möglichkeiten, die hätten geschehen können, zu einer einzelnen verengt hat. So wird die Tatsachenverdrehung komplett. Erst die Reaktion Mouhameds auf den Angriff durch die Polizisten, nämlich aufzustehen und auf sie zu zu gehen, schafft dem Schützen die Rechtfertigung für seine Schüsse.

Es wird in den nächsten Tagen viele kluge Wortmeldungen geben, die das geschehen einordnen. Vielen dieser Leute, den Initiativen, Fachleuten und Journalist:innen ist es zu verdanken, dass es zweieinhalb Jahre nach den Schüssen immer noch so viele Leute bewegt, was am 8. August 2022 in einem Hof in der Dortmunder Nordstadt passiert ist. Neben der nüchternen Analyse braucht es aber auch Wut. Weil es so klar ist, dass des die Worte eigentlich nicht brauchen sollte, die wir den relativierern und abwieglern immer wieder entgegen halten müssen. Weil es am Ende so simpel ist:

Am 8. August 2022 haben sich 5 Bewaffnete und einige Unterstützer:innen in der Dortmunder Nordstadt zusammengerottet. Sie haben, angeleitet von ihrem Rädelsführer, einen Tatplan gefasst, einen Jugendlichen, der in einer psychischen Notlage Hilfe gebraucht hätte, zunächst zu misshandeln um ihn gefügig zu machen und für den Fall, das er sich wehren sollte, ihn zu töten. Sie haben auf Befehl ihres Anführers Pfefferspray gegen ihn eingesetzt. Als er sich daraufhin auf den einzigen, von seinen Peinigern blockierten Ausweg zubewegte, haben sie ihn zunächst mit Elektroschockern angegriffen und Sekundenbruchteile später mit einer Maschinenpistole erschossen.

Deshalb Wut.

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