Wir sind nicht überrascht. Wir sind nicht enttäuscht. Wir sind Wütend!
Bis zu 300 Menschen haben sich heute Abend spontan in Dortmund versammelt um gegen das skandalöse Urteil im Prozess um den Mord an Mouhamed Lamine Dramé zu protestieren. Die unangemeldet Demonstration zog durch die Nordstadt und vor die Polizeiwache Nord, von der die Polizist:innen in den Einsatz gingen, die Mouhamed am 8.8.2022 getötet hatten.
Am Mittag hatte das Landgericht Dortmund nach knapp einem Jahr Verhandlung alle beteiligten Polizist:innen freigesprochen. Das es überhaupt zu einem Prozess gekommen war, liegt maßgeblich an der Skandalisierung des Polizeieinsatzes durch zivilgesellschaftliche Initiativen, Fachleute und Journalist:innen, die immer wieder den Finger in die Wunde gelegt haben und die Frage gestellt haben: Wie kann es sein, dass sich ein Dutzend Polizist:innen im Angesicht eines suizidalen 16-Jährigen nicht anders zu helfen wussten als ihn mit Pfefferspray einzusprühen? Wie kann es sein das sie dann, als er das gegen sich selbst gerichtete Messer nicht fallen ließ, sondern versuchte sich zu entfernen ihm den Fluchtweg verstellten und mit Tasern und einer Maschinenpistole auf ihn schossen?
Bereits kurz nach dem Freispruch hatten heute zahlreiche Initiativen zu der spontanen Demo aufgerufen. Auf der Straße war dann deutlich zu spüren, dass viele Menschen in der Nordstadt wütend sind und das Urteil als Schlag ins Gesicht empfinden. Die Demonstrierenden machten aber auch deutlich, dass ihre Erwartungen gering gewesen waren. „Wir sind nicht überrascht. Wir sind nicht enttäuscht. Wir sind wütend!“ hieß es auf einem am Rande der Demonstration verteilten Flugblatt.
Die Zwischenkundgebung an der Wache Nord, Blick auf die Demo zwischen zwei Bereitschaftspolizist:innen hindurchBei einer Zwischenkundgebung an der Wache Nord forderte ein Redner erneut die Schließung der Wache statt eines Neubaus. Für die Taten der fünf freigesprochenen Polizist:innen fand er deutliche Worte: „Niemand hat das Recht, zu gehorchen. Der Befehl zur Tat ist von ihrem Vorgesetzten gekommen, gehandelt haben die Täter:innen aber schon selber. Das es verkehrt ist, einen suizidalen Jugendlichen mit Pfefferspray zu malträtieren und den einzigen Fluchtweg mit einer Maschinenpistole zu verstellen, diese Erkenntnis hätten sie haben müssen, die Verantwortung dafür nimmt ihnen niemand ab.“
Nach anderthalb Stunden endete die Demonstration ohne größere Störung durch die begleitende Polizei wieder am Startpunkt am Mehmet-Kubaşık-Platz.