Das Scheitern des Openposting-Prinzips

Nachdem de.indymedia.org nach einem größeren technischen Crash wieder am Start ist, scheint mir ein guter Zeitpunkt gekommen zu sein, die Struktur des ganzen Projekts mal radikal und kritisch zu hinterfragen. Der Zustand dieser Plattform ist, ebenso wie die „Radikale“ Linke, in einem so desolatem Zustand, dass ich mich ernsthaft frage, ob z.B. die nach dem Crash noch fehlenden Artikel der letzten 5 Monate irgendwo noch politisch relevant sind. Wenn dem größtenteils so wäre, hat das ja vielleicht etwas mit der Struktur der Plattform zu tun?

Inhaltlich gibt es seit vielen Jahren erhebliche Kritik, insbesondere wird die Löschpraxis von vielen, einschließlich mir, als linksautoritäre Zensur erlebt und kritisiert1. Das hat m.E. mit dieser sehr speziellen, weltweit einzigartigen indy-Struktur zu tun:

de.indy* ist eine von nur noch einer Handvoll Instanzen des Independent Media Center (IMC) Ansatzes, auf der überhaupt noch etwas läuft. Die ersten IMC Instanzen sind 1999 im Kontext der Anti-Globalisierungsbewegungen entstanden und wollten das alte Problem einer nicht staatlich oder zentralistisch gelenkten Informationsverbreitung mit modernen Techniken jenseits von Underground -Printmaschinen lösen. Von den IMC Instanzen gab es mal weltweit eine höhere zweistellige Anzahl von Instanzen2.

Die meisten IMC Instanzen sind mittlerweile komplett eingegangen (gar keine laufende Instanz mehr) oder seit fast 10 Jahren nur noch als Archivsichtbar. In Europa schreiben wohl neben de.indy* sonst nur noch Athen, Barcelonaund einige französischsprachige Instanzen aktuelle Artikel, aber soweit ich das ausprobiert habe, gibt es außer de.indy* keine einzige, die nach demOpenposting-Prinzip arbeitet.

Das Openposting soll das Veröffentlichen von Bekenner*innenschreiben und Anschlagserklärungen erleichtern und vermutlich vor Repression schützen, als ob das sonst nicht möglich wäre. In der Zeitschrift radikal ging das aber sogar bei einem Printmedium, dessen Strukturen etwas schwerer abzuschotten waren. Aus meiner Sicht ist so etwas ein vorgeschobenes (Herrschafts-)Argument, denn im Ernstfall genügt in diesem de facto rechtsstaatsfreien System selbst ein passives Gewährenlassen, um repressiven Stress zu machen und Leute vor Gericht zu zerren. Die Frage sollte vielleicht eher lauten, warum sie noch nicht zugeschlagen haben.

Auch sollte dem Vorwurf der Repressionsbehörden, durch Anschlagserklärungen Gewalt zu unterstützen oder zu propagieren, vielleicht mal offensiv politisch entgegnet werden, anstatt sich scheinbar schuldbewusst zu verkriechen? Der Staat propagiert seine eigene Gewalt selber schamlos und manipulativ propagierend, während hier schon diverse linke Aktionen intern kontrovers diskutiert wurden.

Dieses System zerschlägt jeden Ansatz von revolutionärer Kommunikation, die ihm gefährlich werden könnte. Es scheißt dabei auf alle angeblich verbrieften Menschenrechte und Grundgesetze, wie wir Linke das nicht nur in den bleiernen Jahren um 1977 herum eindringlich erleben mussten, sondern schon von Anfang an im postfaschistischen Deutschland. Daneben gibt es statt offener staatlicher Zensurja auch modernere Wege, die Volksmeinung zentralistischzu lenken und zu manipulieren.

Dass de.indy* aktuell in Ruhe gelassen wird, hat m.E. weniger mit der technischen Maskerade oder der Klandestinität der Mods zu tun, als vielmehr damit, dassde.indy* so, wie es betrieben wird, dem System nicht gefährlich wird, aber dafür der VS und andere Dienste sehr bequem den Puls der Szene (oder ihres kümmerlichen Rests) erfassen können. Nicht systemgefährlich ist diese sehr spezielle deutsche Indy Plattform auch, weil sie strukturell unfrei und autoritär gelenkt ist und dadurch aktiv die Selbstzerlegung der linken Szene in internen Grabenkämpfen befördert, teilweise schlimmer als in der linken Zersplitterungsphase der 1970er.

Nicht systemgefährlich ist de.indy* auch, weil strukturell jede Form von Diskussion mit teils fragwürdiger oder oft auch gar keiner Begründung unterbunden wird und emanzipatorische Weiterentwicklungen damit im wahrsten Sinne des Wortes kalt gemacht werden. Nicht systemgefährlich ist diese Struktur, weil sie nur das durch die interne Zensur lässt, was der politischen Meinung der Mods nach durch eine schlicht gestrickte „linke“ Schablone passt, was wiederum autoritäres Schubladendenken permanent reproduziert.Diese Meinungen und Inhalte sind, wie in großen Teilen der linken Szene-Blase auch, inhaltlich in einem linken Konservatismus vergangener Zeiten und Inhalte erstarrt. Ein solchermaßen hochgezüchteter linkskonservativer Konformismus erscheint nicht nur nach außen autoritär, er ist autoritär und nicht mehr in der Lage, genügend Offenheit für Änderungen, neue Ideen oder nonbinäre Sichtweisen aufzubringen.

Das Openposting-Prinzip ist in mehrfacher Hinsicht gescheitert:

  • Es ist, als sehr einsame Ausnahme durch vorgebliche „Nichtmoderation“, ein Einfallstor für braunen und menschenverachtenden Dreck. Diese Scheiße wegräumen zu müssen, kostet mehr Energie, als eine vernünftige Moderierung mit Freigaben. Und macht die Plattform immer wieder temporär unlesbar, was ja die Absicht des rechten Netzterrors ist.

  • Das Moderatoren-Kollektiv ist über die letzten Jahre beobachtet und erlebt mit der nachträglichen „Moderation“ inhaltlich überfordert.

  • Eine Moderation "über die User" funktioniert so nicht, was m.E. vor allem daran liegt, dass es keinerlei gemeinsamen (abgestimmten) Nenner gibt, und daher auch keine echte indy-Community.

  • So ein gemeinsamer Nenner sind auch ganz gewiss nicht die schwammigen Moderationskriterien, über die wir uns in Edit Wars oft und so erfolglos gestritten haben, dass hier nur noch verbrannte Erde übrig geblieben ist. Nicht wenige Leute und Gruppen posten hier auch nichts mehr und haben sich andere Plattformen gesucht, was einen gewissen inhaltlichen Inzest in de.indy* fördert.

  • Zu den Moderationskriterien: Wie auch im sog. „Rechtsstaat“ zu beobachten, können Gesetze und Regeln letztendlich so beliebig ausgelegt werden, dass der ursprünglich positiv interpretierte positive Charakter pervertiert werden kann. Du kannst das Leben nicht in wenigen Sätzen erfassen oder gar regeln. Wenn bewusste oder unbewusste Kontroll- und Herrschaftsintentionen dazu kommen, und die haben ich und andere euch Mods mehrfach attestieren müssen, ist es sowieso vorbei. Ich kann nur wiederholt auf bereits ausgearbeitete herrschaftskritische Analysen des linken Szene-Umgangs, wie die der Projektwerkstatt3, hinweisen.

  • Wenn ich mich in die Notwendigkeit, permanent Faschodreck löschen zu müssen, hinein versetze, kann ich gut nachvollziehen, dass Mods und einige hin und wieder moderierende User in Zensur abgedriftet sind. Denn eine Grenze zwischen brauner, fundamentaler Menschenverachtung und linksgefärbter Menschenverachtung zu finden und zu bestimmen, ist eine Herkulesaufgabe, über die mensch ganze Bücher schreiben könnte (und mit anderer Zielrichtung auch getan hat) und die sich gewiss nicht in einer Handvoll Zeilen aus dem Ärmel linker Konventionen geschüttelter „Moderationskriterien“ abbilden lassen.

Im Endeffekt wird so – wie stets durch Zensur und Reglementierung – die Flamme der Revolution erstickt. Sie findet nur da Nahrung, wo sie über inhaltliche Auseinandersetzung, auch über die krudesten (aber „irgendwie“ linken) Positionen, die Menschen geistig und seelisch erreicht. Wer mit Kontrolle und Zensur vorgeht, zerschneidet angehende Beziehungen, verhindert dialektische Emanzipation von problematischen Inhalten und erzeugt statische Stellungskriege, was durchaus als eine "kontrollierte Situation" von den Machthabenden der Szene angesehen werden kann.

Wenn Leute oder Gruppen als problematische anzusehende Inhalte veröffentlichen, verfestigt jede, und damit auch linke, Repression nur diese Inhalte. Wer nicht Leute mit problematischen Inhalten sondern die Inhalte in deren Köpfen eliminieren4 will, muss sich mit den Leuten argumentativ auseinandersetzen. Aber bitte solidarisch wohlwollend, nicht besserwisserisch und nicht von verbalem Vernichtungswillen getrieben (Kommunikation und Begriffe wie Solidarität sind ein eigenes, viel größeres Fass, das zu einem späteren Zeitpunkt zu öffnen ist).

In dem hier und in der Szene-Blase herrschenden Kontrollzwang, der im Vergleich mit anderen Ländern anscheinend auch eine „typisch deutsche“ Komponente hat, steckt aus meinem Blickwinkel stets auch ein Element toxischer Männlichkeit und patriarchales Denken, dem eine frei fließende Dynamik grundsätzlich ein Graus ist. Dass es „Ordnung“ auch ohne Kontrolle und Herrschaft geben kann, ist in Teilen der Linken Programm, theoretisch ausgearbeitet und auch teilweise schon praktisch gelebt. Diesen Aspekt solltet ihr Mod- und User-Zensoren vielleicht mal überdenken?

Ausblick

Das Openposting-Prinzip ist gescheitert und muss durch eine aktive (Vor-)Moderation ersetzt werden, die aber viel breiter aufgestellt sein sollte, als durch eine Handvoll Leute, die mit dem technischen Betrieb eigentlich genug ausgelastet wären. Das erfordert

  • technisch personalisierte (und trotzdem pseudonymisierte) Accounts für Moderatoren, die in Zweifelsfällen nur in geeigneter (konsensorientierter) Gruppenabstimmung entscheiden,

  • eine initiale Ausarbeitung eines Regelwerks für (einfache) Ausschlusskriterien, das von einer starken Mehrheit der Leser*innen-Community (Benutzer*innen mit Account) abgestimmt wird,

  • und regelmäßige Reflexionen des Regelwerks anhand der sich stets verändernden Anforderungen aus der Praxis unter Einbeziehung aller Rückmeldungen dieser Community.

  • Um eine braune Übernahme von User Accounts zu erschweren, könnten bspw. nur Leute mit einer Mailadresse eines linken Mailproviders (riseup, systemli, u.ä.) zugelassen werden, da hierüber bereits eine linke Vorsortierung erfolgen kann.

  • Anstatt Artikel zu zensieren / von Veröffentlichung auszuschließen, wäre auch ein ergänzendes Verfahren denkbar, in dem grenzwertige Artikel als „fragwürdig“ o.ä. markiert werden und der Community zur Abstimmung oder dialektisch intendierter Kommentierung überlassen werden.

  • Denkbar wären auch zusätzliche Verfahren, die es „akkreditierten“ (die nach einigen als gut oder gar wertvoll erachteten Postings als linke Gruppen/Personen eingeschätzten) Artikelschreiber*innen ermöglicht, dass Artikel sofort erscheinen und diese ggf. erst im Nachgang gesperrt werden (was womöglich mit Entzug einer „Akkreditierung“ einher gehen könnte).

Das Posten sollte auch anonym, d.h. ohne Account möglich bleiben (als IT- und netzpolitisch kundiger Mensch ist ein „anonymer Account“ auf die Dauer gesehen ein Oxymoron; stell ich auch gerne zur Diskussion).

Alle User mit Account sollte die Möglichkeit haben, Artikel zu kommentieren und auch auf Kommentare zu antworten. Linksunten hatte wenigstens noch eine Debattenkultur5, teilweise szenetypisch grenzwertig, aber es gab immerhin Debatten, und Debatten bringen uns voran, nicht kontrollierte Friedhofsruhe.

 

Mit solidarischen Grüßen
und Hoffnung auf ein neues Feuer revolutionärer Bewegung.

 


 

1 Als nur ein aktuelles Beispiel: https://de.indymedia.org/node/346217

2 Siehe https://indymedia.org/

3 https://projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&a=10180 – Die kritischen Betrachtungen und Analysen sind nach wie vor richtig und wertvoll, über einige Schlussfolgerungen können und sollten wir streiten.

4 Ich benutze die scharfe Formulierung „Leute eliminieren“ hier bewusst, zum einen weil historisch gesehen Leute für linke Ideen in Gulags und anderweitig umgebracht wurden, zum anderen weil auch ein sozialer Ausschluss stets eine übertragene Tötungsabsicht beinhaltet. Das sollten linke Exklusionist*innen mal selbstkritisch reflektieren..-

5 Siehe https://linksunten.archive.indymedia.org/

 

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Ergänzungen

...arbeitest du dich aber sehr ausführlich daran ab. Wenn du andere Vorstellungen hast, spricht ja nichts dagegen ein neues Projekt nach deinen Vorstellungen zB mit Useranmeldung zu organisieren. Am besten Gefährt*innen suchen und machen, statt sich in Kritik an bestehenden Formaten oder Unzufriedenheiten an Moderationspraktiken zu verlieren. Open Posting dient auch nicht der Veröffentlichung von Anschlagserklärungen. Die gibt es ja anderswo auch, es ist vor allem ein niedrigschwelliger Einstieg und Zugang zu Veröffentlichungen, insbesondere für Aktivist*innen mit wenig Medienerfahrung. Soetwas macht schon Sinn als spektrenübergreifendes Nachrichtenportal. Daher mal Danke an die Supportstruktur.

Da steht nirgendwo, dass Indy keine Relevanz hat, sonst würde ich es tatsächlich ignorieren.

Relevanz taucht nur als Frage im Zusammenhang mit den verlorenen Artikeln von 5 Monaten auf. Das steht auch insofern mit dem restlichen Text im Kontext, weil durch die beschriebene Zensurpraxis eine sehr einseitige Selektion erfolgt.

"Such dir doch was anderes" ist alles andere als solidarisch und exkludierend.

die radikale linke in deutschland bzw der westlichen welt ist ein konstrukt, in dem völlig konträre denkrichtungen ein gemeinsames lager bilden sollen. zwischen "marxismus-leninismus" und anarchismus gibt es kaum gemeinsamkeiten. die MLer trachten, wenn sie die herrschaft haben und zum teil auch in der opposition, nach der mitunter physischen vernichtung aller anderen "linken" oder "linksradikalen". die vorstellung, das individuum sei nichts und das kollektiv (klasse/volk) alles, führt zur diktatur. wenn wir eine frei(er)e gesellschaft wollen, ist es völliger quatsch mit leuten "spektrenübergreifend" irgendwelche gemeinsamen projekte zu betreiben, denen die liberale demokratie schon viel zu freiheitlich ist.

ich werde hier weiterhin jegliche diktaturpropaganda, wie auch rassistische oder antisemitische beiträge löschen. wenn sie nicht mehr löschbar, aber kommentierbar sind, werd ich auch weiter entsprechend kommentieren. das gilt auch für beiträge, die die kriegsschuld russlands infrage stellen. texte von antidemokratischen, rassistischen oder antisemitischen gruppen lösch ich auch, wenn es konkret nur um eine einladung zu kaffee und kuchen geht.

es gibt ein breites spektrum an antikapitalistischen linken und anarchistinnen, die keine rote diktatur wollen. die können auch mal daneben liegen, aber deren texte werd ich nicht löschen. MLer, rechtsantideutsche oder israelhasser sollen sich woanders ausstoben, gibt genügend orte im netz für sowas.

texte von gulagfans zu löschen ist nicht autoritär und ist nicht das gleiche wie einen gulag zu betreiben. was soll daran "toxisch männlich" sein, wenn menschen, egal welchen geschlechts, die verbreitung von mordpropaganda behindern?

Wenn mensch in Lagern denkt oder sich selbst als Teil von diesen sieht oder soziale Bewegungen nur von diesen Polen aus denkt mag die Idee von spektrenübergreifenden Projekten zurecht quatsch sein. Aber es gibt nunmal sehr viel mehr undogmatische, linke und autonome Aktivist*innen, als gefestigte und von ihrer Ideologiie überzeugte Kommunist*innen oder Anarchist*innen.

Spektrenübergreifend zu sein macht aus dieser Perspektive sehr viel mehr Sinn, denn es bildet eben einen großen gesellschaftlichen Raum und eine Diversität ab. Alles andere wäre sonst ja auch der Versuch der Vereinnahmumg von sozialen Bewegungen und Kämpfen unter einer Fahne. Ich habe keine und wenn schon ne selbstgenähte Schwarzrote.

Große Widersprüche gibt es zudem auch innerhalb kommunistischer oder anarchistischer Bewegungen. Da fliegen in anarchistischen Spektren z.B. schon mal die Fetzen wenn es um den Nahostkonflikt, Antisemitismusdeutungen, Militarismus oder Aufrüstung im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geht. Die einen sammeln Geld für Helme und Schusswesten für sich anarchistisch begreifende Soldat*innen, die andren sabotieren die Logistik von deutschem Kriegsgerät aus antimilitaristischer Perspektive.

Es ist ja nicht so, dass es außer Ideologieproduktion keine Widersprüche unter Menschen gibt und unterschiedliche Blickwinkel sind ja möglicherweise völlig legitim aus der jeweiligen Perspektive und bilden Debattenräume ab. Auch wenn sie unvereinbar scheinen. Und klar gibt es dabei auch NoGos. Für mich zum Beispiel die Leugnung des russischen Angriffskrieges oder die Verherrlichung von islamistischen Terrorangriffen als legitimer Widerstand.

Aber statt dem Glauben es gäbe eine Haltung, die mensch sich aneignen kann und mit der mensch automatisch auf der richtigen Seite der Geschichte wäre, erscheint mir eine offene Debattenkultur und inhaltlicher Streit, über gesellschaftliche Realitäten und Konflikte die bessere Perspektive um vom Fleck zu kommen.

Ich glaube es wäre sehr im Sinne dieser Internetseite, wenn hier Debatten stattfinden würden - wenn es das Ziel ist, Menschen zu erreichen (im Sinne von "überzeugen"), die man vorher noch nicht erreicht hat. Es gibt bestimmt noch mehr Leute wie mich, die hier sind, weil sie sich für linke Positionen interessieren, aber selbst ganz und gar nicht extrem sind, sondern durchschnittlich. Es war für mich ein Aha-Moment festzustellen, dass es innerhalb der radikalen Linken ja noch viele unterschiedliche Gruppen gibt mit ganz unterschiedlichen Ansichten. Entsprechend meiner Durchschnittlichkeit resoniere ich hier mit vielen Positionen (=Akteuren) nicht. Es gäbe dieser Internetseite eine noch höhere Anziehungskraft, wenn ich wüsste, dass die Möglichkeit besteht, dass zu einem Artikel jemand kommentiert, mit dessen Meinung ich auf einen grünen Zweig komme. Außerdem bleiben Themen besser hängen, wenn sie diskutiert werden (bzw. diese Diskussionen nachverfolgt werden können) - und vielleicht bleiben sie überhaupt erst hängen, wenn noch ein anderer Blickwinkel dazugekommen ist. Einen großen Teil von dem was ich hier gelesen habe, habe ich schon längst wieder vergessen.

Noch was anderes, etwas platter, vielleicht plumpe Wahrnehmung: Wenn diese Seite die linke Szene wäre, dann schiene es nichts zu sein wo man mitmachen könnte - und irgendwie wirkt diese Seite wie DAS Internet Aushängeschild der linke Szene (imo).

moin,
als außenstehender, nicht-polit-aktiver mensch, hab ich keine lust mir ein konto bei scheiß twitter oder instagram zu machen um mit anderen gleichgesinnten zu diskutieren .     oder einfach auf dem laufenden zu bleiben. daher les ich sehr gerne indymedia. schade finde ich wenn viele ergänzungen gelöscht werden obwohl sie inhaltlich waren.               die kommentar-debatten auf linksunten.indymedia, die ich in meiner aktiven zeit vor 15 jahren verfolgt habe, waren da konsequenter moderiert.

menschen haben ein grundlegendes bedürfnis sich zu wort zu melden und sich gehör zu verschaffen.
irgendwo werden sie es sowieso tun - bisher tun sie es bei social media, z.B. in öffentlichen telegram gruppen, wo sich VS, Bullen und Nazis rumtreiben.                                  auch das linksliberale, bürgerliche inhalte mehr einzug ins radikale lager finden wird, schätze ich, durch social media dynamiken gefördert. 
da dort meinungen gepusht werden, anstatt bewusstseinsbildung. siehe: https://knack.news/4813 und "Unfähig, die Funktions- und Wirkungsweisen von Social Media zu durchblicken, wird die Annahme der empörten Öffentlichkeit mit deren Existenz verwechselt." & "Links zu sein hat sich so weit nach rechts verschoben, dass das bloße Wiederholen der bürgerlichen Idealvorstellung von Gesellschaft schon als linksradikal gilt."                                                                                                                                                                                                                                                         spektrenübergreifend zu streiten , überhaupt wieder eine offene streitkultur - unabhängig von social media - zu etablieren, scheint mir wichtig zu sein!

die dynamik dieser zeit ist doch, dass sich jede*r in die jeweilige ecke zurück zieht und sich so ideologien verhärten, das meinungen polarisieren , ohne dass nachgedacht wird.
radikaler aktivismus sollte dieser entwicklung den kritische analysen entgegensetzen und diese zugänglich machen. dafür braucht es eine offene debattenkultur und die entsprechenden websiten. indymedia könnte ein teil davon sein, das würde ich als halb-ahnungsloser mensch zumindest sagen ;)

https://kontrapolis.info/12572/ zum thema social media ist der hier noch informativ