Interview mit einem Mitglied der Union der Anarchisten in Iran und Afghanistan
Wir sind es gewohnt Anarchismus als ein rein westliches Phenomen zu betrachten. Rebellionen, Ausschreitungen und Aufstände im nahen Osten werden mehr mit Islamist_innen als mit Anti-Authoritären Ideen in Verbindung gebracht. All dies schafft einige Stereotype über die Bewohner_innen und diese Regionen. Wieauchimmer, es zeigt sich das Gruppen von Anarchist_innen sogar dort existieren wo amerikanische Bomben fallen und Menschen für Facebook-Einträge hingerichtet werden. Pramen interviewte die "Union of Anarchists of Iran and Afghanistan".
Eure Gruppe nennt sich Vereinigung von Anarchisten aus Iran und Afghanistan. Was motivierte euch eure Kräfte in beiden Ländern zu vereinen? Geographische Nähe? Keine Sprachbarriere? Transparenz der Grenzen? Gemeinsame Geschichte?
Seit Anarchismus zu Positionen gegen Grenzen und Staaten führt, im Falle von Iran & Afghanistan ist es wichtig sich daran zu erinnern das dies nur Namen sind, die Namen von zwei Regionen. Wir rechtfertigen nicht die Existenz von Grenzen und Staaten, und unsere revolutionären Forderungen sind universell und nicht auf eine bestimmte Region bezogen. Generell ist der Hauptgrund das Genoss_innen die selbe Sprache sprechen und in beiden Regionen miteinander kooperieren.
Wir wissen nur wenig über Iran und Afghanistan in Osteuropa (und West!). Die öffentliche Meinung ist geprägt von Mainstream Medien. Von Iran ist meist die Rede wenn es um Nuklearprogramm, Sanktionen und periodische Revolten geht. Von Afghanistan sind es Krieg und Drogenhandel. Aber in Wirklichkeit wissen wir sehr wenig über das Leben der Arbeiter_inne in diesen Ländern. Kannst du uns ein bisschen mehr über die Sozio-politische Realitäten erzählen?
In Iran und Afghanistan ist die anarchistische Bewegung neu und dabei sich zu entwickeln. In den letzten Jahren wurden mehr und mehr junge Menschen Anarchist_innen. Im Zusatz Feminist_innen, Anti-Kapitalist_innen, Umweltaktivist_innen, Antispezizistische Bewegungen, Arbeiter_innen Bewegungen, Student_innen Bewegungen und Geflüchteten bezogene Bewegungen sind deutlich gewachsen. Nur die Anti-Faschistische Bewegung bleibt sehr schwach.
Es gibt keine große anarchistische Bewegung in Afghanistan, aber Anarchismus verbreitet sich auch dort. Religion und Patriarchat sind immernoch sehr große Probleme in Afghanistan. Das selbe Problem existiert auch in Iran, denn die Islamische Republik sieht es als ihre Mission an unterdrückende Strukturen zu verbreiten, doch ein Teil der Gesellschaft widersetzt sich willentlich. Die Islamische Republik verteidigt reaktionäre religiöse Traditionen, aber es gibt Leute die sich dem widersetzten und gegen die staatliche Propaganda vorgehen.
Wie entstand eine anarchistische Bewegung in Iran und Afghanistan und was sind ihre Wurzeln?
Die erste anarchistische Publikation auf Farsi entstand vor 42 Jahren in der Diaspora. 1977, zwei Jahre vor der Herrschaft der Islamischen Repulik von Iran gab es einige anarchistische Publikationen außerhalb des Iran welche über mehrere Jahre verteilt wurden. Aber weil sie nur außerhalb des Iran veröffentlicht wurden hatten sie keinen Einfluss auf die Entwicklungen im Iran. Dies hielt an bis anarchistische Student_innen 2007 an die Universität zurückkehrten. Neun Jahre später organisierten wir uns im Ausland um unsere Informationen auf Blogs, Facebook und anderen Platformen zu veröffentlichen. Vor fünf Jahren schufen drei anarchistische Gruppen, eine in Iran, eine in Afghanistan und "Asr Anarshism" (Genoss_innen aus Iran und Afghanistan in der Diaspora) die Anarchistische Union von Iran und Afghanistan. Kurz darauf ??
Erzähle uns mehr von eurer Gruppe. Euren Aktivitäten, euren Plänen, eurer Organisationsstruktur und natürlich euren Erfahrungen gegen Repression zu kämpfen.
Eine unserer Kampangen beeinhaltete Soheil Arabi, einen anarchistischen Gefangenen welcher zunächst für Facebook Einträge zum Tode verurteilt wurde ("Beleidigung des Propheten"). Er ist seit 2013 im Gefängnis. Er wurde zuerst zum Tode verurteilt, dann letztendlich im Jahr 2014 zu drei Jahren Gefängnis, seine Strafe wurde neu bewertet und auf zwei Jahre umgewandelt. Er hätte letztes Jahr schon entlassen werden sollen, aber er ist immer noch im Gefängnis und überlebte mehrere Hungerstreiks welche schwere körperliche Leiden zur Folge haben. Die Union of Anarchists of Iran and Afghanistan veröffentlichte ein fünfteiliges Magazin namens "Die Leiden und Erinnerungen von Anarchist_innen in Iran" welche einige ernste Eindrücke von unserm Kampf vermitteln. Wir haben auch 44 Seiten in den sozialen Medien. Aus diesem Grund wurden viele unserer anarchistischen Genoss_innen für ihre Aktivitäten und Kämpfe inhaftiert und gefoltert. Natürlich ist unsere Arbeit in Iran und Afghanistan nicht öffentlich und deshalb können wir nicht alles benennen was wir tun. Aber iranische Genoss_innen sind aktiv in allen Befreiungsbewegungen in Iran. Und, wie alle anderen auch, wenn sie an Demonstrationen teilnehmen werden sie verurteilt, inhaftiert und gefoltert. In den meisten Fällen weis das Regime nicht das sie Anarchist_innen sind.
Eure Region wird in den Medien als eine Region von ethnischen und religiösen Konflikten porträtiert. Was sind eure Positionen zu Islam und Christentum? Und gibt es Gläubige unter euch?
Der Mittlere Osten ist nicht die einzige Region die an ethnischen, ökonomischen und religiösen Problemen leidet. Aber die Fülle von Öl in der Region bedeutet das Staaten diese Unterschiede befeuern. Wir sind gegen alle Religionen, einschließlich des Islam. Derzeit ist das wichtigste Werkzeug um diese Problem zu lösen viel Aufmerksamkeit in Selbst-Organisation in unseren Gemeinschaften zu schenken, was wir sehr intensiv tun. Eines der wichtigsten Probleme in Iran und Afghanistan ist die Versteppung der Gebiete durch das Fehlen von Wasser. In vierzig Jahren richtete die Islamische Republik irreparable Schäden an der Umwelt an, und viele Seen und Flüsse sind vertrocknet. Nur 1,8% von Iran sind noch in ihrem natürlichen Zustand und erleben keine ökologische Krise.
Möchtest du noch etwas hinzufügen?
Wir möchten uns für das Interview bedanken. Nebenbei gibt es neben Afghanistan und Iran anarchistische Unionen in neun anderen Ländern. Ein_e marokanische Genoss_in arbeitet mit uns und veröffentlicht Artikel auf Arabisch und Farsi auf der Asr Anarshism Website. Wir arbeiten generell mit allen Sprachen.
Orginal: https://ucl-saguenay.blogspot.com/2019/03/entretien-avec-un-membre-de-lu... (französisch)
Weiterübersetzt von: https://awsm.nz/?p=2551&fbclid=IwAR2G1ha9r-lu8ue6lGd5Ir6JRd1oYfHMuTm_1-j... (englisch)