Ultrarechts und ultrakatholisch - VOX und Opus Dei in Navarra

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Auf welche politischen und religiösen Kräfte die neue Ultrarechts-Partei VOX baut, wird am Beispiel Navarra deutlich. Dort sammeln sich Kandidaten aus dem Umfeld der ultrakatholischen Organisation Opus Die – Werk Gottes, die politisch weit rechts angesiedelt ist und Franco-Freunde unter den Fittichen hat.

In der spanischen Parteienlandschaft hat sich in den vergangenen Jahren eine neue ultrarechte Partei breit gemacht, die dem Beispiel vieler anderer Ultra-Organisationen in Europa folgt. Spanien sei das letzte Land, in dem Neofaschisten in Parlamente einziehen, heißt es mitunter. Doch ganz so neu und unbekannt sind die Gesichter nicht. Viele von ihnen haben eine Vergangenheit in der postfranquistischen Volkspartei PP von Aznar, Rajoy und Casado. Die ist ihnen nun zu liberal und korrupt geworden.

Dass viele Aktivist*innen der neuen spanischen VOX-Partei eine politische Vergangenheit in der Volkspartei PP hatten, ist ein offenes Geheimnis. Als Kandidaten und Abgeordnete standen ihre Namen auf den Listen dieser Partei, die nicht umsonst postfranquistisch genannt wird. Gegründet wurde die PP unter anderem von alten Franquisten, wie dem Ex-Franco-Minister Manuel Fraga Iribarne, der spätere Ministerpräsident Aznar war in seiner Jugend Mitglied einer franquistischen Organisation.

Lange Zeit schaffte es die Partei, die weit auseinanderklaffenden Parteiströmungen unter einem Hut zu halten. Bei diesem Unterfangen waren der Franquismus und seine Protagonisten immer heilige Kühe, die nicht in Frage gestellt wurden. Die Vorgänger der Volkspartei beschlossen 1977 eine Amnestie für alle Verbrechen des Krieges und der Diktatur, Franco war für sie ein etwas autoritärer, aber ehrenhafter Politiker, das Erinnerungsgesetz der Sozialdemokraten (Ley de Memoria), mit dem die Vergangenheit vorsichtig ausgearbeitet werden sollte, wurde ignoriert und sabotiert; und die 100.000 Leichen aus dem Krieg mussten in den anonymen Massengräbern bleiben. Nie gab es eine symbolische Entschuldigung für die Verbrechen von Gernika oder Durango, nie wurde die franquistische Lüge klargestellt, die Basken hätten Gernika selbst angezündet. Deutlichstes Symbol für diese franquismus-freundliche Haltung ist das Franco Mausoleum im Madrider Valle de los Caidos (Tal der Gefallenen), in dem zynischerweise viele republikanische Gefallene mit beerdigt sind, just neben dem Massenmörder, der für ihren Tod verantwortlich war. Dieses Mausoleum war seit jeher Sammlungspunkt für alte und neue spanische Nazis.

Wer wählt denn hier die Ultras?

Nach den jüngsten VOX-Erfolgen bei den Wahlen in Andalusien (Dezember 2018) und zum spanischen Parlament (April 2019) werden nun Analysen angestellt, wer denn die Wähler dieser Partei sind, die die regionalen Autonomie-Statute liquidieren und die Gleichstellungs-Gesetze zum Schutz von Frauenrechten kippen will. Ein wichtiges Stimmen-Potential stammt aus dem Umfeld von Militär und Polizei. Einerseits konnte VOX bei den Spanienwahlen mehrere Armee-Generäle auf ihre Listen setzen; andererseits war der Anteil der VOX-Stimmen im Umfeld von Guardia-Civil-Kasernen sechs Mal so hoch wie im Durchschnitt – klare Zeichen, woher der Wind kommt.

Zusammen mit den Europa-Wahlen werden am 26. Mai 2019 staatsweit auch die kommunalen Parlamente neu gewählt, dazu kommt in Navarra das regionale Parlament. Die virtuelle Tageszeitung Publico hat dies zum Anlass genommen, die Kandidatenlisten der ultrarechten Partei in dieser baskischen Region zu prüfen. Dabei kommt eine enge Verbindung zu der ultrakatholischen Organisation Opus Dei (Werk Gottes) zum Vorschein. Was ist Opus Dei? Der Name dieser katholischen Organisation ist eigentlich “Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Die“ (latein: Praelatura Sanctae Crucis et Operis Dei), eine 1928 gegründete Institution in der römisch-katholischen Kirche. Kirchenrechtlich stellt sie eine Personalprälatur dar.

Das “Werk Gottes“

“Die Seelsorgeeinrichtung wurde 1928 von Josemaría Escrivá als Zusammenschluss von Laien mit dem Ziel der Heiligung der Arbeit und der Verchristlichung der Gesellschaft gegründet. Opus Dei lehrt, dass jeder Christ aufgrund der Taufgnade zur Heiligkeit berufen ist und dass das normale Leben ein Weg zur Heiligkeit ist“.

Wikipedia weiß zu berichten, dass der Opus-Gründer Escrivá während des Spanienkrieges 1937 in den von General Franco besetzten Teil Spaniens floh. “Seit den 1950er Jahren wurde Opus Dei eine wichtige Stütze des politischen Systems des Franquismus, wobei es die nationalistische Falange verdrängte. In Francos letzten Regierungsjahren gehörten zehn der neunzehn Kabinettsmitglieder dem Opus Dei an und einige dem Übergangskabinett nach Francos Tod. Starken Aufwind erfuhr Opus Dei in Chile unter Augusto Pinochet. In diesem Land wird der Organisation ein großer Einfluss auf den Entwurf der Verfassung von 1980 nachgesagt".

“Der Gründer selbst enthielt sich direkter politischer Einflussnahme. Ihm wird jedoch vorgeworfen, Bewunderer Francos gewesen zu sein und in seinem Werk ‘Der Weg‘ eine Nähe zum Faschismus zu zeigen. Ähnlich der Situation in anderen Staaten Europas stand der spanische Katholizismus damals autoritären Regierungsformen nicht ablehnend gegenüber". So viel zum Hintergrund vieler VOX-Freunde und Unterstützer, es folgt ein Blick ins Detail.

VOX in Navarra

Auffällig viele Kandidat*innen von VOX in der autonomen Region Navarra haben an der Universität Navarra studiert oder arbeiten dort. Hinter dem neutralen Namen versteckt sich keine staatliche Universität, sondern die des Opus Dei. Einige dieser VOX-Freunde waren früher Kandidaten der Volkspartei PP. Doch die Ultrarechten tragen verschiedene Trachten und wechseln sie mitunter. Bei VOX heißt es, die Kandidaten seien keine Extremisten, sondern Leute “von extremer Notwendigkeit“. In Navarra will die Partei in das Autonomie-Parlament einziehen, das sie nach eigener Aussage auflösen will. Parteiführer Santiago Abascal (ein Baske aus Amurrio) und die Seinen können voller Stolz ihre Kandidaten präsentieren, die in einer der prestige-trächtigsten Privat-Universität des spanischen Staates studiert haben. Eine katholische Universität, sehr katholisch, ultra-katholisch: die Universität des Opus Dei.

Verschiedene Kandidaten und Kandidatinnen aus der Region haben in ihrem Curriculum eines gemeinsam: sie kommen aus der UNAV, der vom Opus Dei gegründeten Universität Navarra, ihr Rektor ist Prälat des Opus. “Diese Prälatur der katholischen Kirche erklärt sich zum Ziel, das christliche Leben bei der Arbeit, in der Familie und anderen Tätigkeiten zu vervollkommnen. Im Universitäts-Alltag wird von Studentinnen, Professorinnen und anderen Bediensteten erwartet, sich “freiwillig“ den Zielen des Opus zu unterwerfen und ein tadelloses Benehmen an den Tag zu legen.

Aus dieser Universität kommt zum Beispiel der Kandidat Nummer 1 für das navarrische Regionalparlament, Javier Horno Gracia. Er hat in der UNAV sein Diplom in Hispanischer Philologie erworben. Horno ist gleichzeitig im Vorstand der rechtsradikalen Partei in Navarra. Kandidatin Nummer 2 ist Ixone Sánchez Herrero, diplomiert in Audiovisueller Kommunikation an der Opus-Uni. „Kreativ, flexibel, dynamisch, viel Initiative und schnelle Anpassung an neue Umgebungen und Unternehmenskulturen“, das steht in ihrer LinkedIn-Beschreibung, wo sie sich gleichzeitig als „perfektionistisch, detailverliebt, ernsthaft, loyal, professionell, hilfsbereit und aktiv im Einsatz für die Erreichung von Zielen“ bezeichnet.

Keine tiefen Blicke

Im Mai 2010 machte Sánchez Herrero in einem Artikel im Blog Donna Press (von Periodista Digital) öffentlich deutlich, wie sich – ihrer Meinung nach – Frauen bei der Arbeit kleiden sollten. Zum Arbeits-Look schrieb die VOX-Kandidatin: “Schrillheit, tiefe Dekolletees, zu kurze Röcke, eng anliegende und auffällige Kleidung vermeiden. Obligatorisch ist die Sorgfalt beim Haarschnitt, bei der Schminke, bei der Pflege der Hände, sowie Zurückhaltung beim Gebrauch von Parfüm“.

Ein paar Listenplätze weiter unten erscheint ein Mann mit kompliziertem Namen: der Industrie-Ingenieur Eduardo Gutiérrez de Cabiedes Hidalgo de Caviedes, Nummer vier bei VOX für den Kongress (zweite staatliche Kammer). Er wurde ebenfalls an der UNAV ausgebildet und an der IESE Business School, der Postgraduierten -Schule für Unternehmensleitung des Opus-Zentrums. Aktuell ist er beigeordneter Professor bei TECNUN, der Ingenieursschule der UNAV. Diese Verbindung hat eine familiäre Geschichte: der VOX-Kandidat ist Sohn des verstorbenen Eduardo Gutiérrez de Caviedes, Vize-Dekan der Rechts-Fakultät der UNAV. Der Kandidat Gutiérrez de Caviedes hat eine weitere Gemeinsamkeit mit anderen auf der Wahlliste: er war auch schon als Kandidat für die postfranquistische Volkspartei PP aufgestellt. Konkret bei den Kommunalwahlen von 2011, als Nummer 1 der PP für das Rathaus in Bera. Die damals erzielten 6,9% waren nicht ausreichend, einen Platz als Stadtrat zu ergattern.

Der Verweigerungs-Kandidat

Ein weiterer Absolvent von UNAV und IESE auf der VOX-Liste ist Mariano Bailly-Bailliere Torres-Pardo, mit Diplom in Philosophie und Master in Wirtschaft. „Ich habe eine humanistische akademische Ausbildung (Philosophie), ergänzt durch einen Master zum Abschluss meiner Studien, weil mir früh meine Neigung zum Management bewusst wurde“, beschreibt er sich selbst bei LinkedIn. Bailly-Bailliere erlangte vor einigen Jahren eine gewisse Berühmtheit als Sprecher der Initiative Objetores.org (Verweigerer.org). Dabei handelte es sich um eine Gruppe von Eltern, die sich sperrten, dass ihre Kinder statt Religion einen Bürgerrechts-Unterricht erhielten.

Einer von der PP ein anderer von Franco

Die Ultra-Partei VOX kandidiert in neun Orten, einschließlich Pamplona. Auf den Listen für die Rathäuser erscheinen ebenfalls Absolventen der Universität Navarra. Einer ist Hartioun Tarjenian Astour, mit Medizin-Abschluss, er ist die Nummer 3 für das Egués-Tal. 2011 war er noch die Nummer 5 bei der PP in Zizur gewesen, einer anderen navarrischen Stadt.

Eben dort, in Zizur, steht einer auf der VOX-Liste, der seinen Facebook-Account dazu nutzt, den Franquismus hochleben zu lassen. Benito Guembe Cabra, erster Ersatzkandidat, hat in den vergangenen Tagen eine Botschaft des Restaurants “Casa Pepe“ verbreitet, das bekannt ist für seine Bewunderung für die Diktatur. Auf dem Foto mit einer Essenszene erscheinen die Flaggen der Franquisten und der Falange, daneben zwei Weinflaschen mit dem Diktator Franco auf dem Etikett. Auch sexistische Witze sind auf diesem Facebook-Account an der Tagesordnung (…)

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