[Stuttgart] Wandzeitungen zum 1. Mai 2019

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Im Vorfeld des 1. Mai 2019 wurden in Stuttgart (Ost) Wandzeitungen zu den Themen Gentrifizierung, Frauenkampf, Antifaschismus und Rojava aufgehängt.

 

Nach wie vor sind wir in unserem Alltag mit Gentrifizierung, Faschismus und Sexismus konfrontiert: Die Mietpreise explodieren, die AfD schwingt sich zusammen mit anderen rechten Hetzern zu neuen Wahlsiegen auf und Frauen sind im Alltag weiterhin von Unterdrückung betroffen.

Währenddessen stellt Rojava ein positives Beispiel für einen fortschrittlichen und solidarischen Gesellschaftsentwurf unserer Zeit dar, nicht nur im Mittleren und Nahen Osten, sondern weltweit.

Um diese Themen auch in Stuttgart Ost in die Öffentlichkeit zu tragen haben wir die Wandzeitungen an verschiedenen Orten aufgehängt. Damit wollen wir Menschen für diese Themen sensibilisieren und sie dazu aufzurufen für ihre Rechte aufzustehen und am 1. Mai – und darüber hinaus – auf die Straße zu gehen.

1. Mai Demonstration | 11:30 Uhr | Karlsplatz


#Mietenwahnsinn

Gemeinsam gegen Gentrifizierung und Verdrängung!

Gemeinsam für ein besseres Leben – am 1. Mai und darüber hinaus!

 

Aktuell zeigt sich: das Leben in der Stadt wird immer attraktiver und reizvoller für Menschen, dementsprechend zieht es immer mehr (v.a. junge) Menschen in die Städte. Dieser Trend ist auch in Stuttgart zu sehen, das jährlich durchschnittlich um etwa 7000 Einwohner*innen mit Hauptwohnsitz in Stuttgart wächst.

Der Bevölkerungszuwachs führt allerdings zwangsläufig auch zu Wohnungsnot und dadurch zu erhöhtem Wettbewerb um Miet- und Eigentumswohnungen im Großraum Stuttgart. Stuttgart steht bei Neubau-Mehrfamilienhäusern deutschlandweit auf Platz 3 der teuersten Städte nach München und Frankfurt. Was die durchschnittliche Nettokaltmiete angeht, steht Stuttgart mit 9,76€ pro Quadratmeter innerhalb Deutschlands sogar auf Platz 2 nach München.

Und dennoch stehen viele Immobilien jahrelang leer, da Eigentümer*innen diese als Spekulationsobjekte und zur Gewinnmaximierung nutzen. Immer mehr Menschen können sich die Mieten im Stadtgebiet Stuttgart nicht leisten und werden durch Mieterhöhungen aufgrund von (Luxus-)Sanierungen oder Abriss verdrängt.

Ebendiese Verdrängungen durch Aufwertungen und Erneuerungen einzelner Wohnungen, Häuser, Straßen und schließlich Stadtteile ist auch bekannt unter dem Begriff der Gentrifizierung.

Dies ist auch in Stuttgart-Ost zu sehen: Selbst das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung Stuttgart stellte 2017 fest, dass unter anderen die Stadtteile Stöckach und Ostheim bereits von Gentrifizierung betroffen oder davon bedroht sind.

Das Sanierungsgebiet „Stöckach 29“ oder das EnBW-Areal am Stöckach sind Beispiele wo von Seiten der Stadt mit dem Thema Gentrifizierung versucht wird, umzugehen. Es soll Anwohner*innen möglich gemacht werden, sich an der Gestaltung des Stadtteils Stöckach aktiv zu beteiligen und sich dadurch mehr mit diesem zu identifizieren. Dies ist wohl ein Versuch des Umgangs mit Gentrifizierung und der dadurch entstehenden Verdrängung. Allerdings gaukelt dieser Schein-Partizipations-Prozess den Anwohner*innen vor, dass sie ein Wahl- und Stimmrecht bei der Veränderung des Stadtteils hätten, wobei der tatsächlichen Prozess der Veränderung des Stadtteils bereits viel früher an ganz anderen Stellen beschlossen wurden.

Und auch an anderen Stellen in Stuttgart-Ost gibt es Projekte, die versuchen, dass Anwohner*innen ihren Stadtteil gemeinsam gestalten können. Dazu stellt die Stadt Stuttgart Flächen zur Verfügung, um Projekte zu unterstützen. So zum Beispiel Urban Gardening, bei welchem kollektiv innerstädtische Gartenflächen bewirtschaftet werden, oder das Kino am Kernerplatz. Diese sind jedoch immer auf das Wohlwollen der Stadtvertretung angewiesen und dadurch nicht autark.
Das selbstverwaltete Stadtteilzentrum Gasparitsch ist eine Möglichkeit, sich in Stuttgart-Ost einzubringen. Dadurch, dass es unabhängig von städtischen Unterstützungsmaßnahmen ist, gibt es dort noch viel mehr die Möglichkeit, eigenverantwortlich die Gestaltung des Stadtteils in die Hand zu nehmen und sich dort einzubringen.

Wir wollen eine Rückeroberung der Stadt durch die Mieter*innen selbst. Wir wollen in die Entscheidungsprozesse der Stadt eingebunden werden und nicht nur darüber informiert werden oder im Kleinteiligen abstimmen. Wir möchten entscheiden, wann sich etwas im Stadtteil verändern soll und wie, denn wir sind als Anwohner*innen des Stadtteils die Experten/Expertinnen. Wir wollen nicht aus dem Stadtteil verdrängt werden, sondern weiterhin die Möglichkeit haben, diesen aktiv mitzugestalten und Gentrifizierung entgegen zu wirken.

Dafür gehen wir am 1. Mai auf die Straße und demonstrieren gegen Verdrängung und für eine gemeinsame Gestaltung der Stadt.

1) Vgl.: https://www.lpb-bw.de/wohnen_stuttgart.html, alternative Quelle: https://recht-auf-wohnen.de/wp-content/uploads/2018/02/DIFU-Fallstudie-S...
2) Vgl.: https://www.lpb-bw.de/gentrifizierung_stuttgart.html
3) Vgl.: https://www.lpb-bw.de/gentrifizierung_stuttgart.html
4) Vgl.: https://www.stoeckach29.de/was-ist-was/gentrifizierung-am-stoeckach.html...

 


 

 

#Antifaschismus

Für ein solidarisches & antifaschistisches Stuttgart-Ost!

Gemeinsam für ein besseres Leben – am 1. Mai und darüber hinaus!

In ganz Deutschland fanden und finden immer wieder Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte durch Nazis und Rechte statt. Im Jahr 2018 gab es 1775 Angriffe auf Geflüchtete, 173 Angriffe auf Unterkünfte und dabei 315 verletzte Personen. Damit ist die Zahl der Übergriffe leicht gesunken, aber immer noch erschreckend hoch.

Was auf der Straße bei Angriffen und Hetzjagden endet, beginnt schon viel früher in den Köpfen und Vorstellungen einiger Menschen. Durch den Rechtsruck der Parteien und auch in Teilen der Gesellschaft ist es wieder vertretbar geworden sich rassistisch, homophob und frauenfeindlich zu äußern. Was früher nicht mal gedacht wurde, wird heute oft mit der Floskel „das wird man ja noch sagen dürfen“ ausgesprochen und damit salonfähig gemacht. Alte nationalsozialistische Ideen werden in diesem Zusammenhang durch rechte Parteien wie dem III. Weg wieder aus der Mottenkiste geholt. Aber auch neue rechte Bewegungen und die AfD bringen diese Gedanken wieder hervor. Bei der AfD heißt die alte „Blut und Boden“Ideologie der Nationalsozialisten nicht mehr „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“, sondern wird mit der Verteidigung des deutschen Kulturkreises und der christlichen Werte gegenüber allem Fremden verschleiert. Gemeint ist aber immer das Gleiche.

In Parlamenten, wie auch dem Landtag von Baden-Württemberg, sind rechte Parteien wieder mit zum Teil zweistelligen Ergebnissen vertreten. Die AfD erhielt z.B. bei der letzten Bundestagswahl ca. 8% der Stimmen in Stuttgart-Ost und ist mit 2 Politikern im Bezirksbeirat vertreten. Rassistische, homophobe und frauenfeindliche Positionen und Weltbilder werden immer offener verbreitet und finden dadurch zunehmend Anklang in der Bevölkerung.

2019 wird in Baden-Württemberg auf kommunaler Ebene gewählt und die Europawahlen stehen an. Auch hier wird u.a. die AfD wieder antreten und versuchen ihre scheinbaren Lösungen - die auf rassistischer Hetze basieren - durch Wahlwerbung ins Stadtbild zu tragen.

Dieser Hetze gilt es ein solidarisches Menschenbild entgegenzusetzen und eine Gesellschaft aufzubauen, die die Bedürfnisse aller Menschen und nicht deren Herkunft oder Aussehen in den Mittelpunkt stellt. Wir müssen erkennen, dass wir nur gemeinsam gegen alte und neue Rechte stark sind. Hierfür ist der erste Ansatzpunkt der Ort, an dem verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten zusammenkommen: der Stadtteil. Egal ob Geflüchtete, Ausländer, Andersdenkende, anders Aussehende oder Alteingesessene. Sie alle wohnen im selben Stadtteil und somit wird unsere Umgebung zur gemeinsamen Klammer, an der wir zusammen ansetzen müssen. Daher streiten und kämpfen wir für ein solidarisches und antifaschistisches Stuttgart-Ost.

Dies wollen wir auch am 1. Mai auf die Straße tragen und gemeinsam für einen solidarischen Umgang im Betrieb, im Verein oder unter Nachbarn einstehen. Rassisten wollen uns spalten und gegeneinander aufbringen, dabei müssen wir erkennen, dass nicht die ausländische Kollegin oder der uns fremd aussehende Nachbar unser Feind ist, sondern die, die uns tagtäglich ausbeuten und unterdrücken.


 

#Frauenkampf

 Gemeinsam für ein besseres Leben – am 1. Mai und darüber hinaus!

 Für die Organisierung der Frauen* - Gegen Sexismus und die patriarchalen Verhältnisse

Kennt ihr das nicht auch?

Ihr wollt nach einem stressigen Arbeitstag oder der Nacht im Club einfach mit der Bahn nach Hause fahren, ihr seid müde und wollt einfach nur eure Ruhe. Dann kommen gerne mal Männer, setzen sich neben euch, reden ungefragt mit euch, rücken euch zu Nahe oder berühren euch, wie ganz zufällig beim Ein- oder Ausstieg am Hintern oder den Brüsten. Hierzu gehört auch das sog. Manspreading, wenn Männer sich in der U-Bahn so breitbeinig hinsetzen, dass für die meist weibliche Nebensitzerin kaum noch Platz ist. Das sind in dem Moment dann scheinbar einzelne „Arschlöcher“, die dahinter liegenden Ursachen gehen jedoch viel tiefer.

Wir leben in einer Gesellschaft, die Frauen und Männer Rollen und Eigenschaften zuschreibt, die oft unhinterfragt als naturgegeben angesehen werden. Dadurch werden oben genannte Situationen begünstigt oder überhaupt erst möglich. Frauen wird zugeschrieben, dass sie fürsorglich und emotional sind sowie von sich aus gerne Sorgearbeit leisten wollen. Es sei ihnen scheinbar in die Wiege gelegt. Daraus resultierend herrscht die allgemeine Auffassung, dass wir Frauen wenn wir angesprochen werden dies auch automatisch gut finden und für den Mann permanent verfügbar sind. Führen wir auf der anderen Seite jedoch eine Beziehung oder Ehe wird ein Besitzanspruch über uns erhoben, womit wir direkt oder indirekt in einer permanenten Kontrolle durch Männer stehen.

Das kennt ihr sicher auch oder? Wenn man Anmachsprüche ablehnt und der Gegenpart aggressiv reagiert, da man nicht ständig bereit ist für Körperlichkeiten oder seelische Zuwendung. Bekannte Sprüche an dieser Stelle: „Wie du willst nicht, hast du einen Freund?“ oder „Hasst du Männer?“. Gerade wenn man alleine auf dem Nachhauseweg ist, ist das besonders unangenehm und macht ein beklemmendes Gefühl. Der öffentliche Raum ist gerade abends männlich geprägt und uns wird hier wenig Platz zugestanden. Dadurch werden wir weiter ins Private gedrängt und der uns zur Verfügung stehende Freiraum weiter eingeschränkt.

Der Anspruch, über Frauen scheinbar natürlich Kontrolle ausüben zu können, begegnet uns aber nicht nur auf der Straße und in Beziehungen, sondern auch in der Familie und im Freundeskreis. Wir wollen jedoch selbst über uns bestimmen und für uns Entscheidungen treffen können.

Wir sagen NEIN zu Berührungen, nach denen wir nicht verlangt haben, zu Schlägen, die folgen, wenn keine Argumente mehr ausreichen und zu sexueller Nötigung, die wir EBEN NICHT durch unser Verhalten oder Aussehen provoziert haben. Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der wir abends keine Angst haben müssen, wenn wir alleine nach Hause gehen. Wir wollen frei sein vom Zwang, uns und unseren Körper schützen zu müssen. Wir wollen frei von patriarchaler Unterdrückung sein, so dass alle Menschen gleichberechtigt miteinander leben können.

Deswegen gehen auch wir am 1. Mai auf die Straße, um für eine Gesellschaft einzustehen, in der alle Geschlechter gleichberechtigt miteinander leben können und frei sind von Zwängen und Unterdrückung.

Frauenkollektiv Stuttgart

www.kurzlink.de/frauenkollektiv0711


 

#DefendRojava

Rojava - Selbstverwaltung im Norden Syriens

Gemeinsam für ein besseres Leben – am 1. Mai und darüber hinaus!

Seit Juli 2012 ist Rojava, die Region im Norden Syriens unter Selbstverwaltung der dortigen Bevölkerung und trotzt damit dem herrschenden (Bürger-)Krieg, wie auch den geostrategischen Interessen der Großmächte vor Ort.

Rojava – eine solidarische Gesellschaft

2012 wurden die Truppen des Assad Regimes verdrängt und eine in weiten Teilen selbstverwaltete Regierungsverwaltung und Infrastruktur aufgebaut. Dieser Entwurf einer neuen Gesellschaft, der sich auf alle Teile der Gesellschaft erstreckt und alle Ethnien und Völker mit in die Gestaltung einbezieht, orientiert sich dabei nicht am Profit, sondern an den Bedürfnissen der Menschen.

Kommunale Rätestrukturen tragen dabei die ökonomischen, politischen und sozialen Aufgaben der Gesellschaft selbst. Dies reicht von der Kollektivierung der Verwaltung, der Wasser-, Strom-, und Lebensmittelversorgung, dem Aufbau von Kooperativen in der Landwirtschaft und der Textilproduktion. Dazu zählt außerdem die Bildung und Organisation der Verteidigung bis zur Verdrängung patriarchaler Gewalt sowie die Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Rojava ist damit das Beispiel für einen fortschrittlichen und solidarischen Gesellschaftsentwurf unserer Zeit, nicht nur im Mittleren und Nahen Osten, sondern weltweit. Gleichzeitig bedeutet dieser Gesellschaftsentwurf auch einen bedeutenden Fortschritt für die Bevölkerung vor Ort.

Rojava verteidigen

Seit Anfang dieses Jahres ist die letzte Stellung des IS im Norden Syriens gefallen. Dies war nur möglich durch die Verteidigungseinheiten aus Rojava und dem Shengal, die aktiv gegen die islamistischen Milizen vorgegangen sind, während diese von der Türkei unterstützt worden sind.

Rojava wurde jedoch auch von Beginn an von reaktionären Regimes angegriffen: Ob die USA, Russland, die Türkei, Irak, Iran oder Saudi-Arabien, sie alle versuchen ihre Interessen in der Region durchzusetzen und Rojava damit zu gefährden.
Um den Aufbauprozess vor Ort zu verteidigen, ist die militärische Verteidigung also notwendig und wird von verschiedenen Verteidigungseinheiten forciert: YPG, YPJ, aber auch das Internationale Freiheitsbattallion, das sich aus InternationalistInnen verschiedener Spektren zusammensetzt, und einige andere Strukturen kämpfen mit ihrem Leben gegen den IS und die Angriffe der reaktionären Regimes.

Während der IS jetzt endgültig zerschlagen zu sein scheint, rückt der Angriffskrieg der Türkei bedrohlich näher. Der Angriffskrieg auf Afrin im Januar 2018 mit der Zerstörung der Infrastruktur vor Ort und dem Abschneiden jeglicher Versorgungswege zeichnet ein Bild des drohenden Krieges, der seitens der Türkei mit allen Mitteln geschlagen werden wird.

Neben den geostrategischen Interessen und der damit verbundenen ökonomischen Dimension, geht es auch darum das „Projekt Rojava“ an sich zu schwächen und zu zerschlagen. Denn Rojava ist zu einem positiven Bezugspunkt für freiheitsliebende Menschen weltweit geworden und das in einer Region, die von reaktionären und repressiven Regimes dominiert wird. Es ist der Kampf für Freiheit inmitten von Unfreiheit und bedeutet für die Völker in der Region einen bedeutenden Fortschritt.

So ist der drohende Krieg gegen Rojava nicht nur ein Angriff gegen die Bevölkerung vor Ort, sondern ein Angriff auf den Kampf um Freiheit und Befreiung an sich.

Verteidigen wir gemeinsam Rojava und stellen uns dem drohenden Angriffskrieg entschlossen entgegen!

Aus diesem Grund: Beteiligen wir uns auch in diesem Jahr an den Aktivitäten rund um den 1. Mai, machen die Perspektive einer Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung sichtbar und zeigen wir unsere Solidarität mit Rojava!

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