Der 8. März 2019, Frauenkampftag in Stuttgart

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" Die Macht liegt in den Händen der Frau "

" Der Kampf geht weiter "

 

Am diesjährigen 8. März haben wir mehrere Aktionen rund um den Frauenkampftag in Stuttgart organisiert und durchgeführt.

So haben wir morgens am Ostendplatz um die 100 rote Nelken mit der Einladung zur Demonstration am Schlossplatz an Passantinnen aus dem Stadtteil verteilt. Die Reaktionen waren durchweg positiv, die Aktion kam gut an und so gelang es, die Thematik des Kampfs um die Befreiung der Frau in die Bevölkerung zu tragen und die Menschen im Stadtteil auf die Demonstration am Abend des 8. März aufmerksam zu machen.

Weiter ging es mit der Aktion 5 vor 12 (wider)setzen wir uns, eine bundesweite Aktion zum Frauenstreik am 8. März 2019. Wir waren gemeinsam mit einigen Frauen und Queers an drei zentralen Orten in der Stadt und haben mit Stühlen gestreikt und Fotos unter dem bundesweiten #ichstreike8M hochgeladen. Wir ernteten viel positive Kritik und kamen an jedem der öffentlichen Orten mit vielen Menschen ins Gespräch.

Die wichtigste Aktion am 8. März war für uns die kämpferische Demonstration, die um 17.30 Uhr am Schlossplatz startete. Organisatorin der politischen Aktion war das Frauenbündnis Stuttgart, in welchem 13 politisch gesamtgesellschaftliche und feministische Gruppen aktiv sind.

 

Dies sind:
ADKH-Demokratische Frauenbewegung in Europa, FAU Stuttgart, Frauenverband Courage, Frauenkollektiv Stuttgart, HDKA-A Stuttgart, MLPD , Neue Frau (Yeni Kadin), Samstagsmütter, Sozialistische Frauenbewegung (SKB), YJK-E, Zusammen Kämpfen Stuttgart, Yasanacak Dünya, Rahai Zan (Iranische Organisation)

Mit um die 900 Menschen zogen wir entschlossen und mit einer tollen Stimmung durch die Innenstadt Stuttgarts. Vom Schlossplatz durch die Bolzstraße über die Theodor-Heuss-Straße. Am Rotebühlplatz wurde eine Zwischenkundgebung mit mehreren Reden abgehalten.

Weiter ging es über die Eberhardstraße zum Marktplatz, wo die Demonstration ihren Abschluss fand.

Inhaltlich setzten sich die Kundgebung und die Demonstration mit vielen Facetten des Frauenkampfes auseinander. Dieses Jahr stand der 8. März ganz unter dem Zeichen des Frauenstreiks, worauf viele der teilnehmenden Gruppen eingegangen sind. So haben wir uns auch bei der bundesweiten Aktion „Globaler Aufschrei“ beteiligt. Weiter beinhalteten die verschiedenen Redebeiträge der Gruppen Themen wie Arbeitskämpfe und den Aufbau einer feministischen Streikbewegung, weiter wurde das Zusammenwirken des Kapitalismus mit dem Patriarchat beleuchtet und die daraus resultierenden Konsequenzen im Frauenkampf.

Besonders betont wurde die wachsende Kriegsgefahr im Nahen Osten und eine Beteiligung der deutschen Regierung, was weitreichende Folgen für Bevölkerung der befreiten Gebiete Kurdistans haben wird, mit Hauptaugenmerk auf die Situation der Frauen vor Ort. Auch wurde sich solidarisch mit der Hungerstreikenden Leyla Güven gezeigt und dies thematisiert. Weiter wurde auch die Situation der Frau im the0kratischen Iran mit einem Theaterstück der Gruppe "Rahai Zan" geschildert.

Durch Parolen, Redebeiträge und Flyer, die entlang der Demonstrationsroute verteilt wurden, erreichten wir viele PassantInnen, um die Bedeutung des Frauenkampfs und dem 8. März in der Gesellschaft präsent zu machen.

Der 8. März steht nur symbolisch für den Kampf der Frauen, der Kampf um Befreiung darf aber nicht nur an diesem speziellen Tag geführt werden, er muss an jedem einzelnen Tag geführt werden.

Dennoch ist es wichtig, dass sich an diesem Datum möglichst viele Personen an den vielfältigen Aktionen beteiligen, um gemeinsam gegen die Unterdrückung und die Herrschaft des Patriarchats und für eine solidarische Gesellschaft und die Befreiung der Frau zu kämpfen.

Nur gemeinsam und organisiert ist das Ziel von einer befreiten Gesellschaft zu erreichen.

 

Rede Frauenkollektiv

Seit 1910 wird der internationale Frauenkampftag nun gegangen, um jährlich die Forderung der Frauen nach einem gleichberechtigten Leben auf die Straße zu tragen. Zum Zeitpunkt der Einführung des Frauenkampftages stand die Forderung nach dem Frauenwahlrecht ganz vorne. 10 Jahre später, im Januar 1919, war es so weit: Frauen durften zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands an die Wahlurnen treten und auch selbst in politische Ämter gewählt werden. Diese Forderung wurde zwar erfüllt, aber selbst 100 Jahre später sind noch viele andere unerfüllt: Frauen verrichten noch immer einen Großteil der Reproduktionsarbeit, werden schlechter als die männlichen Kollegen bezahlt und sind im Alltag mit sexualisierter Gewalt und sexistischer Degradierung konfrontiert.

Es ist nicht ausreichend, eine scheinbare Gleichstellung von Mann und Frau zu erkämpfen und sich mit dem Status quo zufrieden zu geben. Die Gesellschaft hat sich im letzten Jahrhundert gewandelt und die Rechte der Frauen wurden zumindest partiell gestärkt. Doch solange Frauen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden, sei es durch prekäre Beschäftigung, unentgeltliche Arbeit in der Familie oder sexistische Werbung, ist unser Ziel noch lange nicht erreicht. Doch nicht nur die alltägliche Diskriminierung sollte uns zum Handeln bewegen, allein im Jahr 2017 wurden 113.965 Frauen Opfer von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt, die Dunkelziffern liegen vermutlich sehr viel höher. Seit längerer Zeit lässt sich auch ein gesellschaftlicher Rückwärtstrend feststellen, der vor allem von rechten und konservativen Parteien und Bündnissen vorangetrieben wird. So sollen Frauen wieder in ihre „angestammte“ Rolle gedrängt werden, sich ganz der Familie, deren Fürsorge und dem Haushalt widmen, dem Mann wird die Rolle des starken Ernährers und Versorgers zugeschrieben. Auch bei den anstehenden Kommunal- und Europawahlen in Baden-Württemberg werden diese Parteien mit ihren historischen Weltanschauungen auf Stimmenfang im konservativen, patriarchalen Lager gehen. Wir Frauen müssen gemeinsam dagegen kämpfen, dass uns die erkämpften Fortschritte aberkannt werden und wir wieder in die unterwürfige und abhängige Position gedrängt werden, aus der wir uns eigentlich komplett befreien wollen.

Oft wird der Feminismus für tot erklärt, da „es den Frauen (in Deutschland) doch gut gehe“. Aber geht es uns wirklich so gut, dass es nichts mehr gibt, wogegen es sich zu kämpfen lohnt? Die Antwort darauf kann nur ein entschiedenes NEIN sein: Wir leben in einer patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft, die Frauen auf vielfältige Art und Weise unterdrückt. Alle bisher erreichten Fortschritte mussten in einer männerdominierten Gesellschaft von feministischen Vorreiterinnen hart erkämpft werden. Veränderungen ereignen sich nicht von selbst, sie erfordern gesellschaftlichen Druck und eine breite Masse, die sie fordern. Es ist nun an uns, diese Kämpfe weiterzuführen und bereits Erreichtes zu verteidigen. Shirts zu tragen, die mit feministischen Parolen bedruckt sind oder auf Twitter feministische Posts abzusetzen und zu liken kann aber nur ein Anfang sein. Was danach folgen muss, ist eine gemeinsame Organisation der Frauen, sei es im Stadtteil, in der der Stadt, landesweit oder international. Klar muss sein, dass wir unsere Ziele nur gemeinsam erreichen. Und nur zusammen können wir den Kampf gegen das Patriarchat aufnehmen, führen und in letztendlich auch gewinnen.

Lasst uns daher heute gemeinsam auf die Straße gehen und vereint für unsere Rechte einstehen. Lasst uns die Tradition dieses wichtigsten feministischen Kampftages aufrechterhalten und uns in eine lange Tradition kämpfender Frauen einreihen.

Frauen die kämpfen, sind Frauen, die leben!

 

Aufruf Frauenkollektiv:

 

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Rede Zusammen Kämpfen:

 

 

Liebe Genossinnen, liebe Freundinnen, liebe Passantinnen,

 

 

Die Geschichte der Frauenkämpfe ist vielfältig. Sie ist gespickt mit kleineren und größeren Errungenschaften auf dem Weg zur Befreiung der Frau. Diese Errungenschaftenwurden über Jahrzehnte hinweg gegen den Widerstand einer patriarchalen Gesellschaft erkämpft.

 

Doch auch wenn bereits Verbesserungen erstritten werden konnten, sind immer noch viele alte und neue Forderungen nicht erreicht und müssen nach wie vor erkämpft werden – am 8. März, wie an jedem anderen Tag auch.

 

Denn wir sind mit einer rückwärtsgewandten Politik konfrontiert, die althergebrachte Geschlechterrollen propagiert und sich einer tatsächlichen Emanzipation entgegenstellt.
Denn, trotz der vielen verschiedenen Frauenkämpfe und Errungenschaften hat die patriarchale Gesellschaftsordnung in ihrer Gesamtheit überlebt und entwickelt sich stetig weiter.Nicht zuletzt weil das kapitalistische System vom Patriarchat profitiert, und sich dessen Wirkmechanismen zu Nutze macht.

 

Daher muss es für uns heißen, nicht nur für die Befreiung der Frau vomPatriarchat sondern auch vom Kapitalismus zu kämpfen, denn das Patriarchat bietet große Vorteile für die kapitalistische Mehrwertproduktion. So ist es z.B. gut wenn die Verrichtung der Reproduktionsarbeit, wie etwa Kindererziehung, Essenszubereitung, putzen, Angehörige versorgen usw. - ohne Bezahlung von Frauen erledigt wird. Dies hält – in der kapitalistischen Logik – dem Mann den Rücken frei, was ihn länger und effizienter arbeiten lässt und die Mehrwertproduktion steigert.

 

Es wird oftmals nur gegen eine dieser beiden Unterdrückungsmechanismen gekämpft oder die Kämpfe getrennt voneinander geführt. Beispielsweise finden in Lohnforderungen oder Streiks wenig weibliche Forderungen ihren Platz, während es in feministischen Kämpfen oftmals hauptsächlich um die Gleichstellung von Mann und Frau geht und die kapitalistischen Wirkmechanismen außer Acht gelassen werden.

 

Wir sagen: Eine feministische Perspektive muss die systematische Ausbeutung und Unterdrückung im Kapitalismus im Blick haben.

 

Wir sagen: Linke Politik und eine antikapitalistische Perspektive muss immer auch den Kampf gegen das Patriarchat beinhalten, da dieses nicht mit dem Niedergang des Kapitalismus automatisch verschwinden wird.

 

Es muss uns also darum gehen zusammen gegen Kapitalismus UND das Patriarchat zu kämpfen. Der diesjährige Frauenstreik macht den Versuch beides zusammenzubringen. In zahlreichen Städten sind heute tausende Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Wut und ihre Unzufriedenheit mit der systematischen Ausbeutung und Unterdrückung auszudrücken.Diese Bewegung macht deutlich, welche Macht in den Händen der Frauen* liegt. Denn die Welt steht still, wenn wir die Arbeit ruhen lassen – ökonomisch und politisch.

 

Darum lasst uns gemeinsam an dem heutigen Tag, an den Erfolgen, den gemachten Erfahrungen und den Kämpfen anknüpfen – nehmen wir die Geschichte in die eigenen Hände und kämpfen – nicht nur am 8. März, sondern Tag für Tag gegen:

 

  • kapitalistische Ausbeutung

  • ungleiche Bezahlung

  • veraltete Rollenbilder

  • Sexistische Verhaltensweisen

  • Gewalt jeglicher Art gegen Frauen

Und für:

 

  • die Befreiung der Frau

  • und für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, jenseits von Patriarchat und Kapitalismus

 

Aufruf Zusammen Kämpfen

http://zkstgt.blogsport.eu/die-macht-liegt-in-den-haenden-der-frau/

 

 

 

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