344.798 Haushalte 2013 vom Strom abgeklemmt
Laut dem am 02.Dezember 2014 veröffentlichten Monitoringbericht 2014 der Bundesnetzagentur wurde im Jahr 2013 344.798 Haushalten der Strom gesperrt, weil sie sich die steigenden Strompreise nicht mehr leisten konnten. Das sind 23.000 Haushalte mehr als im Vorjahr. Allein in Berlin hat die zu Vattenfall gehörende Stromnetz Berlin GmbH 2013 17.184 Haushalten den Strom abgeklemmt. Jede Stromabklemmung bedeutet einen massiven Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen. Die Stromkonzerne haben damit 350.000 mal Unrecht zu verantworten.
Die Zahlen sind ein Beleg für die wachsende Energiearmut in Deutschland und es ist Zeit, sich zu organisieren und den Stromabklemmungen gemeinsam entgegenzutreten. Ob mit solidarischer Ünterstützung z.B. in dem wir Leuten helfen ihre Energieschulden als Darlehn vom Amt übernommen zu bekommen (Und ggf. dafür druck zu machen. Eigentlich ist das ein Recht, aber in Berlin ist z.B. das Jobcenter Neukölln einsame Spitze darin fast 80% der Anträge als Unbegründet abzulehnen. Im Zweifel müsst ihr einfach Klagen). Oder als Praktische Gegenwehr: In dem wir unsere Nachbar_Innen einfach an unseren Stromanschluss anklemmen, Stromzähler manipolieren bevor Schulden entstehen oder die Abklemmer der Energiekonzerne energisch nach Hause schicken.
In Berlin kommt zu den gestiegenenden Stromabklemmungen noch ein weiterer Skandal hinzu: Trotz der steigenden Abklemmungszahlen hat Vattenfall quasi als Weinachtsgeschenk im Dezember 2014 die Finanzierung der GVS-Energieschuldenberatung und damit der einzigen expliziten Energieschuldenberatung in Berlin überraschend aufgekündigt. Angesichts der steigenden Energiearmut versucht sich Vattenfall ausgerechnet jetzt aus der Verantwortung zu stehlen und schlägt damit den Betroffenen die Tür vor der Nase zu. Das zeigt einmal mehr, dass einem privaten Großkonzern wie Vattenfall nicht die Stromversorgung überlassen werden darf. Der Berliner Energietisch - ein breites Bündnis für eine soziale, ökologische und demokratische Energieversorgung fordert daher, dass die GVS-Energieschuldenberatung kurzfristig durch den Senat gerettet werden soll. Energieschuldenberatung muss zur öffentlichen Aufgabe erklärt werden. Der Grundversorger muss zu deren Finanzierung - wie bei den Stadtwerken in München - per Gesetz verpflichtet werden. Und hat für die Rettung der GVS-Energieschuldenberatung eine Online-Petition gestartet: https://weact.campact.de/petitions/energieschuldenberatung-gvs-retten
Die Abklemmungszahlen sind nur die Spitze des Eisberges Energiearmut. Die Zahl der Haushalte, die die steigenden Stromrechnungen nicht mehr zahlen können, ist weit höher. Laut Monitoringbericht wurde 2013 knapp 7 Millionen Haushalten von ihren Stromversorgern angedroht, den Strom zu kappen. Der Berliner Energietisch fordert daher das landeseigene Stadtwerk zur Einführung eines Sozialtarifs zu verpflichten und auch mit Vattenfall muss eine sozialverträgliche Lösung gegen Abklemmungen ausgehandelt werden. Um unbillige Härten abzuwenden, fordert der Energietisch zudem ein bundesweites Verbot von Stromabklemmungen und die Übernahme der tatsächlichen Stromkosten durch Sozialleistungen.
Entgegen den immer wieder öffentlich geäußerten Behauptungen, die Energiewende sei für die steigenden Strompreise verantwortlich, ist nur ein relativ kleiner Teil der Preissteigerungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen. Die tatsächlichen Ursachen der wachsenden Energiekosten für Privathaushalte liegen darin, dass die Industrie massiv von Ausnahmen profitiert und Stromkonzerne wie Vattenfall die gesunkenen Börsenstrompreise nicht an die Verbraucher weitergeben. Laut dem Bundesverband Erneuerbare Energien sind beispielweise beim Preisanstieg der EEG-Umlage von 2013 auf 2014 um knapp 1 Cent nur 15 Prozent auf den Zubau von Erneuerbaren Energien zurückzuführen. Die Kostenzunahme der Industrierabatte ließen die Umlage hingegen um 33 Prozent steigen, und die gesunkenen Börsenstrompreise um 36 Prozent.
Es geht also darum, dass die Ärmsten Haushalte überproportional den Stromverbrauch der Industrie subventionieren und die Kosten insgesammt ungerecht verteilt sind. Der Berliner Energietisch fordert daher von der Bundesnetzagentur einen Bundesweiten Tarif vorzugeben mit kostenlosem Grundverbrauchskontingent an Strom, ohne Grundgebühren und darüber hinaus progressiv steigenden Stromkosten je nach Verbrauch. Denn obwohl es viele Mythen gibt, dass Arme aufgrund von Unwissenheit mehr Strom verbrauchen würden ist die Realität anders: Das unterste Einkommendrittel verbraucht etwa halb so viel Energie wie das oberste Einkommensdrittel. Nur die Leute ham einfach die Kohle nicht um die steigenden Strompreise noch zahlen zu können.