(B) Bericht: Kein Raum der AfD! Rechte Räume in Berlin Mitte benennen & bekämpfen!

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Am 19.01.2019 fand im Rahmen der „NIKA Konferenz: How We win?“ eine Demonstration der Kampagne "Kein Raum der AfD" statt. Die Demonstration lief mit rund 400 Menschen durch Berlin Mitte und richtete sich gegen die Desiderius Erasmus Stiftung der AfD, das Maritim Hotel und die rechtsoffenen Restaurants La Parrilla und Kartoffelkeller. Die Berliner Bullen fanden das gar nicht lustig und schikanierten die Demo als ganzes, sowie einzelne Teilnehmer*innen.

Bereits am Auftakt Stress wegen den Cops
Am 19.01.2019 fand im Rahmen der „NIKA Konferenz: How We win?“ eine Demonstration gegen einige in der unmittelbaren Nähe gelegene rechte oder rechtsoffene Räumlichkeiten statt. Bereits bei der Auftaktkundgebung an der Neuen Wache machten die Berliner Cops deutlich, dass sie an diesem Abend keinen Spaß verstehen würden. Die Demonstration konnte erst verspätet loslaufen, da sich über eine angeblich zu hohe Lautstärke (wohlgemerkt auf der extrem breiten Straße Unter den Linden) und zu hoch gehaltene, mitgeführte Transparente beklagt wurde. Diese peinlichen Gängeleien sind als pure Machtdemonstration der Berliner Cops zu verstehen.

AfD- Stiftung, Maritim Hotel und Friedrichstadtpalast
Mit guter Stimmung und kämpferischen Parolen konnte die Demonstration schließlich starten und sich über die von Touristen überschwemmten Straßen von Berlin Mitte bewegen. Dabei wurde der Sitz der AfD eigenen Desiderius Erasmus Stiftung passiert. Zu sehen gab es hier allerdings nicht wirklich viel: Lediglich ein schlichtes Bürogebäude mit Shops im Erdgeschoss. Weiter ging es vorbei am Maritim Hotel in der Friedrichstraße 151, dessen Ableger in Tiergarten noch im Oktober 2018 seine Räume für den Rassisten Thilo Sarrazin und den rechtspopulistischen, schweizer Politiker Roger Klöppel öffnete. Bereits in der Vergangenheit hatte die Hotelkette große Probleme dabei sich eindeutig und überzeugend von dem in großen Teilen menschenverachtenden Personal der Partei, welches sich bei ihnen einmietete, zu trennen. Dass die in der Folge, dem Maritim Hotel mühsam abgerungenen Distanzierungen von Rechtsaußen, vermutlich lediglich des Drucks der auf die Kette aufgebaut wurde, geschuldet waren, beweist anschaulich jene Veranstaltung die dort unter dem Titel „Gipfeltreffen der freien Rede“ Ende vergangenen Jahres stattfand.
Die Demonstration passierte im Anschluss den Friedrichstadtpalast, vor dessen Eingang viele Besucher*innen mit einer gelungenen Moderation und treffenden Parolen erreicht werden konnten. Der Intendant des Friedrichstadtpalastes Bernd Schmidt hatte sich im Oktober 2017 deutlich von der völkisch-rassistischen Partei distanziert und dabei auch ihre Wähler*innen ausgeladen. Leider ruderte er im Anschluss an diese klare, zivilgesellschaftliche Positionierung wieder zurück und traf sich mit dem Sprecher der Berliner AfD Ronald Gläser, der in der Vergangenheit stets mit menschenverachtender Hetze gegen Geflüchtete aufgefallen war.

La Parrilla, Kartoffelkeller & weitere Bullenschikanen
Die Demonstration bog dann in die Albrechtstraße ein, wo die beiden der AfD- offenstehenden Gaststätten La Parrilla (Albrechtstraße 11) und Kartoffelkeller (Albrechtstraße 14) liegen. Auch hier versuchten die Berliner Cops die Demo dadurch zu gängeln, dass verboten wurde die hier angesetzte Zwischenkundgebung vor den Restaurants abzuhalten. Die Demonstration wurde durch ein Cop-Spalier 10 Meter vor den Läden gestoppt. Trotz dieser Schikanen gelang es die dort essenden Gäste anzusprechen und ihnen zu verdeutlichen, dass sich dort, wo sie gerade ihr Abendessen verspeisen, zu anderen Zeiten völkische RassistInnen versammeln und vernetzen können. Selbstkritisch muss erwähnt werden, dass besonders an dieser Stelle Flyer fehlten, die an Umstehende und Gäste hätten verteilt werden können. Nach der Zwischenkundgebung und dem bewusst langsamen Vorbeiziehen an den Gaststätten ging es weiter bis zum Dorothea- Schlegel- Platz, wo eine Abschlusskundgebung gehalten wurde. Hierbei wurde auch auf den dortigen Showroom der Bundeswehr aufmerksam gemacht, der dafür genutzt wird Nachwuchs an den deutschen Gewehren zu gerieren. Nach der Abschlusskundgebung begannen die Cops völlig freizudrehen und verhafteten eine Person, die sie verdächtigten die Demonstration moderiert zu haben. Anschuldigungen und Vorwürfe fehlen dabei bis zum heutigen Tage, wie wir auch in der unten angehängten Pressemitteilung bereits dokumentierten.
Insgesamt war es eine stimmungsvolle und dynamische Demonstration, bei der die rund 400 Teilnehmer*innen ihren Unmut und ihre Wut über die Vermietung von Räumlichkeiten an die neofaschistische AfD Luft machen konnten.

Weitere Details zu den besuchten rechten Locations findet ihr im Aufruf zur Demo und auf antifa-berlin.info

Pressemitteilung des „Kein Raum der AfD“- Bündnisses:
Pressemitteilung zu den polizeilichen Schikanen auf der Demonstration des “Kein Raum der AfD”- Bündnisses am Abend des 19.01.2019:
Als Berliner Bündnis “Kein Raum der AfD” verurteilen wir die übermäßigen Polizeischikanen auf unserer Demonstration am Samstagabend in Berlin-Mitte. Rund 300 Menschen protestierten u.a. gegen die Vermietungspolitik der Lokale “La Parilla” und “Kartoffelkeller” in der Albrechtstraße, die ihre Räume regelmäßig der AfD zur Verfügung stellen. Am Endplatz griff die Berliner Polizei brutal in die Versammlung ein und nahm eine Person in Gewahrsam. Ihr wird vorgeworfen, für die Moderation zuständig gewesen zu sein. Ein solches Vorgehen ist zutiefst besorgnisserregend, da die Moderation einer angemeldeten Versammlung keine Straftat darstellt. Darüber hinaus hat es die Berliner Polizei bis jetzt nicht geschafft, ihre Handlung angemessen zu begründen und einen detaillierten Tatvorwurf vorzulegen. Der polizeiliche Übergriff wiegt besonders schwer, da die betroffenen Person auf Anordnung des Landeskriminalamtes einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen wurde, die jeglicher Grundlage entbehrt. Eine Sprecher*in des Bündnisses hierzu: “Aus unserer Sicht erscheint das polizeiliche Eingreifen in die Demonstration als pure Wilkür, um notwendigen antifaschistischen Protest zu kriminalisieren. Selbst wenn es im Nachhinein zu Tatvorwürfen kommen sollte, können diese nur als politisch motivierte Konstrukte verstanden werden. Der einzige richtige Schritt wäre eine sofortige Einstellung des Verfahrens und die Löschung der Daten der Identitätsbehandlung.”
Bereits zu Beginn der Demonstration versuchten die leitenden Beamt*innen der die 11.Hundertschaft den legitimen Protest durch willkürliche Einschränkungen zu beeinträchtigen. So sollte trotz fehlender Auflagen und ohne verlässliche Messungen die Lautstärke des Lautsprecherwagens reduziert werden, um so die Wahrnehmbarkeit der Demonstration zu verringern. Desweiteren wurde ohne ausreichende Begründung gefordert, die Transparente möglichst tief zu halten.
All dies stellt Versuche der Berliner Polizei dar, angemeldete Versammlungen ohne rechtliche Grundlage einzuschränken. Diese illegitimen Provokationen stehen in einer langen Reihe von Verfehlungen der Polizeikräfte der letzten Wochen und Monate. Sie zeigen, dass die Berliner Behörde nicht einmal mehr in er Lage ist, die eigenen rechtsstaatlichen Grundsätze einzuhalten und umzusetzen.

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Ergänzungen

Die autoritäre Formierung durchbrechen – Kapitalismus abschaffen!

 Top-redebeitrag @ Kein Raum der AfD! #nika19 #howwewin

 

Der Aufstieg des neuen Faschismus, von AfD und Co findet nicht im luftleeren Raum statt. Er hat seine Voraussetzungen im Neoliberalismus und im autoritären Umbau des Staates. Und der zeigt sich nicht erst seit den Wahlerfolgen der AfD oder beim Versuch von CDU/CSU, die Afd immer wieder rechts zu überholen. Im Neoliberalismus rot-grüner und schwarz-roter Spielart standen autoritär-staatliche Lösungen für soziale Probleme seit jeher hoch im Kurs. Politische Bemühungen zur Garantie sozialer Rechte wurde spätestens seit den Hartz-Reformen auf das Feld der inneren Sicherheit im weitesten Sinne verschoben. Neoliberalismus ist in diesem Sinne kein „Rückzug des Staates“. Vielmehr zieht sich der Staat nur aus einzelnen Feldern wie den sozialen Rechten und der öffentlichen Infrastruktur zurück, während die repressive und überwachende Seite – also Arbeitsagenturen, Polizei, Militär – massiv aufgerüstet wird. Unter verschärften Konkurrenzbedingungen werden über Nationalität, Illegalisierung, Arbeits- und Obdachlosigkeit Ausschlüsse produziert. Um die soll sich dann die Polizei kümmern. Soziale Probleme werden so verschoben und nicht gelöst. Durch den Diskurs der innerer Sicherheit wird die Trennlinie aber vermeintlich scharf gezogen: Hier die zu schützende Bevölkerung aus „Leistungsträgern und Steuerzahlern“, dort die der Überwachung und Repression ausgesetzten „unnütze Rest“. Wenn man Innenministern zuhört, wird Sicherheit inzwischen oft als das Supergrundrecht dargestellt. Kein Wunder: Praktischerweise kann sich der neoliberale Staat durch die vermeintliche Garantie innerer Sicherheit da weiter legitimieren, wo er soziale Sicherheit nicht mehr garantieren will. Die hysterischen Reaktionen auf die Aktionen beim G20-Gipfel in Hamburg zeigen das deutlich. Und auch die neuen Polizeigesetze in zahlreichen Bundesländern sind ein schlagendes Beispiel dafür.

 

Grundlage dieser autoritären Formierung ist der Kampf um ein Stück vom schrumpfenden Kuchen in der internationalen Konkurrenz. Ihm entspricht die „autoritäre Verhärtung der politischen Form“, wie der Theoretiker Johannes Agnoli das genannt hat. Es gibt weniger zu verteilen, während die Konkurrenz auf dem Weltmarkt härter wird. Staatliche Politik wird dadurch wieder ganz offen zur Wissenschaft von der Disziplinierung der Gesellschaft. Das erklärt, warum jede Politik, die diesen Zusammenhang nur besser verwalten will, mit schlafwandlerischer Sicherheit nach rechts taumelt. Besonders unschön zeigt sich der Zusammenhang zwischen autoritärem Neoliberalismus momentan in Frankreich: Der angeblich liberale Hoffnungsträger Macron, dem auch einige Grüne hierzulande immer noch die Daumen drücken, lässt seit Wochen eine völlig enthemmte Polizei auf die Demos der Gelbwesten los. Mit Tränengas und Gummigeschossen, Teleskopschlagstöcken und Wasserwerfern. Das Ergebnis bis heute: Hunderte Verhaftungen und Dutzende Schwerverletze, einige davon im Koma!

 

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte zeigt das: Wer das zivilgesellschaftliche Bündnis mit dem progressiven Neoliberalismus sucht, kämpft auf verlorenem Posten. Die Opposition gegen eine Ordnung, die das Elend hier und erst recht anderswo, produziert ausgerechnet den Rechten zu überlassen, ist keine gute Idee. Denn: „In Zeiten der Krise, in denen die herrschende Ordnung […] lässt sich dem Faschismus nicht durch bloße Verteidigung des Status quo begegnen. Die einzige Möglichkeit, antifaschistisch tätig zu sein, ist in Form eines Angriffs, der die tatsächlichen Ursachen der Misere beim Namen nennt und die Ablenkungsmanöver der Rechten nicht durchgehen lässt.“ (Bini Adamczak)

 

Wir sollten die  sogenannte soziale Frage also nicht rechts liegen lassen. Dabei ist klar: Ein einfaches „Mehr“ an „sozialer Gerechtigkeit“ für StaatsbürgerInnen wird gegen die Rechten sicher nicht helfen. Wer heute versucht, die „soziale Frage“ im Rahmen des Nationalstaates zu beantworten, reproduziert wie Sahra Wagenknecht und Co  nur seine Trostlosigkeit. Zum Glück gibt es aber eine dritte Option jenseits von liberaler Staatsantifa und sozialnationaler Querfront: Was funktionieren kann, sind an der Basis verankerte Formen von Solidarität und Selbstorganisation, die verbunden werden mit dem Mut, den Konflikt mit den Profiteur_innen des Krisenkapitalismus zu suchen. Mit anderen Worten: Es braucht ein unabhängiges Projekt von links, eine neue, antiautoritäre Erzählung und den Aufbau eigener Strukturen. Egal ob in der Jugendantifa, im Amazon-Logistik-Center oder im Stadtteilzentrum — entscheidend ist, Demokratie von unten zu leben und Konflikte grenzübergreifend lostreten zu können. Schon um den Rechten das Monopol auf die Aufregerthemen zu nehmen. Das Potential dafür ist da: Vielleicht nicht bei der Mehrheit und sicher nicht bei AfD-WählerInnen, aber von migrantischen Jugendlichen bis zum urbanen Dienstleistungsproletariat gibt es einige, die vom neoliberalen Wettbewerbsstaat wenig und von der autoritären Demokratie der Rechten nichts zu erwarten haben.

 

Wir sollten die „soziale Frage“ also weder im Sinne liberaler Identitätspolitik rechts liegen lassen, noch ihre Reduktion auf nationale Sozialpolitik mitmachen. Statt sie auf finanzielle Interessen zu reduzieren, gilt es, sie von unten, als Frage nach einer anderen Art zu leben, überhaupt erstmal zu stellen. Gehen wird das nur mit dem Mut zum grenzübergreifenden Klassenkonflikt, der Fragen von Rassismus und Geschlecht natürlich einschließt. Denn die Abspaltung unbezahlter Care-Arbeit ist ebenso ein wesentlicher Bausteine im System der Ausbeutung wie die rassistische Entrechtung von Nicht-Deutschen. Die Verbindung zwischen diesen verschiedenen Aspekten desselben Schweinesystems aufzudecken und dagegen eine solidarische Praxis zu entwickeln ist kein Extra eines emanzipatorischen Klassenkampfes. Sie ist seine zentrale Voraussetzung.

 

Ihn zu entwickeln ist zwar nicht nur Aufgabe der Antifa. Sie muss spätestens heute aber auch unsere sein. Nicht als Recycling eines „revolutionären Antifaschismus“, der meint ein paar klassenkämpferische Parolen würden aus Antifaschismus schon Klassenkampf machen, sondern als eigenes Handlungsfeld. Und natürlich kann mehr Bewusstsein für Klassenkampf auch dem Antifaschismus nicht schaden: Schließlich wäre die AfD ohne die großzügige Unterstützung die Netzwerke der Familienunternehmer und Milliardäre wie August von Finck nicht so einfach gestartet. Doch eine radikale Linke, die nur antifaschistisch ist, ist eben keine. Mit anderen Worten: Wir müssen unsere eigenes Projekt auch als ein antikapitalistisches verfolgen – und das wird es ohne die grenzübergreifende #Enteignung des Kapitals und seiner Profiteure nicht geben.

 

In diesem Sinne: Die autoritäre Formierung durchbrechen – Kapitalismus abschaffen!