"Keupstraße ist überall" kritisiert Einsetzung von Polizisten im NRW-Untersuchungsausschuss zum NSU

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Die Initiative „Keupstraße ist überall“ schließt sich der Kritik von NSU-Watch NRW an der Einsetzung von Polizisten im NSU-Untersuchungsausschuss NRW an und fordert die Ernennung der drei Polizeibeamten für den PUA zurückzunehmen. Für die Entscheidung, Polizisten in den Ausschuss zu holen, zeigt keine*r der Betroffenen in der Keupstraße, die wir befragt haben, Verständnis.
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Sehr geehrte Abgeordnete des NRW-Landtags, 
sehr geehrte Mitglieder der Landtagsfraktionen der SPD und der Piraten,
die Initiative „Keupstraße ist überall“ schließt sich der Kritik von NSU-Watch NRW an der Einsetzung von Polizisten im NSU-Untersuchungsausschuss NRW an. „Keupstraße ist überall“ ist eine Initiative, die sich das Ziel gesetzt hat, die vom Nagelbombenanschlag und seinen Folgen betroffenen Menschen aus der Keupstraße zu unterstützen und gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. Außerdem will die Initiative auf langfristige gesellschaftliche Veränderungen hinarbeiten, damit die Nazis und ihre Helfer*innen in Gesellschaft, Polizei und Geheimdiensten ihr Ziel des Terrors und der Vertreibung nie erreichen können.

In zwei Pressemitteilungen hat NSU-Watch NRW Kritik an der Besetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU (PUA) im Landtag geübt. Namentlich Andreas Kossiski (SPD), Andreas Bialas (SPD) und Dirk Schatz (Die Piraten) sollen als Obmann, Ausschussmitglied und stellvertretendes Ausschussmitglied fungieren. NSU-Watch NRW stellte fest, dass die Entscheidung der beiden Landtagsfraktionen zur Einsetzung von Polizisten vor allem in diesem PUA hoch problematisch ist. Wir, die Initiative „Keupstraße ist überall“, stimmen mit dieser Einschätzung absolut überein.

Vor allem zwei Punkte sind unserer Ansicht nach zentral für die Kritik an der Personalentscheidung. Zum einen können die Ausschussmitglieder schnell in einen Interessenkonflikt geraten, wenn sie abwägen sollen, ob ihre Loyalität ihren früheren (und möglicherweise zukünftigen) Kolleg*innen oder ihrer Aufgabe im PUA gilt. Dieses Problem sehen wir vor allem in Hinblick auf Andreas Kossiski, der ab 2006 verschiedene leitende Funktionen im Kölner Polizeiapparat innehatte. Zu dieser Zeit liefen die Ermittlungen zum Anschlag in der Keupstraße noch. Und diese richteten sich vor allem gegen die Betroffenen! Sie wurden über Jahre zu Täter*innen gemacht.

Zweitens: Diese Erfahrungen der Betroffenen der Morde und Anschläge mit der Polizeibehörde und ihren Mitarbeiter*innen werden durch die Einsetzung von Polizisten im PUA ignoriert. Im Anschluss an die traumatischen Erlebnisse war es gerade die Polizei, die mit ihren häufig diskriminierenden Ermittlungen die Wunden offen hielt. Betroffene auf der Keupstraße haben in Gesprächen unmissverständlich darauf hingewiesen dass die Besetzung des PUA nicht auf ihre Zustimmung stößt. „Die Polizei hat da nichts zu suchen!“, haben wir als Antwort auf unsere Frage gehört. Auch der Konflikt zwischen der Rolle als PUA-Mitglied und als (ehemaliger) Polizist wird thematisiert: “Ist doch logisch, dass die ihre eigenen Leute erst mal decken.“

Für die Entscheidung, Polizisten in den Ausschuss zu holen, zeigt keine*r Verständnis. “Warum werden Personen von den Parteien im Ausschuss eingesetzt, die aus demselben Arbeitsbereich stammen, dessen Vorgehensweise sie untersuchen sollen? Gibt es in den Parteien tatsächlich keine anderen Personen als Polizisten, die für diese Arbeit eingesetzt werden können? Wie kann man uns solche Personen vorsetzen, die aus der Gruppe stammen, von der wir jahrelang drangsaliert und verdächtigt wurden?”

Auf der Keupstraße werden klare Forderungen formuliert. „Es ist für mich als Betroffener egal, ob diese Person direkt oder indirekt mit der Vorgehensweise der Polizei und deren Veröffentlichungsorganen zu tun hatte. Ich bin entschieden dagegen, dass auch nur ein Polizist mit Aufgaben der Untersuchung im Ausschuss beauftragt wird. Daher erwarten wir von den Parteien, andere Personen für den Ausschuss vorzuschlagen – vor allen Dingen aber von der SPD, die damals mit Otto Schily den Innenminister stellte und dessen Aussagen zum Bombenanschlag von den Betroffenen als nicht nachvollziehbar gesehen wurden und werden.“

Denn eines ist klar: Für die Betroffenen wird die Zusammenarbeit mit einem Ausschuss, der teilweise von Polizisten besetzt ist, nicht leicht. „Die Personalentscheidung im Fall Kossiski schafft bei uns in keinster Weise Vertrauen in den NSU-Untersuchungsausschuss“, sagt einer der Betroffenen. Und ein anderer: „Wenn so einer mich was fragt, würde ich erst mal gar nichts sagen.”

In Absprache mit den Betroffenen haben wir die Namen derer, die die obigen Aussagen getroffen haben, weggelassen. Nach der jahrelangen Verfolgung durch staatliche Stellen fällt es vielen Betroffenen des Anschlags in der Keupstraße nach wie vor schwer, öffentlich in Erscheinung zu treten.

Wir fordern Sie, die Landtagsabgeordneten und Fraktionen, auf, unsere Bedenken bezüglich der Besetzung des PUA ernst zu nehmen und die Ernennung der drei Polizeibeamten für den PUA zurückzunehmen. Wir fordern die Herren Kossiski, Bialas und Schatz auf, ihren Posten anderen zu überlassen.

Auf jeden Fall bitten wir Sie, uns auf diesen „Offenen Brief“ zu antworten.
Mit freundlichen Grüßen

Initiative Keupstraße ist überall
Köln, 25.11.2014

 

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