Auswirkungen des Angriffs auf die Bahninfrastruktur rund um den Abschiebeflughafen Düsselforf

Massive Störungen im Bahnverkehr rund um den Flughafen am Montag und Dienstag dieser Woche
Deutsche Bahn: Kein Zug zum Flughafen Düsseldorf
Fernverkehr: Kein Halt in Bochum, Essen, Duisburg und Düsseldorf

Eine Signalstörung auf der Strecke zwischen Düsseldorf und Duisburg sorgte am Montag und Dienstag (24+25..9.2018) für massive Verspätungen und Teilausfälle an Rhein und Ruhr. Nach Auskunft einer Sprecherin der Bahn sind alle Signale auf der Strecke erloschen. Die Züge könnten nur "auf Befehl" fahren. Auf einem Abschnitt von mehreren hundert Metern zwischen Duisburg Großenbaum und Düsseldorf Flughafen wurden Kabel beschädigt, die unter anderem fünf Hauptsignale, die für den automatisierten Zugverkehr auf der vielbefahrenen Strecke notwendig sind, steuern.

Am frühen Morgen fuhr kein Zug vom Hauptbahnhof Düsseldorf zum Flughafen, auch aus anderen Richtungen ist die Verbindung gestört. Der Zugverkehr der RB 37 zwischen Duisburg und Düsseldorf ist eingestellt. Die ICE-Strecke von Dortmund über Essen nach Köln ist unbefahrbar. Die Züge des Fernverkehrs werden über Wuppertal umgeleitet. So entfallen die Halte Bochum Hbf, Essen Hbf, Duisburg Hbf, Düsseldorf Flughafen und Düsseldorf Hbf.
Auch auf der Strecke von Düsseldorf-Benrath in Richtung Langenfeld sind Signale gestört. Die Züge werden von Düsseldorf-Benrath in Richtung Langenfeld ohne Zwischenhalt umgeleitet. Die Bahn bittet, mit Zügen in die Gegenrichtung zurückzufahren und in Düsseldorf-Benrath oder in Langenfeld umzusteigen. Zudem gab es einen Feuerwehreinsatz zwischen Düsseldorf und Wuppertal. Zwischen Düsseldorf-Flingern und Erkrath war die Strecke gesperrt. Die Züge hielten am nächsten Bahnhof und warteten erstmal. Durchsagen am Düsseldorfer Hauptbahnhof teilten den Fahrgästen mit, dass es entlang der Strecke brenne.

Dem aktuellen Stand der Ermittlungen zufolge öffneten in der Nacht von Sonntag auf Montag bislang unbekannte Täter an mindestens drei Stellen im Großraum Düsseldorf Kabelschächte entlang der Bahngleise und beschädigten die darin befindlichen Kabelanlagen.

Laut Bahn wurden zwischen Düsseldorf Flughafen und Duisburg Großenbaum Signalkabel neben den Gleisen auf einem Abschnitt von mehreren hundert Metern beschädigt, wodurch fünf Hauptsignale ausfielen. Die Signalstörung dauerte zwei Tage an.

Die Leitungen werden unter anderem für die Schaltung der Signalanlagen benötigt, was zu entsprechenden Störungen und auch Ausfällen im Bahnverkehr führte. Im Stadtgebiet Erkrath wurden dadurch Telefon- und Internetverbindungen gestört.

Das bei der Polizei eingegangene Bekennerschreiben einer Gruppierung, die sich kontrovers mit dem Thema Abschiebung auseinandersetzt, liegt dem Staatsschutz vor und wird als authentisch erachtet.
Die Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln derzeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und gemeinschädlicher Sachbeschädigung. Die Signalstörung hatte am Montag zu großem Chaos im Pendlerverkehr in NRW geführt. Auswirkungen sind auch über den gesamten Dienstag noch zu spüren.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt hat vor einer zunehmenden linksextremistischen Gewalt in Deutschland gewarnt. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Wendt: "Wir sehen eine neue Form linker Gewalt, die uns Sorge bereitet." Bisher hätten sich Linksautonome auf Angriffe auf die Polizei konzentriert wie etwa beim G20-Gipfel in Hamburg im vergangen Jahr.

"Inzwischen sammeln sich linksextremistische Gruppen gezielt zu Projekten wie etwa den Protesten im Hambacher Forst oder Sabotageakten bei der Bahn", sagte Wendt. "Diese Gruppierungen sind klein und beweglich und gehen nach einer bestimmten Aktion wieder auseinander." Darauf müsse sich die Polizei einstellen.

Nach Einschätzung von Wendt konzentriert sich die linksextreme Szene zunehmend auf punktuelle Attacken gegen die kritische Infrastruktur, wie etwa auf die Bahn, weil sie dort mit relativ wenig Aufwand große Wirkung erzeugen könne.

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Folgendes Bekennerschreiben liegt dem WDR vor:

Angriff auf die Infrastruktur rund um den Abschiebe-Flughafen Düsseldorf: Ein Akt der Menschlichkeit

Menschenverachtung macht Krieg macht Flucht
Menschenverchtung macht Aubeutung macht Armut macht Flucht
Menschenverachtung macht aus Flucht Abschiebung

Wir haben uns daran "gewöhnt". Die Realität von Abschiebungen ist "alltäglich" geworden. Es interessiert auch nicht weiter, was "den Abgeschobenen" im Zielland der Abschiebung erwartet. Mit viel Geld und Ignoranz der dortigen Verhältnisse wird die Liste der Abschiebeländer unter dem Namen "sichere Herkunftsländer" erweitert.

Auch Afghanistan gehört dazu. Jamal Naser Mahmodi hat seine Abschiebung dorthin nicht überlebt. Er war eines der zynischen 69 Geburtstagsgeschenke, die die Abschiebeindustrie im Juli Horst Seehofer zu seinem 69. Geburtstag machte. Jamal war in Hamburg wegen psychischer Probleme in Behandlung und wurde dennoch als "Abschiebe-tauglich" gestempelt. Jamal sollte sich wegen verschiedener Vergehen vor Gericht verantworten. Bevor das Verfahren vor Gericht ging, wurde Jamal abgeschoben. In Kabul angekommen nahm er sich das Leben.

In NRW beugt die Landesregierung das aus ihrer Sicht immer noch zu beschränkte "Abschieberecht" und schiebt auch "Nicht-Abzuschiebende" als Gefährder ab, weil sie meint dem "Willen des Volkes" damit gerechter zu werden.

Statt von einer Krise der Menschlichkeit zu sprechen, beschreiben "Flüchtlingskrise", "Illegale Masseneinwanderung" und "Asyltourismus" die Normalisierung der rassistischen Hetze. Der noch amtierende Staatssekretär im Innenministerium und ehemalige oberste Verfassungsschützer Maaßen schrieb bereits 1997 in seiner Doktorarbeit vom "Asyltourismus". Nicht der einzige Anknüpfungspunkt an die "Flüchtlingsdebatte" der 90er.

In einer zunehmend nach rechts driftenden politischen Landschaft, in der sich der Ausschluss und die Menschenverachtung zum herrschenden Normalzustand verfestigen, müssen wir den bewussten Versuch, diesen Normalzustand im Protest zu durchbrechen, als Akt der Menschlichkeit werten.

Störungen des Normalen sind immer unpopulär und gestört wurde hier heute morgen jedermann. Jedermann -also wir alle- müssen aber auch mitentscheiden, wie es hier weitergehen soll; menschlich oder kapitalistisch unmenschlich. Wir dürfen uns nicht mehr verstecken hinter dem derzeit angeblich unabwendbaren Rassismus der Mehrheit der politischen Entscheidungsträger. Nichts ist unveränderlich. Es ist auch nicht lediglich der "Ausnahmezustand" eines von Horst Seehofer geführten und von noch weiter rechts getriebenen Innenministeriums. Es ist der von uns allen mitgetragene und damit mitverantwortete "Normalzustand", der den rassistischen Exzess der fortwährenden Abschottung und Abschiebung hervorbringt. Erst wenn der quasi-ungestörte "Normalzustand" von häufigen oder schwer wiegenden politischen Unterbrechungen zerfressen wird, lässt sich das unmenschlich Abnorme dieses vermeintlichen Normalzustandes öffentlich in Frage stellen.

Das in unseren Alltag eingebundene Geschehen an Deutschlands Abschiebeflughäfen ist ein solcher vermeintlicher Normalzustand. Hier kommen unter unmenschlichen Ausbeutungsbedingungen geraubte Roh-Waren aus Länder an, deren Weiterverarbeitung uns reich und sie arm nacht. Von hier werden Güter in die gleichen Länder exportiert, die dort für weitere Armut, Krieg und damit Flucht verantwortlich sind. Gleichermaßen werden eben jene als illegal deklarierte Geflüchtete in als legal gestempelte Abschiebeländer "zurückgeführt". Ein komplexes Geflecht aus Waren- und Personenströmen, welches Mensch und Ware ungeachtet von Ursache und Wirkung zur sachlichen "Transporteinheit" reduziert.

Der reibungslose Betrieb eines solchen Flughafens benötigt für das optimierte Umschlagen dieser "Transporteinheiten" die ungehinderte Zu- und Abfuhr von reichlich Bord- und Bodenpersonal, Kerosin, Daten und eben jener "Transporteinheiten" selbst. Vieles davon kommt über die Schiene. Die benötigten Daten fließen großteils in Schächten neben der Schiene.

Daher haben wir heute morgen an mehreren Bahnstrecken rund um den Düsseldorfer Flughafen, den Daten- und Bahnverkehr für viele Stunden unterbrochen. Durch die Art unseres Eingriffs haben wir eine Gefährdung von Menschen ausgeschlossen: die von uns gekappten Signalleitungen neben den Bahngleisen führen (wie bei Sturmschäden oder missglückten Erdarbeiten) automatisch zum sofortigen Halt des Bahnverkehrs auf der betroffenen Strecke.

Wir bezeichnen unsere Unterbrechung des "Normalen" provokativ als Akt der Menschlichkeit. Andere werden unseren Akt in wenigen Stunden als willkürliche Sabotage oder entpolitisierten Vandalismus bezeichnen. Das ist Teil der Aufrechterhaltung dieses Normalzustands - ohne uns jeglicher Kritik an unserem Vorgehen entziehen zu wollen.

Wir wollen mit unserer Aktion die Ohnmacht und die Gewöhnung an Menschenverachtung unterbrechen. "Die Welt ist derzeit ein scheiß-dunkler Ort. Deshalb müssen wir Leuchtfeuer anzünden". Unser (zugegeben der Sache unangemessen) kleines Leuchtfeuer soll ermutigen, ein anlassunabhängiges, grundsätzliches "Abschiebehindernis" zu organisieren. Wir wollen eine in die Defensive geratende Debatte um Menschlichkeit anschieben. Eine Debatte um uneingeschränkte Freizügigkeit eines jeden - unabhängig von ökonomischer Verwertbarkeit oder erzwungenem Wohlverhalten.

Weder die Leuchtfeuer, noch die zu befeuernde Debatte können sich derzeit auf Mehrheiten berufen, dessen sind wir uns bewusst - es geht uns um die Ermutigung einer aktuellen Minderheit derer, die sich in grundsätzlicher Opposition zur Normalität der Menschenverachtung sehen. Die Geschichte hat gezeigt, wie gefährlich es ist, seine Stimme nicht zu erheben, so lange man noch kann - auch jenseits von trügerischen Mehrheiten.

Wir widmen diese Aktion dem in Kabul verstorbenen Jamal Naser Mahmodi und grüßen nebenbei die Aktivisten, die mit dem Hambacher Forst aktuell der NRW-Landesregierung und RWE das politsche Welcome to Hell bereiten.

namenlose Abschiebegener

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