Protest in Berlin: Leichensäcke vor der russischen Botschaft

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Sind das etwa Leichensäcke? Eine Protestaktion dürfte heute für Grusel bei den Angestellten der russischen Botschaft in Berlin "Unter den Linden" gesorgt haben. Denn die Antimilitaristische Aktion Berlin (amab) verteilte heute auf den Gehwegen rund um die Botschaft schwarze Plastiktüten mit der Aufschrift „Z-200“, die an Leichensäcke erinnern. Dazu platzierten sie Schilder mit der Aufschrift „Нет войне!“ (Kein Krieg!) und ein Meme aus dem Film Shrek. Das Meme zeigt den König aus Shrek mit Putins Gesicht. Der König/Putin sagt zu seinen Rittern: "Many of you will die. But that's a sacrifice I'm willing to make." Jan Hansen, Sprecher der antimilitaristischen aktion Berlin (amab), zur Aktion: "Die russische Regierung führt in der Ukraine einen mörderischen und verbrecherischen Angriffskrieg. Wir rufen die Angestellten der russischen Botschaft dazu auf, alles zu tun, damit ihre Regierung den Krieg beendet und ihre Armee aus der Ukraine abzieht."

Daran errinnern, dass Menschen sterben

„Das Z-200 steht einerseits für den verbrecherischen Angriff der russischen Regierung, aber auch für den Frachtcode des sowjetischen Militärs für Leichensäcke: Cargo 200“, erklärt Jan Hansen, Sprecher*in der amab. Mit der Aktion möchte die Antimilitaristische Aktion Berlin das Personal der russischen Botschaft daran erinnern, dass mit jedem Tag, den ihre Regierung den Krieg fortsetzt, Menschen sterben. "Feiert krank, desertiert, macht Dienst nach Vorschrift, sabotiert, spioniert, unterstützt die Opposition: Hört auf, das Morden in der Ukraine zu unterstützen", schlägt Jan Hansen den Botschaftsangehörigen vor.

Viele Reaktionen

Bereits beim Aufbauen der Kunstwerke fotografierten viele Passant*innen die Installationen. "Beim Aufbau der ersten Leiche gegenüber der russischen Botschaft sprach uns eine Frau aus der Ukraine an", berichtet Jan Hansen. "Die Frau kam auf uns zu und sagte jedem von uns in gebrochenen Deutsch Danke".

An der nächsten Station auf dem Mittelstreifen Unter den Linden fragte ein etwa 6-8 Jahre altes Kind: "Was machst Du da?"
"Protestschilder ankleben."
"Wofür?"
"Dafür, dass die russische Regierung mit dem Krieg in der Ukraine aufhört."
Das Kind überlegt kurz und sagt: "Ich mag den Putin auch nicht..."

Vor dem russischen Kulturinstitut gab's hingegen Stress. Eine Mitarbeiter*in störte sich an der Kunstinstallation und drohte damit, die Polizei zu rufen.
"Machen Sie doch! Die kommt dann, guckt, und fährt wieder weg..."
"Aber das ist hoch symbolisch!"
"Genau..."
"Die Cops hat sie dann doch nicht gerufen", grinst Jan Hansen.

Solidarität an russische Kriegsgegner*innen

Die Idee hat die Antimilitaristische Aktion Berlin (amab) zum Teil aus Russland geklaut. Dort verteilte der Aktivist Leonid Chyorny Sticker mit der Aufschrift „ГруZ-200“ ("GruZ-200"). Beim russischen Wort für "Ladung" tauschte er dabei den letzten Buchstaben mit einem "Z" aus. So verband er das russische Militärpropaganda-Z in markaberer Ironie mit dem Frachtcode für Leichensäcke. Auf einem anderen Sticker fügte er das Z in das russische Wort für "beschissen" ein. "Leider wurde Leonid dabei erwischt und steht für seine Aktion vor Gericht", sagt Jan Hansen: „Damit ist er bei weitem nicht die einzige russische Kriegsgegner*in, die für Meinungsäußerungen politisch verfolgt wird. Mit dem Aufgreifen der Aktion aus Russland hoffen wir auch ein Zeichen der Solidarität an russische Kriegsgegner*innen zu senden.“

„Krass durchgeschwurbelt“: Kritik an der Friedensbewegung

Anlass für die Aktion ist ein Aufruf der „Kooperation für den Frieden“ und des „Bundesausschusses Friedensratschlag“ für einen dezentralen Aktionstag.

"Leider sitzen bei vielen Organisationen der Friedensbewegung bis hoch in die Führungsebenen unbeirrbare Russland-Fans, die sich nicht von Verschwörungswahn, Pressehass, Antisemitismus und anderen Hässlichkeiten abgrenzen wollen und sogar die Corona-Spinner*innen als Verbündete suchen", kritisiert Jan Hansen. Das sähe man auch am Aufruf zum Aktionstag. Dort findet sich kein Wort der Kritik an Russland oder Empathie mit den Menschen in der Ukraine. Auch fehle jede ernsthafte Abgrenzung gegen Rechts. "Eine Friedensbewegung, die den russischen Krieg nicht kritisiert, hat ihren Namen nicht verdient und sollte einfach die Klappe halten", sagt Jan Hansen, Sprecher*in der Antimilitaristischen Aktion Berlin (amab). „Deshalb war für uns klar: Wir machen eine Aktion, die die Angestellten der russischen Regierung in die Verantwortung für ihren verbrecherischen Krieg nimmt.“

Wer stattdessen was Sinnvolles tun möchte, kann z. B. diese Petition von Connection e. V. unterschreiben. Connection e V. hat über 40 Organisationen aus ganz Europa und Groß-Brexitanien zusammen gebracht. Gemeinsam fordern sie, dass die EU-Kommission das Recht auf Asyl für Kriegsverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und Ukraine vereinfachen möge. Unterschreibt auch Du hier!

Wer ist die Antimilitaristische Aktion Berlin (amab)?

Die Antimilitaristische Aktion Berlin (amab) wurde 2018 von jungen Pazifist*innen und Antimilitarist*innen gegründet. Seitdem mischen sie die Friedensbewegung auf und ecken mit Kritik an Antisemitismus, Pressefeindlichkeit, Verschwörungswahn, Antiamerikanismus, Sexismus, u. Ä. an. Die amab ist Teil des Landesverbandes Berlin und des U35-Netzwerkes der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK).

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