Arbeiter*innen gegen Militarismus + Krieg

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Kurzzusammenfassung der Veranstaltung Arbeiter*innen gegen Militarismus und Krieg am 1.9.22 auf dem Camp Rheimetall Entwaffnen

 

 

Zunächst setzte ich mich auf der Veranstaltung (https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/arbeiterinnen-gegen-militarism...) kritisch mit Positionen in der linken Bewegung auseinander: ich kritisierte den Teil, der sich auf einmal auf Seiten der Nato und auch den kleineren Teil in der Linken, der sich auf Seiten des russischen Regimes schlägt.

 

 

Exkurs zum Jugoslawienkrieg:

 

Dagegen habe ich auf die Debatte in der linken Bewegung während des Jugoslawienkrieges verwiesen, wo mehrheitlich alle Bezüge auf nationalistische Bewegungen abgelehnt wurden. Es gab dagegen in Teilen der linken Bewegung positive Bezüge auf die Utopie eines Zusammenschlusses verschiedener Balkan-Staaten, der in Arbeiter*innenbewegung seit Langem diskutiert und zumindest in der Theorie in Jugoslawien umgesetzt wurde. Besondere Kritik gab es in der außerparlamentarischen Linken am NS-freundlichen besonders antisemitischen kroatischen Nationalismus, wie er sich in der Ustascha-Bewegung ausdrückt und an der Politik des deutschen Imperialismus, der eine besonders aktive Rolle bei der Anerkennung Kroatiens und der Zerschlagung Jugoslawiens spielte. Grüne, Sozialdemokrat*innen und Liberale hingegen versuchten schon in den 1990er Jahren ein militärisches Eingreifen gegen das Milosevic-Regime damit zu begründen, dass damit ein neues Auschwitz verhindern werde müsse. Milosevic wurde in diesen Kreisen zum Widergänger Hitlers. Dagegen wandten sich Auschwitz-Überlebende, aber auch große Teile der radikalen und antifaschistischen Linken, die hier eine Relativierung der deutschen Geschichte erkannten für Zwecke des neuen deutschen Imperialismus. 

 

Vergleich Kroatien – Ukraine:

 

Es gibt viele Überschneidungen zwischen den kroatischen und den ukrainischen Nationalismus, Zusammenarbeit mit Hitler-Deutschland, ein besonders starker Antisemitismus und die Flucht führender kroatischer und ukrainischer Nationalist*innen in die BRD, wo sie sich in München niederließen und im Kalten Krieg mit den Geheimdiensten der USA und der BRD kooperierten. Daher stelle sich schon die Frage, warum auch viele Linke in Deutschland ihre Kritik an Staat, Nation im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen im Ukraine-Konflikt vergessen haben und teilweise in ihrer Pro-Ukraine-Position sich nicht mehr von Grünen und Linksliberalen unterschieden. 

 

 

 

 

Keine Bezüge zur revolutionären Arbeiter*innenbewegung 

 

Ein Grund könnte darin bestehen, dass schon in den 1990er Jahren die linke Bewegung kaum Bezüge zur revolutionären Arbeiter*innenbewegung genommen hatten. Die hatte ich dann in Kurzform dargestellt. Vor dem 1. Weltkrieg wurde auf dem Internationalen Kongress der Sozialist*innen 1907 in Stuttgart beschlossen, dass ein Krieg zwischen den Nationen mit allen Mitteln verhindern werden soll und wenn das nicht gelingt, alles getan werden muss, damit er schnellstens beendet wird. Nach Beginn des 1. Weltkrieg gingen aber die meisten Sozialist*innen und auch einige Anarchist*innen auf die Seite ihrer Bourgeoisie und wurden zu „linken“ Vaterlandsverteidiger*innen. Kleine Minderheiten in vielen Parteien sowie die russischen Bolschewiki hielten an der Ablehnung fest, sich in einen Krieg zwischen verschiedenen imperialistischen Mächten auf eine Seite zu stellen. Ein erstes internationales geheimes Treffen, an dem Sozialist*innen, Bolschewiki aber auch Anarchist*innen teilnahmen fand vor 107 Jahren am 5. - 9.9. 1915 im schweizerischen Zimmerwald statt. Es war der Startschuss für die Zimmerwalder Bewegung (https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017330/2017-11-28/), eine sehr heterogene Linke gegen jegliche Unterstützung des Krieges. Aus der Zimmerwalder Bewegung entwickelte sich die Zimmerwalder Linke, die die russischen Bolschewiki ebenso erfasste, wie den Spartakusbund in Deutschland und Anarchist*innen. Sie forderten, dass die revolutionären Arbeiter*innen aller Länder sich nicht nur nicht an einer Beteiligung am Krieg beteiligen sollen, sondern den imperialistischen Krieg in einen Kampf für eine soziale Revolution umwandeln sollten. Diese Position des revolutionären Defätismus mündete in Russland in die Oktoberrevolution und in verschiedene Räterepubliken beispielsweise in Bremen, Bayern aber auch vielen anderen Ländern. 

 

Und heute? Arbeiter*innen gegen Krieg und Militarismus 

 

Anders als während des 1. Weltkriegs ist die Arbeiter*innenklasse heute weitgehend zersplittert und ideologisch desorientiert Doch in den letzten Monaten gab es auf beiden Seiten des Konflikts Aktionen gegen den Krieg.  In Italien und Griechenland haben im März und April 2022 Basisgewerkschaften in den letzten Monaten mit Streiks der Beschäftigten Transporte von Natowaffen teilweise über mehrere Tage verhindert (https://direkteaktion.org/arbeiterinnen-gegen-krieg-und-militarismus/). Nicht in der Rüstungsproduktion sondern in der Logistik, im Waffentransport fanden also die Organisierungsprozesse gegen Krieg und Militarismus statt. Die Staatsapparate regierten mit Repression gegen die Basis-Gewerkschaften SI Cobas und USB. Die Polizei machte am 19. Juli 2022 eine Razzia in den Gewerkschaftshäusern dieser beiden Basisgewerkschaften und stellten mehrere Gewerkschaftler*innen unter Hausarrest (https://direkteaktion.org/wenn-arbeitskaempfe-zum-terrorismus-erklaert-werden/). Vorgeworfen wird ihnen die kämpferische Organisierung von Beschäftigten in der italienischen Logistikindustrie, die in dem Film „Die Angst wegschmeißen“ (https://de.labournet.tv/die-angst-wegschmeissen) von Johanna Schnellhagen dokumentiert wurde. Dass kämpferische Gewerkschaftsarbeit Terrorismus sein soll, ist natürlich eine Reaktion auf die antimilitaristische Praxis dieser Gewerkschaften

Der Waffen und Trupppennachschub von Russland in die Ukraine wurde durch Streiks und Sabotage kämpferischer Arbeiter*innen in der Ukraine und Belorussland behindert. Auch in Russland gab es verschiedene Sabotageaktionen gegen die Logistik für den Krieg in der Ukraine. Eine wichtige Aufgabe von linken Bewegung müsste es auch in Deutschland sein, diese Aktionen von Arbeiter*innen gegen Krieg und Militarismus bekannt zu machen und sich mit den verfolgten Gewerkschafter*innen in allen Ländern zu solidarisieren, dazu gehören die unabhängigen Gewerkschafter*innen in Belorussland und Russland, aber auch die ukrainischen Gewerkschafter*innen, die gegen ein gewerkschaftsfeindliches Gesetz kämpfen, das kürzlich von der Selensky-Regierung beschlossen wurde. Dazu gehören auch die Basisgewerkschaften in Italien und Griechenland. Sie könnten auch eine Inspiration für Aktionen in Deutschland gegen die Logistik von Rüstungsgütern sein. Wir dürfen nicht vergessen, jede Haubitze und jeder Panzer, der in der Kasseler Rüstungsindustrie produziert wird, muss transportiert werden. Hier gibt es sicher Blockademöglichkeiten.

 

Ein Literaturtip: 

 

Gerald Grüneklee | Clemens Heni | Peter Nowak

Nie wieder Krieg ohne uns …

Deutschland und die Ukraine

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)/
Studien zum Rechtsextremismus und zur Neuen Rechten, Band 3

Softcover | 174 S. | 17 x 24 cm | ISBN 978-3-946193-38-8 | 20€ 

https://www.editioncritic.de/allgemein/neuerscheinung-nie-wieder-krieg-ohne-uns-deutschland-und-die-ukraine/

 

 

 

 

 

 

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