[Kolumbien] Caquetá ist Schauplatz von Auseinandersetzungen

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Seit geraumer Zeit ist zu erkennen, dass es eine Verschechterung der Sicherheitssituation in der Provinz Caquetá gibt. Der Artikel befasst sich mit den bewaffneten Akteuren und der derzeitigen Lage.

Die südkolumbianische Provinz Caquetá und ihre umliegenden Regionen des Amazonas sind seit Jahrzehnten ein Rückzugsort der Guerilla FARC-EP in der sie ihre politisch-militärische Hoheit auslebt und eigene staatliche Strukturen mit den lokalen Gemeinschaften entwickelt hat. Strategisch wichtig für die Guerilla ist das Gebiet durch die militärisch schwer zu kontrollierenden geografischen Bedingungen, sodass die staatlichen Sicherheitskräfte häufig nur die kleinen urbanen Zentren kontrollieren und gegebenenfalls durch permanente Militäraktionen Stiche gegen die Guerilla durchführen. Die Guerilla ihrerseits kontrolliert größere Gebiete und zieht sich bei Militäraktionen zurück, übt aber insgeheim die politische, soziale und wirtschaftliche Kontrolle aus. Koka ist einer der wichtigen Bausteine im Machtkampf.

Insbesondere die Provinz Caquetá wurde durch den militärischen Artemisa-Plan getroffen, der darauf abzielt, die Umwelt zu schützen und Abholzung durch Neusiedlungen zu unterbinden. Kokapflanzungen sollen zerstört werden und somit der Guerilla der finanzielle Nährboden entzogen werden. Dabei wird jedoch auch die lokale Bevölkerung getroffen. Die Bauern haben durch die Nichtanwesenheit des Staates kaum andere Möglichkeiten zu überleben, als Koka anzubauen. Der Vernichtung der Koka-Pflanzungen und damit der Lebensgrundlage der Bevölkerung wird keine Alternative entgegengestellt. Die Folge der Militäroperationen ist die Stigmatisierung der Bevölkerung, unrechtsmäßige Verhaftungen und Schäden an privatem und gemeinschaftlichem Eigentum. Dies sorgt für großen Unmut und häufig für eine gewisse Sympathie mit der Guerilla.

Früher schützte die Guerilla die Wälder und die Umwelt mit ihren eigenen Regeln. Derzeit ist die Situation etwas konfuser, denn unterschiedliche bewaffnete Akteure und vor allem private Interessen mit kleinen kriminellen Gruppen sorgen dafür, dass es tatsächlich Probleme im Umweltschutz gibt. Mit dem Friedensprozess der alten FARC-EP und ihrer Waffenniederlegung ist ein großer Akteur für Ordnung und Sicherheit von der Bildfläche verschwunden. Auch wenn sich neue Strukturen der FARC-EP etablieren, so sind deren politische Ausrichtung und Strahlkraft wesentlich geringer als in der Zeit vor dem Friedensabkommen. Hinzu kommen neue Auseinandersetzungen um territoriale Kontrolle, die vor allem durch miteinander in Konkurrenz stehende Fraktionen der FARC-EP ausgeführt werden.

So ist seit geraumer Zeit zu erkennen, dass eine bemerkenswerte Zunahme gewalttätiger Konfrontationen und Ereignisse und damit einhergehend eine Verschlechterung der Sicherheitssituation in Caquetá gibt. Seit mehreren Wochen prangern soziale selektive Morde und Tötungen von Gemeindevorstehern, sowie Drohungen und Verschwindenlassen von Personen in den Gemeinden San José del Fragua, Solano, San Vicente del Caguán und Cartagena del Chairá an. Auch in El Paujil, Puerto Rico und La Montañita gibt es auffällige Auseinandersetzungen, was teilweise zu Vertreibung und Angst in den Gemeinden geführt hat. Es fällt auf und wird in den Kommuniqués der sozialen Organisationen deutlich, dass man häufig nicht weiß, welcher bewaffnete Akteur gerade tätig wird.

So gibt es eine Zunahme an vermeintlichen Aktivitäten von Mitgliedern der Kolonne Alfonso Cano, die dem Spektrum der FARC-EP, Zweites Marquetalia, zugehörig ist. Besonders auffällig ist jedoch, dass Mitglieder der Grenzkommandos (Comandos de Frontera) aktiv sind und von Putumayo im Süden nach oben in die Provinz Caquetá drängen. Seit dem letzten Jahr versuchen sie ihren Einfluss von Putumayo aus über den Caquetá-Fluss auch in San José del Fragua, Solita und Curillo auszubauen und scheuen offensichtlich nicht die Auseinandersetzung mit den Strukturen der FARC-EP um die 1., 7. und 62. Front, die hier ursprünglich in ihrer territorialen Kontrolle angestammt sind. Zuletzt gab es vor allem Auseinandersetzungen zwischen den Grenzkommandos und der 62. Front „Miller Perdomo“.

Interessant ist der Aspekt, dass sich die Grenzkommandos eigentlich als regionale Selbstverteidigungsstruktur gegen andere bewaffnete Akteure in Putumayo an der Grenze zu Ecuador gegründet hatten. In ihrer Formulierung gab es keinen Anspruch auf Expansion. Einzig die Verbundenheit mit der FARC-EP, Zweites Marquetalia, sorgte für Aufsehen. Hier stand sie in schweren Auseinandersetzungen mit der Front „Carolina Ramírez“ der FARC-EP, die wiederum mit der 1. und 7. Front alliiert ist. Nun folgt also eine Expansion nach Norden und damit neue Auseinandersetzungen und Kämpfe, wo vor allem die Zivilbevölkerung die Leidtragenden sind. Nur die Etablierung eines Akteurs würde der Bevölkerung halbwegs Sicherheit verschaffen, abgesehen von den Operationen der staatlichen Sicherheitskräfte.

Artikel zu den Grenzkommandos

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