[S] 8. März 2018 Frauenkampftag in Stuttgart

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Der Fehler liegt im System- Frauen organisiert euch

Am diesjährigen 8. März haben wir mehrere Aktionen rund um den Frauenkampftag in Stuttgart organisiert und durchgeführt.

So haben wir morgens am Ostendplatz um die 100 rote Nelken mit der Einladung zur Demonstration am Schlossplatz an Passantinnen aus dem Stadtteil verteilt. Die Reaktionen waren durchweg positiv, die Aktion kam gut an und so gelang es, die Thematik des Kampfs um die Befreiung der Frau in die Bevölkerung zu tragen und die Menschen im Stadtteil auf die Demonstration am Abend des 8. März aufmerksam zu machen.

Die wichtigste Aktion am 8. März war für uns eben diese kämpferische Demonstration, die um 18.00 Uhr am Schlossplatz startete. Organisatorin der politischen Aktion war das Frauenbündnis Stuttgart, in welchem über 10 politisch gesamtgesellschaftliche und feministische Gruppen aktiv sind.

Dies sind:

ADKH-Demokratische Frauenbewegung in Europa, Frauenverband Courage, Frauenkollektiv Stuttgart, HKA-A Stuttgart, MLPD, Neue Frau (Yeni Kadin), Samstagsmütter, Sozialistische Frauenbewegung, TJK-E, Zusammen Kämpfen Stuttgart, AAKB-BW, Yasanacak Dünya.

Mit um die 350 Menschen zogen wir geschlossen durch die Innenstadt Stuttgarts. Vom Schlossplatz durch die Bolzstraße über die Theodor-Heuss-Straße. Am Rotebühlplatz wurde eine Zwischenkundgebung mit mehreren Reden abgehalten.

Weiter ging es über die Holzstraße, zum Schillerplatz um am Schlossplatz mit der Abschlusskundgebung einen ausdrucksstarken Schlusspunkt zu setzen.

Inhaltlich setzte sich die Demonstration mit vielen Facetten des Frauenkampfes auseinander. Angefangen mit dem Kampf gegen Alltagssexismus und die generelle Degradierung, Objektivierung und Herabwürdigung des weiblichen Geschlechts wurde auch das Zusammenwirken des Kapitalismus mit dem Patriarchat beleuchtet. Besonderes betont wurde der Angriffskrieg der Türkei auf die befreiten Gebiete Kurdistans in Syrien und dessen Folgen für die Zivilbevölkerung, mit Hauptaugenmerk auf die Situation der Frauen vor Ort.

Durch Parolen, Redebeiträge und Flyer, die entlang der Demonstrationsroute verteilt wurden, erreichten wir viele PassantInnen, um die Bedeutung des Frauenkampfs in der Gesellschaft präsent zu machen.

Der 8. März steht nur symbolisch für den Kampf der Frauen, der Kampf um Befreiung darf aber nicht nur an diesem speziellen Tag geführt werden, er muss an jedem einzelnen Tag geführt werden.

Dennoch ist es wichtig, dass sich an diesem Datum möglichst viele Personen an den vielfältigen Aktionen beteiligen, um gemeinsam gegen die Unterdrückung und die Herrschaft des Patriarchats und für eine solidarische Gesellschaft und die Befreiung der Frau zu kämpfen.

Nur gemeinsam und organisiert ist das Ziel von einer befreiten Gesellschaft zu erreichen.

 

 

Rede vom Frauenkollektiv

#MeToo – doch der Fehler liegt im System!

In den Anfängen von #MeToo haben prominente Frauen ihre Geschichten von sexueller Unterdrückung und Missbrauch in Hollywood erzählt und dabei die Namen der Täter veröffentlicht. Diese Offenbarungen gaben tausenden anderen Frauen den Mut, auch ihre persönlichen Erlebnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen. Angefangen bei anzüglichen Bemerkungen bis hin zu körperlichen Übergriffen und Vergewaltigung: Die Veröffentlichung all dieser Einzelschicksale sorgte in der Gesellschaft für einen Aufschrei. 
Das Thema dominierte die mediale Berichterstattung: Frauen weltweit sprachen offen über ihre Degradierung zum Objekt und die Gewalt, die ihnen tagtäglich einzig aufgrund ihres Geschlechts widerfährt.Die Angst vor Ablehnung oder Unverständnis hält sonst viele Opfer davon ab, über ihr Schicksal zu sprechen. Dass diese Angst nicht unbegründet ist, zeigt sich deutlich anhand von Debatten in den sozialen Medien: Die Berichte der Frauen werden hier immer wieder kleingeredet und relativiert.

Gravierende Fälle von Machtmissbrauch, wie sie gerade in Hollywood aufgedeckt wurden, passieren nicht über Nacht. Sie werden aufrechterhalten von den Tätern und einer Schar von Mitwissenden, die sich schweigend in das System einfügen und somit die Taten begünstigen. Kurz: Strukturen des Machtmissbrauchs sind Ergebnis jahrelangen Schweigens und Tolerierens. Es reicht nicht, gegenüber den Einzelschicksalen empathisch zu sein und die individuellen Täter anzuprangern. Die betroffener Frauen, die in die Öffentlichkeit getreten sind, sind nur die Spitze des Eisbergs. Allein die gewaltige Anzahl an Berichten zeigt, wie alltäglich Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft noch immer ist. Hinter dieser Unterdrückung und Herabwürdigung steckt eine männerdominierte Gesellschaftsordnung, die Frauen gegenüber Männern einen geringeren Wert beimisst.

Ein Beispiel dafür ist die bestehende Objektivierung von Frauen in der Werbung. Mit nackter Haut wird für Produkte geworben, die damit nichts zu tun haben – die Frauen sind hier rein sexuelle Objekte. Diese Bilder reproduzieren die Meinung, Frauenkörper seien Dekoration und jederzeit verfügbar. Diese Grundeinstellung legitimiert und begünstigt die Übergriffe,die nun im Zuge von #MeToo öffentlich geworden sind.
Aber auch die Arbeitswelt ist geprägt von hierarchischen Männerstrukturen. Frauen verdienen im Schnitt 21% weniger als gleichqualifizierte Kollegen und sogenannte „Frauenberufe“ – zum Beispiel in der Pflege, der Erziehung oder der Sozialen Arbeit – werden als quasi natürliches Betätigungsfeld der Frau abgewertet. Zudem übernehmen Frauen immer noch den Großteil der anfallenden Hausarbeit und die Erziehung der Kinder. Um dies alles unter einen Hut zu bekommen arbeiten viele Frauen in Teilzeit und ordnen sich dem Mann als Versorger der Familie unter.

Die Debatte im Zuge von #MeToo darf nicht bei der Verurteilung der Taten einzelner Männer aufhören – wir müssen gegen das System vorgehen, das dieses Verhalten legitimiert. Unterschätzt, unterdrückt, ausgebeutet und missbraucht – die Situation vieler Frauen wird sich nicht dadurch ändern, dass einzelne Täter angeprangert und von ihren Machtposten verdrängt werden. Es werden immer wieder ähnlich Gesinnte nachrücken. Vielmehr ist es nötig, die Struktur, die ihre Taten autorisiert und billigt, anzugreifen und zu verändern. Nur wenn wir uns zusammenschließen, können wir einen breiten Widerstand gegen diese Verhältnisse aufbauen und strukturelle Unterdrückungsmechanismen angreifen. Dazu müssen wir die Solidarität unter den Frauen stärken und uns vernetzen – in unserem Viertel, unserer Stadt, dort wo wir leben.

Aus diesem Grund gehen wir heute auf die Straße, um gegen die Unterdrückung in der wir leben zu kämpfen. Am 8. März, dem Frauenkampftag, nehmen wir uns, wie viele Frauen weltweit, die Straße.

Gemeinsam möchten wir für eine Welt einstehen, in der nicht wirtschaftliche Interessen, sondern die Bedürfnisse der Menschen an erster Stelle stehen. Für eine solidarische Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt miteinander leben können.

Lasst uns gemeinsam diskutieren, uns vernetzen und selbstorganisiert den Widerstand antreten!

Unsere Vernetzung und Solidarität darf nicht an den Landesgrenzen stoppen, sie muss international sein. Wir reihen uns ein in eine breite Bewegung des feministischen Widerstands, der auf der ganzen Welt für die Freiheit der Frauen kämpft. Kämpfen wir gemeinsam gegen alltäglichen Sexismus, Unterdrückung und für die Befreiung der Frau!

„Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben!“

 

Hier findet ihr den diesjährigen Aufruf vom Frauenkollektiv, welcher u.a. auf der Homepage unserer GenossInnen von Zusammen Kämpfen veröffentlicht wurde:

http://zkstgt.blogsport.eu/8-maerz-2018-metoo-aber-der-fehler-liegt-im-s...

 

 

Rede von Zusammen Kämpfen

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Passantinnen und Passanten!

Der Frauenkampftag am 8. März steht wie kein anderer Tag für die Gleichstellung von Frauen und damit für den Kampf gegen patriarchale Unterdrückung und Ausbeutung.

Auch hierzulande wird das Patriarchat weder leiser, noch müde, sondern reproduziert diese Gesellschaftsordnung stetig.

Das Leben im Patriarchat bedeutet die strukturelle Herrschaft vom Mann über die Frau. Dies äußert sich auf verschiedenen Ebenen, sowohl politisch, sozial, ökonomisch, psychologisch aber auch körperlich. Wir Frauen bekommen dies tagtäglich zu spüren, wie zum Beispiel durch diskriminierende und unterdrückende Gesetzgebung oder direkt durch dominantes und herabwürdigendes Verhalten von Männern gegenüber Frauen.

Schon von Kindesbeinen an werden Mädchen und Jungen auf die Trennung der Geschlechter und den jeweiligen daran gekoppelten Zuschreibungen getrimmt. Rosafarbene Überraschungseier, Glitzerfeenkostüme und Puppenhäuser für Mädchen und das Feuerwehrauto sowie die Bauecke für Jungs. Dadurch erscheint es als vollkommen normal, dass es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, die angeblich schon von Geburt an vorhanden sind. Mädchen und Frauen als die emotionalen, sensiblen, hilfsbereiten, weichen Menschen und die Jungs und Männer als die abenteuerlichen, mutigen und harten Charaktere

So ist es wenig verwunderlich, dass Frauen in den sogenannten Care-Berufen überproportional vertreten sind. Pflegerinnen, Erzieherinnen oder Sozialarbeiterinnen sind nur einige Beispiele der Berufsgruppen, welche die Sorge für die Regenerierung der Arbeitskraft tragen. Diese werden jedoch bei weitem nicht annähernd ähnlich bezahlt wie das produzierende Gewerbe. Nach ihrem Arbeitstag wartet dann zuhause meist die gleiche häusliche Aufgabenlast auf sie - natürlich unbezahlt.

Dieser Zustand findet seine Begründung in der Verwertungslogik des Kapitalismus.

Das Patriarchat bietet mit seiner den Geschlechtern zugewiesenen Rollen einen großen Vorteil für die kapitalistische Mehrwertproduktion. Um über genügend Arbeitskräfte zu verfügen und diese nutzbar zu machen, ist es von Vorteil wenn die Reproduktionsarbeit von Frauen unbezahlt verrichtet wird. Dazu zählt etwa die Zubereitung von Essen, putzen, Kinder oder Familienangehörige betreuen. Dadurch werden Freiräume geschaffen, um Männer länger und effizienter arbeiten zu lassen, kurz, die Mehrwertproduktion zu steigern. Der Kapitalismus nutzt also das Patriarchat dafür, dass der Nachschub an Produktivkräften und deren Versorgung sichergestellt wird, und zwar in aller Regel durch Frauen.

Das Patriarchat hat sich historisch schon weit vor dem Kapitalismus in unserer Gesellschaft manifestiert. Heute wird der Kampf oft nur gegen nur eine dieser beiden Unterdrückungsmechanismen geführt. So finden zum Beispiel in Lohnforderungen oder Streiks wenig explizit weibliche Forderungen ihren Ausdruck, während es gleichzeitig im Kampf um Frauenrechte hauptsächlich um die Gleichstellung zwischen Mann und Frau geht und der Kapitalismus unerwähnt bleibt.

All diese Beispiele zeigen, dass das Patriarchat und das kapitalistische System eine Symbiose der Unterdrückung der Menschen eingegangen ist, die nur im Interesse weniger liegen kann. Der Kampf um die Befreiung der Menschheit kann also nur ein Kampf gegen Patriarchat und Kapitalismus sein. So gilt es den Kampf gegen die Unterdrückung der Frau mit in den Mittelpunkt der aktuell stattfindenden Klassenkämpfe zu rücken und zu versuchen eine antipatriarchale Perspektive in diesen Kämpfen mit zu entwickeln.

Für uns gilt es an dieser Stelle, die Spaltung zwischen den Geschlechtern und die Zurichtung auf spezifische Rollen zu durchbrechen und kollektiv und organisiert für eine Gesellschaft frei von jeder Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen.

Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben, lasst uns das System aus den Angeln heben!“

 

Hier findet ihr den diesjährigen Aufruf zum Frauenkampftag von unseren GenossInnen von Zusammen Kämpfen:

http://zkstgt.blogsport.eu/zusammen-kaempfen-gegen-patriarchat-und-kapit...

 

 

Im Folgenden noch Veranstaltungen rund um den 8. März:

Am Sonntag findet im Stadtteilzentrum Gasparitsch der Sonntag unter Frauen statt, um 14.00 Uhr gehts los.

http://stadtteilzentrum-gasparitsch.org/terminuebersicht/sonntag-unter-f...

 

Am 22.03.2018 ist eine Veranstaltung mit Frigga Haug, ein Gespräch über Clara Zetkin, organisiert von unseren GenossInnen von Zusammen Kämpfen.

http://zkstgt.blogsport.eu/gespraech-ueber-clara-zetkin-mit-frigga-haug/

 

 

 

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