Baskenland: Die Todestage des 20. November

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Santi Brouard, Josu Muguruza

Der 20. November im Baskenland ist so etwas wie der 9. November in Deutschland: ein mit Gräueln aus verschiedenen Epochen beladener historischer Tag. Vor 42 Jahren starb der Diktator Franco, vor 33 Jahren der baskische Kinderarzt Santi Brouard, vor 28 Jahren der baskische Politiker Josu Muguruza. Dass die Todestage zusammenfallen ist sicher kein Zufall.

 

Als (heute) vor 42 Jahren der Diktator und Massenmörder Francisco Franco starb, bedeutete dies eine Zäsur in der Geschichte der franquistischen Dikatur. Nicht aber ihr Ende, wie viele bis heute meinen. Denn Francos Tod war Ausgangspunkt für einen bis heute unvollendeten „demokratischen“ Prozess, der geprägt war von der Tatsache, dass alle Schergen des Franquismus in ihren Ämtern blieben und nie auch nur ein einziger wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden konnte. Dafür sorgte eine großzügie Amnestie für alle Verbrecher (...) 

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Selbst die UNO kritisiert diese Amnestie regelmäßig, weil sie der (auch vom spanischen Staat ratifizierten) Menschenrechts-Erklärung widerspricht. Doch was in lateinamerikanischen Ländern wie Uruguay, Argentinien oder Chile nach den jeweiligen Militärdiktaturen möglich war, wird den Opfern des Franquismus im Staate bis heute verweigert.

Dass genau 9 Jahre nach dem Tod des national-katholischen „Führers“ der abertzale Politiker und Kinderarzt Santi Brouard in seiner Praxis in Bilbao von einem Todeskommando erschossen wurde, war kein Zufall. Brouard war einflussreicher Abgeordneter von Herri Batasuna im baskischen Parlament. Sein Tod kann ohne viel Phantasie als postfranquistische „Erinnerungsgeste“ angesehen werden angesichts des Todes des Putschgenerals: ein Opfer auf dem Altar des Putschisten.

Fünf Jahre später erfolgte – am selben Tag, dem 20. November 1989 – eine erneute „Erinnerungsgeste“. In Spanien war ein neues Parlament gewählt worden, der neue baskische HB-Abgeordnete Josu Muguruza war drauf und dran, sich bei der konstituierenden Sitzung vorzustellen. Das verhinderte ein Attentat am Vorabend, in einem Madrider Restaurant, in dem sich verschiedene baskische Politiker versammelt hatten. Es hätte auch einen anderen der Anwesenden treffen können, oder mehrere, denn die Schüsse galten allen und trafen alle. Josu Muguruza, eine damals aufstrebende Gestalt der baskischen Linken, starb.

Bis heute sind die „Umstände“ der „Todesfälle“ nicht vollständig aufgearbeitet. Die franquistischen Verbrechen sind bis heute ungesühnt, in den Fällen von Bouard und Muguruza gab es zwar Prozesse gegen die Polizisten und Neonazis, deren Beteiligung nachgewiesen werden konnte. Doch die Verantwortung auf politischer Ebene blieb im Dunkeln. Wie auch im Fall der Todesschwadrone GAL, die zwischen 1983 und 1987 im französischen Baskenalnd zwei Dutzend Linke umbrachte.

Viele werden heute in Erinnerung der Toten auf die Straße gehen oder in die Kirche zu Gottesdiensten. Auf die Straße gehen in Bilbao Mitglieder der baskischen Linken, um an ihre beiden Genossen zu erinnern. An weniger bekannten Orten gedenken Francos Glaubensbrüder des glorreichen Führers, des Generalisismo. Niemand weiß, wie viele solcher Gedenk-Gottesdienste am heutigen Tag abgehalten werden. Bis vor Kurzem gab es auch welche in Pamplona und Bilbao. Doch mittlerweile sorgt „man“ sich darum, nicht so sehr aufzufallen und sich die öffentlichen Konflikte für andere Anlässe zu ersparen: gegen Katalonien zum Beispiel.

 

Einen Gedenk-Gottesdienst wird sicher die Franco-Stiftung in Auftrag geben, willige Pfaffen finden sich im Staate dafür en masse. Zusammen kommen dabei das Gedenken für den Führer mit der Danksagung an einen postfranquistischen Staat, der es bis heute nicht versäumt, der Stiftung jährlich Millionenbeträge zukommen zu lassen für ihre „Erinnerungs-Arbeit“ für den Massenmörder. Bis heute hat die Stiftung staatliche Dokumente in ihren Privatarchiven, deren Herausgabe bisher kein spanischer Politiker gefordert hat. Auch keine Sozialdemokraten (

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