Proteste nach rassistischen Hausräumungen in Duisburg Hochfeld +++ Aktion bei SPD Duisburg +++

Regionen: 
Antifa Duisburg

Am vergangenen Sonntag (14.03.) haben wir gemeinsam mit dem Netzwerk Hochfeld eine Kundgebung und Demonstration unter dem Motto „Gegen rassistische Zwangsräumungen und Verdrängung“ in Duisburg Hochfeld organisiert. Die Aktion schloss an den spontanen und dynamischen Protest der Woche zuvor an (Mehr dazu auf der Homepage https://oatdu.wordpress.com).

Während der Auftaktkundgebung an der Pauluskirche betonten antifaschistisch Aktive die Notwendigkeit des organisierten Protestes gegen die systematisch rassistische Verdrängungspolitik der Stadt Duisburg. Auch Betroffene der geräumten Häuser in der Gravelottestr. beteiligten sich und brachten erneut ihre Wut gegen die Stadt und ihre Institutionen suf die Straße. Anschließend zogen die etwa 80 KundgebungsteilnehmerInnen in einem ersten Demozug zu den geräumten Häusern. Vor Ort wurden Details zur Räumung und zum weiteren Vorgehen der Stadt von den BewohnerInnen erläutert. Sie berichteten, dass sie in der vergangen Woche nur mit dem privaten Sicherheitsdienst OCTEO für kurze Zeit in ihre Wohnungen durften um das Nötigste herauszuholen und weiterhin keine Unterstützung bei der Suche nach neuem Wohnraun erhalten. Viel mehr noch berichten einige davon, durch die Stigmatisierung der Zwangsräumung von VermieterInnen kategorisch abgelehnt werden. Der Zwischenkundgebung vor den geräumten Häusern schlossen sich viele NachbarInnen an, welche auch letzte Woche bereits den Protest begleiteten. Einige berichteten von Angst vor weiteren Zwangsräumungen im Stadtteil.

Im Anschluss zogen die Protestierenden in einem Demozug erst durch den Stadtteil selbst, forderten in Parolen das Ende der rassistischen Zwangsräumungen, höhere Löhne und das SPD OB Sören Link Verantwort übernimmt. Um der letzten Forderung Nachdruck zu verleihen zog ein Teil der Demo weiter zum Dellviertel und brachte zahlreiche Plakate mit den politischen Forderungen an das Büro der Duisburger SPD an.

Ein Teil der Menschen aus den geräumten Häusern haben bereits Zusagen für neue Wohnungen. Andere warten vergeblich und erleben weitere Ablehnung und Rassismus. Für alle bleibt aktuell offen, ob und wie sie an Kaution, März-Miete oder die Kosten für den Umzug kommen.

Der Presseartikel ist hier zu lesen:

http://www.neues-deutschland.de/artikel/1149577.duisburg-rassismus-fuehrt-zu-zwangsraeumungen.html

Redebeitrag auf der Demonstration gegen rassistische Zwangsräumung März 2021

 

 

Liebe Betroffene,
Liebe Unterstützende,
Liebe antifaschistisch Aktive,

was wir gerade in Duisburg erleben macht uns traurig und wütend zugleich. Bei dieser und natürlich auch bei den vergangenen Zwangsräumungen, handelt es sich um eine rassistische Politik der Stadt Duisburg und seinen Institutionen.

Alle, die sich an den Zwangsräumungen irgendwie beteiligen, sei es ein Gesetzeserlass, eine Unterschrift auf einem Räumungspapier, das Schreiben des Brandgutachtens und nicht zuletzt die Durchführung selbst, macht sich mitschuldig.

Familien werden nicht nur Wohnungs- oder Obdachlos, nein ihnen wird die Möglichkeit für ein menschenwürdiges Leben genommen. Deswegen stehen wir heute hier und ich bedanke mich von ganzem Herzen bei euch für eure Unterstützung und Solidarität!

Die rassistische Gewalt und Diskriminierung gegen MigrantInnen in diesem System drückt sich nicht nur als Polizeigewalt aus. Sie findet täglich auf fast allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens statt. Die systematische und institutionelle rassistische Gewalt wird bei einer Zwangsräumung deutlich sichtbarer. Die sogenannte „Task Force Schrottimmobilien“ besteht aus Vertreterinnen der Stadt Duisburg, der Polizei, des Ordnungsamtes, der städtischen Sicherheitsfiema Octeo, Jobcenter, Familienkasse, Stadtwerke usw.. 

Sie alle sind dafür verantwortlich, dass Menschen in dieser Stadt tagtäglich scheisse behandelt werden, sie werden ihrer Rechte beraubt, schikaniert und sanktioniert. Jedoch stellt die Zwangsräumung den Höhepunkt dieser rassistischen Politik dar. Und dagegen erheben wir heute unsere Stimme!

Doch es reicht nicht das Problem als Rassismus zu benennen und dabei stehen zu bleiben. Solidaritätsbekundungen sind schön und gut aber sie werden auch nicht dafür sorgen, dass die Zwangsräumungen aufhören. Unsere Aufgabe ist es Zusammenhänge herzustellen und rassistische Zwangsräumungen im folgenden Kontext zu betrachten:

Kapitalistische Aufwertung der Stadtteile, Verdrängung ärmerer BewohnerInnen als Folge und Kämpfe von unten (hier kommen wir ins Spiel).

Nur mit dieser Perspektive können wir zumindest die Entwicklungen verstehen und Handlungsmöglichkeiten dagegen entwickeln.

Denn soziale oder rassistische Verdrängung findet in einer kapitalistischen Gesellschaft immer als Folge der Aufwertung statt.  Das ist uns als Gentrifizierung bekannt. In diesem Verdrängungsprozess sollen Mieten, Grundstücks- und Immobilienpreise steigen und die meist ärmeren BewohnerInnen verdrängt werden. 

Eine der konkreten Folge dieser kapitalistischen Aufwertung ist die Zwangsräumung.

Das trifft natürlich nur diejenigen, die selbst keine Eigentümer sind oder Immobilien besitzen. Das trifft nicht die Reichen. Zwangsräumungen treffen nur diejenigen, die zur Miete wohnen und täglich arbeiten gehen müssen, um die Miete zu bezahlen. Also die ArbeiterInnenklasse. Das ist das wesentliche bei diesem Thema. 

Ein weiteres grundlegendes Prinzip des Kapitalismus ist der Profitzwang. Das heißt diejenigen, die Kapital besitzen suchen nach immer neuen Wegen dieses weiter zu vermehren. Deshalb ist das Kapital immer auf der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten. ja, eine sehr gute Anlagemöglichkeit bietet der Wohnraum, also Immobilien und Grundstücke. Genau das passiert in Hochfeld.

Auch die Städteplanung richtet sich nach dem Zwang der Profitmaximierung. Die Stadt wird so umgestaltet, wie sich am besten und meisten Profit für private Investoren herausschlagen lässt. Es wird dafür gesorgt, dass es für das Kapital

attraktiv wird. Städte oder Stadtteile werden als Standorte attraktiv gemacht und Planungen begünstigen, dass teure Häuser und Wohnungen gebaut werden. Dafür werden ärmere und zugewanderte BewohnerInnen verdrängt. 

Schön und gut aber was können wir dagegen tun? Diese Frage stellt sich nach jeder Zwangsräumung in Duisburg oder Marxloh. 

Einerseits ist die Solidarität unter den Betroffenen wichtig. Denn diese Stadtpolitik richtet sich nicht nur gegen zugewanderte Menschen aus Bulgarien oder Rumänien, sondern insgesamt gegen die ärmeren Bevölkerungsschichten. Mit einer Spaltungspolitik versucht der Oberbürgermeister Sören Link von der SPD bewusst die Betroffenen gegeneinander auszuspielen.

Gerade in Krisenzeiten, wo es massenhaft Entlassungen gibt, die Arbeitslosigkeit steigt und die Lebensbedingungen für die arbeitende Klasse sich verschlechtert, greifen KapitalistInnen und ihre Vertreter auf solche Mittel zurück.

Das werden wir nicht zulassen!

Genau hier müssen wir als antifaschistische Bewegung ansetzen und die Kämpfe gegen kapitalistische Aufwertung und Verdrängung als teil antifaschistischer Praxis sehen.

Dennoch müssen wir ehrlich zugeben, dass wir die kapitalistische Aufwertung, die Verdrängung und Zwangsräumungen in diesem System nicht aufhalten können. Sie haben alle Gewalt- und Machtmittel in der Hand, um die Interessen von Investoren und Immobilienkonzernen durchzusetzen. Und das machen sie auch.

Dennoch ist es von großer Bedeutung da wo wir leben, den Widerstand gegen rassistische Räumungen, Verdrängung und Ausbeutung zu leisten. 

Wie kann dieser Widerstand aussehen?

Zu allererst müssen wir erkennen, dass wir uns bei der Frage nach Stadtentwicklung, Zwangsräumungen und bezahlbarem Wohnraum nicht auf die bürgerlichen Parteien wie die SPD, CDU oder Grüne verlassen können. Im Endeffekt handeln sie im Interesse der KapitalistInnen und sind ein fester Bestandteil des kapitalistischen Systems. 

Andere Möglichkeiten sind durch Platzbesetzungen, Proteste und Demonstrationen wie heute. Wir können öffentliche Räume wieder zurückerobern, damit unser Widerstand sichtbar wird. 

Damit dieser Widerstand erfolgreich ist, ist es notwendig, dass wir uns organisieren und gemeinsam kämpfen. Dafür könnt ihr euch solidarischen Netzwerken wie Netzwerk Hochfeld oder antifaschistischen Strukturen wie dem OAT anschließen.

Oder tut euch zusammen und gründet selbst so eine Initiative, falls es noch keine gibt. Es gibt viel zu tun: lasst uns gemeinsam den Widerstand gegen rassistische Zwangsräumungen organisieren.

 

FÜR DIE ANTIFASCHISTISCHE AKTION!
FÜR DIE KÄMPFE VON UNTEN!

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen