[Rheinland] Zum Spitzelverdacht während der Aktionstage

Während der Aktionstage 2017 im Rheinland gab es bei einer Kleingrupppenaktion den Verdacht, dass eine bestimmte Person gezielt versucht, Teile der Campstruktur und Details der geplanten Aktion auszuforschen. Der Folgende Text wertet eine daraufhin eingeleitete Recherche aus.

An dem letzten Wochenende der Aktionstage 2017 im Rheinland gab es bei einer Kleingrupppenaktion den Verdacht, dass eine bestimmte Person gezielt versucht, Teile der Campstruktur und Details der geplanten Aktion auszuforschen. Im Verlauf dessen hat sich die Aktionsgruppe entschieden, nicht weiter mit dieser Person in Aktion zu sein.

 

Nach Abschluss der Aktion traten Einzelne aus der Aktionsgruppe deshalb an das Legal Team heran. Obwohl dies eigentlich nach dem derzeitigen Selbstverständnis nicht Aufgabe des Legal Teams ist, bildete sich ein Arbeitskreis um die Situation aufzuarbeiten. Der Arbeitskreis bestand mehrheitlich aus Mitgliedern der Aktionsgruppe, sowie weiteren Menschen, die Erfahrungen mit ähnlichen Situationen und eine Außenperspektive in den Kreis zu bringen versuchten.

 

Nachdem akribisch zusammengetragen wurde, was die Person in den Tagen zuvor auf dem Camp getan hatte, hat sich Folgendes abgezeichnet:

 

  • Es wurden keine Beweise gefunden, dass die Person ein verdeckter Ermittler ist.

  • Sehr viele der Verdachtsmomente gründeten darauf, dass die Person nicht in der linken Szene sozialisiert ist und viele unausgesprochene Erwartungen an das eigene Verhalten nicht kennt und sich daher nicht so verhält. Hinzu kommt, dass uneindeutige Gesten und Äußerungen belastend ausgelegt wurden.

  • Es gibt aber auch Verdachtsmomente, die tatsächlich in das typische Muster verdeckter Ermittler passen würden (Anbieten eines Autos; hartnäckige Versuche, Teil konspirativer Kleingruppen zu werden). Uns fehlen allerdings die Möglichkeiten, dem weiter nachzugehen.

  • In dem Aktionsgruppenteil des Kreises bleibt ein Gefühl des Misstrauens gegenüber diesem Menschen bestehen.

 

Während des Prozesses wurden aber auch einige Probleme deutlich:

 

  • Kleingruppen agierten unvorsichtig. Ein Beispiel: Die Person bot einem Mitglied einer Gruppe an, die Gruppe an einen (unverfänglichen) Ort zu fahren. Die übrige Gruppe nahm aufgrund uneindeutiger Kommunikation untereinander an, die Person sei ein Bekannter der Person, die das Auto angefragt hatte und weihte sie daraufhin in ihre Planungen ein.

  • Es gab keine klare Zuständigkeit und kein klares Prozedere, wie mit solchen Verdachtsmomenten umgegangen werden sollte.1

  • Ein politisches Camp ist ein offener Raum und soll es auch sein. Eine Infiltration kann daher nicht ausgeschlossen werden.

  • Die Umstände auf dem Camp (zeitlich begrenzt, unübersichtlich, Fluktuation) bringen es mit sich, dass ein auftauchender Spitzelverdacht nicht zufriedenstellend geklärt werden kann.

  • Nach der Aktion kochte die Gerüchteküche, sodass wir uns notwendigerweise dazu äußern mussten.

Wir standen daher vor dem Dilemma, dass ohne ein Statement die Vorfälle auf dem Klimacamp der Beginn einer längeren Spitzelkarriere oder einer persönlich unfairen sowie sachlich ungerechtfertigen Stigmatisierung einer Einzelperson werden könnten. Ein Outing ohne belastbare Beweise gegen die Person wäre völlig unverantwortlich, dennoch möchten wir nicht, dass die Gerüchteküche auf dem Camp weiter um sich greift. Ausserdem halten wir es für angemessen, unser Vorgehen transparent zu machen. Diese Form der Veröffentlichung verstehen wir daher als Kompromiss.

 

Wir begreifen unser Vorgehen als Provisorium, mit dem Ziel Schlimmeres zu verhindern und wünschen uns, dass es für zukünftige Campgemeinschaften eine klarere Vorstellung dessen gibt, wie mit solchen Verdachtsmomenten umgegangen werden sollte.

 

Einige Mitglieder des Arbeitskreis

1Als Diskussionsgrundlage zum Umgang mit einem Spitzelverdacht verweisen wir auf die Broschüre "Schöner leben ohne Spitzel" https://www.antifaschistische-linke.de/PDF/schoener_leben_ohne_spitzel.pdf

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