Sinn, Technik und Struktur für Übersetzungen

Regionen: 

Beim Erstellen und übersetzen des Artikels https://de.indymedia.org/node/30205  ist uns erneut aufgefallen, dass es generell relativ wenig übersetzte Texte (gerade auch) aus Frankreich gibt. Stattdessen werden in der Regel die ja nun zahlreich vorhandenen und teilweise sehr gut gemachten Videos konsumiert. Dabei vermitteln Texte ja oft eher einen Eindruck davon, was hinter den Protestbildern steckt und welche Ideen und Ziele verfolgt werden und zwar insbesondere dann, wenn sie direkt aus der dortigen Bewegung stammen, also in der Regel übersetzt werden müssen.

Viele denken, dass für veröffentlichte Übersetzungen ein sehr hohes Niveau an Sprachkenntnis vorhanden sein muss. Das stimmt sicherlich fürs Übersetzen in eine Fremdsprache, aber fürs Übersetzen vom z.B. Französischen ins Deutsche reicht für deutsche Muttersprachler das Niveau B2 in Französisch locker aus.

Andere meinen, dass es reicht, einen Text einfach für sich mal kurz in eines der zahlreichen Übersetzungsprogramme rein zu kopieren… und dann würde schon das wesentliche zu verstehen sein. Aber: Computer sind bekanntlich „doof“ - da machen auch Übersetzungsprogramme keine Ausnahme. Es stimmt jedoch, dass diese einem die Arbeit erheblich erleichtern bzw. verkürzen können.

Und schließlich sind da noch die Dimensionen der „Vorkenntnis“ und des eigenen Interesses an der Sache, besser noch zusätzlich an der fremden Region und auch an der Sprache, welche unabhängig von Sprachkompetenz und Übersetzungsprogrammen unserer Erfahrung nach ganz entscheidend sind. Oft nützt auch die / der größte Sprachcrack nichts, wenn die Person sich mit der Materie überhaupt nicht auskennt. Allerdings sollte die übersetzende Person schon auch flüssig und gut die Zielsprache in Schriftform formulieren können.

Folgende Arbeitsreihenfolge bei Übersetzungen ins Deutsche erscheint uns - mit ganz vernünftigen, aber keinen sehr guten Französischkenntnissen – nach einigem „Try and Error“ sinnvoll und effektiv:

1) In Deutsch recherchieren, was allgemein so los war oder ist, falls vorhanden Freund*innen oder Genoss*innen in der Region kontaktieren und nachfragen, ob diese Lesetipps haben. Dann kommt manchmal ja eine ganze Linkliste zurück. Ist dort ein Text dabei, der möglichst nicht allzu lang sein sollte, einen selber besonders anspricht und dies auch für andere vermutlich der Fall ist und / oder dem eigenen Kontakt in der Region besonders am Herzen liegt kann eine Übersetzung in Erwägung gezogen werden.

2) Dann wird der Originaltext in ein Textprogramm eingefügt, wobei wir das Dokument zunächst als 2-spaltiges eingerichtet haben (unter Seitenlayout) und der Ausgangstext in der jeweils linken Spalten platziert wird und dementsprechend die rechten Spalten zunächst frei bleiben, bzw. durch Seitenumbruch übersprungen werden. Dabei sollte im Originaltext der Seitenumbruch immer nach einem Absatz erfolgen und außerdem bedacht werden, dass in der Regel die deutsche Übersetzung mehr Zeichen produziert, als Originale in anderen Sprachen… also nach unten hin bei jeder Seite etwas Reserve lassen. Die Ränder des Dokuments können maximal klein bleiben und die Schrift / Größe sollte sehr leicht lesbar sein.

3) Der Originaltext wird dann als nächstes einer Rechtschreibprüfung unterzogen. Das klingt ein bisschen päpstlich, bringt aber Punkte in Sachen Übersicht, sowie Systematik und Fehlervermeidung bei der weiteren Bearbeitung. Word bietet sog. Bearbeitungssprachen als zusätzliche, kostenfreie Installation (unter „Überprüfen“ – „Sprache“ – „Spracheinstellungen“) an und erkennt dann automatisch nach ca. 5 Wörtern die Sprache. Die von Word als „falsch“ identifizierten Wörter müssen nun kontrolliert und mitunter korrigiert werden. Dazu macht Word meistens einen richtigen Vorschlag, manche eigentlich korrekten Wörter kennt Word aber einfach nicht und man/frau selber dann meistens auch nicht.

4) Nun hilft in der Regel „Leo“ weiter – ein sehr umfangreiches und leicht handhabbares Online – Wörterbuch, welches auch alle möglichen Grammatikformen sofort erkennt oder simpel aufruft (https://dict.leo.org) – übrigens auch als praktische Handy-App zu haben. Falls auch Leo passen muss bleibt einem nur noch die normale Google – Suche nach dem Wort. Einmal gefunden, verstanden und als existent verifiziert lässt sich nun das Wort in das eigenen Word- Wörterbuch hinzufügen. Das Gleiche gilt für durchgegenderte Verben und Adjektive, die Word ebenfalls als „Fehler“ meldet.

5) Als nächstes bemühen wir nun das Übersetzungsprogramm „Deepl“ und lassen uns einen Vorschlag (!) machen (https://www.deepl.com/translator ) – und zwar Seite für Seite oder Absatz für Absatz. Deepl hat den großen Vorteil gegenüber anderen Übersetzungsprogrammen bei der Satzstruktur, die meistens schon ganz brauchbar ist und außerdem hat Deepl bei jedem Wort oder Redewendung diverse Alternativvorschläge, die angezeigt werden, wenn darauf geklickt wird – mit Option den ursprünglichen Vorschlag zu ersetzen.

6) Spätestens nun muss der Originaltext auch komplett von einem selber verstanden werden. Das heißt, einzelne unbekannte oder unsichere Vokabeln oder Verbformen genau nachzuschlagen und ggf. dann Änderungen direkt noch bei Deepl vorzunehmen. Dafür eignet sich unserer Erfahrung nach „Pons“ am besten (https://de.pons.com/ ), weil dort die oft unterschiedlichen Bedeutungen von Wörtern genauer und systematischer erfasst sind. Insbesondere bei Redewendungen macht es manchmal aber auch Sinn (zusätzlich) Leo zu befragen – dort gibt es genau dafür sogar ein kompetentes Forum ohne Anmeldung. Weitere Programme machen keinen Sinn – insbesondere nicht „Google-translater“ – diese sind zumindest momentan einfach schlechter.

7) Jetzt können wir den schon einmal überarbeiteten Vorschlag von Deepl aus in unsere Textdatei in die rechte Spalte übertragen und dort ein bisschen mit zusätzlichen Zeilen rumspielen, so dass sich schließlich die Absätze in den 2 Sprachen ordentlich gegenüberstehen. Nun den Blick auf die rechte Spalte in Deutsch gerichtet, gucken ob die Word – Korrektur etwas zu maulen hat und vor allem die Satzstrukturen verbessern sowie zu kompliziert geratene Ausdrücke überprüfen und korrigieren.

8) Beim nächsten Schritt werden jetzt kleinteilig Satz für Satz gründlich parallel durchgelesen und überprüft, ob diese inhaltlich übereinstimmen und um bei der Übersetzung Genauigkeit mit Verständlichkeit/ Lesbarkeit im Detail abzuwägen. Das ist schon meistens nochmal mit Nachschlagen in den schon erwähnten Wörterbüchern verbunden. Im Zweifel ist es aber auch keine Schande eine kleine Fußnote anzulegen und dem Rest der Welt den eigenen „Übersetzungskonflikt“ mitzuteilen.

9) Ist der ganze Text dann einmal bis zu diesem Punkt durchgebüffelt, lohnt sich eine weitere Lesung des deutschen Parts um nach Fehler oder unglücklichen Formulierungen zu jagen. Danach das 2-sprachige Dokument speichern und ein neues einspaltigen anlegen, das Original dort löschen und ein verwertbares Layout anlegen – z.B. die Ränder vergrößern und die Schrift verkleinern und ein (vorläufig) letztes Mal durchschmökern.

10) Falls frau da dann noch etwas findet und korrigiert sollte man das auch in der 2-sprachigen Version ändern, da diese ja das eigentliche Arbeitsdokument bleibt und – was auch mal vorkommt – dann anderen interessierten Übersetzungsfreaks in der letzten Version gut gezeigt werden kann.

… Das klingt jetzt alles doch sehr, sehr aufwändig und möglicherweise kommen andere auch über andere Wege schneller zum gleichen oder sogar besseren Ergebnis. Aber es ist ein vergleichsweise klarer Ablauf, welcher – einmal eingeprobt – durchaus flüssig von statten geht und auch bei begrenzten Sprachkompetenzen ganz gut funktioniert. Letztere werden dabei natürlich gefördert.

Vielleicht einfach mal ausprobieren oder auch andere Vorschläge machen…

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Ergänzungen

Hier die zweisprachige Version

Datei: 

Ich finde es gar nicht so wenige Übersetzungen. Klar stammen viele von mir, aber insgesamt ca 40 übersetzte Texte seit Beginn der Bewegung der Gilets Jaunes sind nicht gerade wenig.

@S.L. …Jo, hast Recht

…es sind doch deutlich mehr, als wie andere und ich vorher dachten oder wahrgenommen haben. Eigentlich lese ich ganz regelmäßig Indymedia und lasse vor allem nichts aus Frankreich aus. Jetzt sehe ich unter „Region Frankreich“ viele Artikel, vor allem etliche Übersetzungen die ich noch gar nicht kannte. Vorher hatte ich nur nochmal unter „Event Gelbwesten“ und „Region Paris“ geguckt und dort war / ist das Bild ausgesprochen mau.

…umso besser!

Aber dennoch: Es ist nun schon im positiven Sinne ungewöhnlich, dass gleich 2 Übersetzungen aus Frankreich es nun auf die Titelseite geschafft haben.

Und… (früher war natürlich alles besser) bei linksunten konnte mensch viel unkomplizierter auf die „Regionen“ kommen – ich meine gleich von der Startseite aus und obendrein war die „Überregion Frankreich“ noch mindestens 5-fach in regionale Regionen unterfächert – oda?

Und zu Hochzeiten von Nuit Debut 2016 entstand dort ein sehr lebhafter Austausch von sowieso oder gerade neu interessierten… inkl. „Starreporter Johnny“, der direkt aus Paris von fast jeder „Manif Sauvage“ berichtete – manchmal live… und auch toll und viel übersetzt hat.

Für den Austausch / Diskussion ist ja eigentlich die „Ergänzungsfunktion“ nach, wie vor sinnvoll, aber die wird ja hier häufig von sich nicht auf das Thema des Artikels beziehenden „Beiträgen“ torpediert (siehe „FA“), die obendrein nicht selten reaktionär oder noch übler ausgerichtet sind.

Derweil kündigt Macron an, nächsten Samstag Spezialeinheiten einzusetzen…

Um für spezielle Redewendungen oder Wordkombinationen gebräuchliche Übersetzungen bzw. Vorschläge zu bekommen ist https://context.reverso.net oft hilfreich, wenn es bei den bisher genannten tools einfach nicht paßt.

Reverso sucht schlicht stumpf das Netz nach veröffentlichten Übersetzungen ab und präsentiert dann die Suchergebnisse mit Kontexten in beiden Sprachen, nebeneinander gestellt. Da ist oft die Mehrheit der "Treffer" nicht für den konkreten Fall passend, aber Reverso hat meistens auch den genau richtigen Vorschlag im Köcher, wo die bisher von uns genannten tools passen mußten.

Auch bei Unsicherheiten sinnvoll zum abgleichen.