[HH] Merkel muss weg - Erfahrungsbericht zur Infiltrierung

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Merkel muss weg #5

 

 

 

Seit nun fast einem Monat demonstriert jeden Montag in Hamburg ein „Potpourri: [aus] Identitäre[n], NPD, AfD & Nazihools“ Über die Demo und ihre Akteure ist bereits viel geschrieben und noch mehr gesagt worden und wird es wohl hoffentlich in Zukunft werden. Nicht zuletzt die erste Anmelderin Uta Oglivie und die zweite Anmelderin Jennifer Nathalie Gehse haben die Vorteile und Notwendigkeit antifaschistischer Recherche bewiesen.

 

Dennoch gelingt es bisher nicht zu verhindern, dass sich 250 Menschen mitten im vermeintlich ,,linken Hamburg‘‘ zu einer offen fremdenfeindlichen Demo zusammenfinden.

 

Bisher beschränkten sich die Gegenproteste bis auf einige Rangeleien meist darauf die von 1000 Bullen abgeschirmten rechte Kundgebung im Käfig zu begutachten.

 

Damit sich dieser Zustand nicht verfestigen kann, haben wir uns diese Woche dazu entschieden die Sache von einer anderen Seite anzugehen und möchten hiermit anderen Menschen die Chance geben aus unserer Erfahrung zu lernen und hoffentlich viele für nächste Woche inspirieren.

 

 

 

Unsere Motivation:

 

 

 

Zu aller erst ist vermutlich zu sagen, dass wir den Gedanken unsäglich fanden von nun an Woche für Woche rassistischer Hetze in Käfighaltung anzuschauen. Abgesehen von den offensichtlichen Gründen, warum wir darauf keinen Bock haben ist, dass die Rechten es geschafft haben, den Slogan ,,Merkel muss weg‘‘ für sich zu vereinnahmen und nun implizieren können, jeder der gegen sie demonstriere sei für Merkel. Doch dabei sollte allen Menschen klar sein, dass das Motto zwar ‚Merkel muss weg‘ lautet, doch sie eigentlich „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ meinen.

 

 

 

Unsere Vorgehensweise:

 

 

 

Da sie das aber so offen nicht sagen können, wollten wir genau diese Unschärfe, die die Neo - Nazis um Thomas Gardlo für sich nutzen, gegen sie verwenden. Denn formaljuristisch ist es schwer, Menschen von einer Demonstration auszuschließen, solange sie deren Grundtenor vertreten. Da Merkel muss weg ja auch eine Forderung ist, die wohl alle progressiven linken Menschen unterstützen müssten, wollten wir unter eben dieser Prämisse ebenfalls an der Demonstration teilnehmen.

 

Die Demo war zwar auf den ersten Blick gut abgeschirmt, doch spätestens auf den zweiten Blick ist das Sicherheitskonzept der Polizei darauf ausgerichtet zu verhindern, dass größere Gruppen von außen in die Demonstration vordringen.

 

Unser Konzept sah es jedoch von Anfang vor nicht von außen in die Demo einzudringen, sondern als ganz ,,normale Teilnehmer*innen‘‘ auf die Demonstration zu gehen. Gerade das bewusste Abzielen auf ein konservatives, bürgerliches Spektrum erschwert es den Bullen Menschen nach ihrem Äußerlichen zuzuordnen, wie sie es sonst immer tun. Wer also nicht angezogen ist, wie es dem links(radikalen) Klischee entspricht hat also unser Erfahrung nach wenige Probleme bis zur Demo durch zu kommen. Ein zwei freundliche Lächeln für die Bullen an den Kontrollpunkten und schon war man mitten drin bei den besorgten Bürgis. Vermutlich ist es auch hilfreich ein paar ,,Merkel muss weg‘‘ Schildchen oder hässliche Deutschlandfahnen dabei zu haben.

 

 

 

Unsere Erfahrung:

 

 

 

Bereits letzte Woche gab es einige Menschen, die ihren Gegenprotest bis auf die Merkel muss weg Kundgebung getragen haben, doch unserem subjektiven Empfinden nach wurde diese Taktik diese Woche vermehrt angewandt. Soweit wir dies beurteilen können, war jedoch keine Gruppe groß ( oder organisiert) genug um sich über einen nennenswerten Zeitraum auf der Demo zu halten. Und das bringt uns zu unserer ersten und vermutlich wichtigsten Erfahrung:

 

Die Bullen interessierte es nicht, ob man theoretisch an der Versammlung hätte teilnehmen dürfen. Sobald man linke Parolen skandiert, eine linke Fahne hisst oder gar ein Transpi entrollt, wie es eine weitere Gruppe getan hat, werden alle Personen gewaltsam und ohne Ansage aus der Demo gedrängt.

 

Wer die Hamburger Polizei kennt, weiß zwar, dass rechtliche Vorgaben eher als Orientierung gehandhabt werden, dennoch lag zumindest bei uns in der Vorbereitung der Fokus mehr auf dem Selbstschutz angesichts des gewaltaffinen Teils der „Merkel muss weg“ Kundgebung und nicht so sehr auf der Polizei.

 

 

 

 

 

Unsere Fehler:

 

1. Eine solche Aktion lebt davon, dass man eine kritische Masse an Menschen zusammenbekommt, die nicht einfach problemlos von den Bullen aus der Demo gedrängt werden kann. Unserer Meinung nach liegt diese bei 30-50 Leuten, die als koordinierte Gruppe agieren und sich gemeinsam an einem strategisch klug gewählten Ort zusammenfinden.

 

 

 

2. Das Agieren der Polizei hat uns gezeigt, dass es unabdingbar ist, bei einer solchen Aktion eine*n Anwält*in dabei zu haben. Allein die Anwesenheit einer juristisch versierten Person, die die Polizei mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert, hätte dies unserer Meinung nach verhindern oder verlangsamen können.

 

 

 

3. Es ist für solche Aktionen praktisch im Vorfeld eine Person zu finden, die die Aktion dokumentiert. Die Fremdenfeinde stehen praktisch komplett abgeschirmt in ihrem Käfig und es sind nur relativ wenige Journalist*innen anwesend, weshalb man sich nicht drauf verlassen kann, dass jemand genau dort steht, wo man die Aktion dokumentieren könnte.

 

 

 

 

 

Unser Fazit:

 

 

 

Obwohl wir den Versuch sich auf die Nazi Demo einzuschleichen bisher, wie den ganzen Gegenprotest, definitiv nicht als Erfolg werten, hoffen wir durch unseren Bericht einen weiteren Weg für möglichen Protest aufgezeigt zu haben.

 

Unserer Erfahrung nach wäre ein Einschleichen mit überschaubarem Aufwand erfolgreich zu gestalten und würde, wenn man aus unseren Fehlern lernt, sowohl Polizei als auch Anmelder*in der Demo vor ein Problem stellen. Für die Polizei würde es allein einen erheblichen logistischen Mehraufwand darstellen die Teilnehmer*innen schon im Vorfeld einzuordnen. Mal abgesehen davon, dass sie offiziell niemandem, der*dem nicht nachgewiesen werden kann, dass Störung der Demo die einzige Absicht ist, am Zugang zu einer angemeldeten Versammlung gehindert werden kann, würde diese Arbeit eine Menge Polizeikräfte binden, die ggfs. an anderer Stellen fehlen und dort mehr aktiven Protest ermöglichen würden. Außerdem müsste die Polizei dieses Prozedere mit den meisten Teilnehmer*innen machen, was neben Personal auch ne Menge Zeit verbraucht.

 

Wir rufen daher alle Menschen auf, unserem Beispiel zu folgen und nächste Woche zu zeigen, dass wir, wenn wir gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenhass und für ein bedingungsloses Bleiberecht für alle Menschen demonstrieren, das auch heißt, dass Merkel weg muss. Und mit ihr das ganze auf Ausbeutung und Ausgrenzung basierende Scheißsystem.

 

 

 

Es gilt unserer Meinung nach, den Faschist*innen die bürgerliche Maske zu entreißen und klar zu machen, dass die einzige Alternative zur bestehenden Traurigkeit nicht in einem Neofaschistischen Law & Order Staat, sondern in einem solidarischen gleichberechtigten Leben liegt.

 

Unsere Motivation:

 

 

 

Zu aller erst ist vermutlich zu sagen, dass wir den Gedanken unsäglich fanden von nun an Woche für Woche rassistischer Hetze in Käfighaltung anzuschauen. Abgesehen von den offensichtlichen Gründen, warum wir darauf keinen Bock haben ist, dass die Rechten es geschafft haben, den Slogan ,,Merkel muss weg‘‘ für sich zu vereinnahmen und nun implizieren können, jeder der gegen sie demonstriere sei für Merkel. Doch dabei sollte allen Menschen klar sein, dass das Motto zwar ‚Merkel muss weg‘ lautet, doch sie eigentlich „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ meinen.

 

 

 

Unsere Vorgehensweise:

 

 

 

Da sie das aber so offen nicht sagen können, wollten wir genau diese Unschärfe, die die Neo - Nazis um Thomas Gardlo für sich nutzen, gegen sie verwenden. Denn formaljuristisch ist es schwer, Menschen von einer Demonstration auszuschließen, solange sie deren Grundtenor vertreten. Da Merkel muss weg ja auch eine Forderung ist, die wohl alle progressiven linken Menschen unterstützen müssten, wollten wir unter eben dieser Prämisse ebenfalls an der Demonstration teilnehmen.

 

Die Demo war zwar auf den ersten Blick gut abgeschirmt, doch spätestens auf den zweiten Blick ist das Sicherheitskonzept der Polizei darauf ausgerichtet zu verhindern, dass größere Gruppen von außen in die Demonstration vordringen.

 

Unser Konzept sah es jedoch von Anfang vor nicht von außen in die Demo einzudringen, sondern als ganz ,,normale Teilnehmer*innen‘‘ auf die Demonstration zu gehen. Gerade das bewusste Abzielen auf ein konservatives, bürgerliches Spektrum erschwert es den Bullen Menschen nach ihrem Äußerlichen zuzuordnen, wie sie es sonst immer tun. Wer also nicht angezogen ist, wie es dem links(radikalen) Klischee entspricht hat also unser Erfahrung nach wenige Probleme bis zur Demo durch zu kommen. Ein zwei freundliche Lächeln für die Bullen an den Kontrollpunkten und schon war man mitten drin bei den besorgten Bürgis. Vermutlich ist es auch hilfreich ein paar ,,Merkel muss weg‘‘ Schildchen oder hässliche Deutschlandfahnen dabei zu haben.

 

 

 

Unsere Erfahrung:

 

 

 

Bereits letzte Woche gab es einige Menschen, die ihren Gegenprotest bis auf die Merkel muss weg Kundgebung getragen haben, doch unserem subjektiven Empfinden nach wurde diese Taktik diese Woche vermehrt angewandt. Soweit wir dies beurteilen können, war jedoch keine Gruppe groß ( oder organisiert) genug um sich über einen nennenswerten Zeitraum auf der Demo zu halten. Und das bringt uns zu unserer ersten und vermutlich wichtigsten Erfahrung:

 

Die Bullen interessierte es nicht, ob man theoretisch an der Versammlung hätte teilnehmen dürfen. Sobald man linke Parolen skandiert, eine linke Fahne hisst oder gar ein Transpi entrollt, wie es eine weitere Gruppe getan hat, werden alle Personen gewaltsam und ohne Ansage aus der Demo gedrängt.

 

Wer die Hamburger Polizei kennt, weiß zwar, dass rechtliche Vorgaben eher als Orientierung gehandhabt werden, dennoch lag zumindest bei uns in der Vorbereitung der Fokus mehr auf dem Selbstschutz angesichts des gewaltaffinen Teils der „Merkel muss weg“ Kundgebung und nicht so sehr auf der Polizei.

 

 

 

 

 

Unsere Fehler:

 

1. Eine solche Aktion lebt davon, dass man eine kritische Masse an Menschen zusammenbekommt, die nicht einfach problemlos von den Bullen aus der Demo gedrängt werden kann. Unserer Meinung nach liegt diese bei 30-50 Leuten, die als koordinierte Gruppe agieren und sich gemeinsam an einem strategisch klug gewählten Ort zusammenfinden.

 

 

 

2. Das Agieren der Polizei hat uns gezeigt, dass es unabdingbar ist, bei einer solchen Aktion eine*n Anwält*in dabei zu haben. Allein die Anwesenheit einer juristisch versierten Person, die die Polizei mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert, hätte dies unserer Meinung nach verhindern oder verlangsamen können.

 

 

 

3. Es ist für solche Aktionen praktisch im Vorfeld eine Person zu finden, die die Aktion dokumentiert. Die Fremdenfeinde stehen praktisch komplett abgeschirmt in ihrem Käfig und es sind nur relativ wenige Journalist*innen anwesend, weshalb man sich nicht drauf verlassen kann, dass jemand genau dort steht, wo man die Aktion dokumentieren könnte.

 

 

 

 

Unser Fazit:

 

 

 

Obwohl wir den Versuch sich auf die Nazi Demo einzuschleichen bisher, wie den ganzen Gegenprotest, definitiv nicht als Erfolg werten, hoffen wir durch unseren Bericht einen weiteren Weg für möglichen Protest aufgezeigt zu haben.

 

Unserer Erfahrung nach wäre ein Einschleichen mit überschaubarem Aufwand erfolgreich zu gestalten und würde, wenn man aus unseren Fehlern lernt, sowohl Polizei als auch Anmelder*in der Demo vor ein Problem stellen. Für die Polizei würde es allein einen erheblichen logistischen Mehraufwand darstellen die Teilnehmer*innen schon im Vorfeld einzuordnen. Mal abgesehen davon, dass sie offiziell niemandem, der*dem nicht nachgewiesen werden kann, dass Störung der Demo die einzige Absicht ist, am Zugang zu einer angemeldeten Versammlung gehindert werden kann, würde diese Arbeit eine Menge Polizeikräfte binden, die ggfs. an anderer Stellen fehlen und dort mehr aktiven Protest ermöglichen würden. Außerdem müsste die Polizei dieses Prozedere mit den meisten Teilnehmer*innen machen, was neben Personal auch ne Menge Zeit verbraucht.

 

Wir rufen daher alle Menschen auf, unserem Beispiel zu folgen und nächste Woche zu zeigen, dass wir, wenn wir gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenhass und für ein bedingungsloses Bleiberecht für alle Menschen demonstrieren, das auch heißt, dass Merkel weg muss. Und mit ihr das ganze auf Ausbeutung und Ausgrenzung basierende Scheißsystem.

 

 

 

Es gilt unserer Meinung nach, den Faschist*innen die bürgerliche Maske zu entreißen und klar zu machen, dass die einzige Alternative zur bestehenden Traurigkeit nicht in einem Neofaschistischen Law & Order Staat, sondern in einem solidarischen gleichberechtigten Leben liegt.

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Ergänzungen

Was nicht so ganz klar wird aus eurem Artikel ist die Frage: Sollen wir nächste Woche versuchen die Demo zu infiltrieren oder nicht? M.E. ein sehr gefährliches Unterfangen, das nur Sinn macht wenn wir entschlossen und viele sind.

Was aber unbestritten gut ist, ist eine Diskussion "wie weiter"! Denn man kann keine anderen Ergebnisse erwarten, wenn man nicht etwas ändert!

Warum melden wir eigentlich keine Kundgebung auf dem Gänsemarkt an, und zwar vor den Faschos? Oder versuchen mit mehr Entschlossenheit durch die U-Bahnen auf den Platz zu kommen? Wieso organisieren wir keine grosse Bündnissdemo?

Was für Ideen gibt es noch?

Interessante Vorgehensweise, vielleicht kann man das wirklich ausbauen.

Euer Vorstoss hat zu erheblicher Verunsicherung bei dem Nazipack geführt. Viele Diskussion und Kommentare im Netz. Infiltrieren und penetrieren, da kneifen die Kartoffeln automatisch die Pupe zu!

Aber auch die Anmeldung der Kundgebung auf dem Gänsemarkt war klasse, jetzt müssen sie sogar auf den Dammtor Hinterhof ausweichen! Wenn wir so weitermachen haben wir sie bald in Barmbek! Also schnell für die nächsten 20 Wochen Kundgebungen auf dem Gänsemarkt und am Dammtor anmelden!

Kreativ gegen Nazi's, jeder mit seinen Mitteln. Wichtig ist der Widerstand!

Interessanter Ansatz, aber bitte ohne Deutschlandfahnen etc. Da hätte ich das Gefühl mich selbst zu verraten. Meiner Erfahrung nach lässt die Polizei einen sowieso überall durch. Nur wenn man als große gruppe ankommt wirds kritisch. Besser nach und nach in kleinen Gruppen.