Mutmaßliche GRAPO-Spitze verhaftet

tierr@ 17.06.2006 14:22 Themen: Repression
Zeitgleich mit dem Bemühen der spanischen, sozialistischen Regierung, den Friedens-Dialog mit der ETA an allen Fronten durchzusetzen, werden die Antifaschistischen Widerstandsgruppen - GRAPO, als Terroristenorganisation gehandelt und mutmaßliche Mitglieder inhaftiert und an Spanien ausgeliefert.

Spanien: neue Folterfälle (28.06.) | PCE(r)-Kommunique 2005 | PCE(r)-Kommunique, Juni 2006 | Auslieferung einer GRAPO-Militanten (04.07.) | PCE (r) - aktuelles Parteiverbot (08.07.) | Bericht über Folterungen an A. Díaz (14.07.)
Am frühen Morgen des 09. Juni 2006 wurden in einem Wohngebäude in Reus ( Tarragona; Katalonien ), drei Personen aus dem Schlaf gerissen, verhaftet und sofort, vermummt, zu einer Nebenstelle der Guradia Civil in Madrid transportiert, wo sie zunächst der mindesten 5 Tage dauernden, völligen Kontaktsperre (dem Folter-berüchtigten "incomunicado") unterworfen wurden.

Die spanischen Massenmedien ergingen sich in einer Berichterstattung über die Verhaftung der Spitze der antifaschistischen Widerstandsgruppen GRAPO ( Grupos de Resistencia Antifascistas Primero de Octubre), die 1975 gegründet wurden und die als der bewaffnete Arm der (wiederaufgebauten) Spanischen Kommunistischen Partei, PCE (r) angesehen werden. Ein weiteres Mal, so die Medien, sei es der Guradia Civil, die unter Verstärkung der Nationalpolizei, Sonderschwadronen der UEI ), sowie der Lokalpolizei von Reus, um 4.30 Uhr das Gebäude abgeriegelt hatte und gewaltsam in die Wohnung der Verhafteten eingedrungen war, gelungen, die Spitze der vom antifaschistischen Widerstand zur Terrorgruppierung umgetexteten GRAPO zu kappen. Der Organisation, deren meiste Mitglieder in Haft befindlich sind, werden hauptsächlich kleinere Bombenanschläge gegen Institutionen wie Banken und Angriffe auf Sicherheitstransporte vorgeworfen.

Zum absoluten Terroristen stilisiert wird dabei der als "historisch" bezeichnete Juan García Martín, 53, dem unterstellt wird, an der Ermordung der zaragonesischen Unternehmerin Ana Isabel Herrero beteiligt zu sein, die am vergangenen 06. Februar entführt worden war. Herrero ist das vermeintlich einzige Todesopfer der GRAPO seit der Regierungsperiode der sozialistischen PSOE. Martín, der als Nachfolger des GRAPO-Organisators des 2002 inhaftierten Fernando Hierro Chomón gilt, wird zudem die Mitverantwortung für einen Banküberfall am 16. März in Castellón, bei welchem der Direktor angeschossen worden war, zur Last gelegt. Die bei diesen Vorfällen benutzen Waffen sind nie gefunden worden. Die Grapo sei, laut Medien, noch immer aktiv und vornehmlich darin bestrebt, sich durch Bankraub etc., die nötigen Geldmittel zur Aufrechterhaltung ihrer Infrastruktur zu beschaffen.

Bei den verhafteten Personen handelt es sich um Arantza Díaz Villar, 35, aus dem Stadtteil Arana ( Vitoria-Araba ) in Gasteiz, die seit 2002 im Untergrund lebte. Sie ist Millitante der PCE(r), kämpfte in Gasteiz in der feministischen Organisation "Pipi" und war Teil des Freien Radios Hala Bedi Irratia und der Internationalen Solidaritätsbewegung mit Chiapas und der "Türkei". Zudem kämpfte sie für eine radikale Amnestie.

Juan García Martín, 53,aus Sevilla. Er verbrachte wegen antifaschisten Kampfes 20 im Gefängnis. Bei seiner damaligen Verhaftung war er 10 Tage lang schwer gefoltert worden. Nach Ableistung seiner Haft ging er im Jahr 2000 erneut in den Untergrund. Er ist Mitglied des Zentralkomitees der PCE (r).

Carmen Cayetano Navarro, 52, aus Vigo, Pontevedra. Ebenfalls 20 Jahre Haft wegen antifaschistischer Millitnaz und nach der damaligen Festnahme schwer gefoltert. Während ihrer Haft kam ihre 18 jährige Tochter bei einem Autounfall ums Leben. Ihr wurde nicht nur die Teilnahme an der Beerdigung untersagt, sondern sie wurde gleichzeitig mit der Verlegung in Isolationszellen sanktioniert. Auch sie ging nach Ableistung ihrer Haft, 2000 in den Untergrund zurück und ist Mitglied des Zentralkomitees der PCE (r).

Laut der Koordination der polizeilichen Operation am 06.Juni, dem Zentralen Weisungsgericht Nr.4 des Nationalen Gerichtshofs, war die Verhaftung der Abschluss von Ermittlungen der Unidad Especial de Intervención - UEI ( Sonder-Interventionseinheit ) des Informationssicherheitsdienstes, die bereits im Jahr 2002 angelaufen waren.

Fast zeitgleich lieferte drei Tage zuvor, Frankreich das mutmassliche GRAPO-Mitglied, José Antonio Peña Quesada an Spanien aus. Gegen ihn lief auf Weisung des Nationalen Gerichtshofes Spaniens ein europäischer Haftbefehl wegen des Vergehens des Terrorismus. Ihm wird die Beteiligung an einem Bombenanschlag auf den Sitz der derzeitigen, sozialistischen Regierungspartei PSOE, 1999 in Madrid vorgweworfen.

Laut der Polizei war Peña Quesada 1984 der GRAPO beigetreten und noch im selben Jahr wegen unverschämten Verhaltens, Beleidigung und Agression gegenüber der lokalen Polizei verhaftet worden. 1988 erfolgte eine weitere Festnahme wegen Hausfriedensbruch, Widerstand und Ungehorsam. Zwölf Jahre später wurde Peña Quesada in Paris, in Begleitung sechs weiterer, mutmasslicher Millitanter der GRAPO erneut verhaftet. Bis zum Zeitpunkt seiner Auslieferung am 06. Juni 2006 blieb er in französischer Haft.

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Zu den Festnahmen in Reus äussern die Komitees der Roten Hilfe International aus Euskal Herria (Baskenland), Gallizien, Katalonien, Madrid, Burgos, Zaragoza, Frankreich und Italien:

"Diese Festnahmen müssen der lügnerischen und Fallenstellenden Politik zugeordnet werden, welche der spanische Staat aktuell entfaltet. Er spricht von "Frieden", "Dialog" und der "Beendigung der Gewalt", gleichzeitig jedoch fährt er damit fort, RevolutuionärInnen zu verhaften, in seinen finsteren Verhörzentren zu foltern und abzustreiten, dass die PCE (r) eine kommunistische und revolutionäre ArbeiterInnenpartei ist, die NICHT weder zuvor, noch jetzt und niemals im Verlauf ihrer 38jährigen Geschichte, den bewaffneten Kampf gefördert hat. Sie lügen, wenn sie sagen, dass diese Millitanten der GRAPO angehören. Sie lügen, wenn sie behaupten, dass sie in militärische Aktionen involviert seien. Sie lügen, indem sie die Verhaftung, Folter und lebenlsange Inhaftierung dieser drei millitanten KommunistInnen, der Öffentlichkeit als "bewaffnete, terroristische Gewalt" verkaufen.

Logischerweise sind wir höchst besorgt, wegen der 5-Tagephase des "incomunicados" ( totale Kontaktsperre = auch keine AnwältInnen ), welcher diese drei KommunistInnen unterworfen werden. Dem letzten, vor wenigen Monaten verhafteten Millitanten der PCE (r), wurde während der an ihm begangenen Folterungen die Nase, ein Finger und mehrere Knochen gebrochen. Ausserdem wurden ihm zwangsweise Drogen verabreicht, die seinen Realitätsverlust zur Folge hatten. Aufgrund der Anschuldigungen gegen die Varhafteten, kennen wir die "Sonderbehandlung", welche die Guardia Civil in ihren Zentren der Isolation und Folter für politische Gefangene, vollstrecken wird.

Einmal mehr landen der faschistische, spanische Staat und seine Repressivkörper, gemeinsam mit den Medien der Informationskontrolle, einen neuen Schlag gegen den antifaschistischen Widerstand. Sie sprechen von einer neuen Zerschlagung ( als handele es sich bereits um die 30sigste oder 40zigste...? ). Auf diese Weise also wird Frieden geschaffen... indem wir uns in die Gräber hinzufügen.

Wir fordern die sofortige Anerkennung dieser KämpferInnen, als dass, was sie tatsächlich sind: Millitante KommunistInnen. RevolutionärInnen der PCE (r).

Wir fordern die Annullierung des Parteiengesetzes, unter welchem solche willürlichen Barbareien begangen werden können; - die Auflösung des Nationalen Gerichtshofs, welcher der Ersatz ist, für das franquistische Tribunal de Orden Público ( etwa: Öffentliches Ordnungsgericht ).

Wir fordern Totalamnestie für alle revolutionären InhaftiertenWir fordern weitreichendste soziale und politische Freiheiten. Ohne Freiheit der Meinungsäusserung, Organisierung und Auflage, wird es niemlas irgendeine Demokratie geben.

¡¡ FREIHEIT FÜR ARANTZA, JUAN und CARMEN !!
¡¡ FREIHEIT FÜR DIE POLITISCHE MILLITANZ !!
¡¡ IHR FASCHISTEN SEID DIE TERRORISTEN !!


Komitees der Roten Hilfe International aus Euskal Herria (Baskenland), Gallizien, Katalonien, Madrid, Burgos, Zaragpza, Frankreich und Italien, 09. Juni 2006
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Ergänzungen

Ergänzung

Name 17.06.2006 - 14:49
Wie solche "Antiterorr-Prozesse verlaufen zeigte bereits der:
Terrorismus-Prozess in Frankreich
 http://www.de.indymedia.org/2005/11/133183.shtml

GRAPO

sad czech 17.06.2006 - 20:52
Aus der deutschen Wikipedia:

Als terroristische Vereinigung verübte die GRAPO seit 1977 bis 2001 unregelmäßig Anschläge auf US-amerikanische Einrichtungen in Spanien. Dabei wurden mehr als 90 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.

KP

weiowei 18.06.2006 - 07:16
"die 1975 gegründet wurden und die als der bewaffnete Arm der (wiederaufgebauten) Spanischen Kommunistischen Partei, PCE (r) angesehen werden."

Die Kommunistische Partei Spaniens ist nicht wiedergegründet oder wiederaufgebaut worden wie der Artikel suggeriert, sondern exisitiert ununterbrochen bis heute (davon die meisten Jahre in der Illegalität). Was offensichtlich gemeint ist, ist die kleine Sekte "Partido Comunista de España reconstituido", die sich angemaßt hat den Namen der KP (weil so vorteilhaft)zu okkupieren und zu mißbrauchen; dazu gehören zweifelsohne Propagandameldungen wie der vorliegende "Artikel".

paar Takte zur KP

Spanier 22.06.2006 - 16:18
Es gibt in Spanien keine offizelle KP, die den Namen verdient. Es gibt die Mitte der 70er Jahre Wiedergeründete kommunistische Partei Spaniens (PCE) eine legalistische und sozialdemokratische Moskautreue KP die mensch eher als "langweilig, spiessig und reformistisch" bezeichnen würde (ähnlich wie die Deutsche DKP aber nicht so radikal). Diese Partei, die vor allem immer durch Hetzte gegen die radikale Linke und die Unabhänigkeitsbestrebungen (der Katalanen, Basken, Galizier etc) aufgefallen ist, hat sich in den 90ern mit paar anderen langweiligen Reformistien Rentner-Gruppen zu "vereinigten Linken (IU)" zusammengeschlossen und ist seit dem noch ätzender und reformistische Geworden, hat aber auch massiv an Wählern verloren und dümpelt zur Zeit bei 5 Prozent vor sich hin.

Die GRAPO/PCE(R) ist zwar klein, aber wenigsten kann mensch die als Linke bezeichnen was bei der IU schon schwerfällt. Ausserdem hat die GRAPO während des Franco Faschismus zusammen mit der baskischen ETA als einzige Kraft relevanten Wiederstand geleistet, die "offizelle" KP ist eher durch "apeasement-politk" gegenüber Franco aufgefallen. Zusammenfassend lässt sich sagen das in Spanien vor allem die anarchistische Hausbesetzterbewegung und linksnationalistischen Unabhänigkeitsbewegung stark sind und mit den sozialen Bewegung verknüpft.

WICHTIGE Ergänzung

tierr@ 26.06.2006 - 05:44
"GRAPO"/PCE (r)-Kommunique 2005

Weil es für jede "objektive Beurteilung" notwendig ist, alle
Positionen zu kennen, hier das Kommunique der 2002 als GRAPO-Aktive
inhaftierten Militanten der spanischen, Kommunistischen Partei PCE )
vor dem geschichtlichen Hintergrund der politischen Entwicklung/en

"GRAPO"/PCE (r)-Kommunique 2005 / TEIL 1
 http://de.indymedia.org/2006/06/150905.shtml

"GRAPO"/PCE (r)-Kommunique 2005 / TEIL 2
 http://de.indymedia.org/2006/06/150887.shtml


Dass die Einschätzung einer Fortdauer von Festnahmen politisch Militanter richtig war, zeigen nicht nur die "neuerlichen Verhaftung" der "GRAPO-Spitze", sondern auch die von 13 ETA-Mitgliedern, wegen der Eintreibung von Revolutionssteuern, vergangene Woche in Lapurdi, Gipuzkoa und Alacant/ Alicante. Darunter befindet sich neben weiteren über 60zig Jährigen, der 74 Jahre alte Eta-Gründer Julen Madariaga., siehe:  http://de.indymedia.org/2006/06/150820.shtml
Auf diese Weise drängt sich die Frage nach einer Definition von Friedensdialog und der Einseitigkeit eines Waffenstillstandes schon beinahe von selber auf... denn, wenn schon Pazifismus, weshalb dann gelten "reguläre Armeen" von Staaten nicht ebenfalls als Terrororganisationen?!

Feature zur Waffenruhe von ETA
 http://de.indymedia.org/2006/03/141952.shtml
Baskenland aktuell:
 http://de.indymedia.org/2005/06/119234.shtml

Castellón

giacomo 20.10.2006 - 19:32
Laut Lokalpresse (Castellón) ist der Bankdirektor nicht an- sondern erschossen worden.

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