[B] Nachschlag zur Erklärung zum Anschlag auf das Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik

Am 14.4.2020 haben wir gegen fünf Uhr in einem Bauschacht Feuer gelegt. Damit die Brandsätze bei Entzündung nicht in die Erde versickern, haben wir drei Gartenkübel benutzt. Der Brand war kalkuliert und konzentriert darauf ausgerichtet, Telekommunikations- und Stromkabel zu zerstören. Eine Gefährdung für Menschenleben bestand zu keinem Zeitpunkt. Aus aktuellem Anlass werden wir hier zu Unwahrheiten aus der Berichterstattung über unsere Aktion Stellung beziehen.

Ziel unserer Aktion war das Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik. Dienstag morgen zum Arbeitsbeginn kam dann der „Lock down“ des Heinz-Hertz-Instituts. Wir unterbrachen wie gewünscht die Stromzufuhr des Instituts und in wesentlicher Weise die Kommunikationsstruktur. Das Institut war lahmgelegt.

Die Erklärungen haben wir an den RBB, an Indymedia, die dpa, die Berliner Morgenpost und die Berliner Zeitung geschickt.
Hier zum Nachlesen:
https://de.indymedia.org/node/77193
Unsere heutige Erklärung schicken wir an den Tagesspiegel, Indymedia, Taz und Berliner Zeitung.

Die Verschiebung einer Präsentation der bundesweiten und europäischen und mit heißer Nadel gestrickten sogenannten Corona-App ist eine Reaktion auf die wachsenden Kritik an der App und die nachlassenden Akzeptanz in der Bevölkerung. Unser „Lock down“ war bei der Entscheidung zur Verschiebung einer Präsentation der App hoffentlich der berühmte Tropfen für das Überlaufen. Mittlerweile warnen über zweihundert Forscher aus vielen Ländern vor einer beispiellosen Überwachung der Gesellschaft bei Einführung der von der Bundesregierung geplanten App.

Aus aktuellem Anlass stellen wir Unwahrheiten aus der Berichterstattung über unsere Aktion ins richtige Licht:

In der Kommentarspalte der gedruckten Berliner Zeitung vom 16.4.2020 suggerierte Andreas Kopietz, dass wir Menschenleben riskieren würden, indem er diese Aktion mit dem Anschlag einer anderen Vulkangruppe im Jahr 2018 verknüpfte (deren inhaltliche Erklärung wir zu lesen empfehlen:
https://chronik.blackblogs.org/?p=7899).

Herr Kopietz schreibt: „Ein Teil des Sprengsatzes unter einer Brücke zündete nicht. Andernfalls hätte es nach Einschätzung der Polizei Tote gegeben.“
Wir empfehlen Herrn Kopietz, sich von seinen Kollegen bei der Polizei den Unterschied zwischen Brandsatz und Sprengsatz erklären zu lassen. Denn unserer Information nach hat sich keine Vulkangruppe bisher zu einem Sprengsatz bekannt. Bei der Zerstörung von Kabeln sind „Sprengsätze“ auch kein adäquates Mittel. Ein kalkuliertes und konzentriertes Feuer ist in seiner Wirkung vorzuziehen.

Die wahrheitsverdrehende Formulierung ist jedoch kein Zufall. Diese Form der manipulativen Berichterstattung hat System:

2011 bekannte sich erstmals eine Vulkangruppe „Das Grollen des Eyjafjallajökull“ zu einem Anschlag auf ein Kabeltrasse am Berliner Ostkreuz, dessen Brand den Berliner Bahnverkehr lahmlegte. Auch betroffen waren Internetanbieter wie Vodafone. Es ging gegen die Atompolitik.
Zwei Jahre später griff ein weiterer Anschlag einer Vulkangruppe erneut in die Infrastruktur der Bahn ein und sabotierte an vielen Stellen Berlins den Bahnverkehr. Der Angriff war grundsätzlich formuliert und bezog sich auf einen „Kommenden Aufstand“, der nicht in ferner Zukunft liege, sondern in der Tat. Im Bundestag kam es daraufhin zu Diskussionen, der Generalbundesanwalt forcierte ein Verfahren wegen Terrorismus und begründete dies mit der Gefährdung von Menschenleben im Tunnel der Hauptbahnhofes. Umgehend wies die damalige Vulkangruppe diese Behauptung zurück und erklärte, dass von ihrem Anschlag u.a. auf eine Kabeltrasse am Berliner Hauptbahnhof zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung von Menschenleben ausging, weil es keine Brandlegung im Tunnel gegeben habe. Die Bundesanwaltschaft musste daraufhin zurückrudern. Um die bundesanwaltliche Hoheit über das Ermittlungsverfahren zu behalten, wurde dann die „Verfassungsfeindlichen Sabotage“ aus der juristischen Wünsch-Dir-was-Wundertüte gezaubert.
Die von dem Journalisten der Berliner Zeitung genannte Aktion der Vulkangruppe 2018 erklärte in weiser Vorwegnahme folgender Diskreditierungen ihr Vorgehen bereits in ihrer ersten Erklärung sehr genau. Sie schloss ebenfalls eine Gefährdung von Menschenleben klar aus.

Immerhin, auch Andreas Kopietz sieht die „Gefahr von Missbrauch und staatliche Überwachung“. Und weiter: „Doch das ist ein Thema, das die freie Gesellschaft diskutieren muss. Linksextreme gehören nicht dazu. Für die kann es nur konsequente Strafverfolgung geben.“ Es fällt Herrn Kopietz schwer, sogenannte Linksextreme als Teil dieser Gesellschaft zu akzeptieren. Dass wir die Gesellschaft auch vor Corona nicht für sonderlich frei hielten, darüber sind Herr Kopietz und wir sicherlich geteilter Meinung. Aber wir maßen uns nicht nur an, eigene Positionen zu vertreten und in ihrer Radikalität zur gesellschaftlichen Diskussion zu stellen, sondern auch unseren praktischen Beitrag dazu zu leisten, dass eine App mit dem Potential zukünftiger Überwachung nicht in Umlauf kommt.

Das Prinzip der manipulativen Berichterstattung: Wenn es keine Möglichkeit gibt, eine gelungene Aktion inhaltlich oder handwerklich zu diskreditieren, redet man etwas herbei. Irgend ein Dreck bleibt bekanntlich immer hängen. Andreas Kopietz werden gute Kontakte zur Polizei nachgesagt, das berechtigt ihn nicht, als deren verlängerter Arm deren Lügen zu verbreiten.

Wenn sich militante Gegenwehr gegen Herrschaft organisiert, folgt daraus die konsequente Strafverfolgung.  Bei sogenannten „Linksextremen“ liegt das auf der Hand. Wir jammern nicht darüber, sondern rechnen damit. Die „Verfolgung“ des NSU, als wären es nie mehr als drei Faschisten gewesen, die ungebremst jahrelang Menschen aus rassistischen Motiven ermorden konnten, und das Verschweigen der staatlichen Beteiligung, Deckung und Duldung durch Verfassungsschutz und Strafverfolgungsbehörden mahnen, nicht dem Staat oder der Polizei zu vertrauen. Verdeckte und militante Organisationsformen sind da eher angebracht.

Auch die Morgenpost gibt Raum für eine manipulative Berichterstattung:
Der Vorsitzende der Berliner CDU lässt über die Berliner Morgenpost verlauten, dass der Brandanschlag „in diesen Zeiten auch ein Anschlag auf die Gesundheit der Bürger“ sei: Scheinheilig! Und der Verweis der Berliner CDU „Den politischen Meinungskampf (…) mit der Kraft der Argumente, nicht mit der Zerstörungskraft von Brandsätzen“ zu führen: Langweilig. Die CDU will das Versammlungsverbot weiter in Kraft halten, um Demonstrationen zum 1. Mai zu verhindern. Der Satz „Wer Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele einsetze, stelle sich außerhalb jeder demokratischen Debatte.“ zeigt, wann der Begriff „Demokratie“ bemüht und wann er gebeugt werden muss. Wenn die Polizei am 1. Mai demokratisch legitimiert Gewalt ausübt, Demonstrationen demokratisch zerschlägt, dann weil unter anderem eine demokratische CDU dafür plädiert, das Versammlungsrecht auszuhebeln. Covid 19 sei Dank, alles ganz demokratisch! Von ihren demokratischen Kriegen, die sie noch während der Pandemie ausweiten, und der demokratischen Demontage des Gesundheitssystems in den vergangenen Jahrzehnten - so viel zum Thema "Anschlag auf die Gesundheit der Bürger" - ganz zu schweigen.

Vulkangruppe shut down the power / Digitale Zurichtung sabotieren

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Ergänzungen

Warum interessiert ihr euch denn so sehr dafür, was die Presse schreibt? Wäre es nicht absurd, die Presse als Sprachrohr für eigene Inhalte nutzen zu wollen? Scheißt doch einfach drauf, was die sagen, wer halbwegs interessiert an einer solchen Aktion ist, die*der informiert sich doch sowieso woanders!
Stattdessen lasst ihr euch zu einem erneuten Statement provozieren, was das Risiko Fehler zu begehen und gebustet zu werden doch nur erhöht. Verstehe ich nicht …

Schön, dass es mal nicht egal ist was die (Stadt-)Gesellschaft dazu sagt oder lügt. Dass Kopietz neuerdings so viel unwahres schreibt mag an dem Sparzwang in seiner Redaktion liegen, in der er inzwischen für zwei Zeitungen schreibt. Unerwähnt durchgehen lassen muss mans ihm trotzdem nich. Noch zu erwähnen: Die Berliner Medien haben esehr zögerlich berichtet und gewartet bis es eine DPA-Agenturmeldung gab. Schon am Abend zuvor hatte ein Tagesspiegel-Polizeireporter den Link zum Schreiben im Social-Media verbreitet, aber ohne eigenem Artikel.

Das Foto zeigt die bereits aus dem Bauloch geholten verbrannten Kabel.

Bilder: