NUR SUPERHELDEN HABEN KEINE ANGST

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"Wer sagt, dass er keine Angst hat, ist ein Superheld; wir sind aber keine Superhelden, sondern revolutionäre Ärzte."

-Kubanische Ärzte*innen und Pfleger*innen nach ihrer Landung in der Lombardei.

DAS VIRUS COVID-19

In den letzten Wochen erleben wir beispiellose Verhältnisse, die aus der Pandemie des sogenannten Corona Virus entstanden sind. Die besonderen Merkmale des Virus sind die im Vergleich zu ähnlichen Viren sehr hohe Ansteckung (oder Ansteckungsgefahr) und die Tatsache, dass es besonders für empfindliche Personengruppen tödlich sein kann. Im Rahmen der Entschleunigung der Übertragung des Virus hat der deutsche Staat unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Pandemie, eine Reihe von extremen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen.

Die bisherigen Maßnahmen des Staates, das staatliche Narrativ und die mediale Panik, die ihn begleiten, erscheinen uns unverhältnismäßig im Vergleich zu den Gefahren für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung. erscheinen uns unverhältnismäßig zu den , der staatlichen Erzählung und der medialen Panik die sie begleitet. Der (kapitalistische) Staat mit seiner grundlegenden Funktion der Befriedung der Interessen der Macht vermittelt auf eine solche Art und Weise, dass die Gesamtheit der gesellschaftlichen Bedürfnisse und Wünsche im Rahmen eben dieser Machtinteressen gedeckt werden. Unter diesen besonderen Umständen nutzt der Staat die Pandemie zu seinen Gunsten, mit dem Ziel der Erschaffung eines Ausnahmezustandsregimes. Die politische Auseinandersetzung des deutschen Staates mit der Situation sieht auf der einen Seite Bullen auf den Straßen. Ausgangssperren und finanzielle Maßnahmen zum Schutz des Kapitals; und auf der anderen Seite die Verschiebung der Verantwortung auf jede einzelne Person vor, um somit die staatliche Verantwortung und die Unfähigkeit des Gesundheitssystems zu kaschieren. In kriegerischen Ansprachen wird von einem unsichtbaren Feind gesprochen und gemeinsames solidarisches Handeln sei erwünscht. In einem allgemeinen Klima des ‚wir schaffen das‘ versuchen Staat und Kapital die Situation zu ihren Gunsten zu nutzen. Die Krise wird zum Werkzeug; die Krise wird gesteigert und genutzt, um die Gewalt über unsere Leben zu erweitern und um jegliche soziale, politische und wirtschaftliche Kosten auf die Gesellschaft abzuwälzen. Ziel ist, nicht nur die Umstände im Hier und Jetzt zu nutzen, sondern Werkzeuge und Strategien der Macht für die Zukunft auszuprobieren, zu perfektionieren und letztendlich im kollektiven Bewusstsein zu legitimieren. Was als Versuch für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dargestellt wird, ist in Wirklichkeit ein Versuch, die staatliche Herrschaft und die kapitalistischen Produktionsverhältnisse aufrecht zu erhalten und zu erweitern.

STAAT IM AUSNAHMEZUSTAND

Die heutige Situation offenbart den wahren Charakter des Staates. Anstatt innerhalb der ‚Krise‘ das Gesundheitswesen als Hauptpriorität zu betrachten, wird in raschem Tempo auf Taktiken gesetzt, die an totalitäre und militärische Regimes erinnert. Mit Kriegszonen - ähnlichen Maßnahmen werden Menschenansammlungen mit mehr als zwei Personen verboten, polizeiliche Kontrollen erhöht, physische und elektronische Bewegungen überwacht, Bußgelder erhoben sowie jegliche soziale Interaktion unterbunden. Anstatt Menschen bzw. die Gesellschaft zu sensibilisieren und sie dazu zu bewegen, sich selbst zu informieren, werden mal wieder Entscheidungen gewaltsam durchgesetzt. Der totalitäre Charakter des Staates wird sichtbar, indem er den Ausnahmezustand in das Bewusstsein der Menschen katapultiert. An dieser Stelle werden auch gesellschaftliche Automatismen sichtbar. Viele Teile der Gesellschaft reproduzieren unbearbeitete staatliche Propaganda in noch krasseren Tönen. Durch diskriminierendes Verhalten werden sie zu den schlimmsten Denunziant*innen. In einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit und den Überlebensinstinkten folgend, wird alles, was Staat und Kapital serviert, angenommen: von Lohnkürzungen bis zur Ausgangssperre. Dem Vorbild Chinas folgend, analysiert in Deutschland das Robert Koch Institut (RKI) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom mit Hilfe der mobilen Telefondaten die Bewegungsprofile von Menschen. Telefonate und GPS Daten werden gespeichert und dem Staat für weitere ‚Analysen‘ übermittelt. Laut RKI ist das Ziel dieser Maßnahme, Möglichkeiten zu schaffen, um Entscheidungen anhand von Big Data Analysen zu treffen. Die Implementierung dieser Maßnahmen des Ausnahmezustands führen nur zur einer weiteren gesellchaftlichen Kontrolle und Überwachung. Dadurch werden Entscheidungen innerhalb weniger Stunden getroffen, die unter ‚normalen Verhältnissen‘, ohne Pandemie über mehrere Jahre an Diskussion benötigen würden. Bis dato kann uns keiner garantieren (nicht dass wir uns auf staatliche oder wissenschaftliche Aussagen verlassen würden), dass die Daten, die durch den Corona Test oder über moderne biometrische Systeme der Überwachung gesammelt werden, nicht in staatlichen Händen bleiben werden und somit die dystopische Gesellschaft der Zukunft immer näher an die Realität rückt.

NATIONALE ERZÄHLUNG

Das Alltagsleben hat sich also innerhalb einiger Wochen verändert, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus jedoch nicht. Unter diesen neuen Verhältnissen des Ausnahmezustands, die sich weltweit für den Erhalt der jeweiligen (Herrschafts-)Systeme entwickelt haben, fanden die ersten Erzählungen unter dem “Narrativ der Nation” statt. Das Corona Virus hat sich von einer weit entfernten Stadt irgendwo im kapitalistischen China, über verschiedene Menschen innerhalb der letzten Wochen zu uns nach Europa übertragen. Die anfänglichen Reaktionen, mit dem Anstieg der Zahlen und prozentualen Angaben der Erkrankten, war die Sinophobie (bzw. Chinaphobie), oder besser ausgedruckt, die Phobie gegenüber Menschen asiatischer Herkunft. Es ist schließlich bekannt, dass Viren und Bakterien sich aufgrund äußerlichen Charakteristiken und Nationalitäten verbreiten. Die ersten Reflexe gegenüber dem Virus waren in einigen europäischen Städten die Marginalisierung dieser Personen und die physische Distanzierung vοn Ihnen. Währenddessen hatte sich in jener Zeit die Debatte um die Zusammenarbeit der AfD mit der FDP und der CDU gedreht, sowie um die Handhabung der Konflikte in den griechisch-türkischen Grenzgebieten durch Frontex oder um die offene Faschisierung von Teilen der Gesellschaft in der griechischen Provinz. Dies war erkennbar an den teils uniformierten und teils nicht uniformierten Sheriffs, die Migrant*innen entweder mit Schüssen in Empfang nahmen, oder Ihnen den Zutritt auf die griechischen Inseln verweigerten. In einer zweiter Analyse, auch weil das System mit den Krisen an den Grenzen nicht umgehen kann, wird eine Verschiebung der Interessen der Öffentlichkeit hin zu Statistiken sichtbar. Es entsteht eine Sintflut an Artikeln und Zahlen, die sich ständig verändern und ein sich allmählich entwickelndes Gefühl der Unsicherheit und Panik erzeugen. In dieser dystopischen Realität, einer Mischung von ‚Die Stadt der Blinden‘ und ‚1984‘ findet der Staat fruchtbaren Boden für die 'Wir schaffen das‘ Argumentation. Ein Gefühl, dass rassische und gesellschaftliche Antagonismen füttert und ausnutzt, um in unserem Bewusstsein seine angebliche Effizienz zu etablieren. Dieses Gefühl des gemeinsamen Kampfs gegen das unsichtbare Virus ist ertragreich und leistbar nur dann, wenn der äußere Feind erstmal abgeschirmt ist, deswegen wurden auch erstmal die Grenzübergänge reduziert und im weiteren Verlauf ganz dicht gemacht. Es wird also ein breites Spektrum an konservativen Idealen zur Geltung gebracht: die Eigenverantwortung, die gesellschaftliche Verantwortung, der unsichtbare Feind, die Mobilisierung von Militär und Polizei, die Isolation und das Gefühl des nationalen Zusammenhaltes. Während die repressiven Manöver gegen Migrant*innen an den Grenzen Europas fortgesetzt werden, gibt es keine Empfindlichkeit innerhalb oder außerhalb der Metropolen für diese Ausgestoßenen der Gesellschaft, die in zeitgenössischen “(Konzentrations)lagern” verrecken.

GESUNDHEITSWESEN

Neoliberale Politik setzt nicht auf die Verteidigung der öffentlichen Gesundheit, sondern auf Profit. Ziel ist die Sicherung der kapitalistischen Profitmaximierung und nicht der Schutz des menschlichen Lebens. Das öffentliche Gesundheitswesen steht weltweit unter Druck. Unterbesetzte Krankenhäuser und der Mangel an Intensivstationen, Corona-Tests und häuslicher Pflege führen zu einem dynamischen Anstieg der Todesfälle und offenbaren die Schwäche der Systeme, viele Erkrankte gleichzeitig behandeln zu können. Aus diesem Grund ist die Antwort, die die meisten Regierungen zur Corona Pandemie vorschlagen und durchsetzen, die persönliche Abschottung und der Hausarrest. Durch diese auferlegten Maßnahmen weisen die Regierungen die Verantwortung über die mangelhafte Situation des Gesundheitswesens ab und versuchen die Ursachen dieses Mangels zu verschleiern. Nämlich die lang andauernde Vernachlässigung des Gesundheitswesens zu Gunsten anderer Infrastrukturen, die von Staat und Kapital als bedeutsamer und Gewinn erträglicher betrachtet werden, wie z.B. das Militär und die Polizei. Die Isolation wird vorgezogen, weil die gleichzeitige Behandlung vieler Infizierter für den Staat schlichtweg unmöglich ist. Soziale Interaktion erhöht die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung großer Teile der Gesellschaft zur gleichen Zeit und nicht die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung. Im Prinzip wird unsere Isolation auf Grund der mangelhaften Verwaltung des Staates vorgeschlagen. Eine Isolation, die unsere Körper belastet und in öffentliche Gefahren, Infektionskörper oder gesundheitliche Probleme verwandelt. Körper, die kontrolliert werden müssen, um eine sterilisierte Welt zu schaffen, geprägt von totalitären und biowissenschafltichen Bedingungen. Diese Situation kreiert natürlich ein höchst profitables Feld für die Pharmaindustrie, die gebeten wird, schnellstmöglich den Impfstoff gegen das Covid-19 Virus zu entwickeln. Die menschliche Gesundheit hat für die Pharmaindustrie schon immer ein profitables Feld kommerzieller Investitionen dargestellt, vor allem unter den heutigen Verhältnissen. Profit lehnt sich an die nicht ausreichenden Strukturen des öffentlichen Gesundheitswesens an, da im Vorfeld nicht genügend vorbeugende Maßnahmen getroffen wurden und somit die Nachfrage, die Kundschaft und der Umsatz steigt. Was dabei natürlich verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass die wissenschaftliche Community mit Hilfe des Staates und seiner Mechanismen Tiere, zum Beispiel Affen, als wissenschaftliche Werkzeuge benutzt. Für ein weiteres Mal, müssen Tiere für die mangelhafte Vorsorge der Menschen in Rechenschaft gezogen werden, Einsperrung in Käfigen und schmerzhafte Experimente überleben (oder auch nicht), im Namen des rettenden Impfstoffes für die Menschheit.

GEFLÜCHTETE – KNÄSTE – PSYCHIATRISCHE KLINIKEN –OBDACHLOSE

All die unsichtbaren Menschen der Gesellschaft, die sich auf den Straßen, in Lagern (oder an den weltweiten Grenzen), in psychiatrischen Kliniken, oder hinter Gittern und in Deportationslagern befinden, haben keine Zugangsmöglichkeit zu grundlegenden Selbstschutzmitteln wie Seife oder Desinfektion. Im Fall der Gefangenen wird die Einstellung von Besuchen als Lösung vorgeschlagen, die unwürdige Isolationsverhältnisse werden dabei ignoriert. Die einzige Schutzmaßnahme, die den Gefangenen angeboten wird, ist die vorzeitige Schließung der Zellen, keine ärztliche Versorgung bei Erscheinung von Symptomen des Virus und Durchsetzung eines 24-stundigen Aufenthalts in der Zelle zur Vermeidung von Massenpanik unter den Gefangenen, während sie täglich mit möglicherweise infizierten Justizvollzugsbeamten in Kontakt kommen. Was Flüchtlingsunterkünfte angeht, war die erste Reaktion des deutschen Staates das Zutrittsverbot für solidarische Menschen, Quarantäne und Festnahmen in den Unterkünfte für jene, die sich nicht an die neuen Regeln gehalten hatten. Im Weiteren, versucht der Staat, durch Freilassung von Gefangenen (im Verlauf der letzten Tagen der Verbreitung des Virus) ein soziales Gesicht zu zeigen, sorgt aber weder für Einkommen oder Unterkunft für diese Menschen, und wälzt dadurch die Lasten der Versorgung und die ‚persönliche Verantwortung‘ auf die Schultern der Gefangenen ab. Diese sozialen Gruppen bleiben einerseits für den Staat wie immer unbemerkt, auf der anderen Seite sind sie gezwungen, sich mittellos an die neuen “Schutzmaßnahmen” zu halten.

ARBEITSBEDINGUNGEN

Für ein weiteres Mal müssen die Ausgebeuteten der Gesellschaft die Lasten der Krise auf ihren Schultern tragen. Viele Unternehmen bleiben geöffnet und zeigen kein Interesse an der Gesundheit der Arbeitnehmer*innen, andere schließen, ohne den Lebensunterhalt der Erwerbstätigen zu gewährleisten. Somit wird der Weg für Arbeitgeber*innen eröffnet, Arbeitsrechte einzuschränken und die Konsequenzen auf die Mitarbeiter*innen zu schieben. In vielen Sektoren wird die Arbeit von Zuhause empfohlen. Durch diese Handhabung wird ein großer Teil der Betriebskosten eines Unternehmens auf die Mitarbeiter*innen abgewälzt (Strom, Internet, Heizkosten), ohne dass in Betracht gezogen wird, dass ein großer Teil dieser Kosten aus Gründen, bezüglich der jeweiligen Wohnsituation, eventuell nicht getragen werden kann. Im Rahmen des Homeoffice intensivieren sich die on-Call Arbeitszeiten, soziale Interaktion unter den Mitarbeiter*innen wird stillgelegt, jegliche gewerkschaftliche Beschäftigung wird eingestellt und die Willkür von Seiten des Arbeitgebers bleibt uneingeschränkt. Abgesehen von diesen Fällen, in welchen die Empfehlung des sicheren Arbeitens umsetzbar ist und während Medien und Regierung die Isolation und den Aufenthalt Zuhause empfehlen, setzen einige Berufsgruppen ihre Arbeit normal fort, ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen oder gesonderte finanzielle Hilfsmittel. Diese Menschen sind tagtäglich dem Virus ausgesetzt, in diesem Fall wird die Gefahr jedoch verschwiegen, die Fortsetzung von Produktion und Dienstleistung rücken in den Vordergrund, mit dem Ziel der Gewährleistung des kapitalistischen Gewinns. Diese Situation kann sich offensichtlich in Erpressung gegenüber diesen Menschen entwickeln, Menschen die kein anderen finanziellen Ausweg haben, Menschen die der Gefahr des Virus nicht entweichen können, weil sie ihre Arbeit nicht verweigern können, Menschen aus finanziell ärmeren Verhältnissen, die letztendlich ihre Gesundheit auf’s Spiel setzten, um die Interessen des Kapitals zu gewährleisten/umzusetzen. Eine weitere Maßnahme des Staates ist die finanzielle Unterstützung für Arbeitnehmer*innen, die während der Krise entlassen oder suspendiert wurden, da Geschäfte, Betriebe oder Unternehmen schließen mussten und somit das Kapital von Lohnzahlungen entlastet. Inmitten einer weiteren Krise sind es mal wieder die staatlichen Kassen, die gefüllt durch die Steuerabgaben der Beschäftigten, zur Deckung der Lasten von privaten Unternehmen herangezogen werden, während privatwirtschaftliches Kapital unangetastet bleibt. Gleichzeitig entspricht die angekündigte Entschädigung 60% des normalen Gehaltes. In einer Stadt wie Berlin, mit einer riesigen Schattenwirtschaft in primären Sektoren der Wirtschaft, zum Beispiel in der Bauwirtschaft, der Gastronomie und den haushaltsnahen Dienstleistungen, bedeutet dies, dass ein großer Teil der Beschäftigten nur ein geringen Anteil ihres wahren Gehalts erhalten wird. Ein weiterer großer Teil der Beschäftigten in derartigen Bereichen befindet sich gezwungenermaßen in Teilzeitverträgen, obwohl Vollzeit gearbeitet wird, um den Unternehmen einen geringfügigen Verlust zu ersparen. Die Entschädigung wird natürlich auf Grund des unterschriebenen Vertrags errechnet und nicht auf Grund des wahren Einkommens, was bedeutet, dass die Zahlungsmittel den Lebensunterhalt der Beschäftigten nicht decken können. Schlussendlich werden diese Entschädigungen im Eilverfahren ausgehändigt, um die Wirtschaft zu unterstützen und den ewigen Fluss von Produktion und Konsum möglichst in Bewegung zu halten. In Zukunft könnten jedoch die Zuschüsse in einigen Fällen rückgängig gemacht werden, wenn der staatliche Apparat urteilt, dass Zahlungen zu hoch geschätzt wurden.

WOHNSITUATION - FREIRÄUME

Während der Staat eine Reihe neuer Maßnahmen zur Eindämmung der sozialen Kontakte und der Stärkung der Wirtschaft einführt, hat es bis dato keine Maßnahmen zum Wohnungsmangel, einem der größten gesellschaftlichen Probleme der letzten Jahre, gegeben. Die einzige Reaktion die es bisher gab, ist ein Gesetzentwurf des Bundesparlaments zur Aufschiebung von Zwangsräumungen für die Zeit der Pandemie, ohne dass Mietzahlungen eingestellt werden. Praktisch bedeutet dies, dass die Regierung im Zeitraum der ‚Krise‘ ihr Image nicht mit schwierigen Räumungen verunglimpfen möchte und diese für zukünftige Zeiten aufhebt, in denen sie in ‚positiver‘ Weise politisch verwendet werden können. Außerdem führt die Nichteinführung des Mietenstopps in Zeiten der Verringerung von Einkünften möglicherweise zu mehreren Zwangsräumungen in der Zukunft. Gleichzeitig verdeutlichen die staatliche Kampagne #WirBleibenZuhause und jene Segmente der Gesellschaft, die dies befürworten, ein weiteres Problem der Wohnsituation in Berlin. Alle sollen zu Hause bleiben, was aber verschwiegen wird ist, dass wir nicht alle unter den gleichen Bedingungen zu Hause bleiben. Für ein Großteil der Bevölkerung, die in großen Wohnungen im städtischen Gebiet oder in Einfamilienhäusern in den Randbezirken und Vororten leben, stellt diese Aufforderung kein Problem dar. In Kombination mit erspartem Geld und Arbeit von Zuhause, handelt es sich im schlimmsten Fall um eine nervige Situation. Für eine Vielzahl von Menschen, die in kleinen Zimmern in WGs wohnen, ohne ausreichender Heizung, ohne Balkone und gemeinschaftlichen Räumen, oder für mehrköpfige Familien mit kleinen Wohnungen entwickelt sich dagegen eine unerträgliche Situation. Noch viel schlimmer ist die Situation für die Tausenden von Obdachlosen in der Stadt, die im besten Fall in Sammelunterkünften unterkommen, ohne gesundheitliche oder finanzielle Hilfsmittel. Ein weiteres mal wird also die Argumentation des gemeinsamen ‚Wir schaffen das‘ und der vermeintlich gemeinsamen Bekämpfung des Virus verwendet, um die gesellschaftlichen Ausgrenzungen und Antagonismen zu verschleiern. Letztendlich geht die Planung von Räumungen und die Repression gegenüber besetzten Häusern, Hausprojekten und Kollektiven weiter. Die geplante Räumung des Syndikats am 17.04. wurde zwar (auch auf Grund des politischen Drucks der Szene und der Aufrufe, die in letzter Zeit geschrieben wurden) abgesagt. Eine Absage, die jedoch temporär ist. Gleichzeitig hat sich die Präsenz der Bullen am Dorfplatz (Liebigstraße/Ecke Rigaerstraße) seit der Einführung der neuen Bulleneinheit intensiviert und die Räumungsprozesse der bedrohten Projekte stehen weiterhin an. Zum widerholten mal schirmt der Staat die Interessen der Immobilienbesitzer ab und wälzt die finanziellen Lasten auf die Menschen, die die Häuser brauchen, ab. Gleichzeitig wird das Druckmittel der kommenden Räumungen benutzt, in einer Zeit in der die bedrohten Teile der Gesellschaft in Schutz genommen werden sollten.

SELBSTORGANISIERUNG

Wir, als Anarchist*innen, möchten eine Gesellschaft schaffen, die sich selbst schützen kann und ihre Probleme ohneZwischenvermittlung lösen kann. Eine Gesellschaft, in der soziale Konflikte nicht unter den Bedingungen des Zugeständnisses und des Verbots, des Gesunden und des Kranken stattfinden. In den aktuellen Zeiten der Unterdrückung, der Repression und der Kontrolle antworten wir mit unseren Hauptprinzipien - der Solidarität und der Selbstorganisierung. Gegen die Politik der Isolation und der Einschränkungen befürworten wir die Gegenseitige Hilfe. Besonders für Menschen, denen jegliche Privilegien entzogen werden, ist die direkte Hilfe unser stärkstes Mittel. Wir sind solidarisch mit allen Gefangenen, Obdachlosen, Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen und Migrant*innen. Durch Plünderungen können wir bedürftigen Menschen praktische Hilfe gewähren. Selbstorganisierung kann schon im eigenen Haus und Kiez beginnen, indem wir Netzwerke gegenseitiger Hilfe aufbauen. Die Haus- und Kiezversammlungen bekommen dadurch eine neue Bedeutung. Wir stehen beieinander und unterstützen Menschen, die häusliche oder patriarchale Gewalt erleben, vor allem in den jetzigen Zeiten der Isolation. Wir kommen zusammen trotz allen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen, die uns verhindern, unsere politischen Aktionen und Kämpfe weiter zu organisieren. Wir widerstehen jeglicher Willkür und Kündigungen von Seiten der Arbeitgeber*innen und bleiben in Kontakt mit unseren Kolleg*innen. Wir nutzen technische Infrastrukturen als Vernetzungsmittel mit anderen Menschen und Gruppen jenseits von Grenzen, Zäunen und Gittern. Wir benutzen und schaffen neue verschlüsselte Plattformen für die Verbreitung unserer Kämpfe.

FORTFÜHRUNG UNSERER KÄMPFE

Wir nehmen die problematische Verwaltung der Krise seitens der Regierung war und uns ist die begrenzte Belastbarkeit des Gesundheitswesens bewusst. Deswegen zeigen wir uns solidarisch gegenüber Risikogruppen, schützen sie und erhöhen unsere eigenen Schutzmaßnahmen. Vorsorge und Vorbeugung sind wichtig, sowohl für uns, als auch für unser Umfeld. Schließlich sind wir diejenigen, die ihre Jobs verlieren, nicht wissen ob wir die Miete in den kommenden Monaten zahlen können, nicht versichert sind und gesundheitliche Probleme haben. Der Selbstschutz und der Schutz unseres Umfelds sind uns wichtig, nicht weil es der Staat so möchte, sondern gerade gegen seine Befehle. Da der Angriff auf jede*n Einzelne*n von uns fortgesetzt wird, um die staatliche Unzulänglichkeit zu verschleiern, unterschreiben wir kein Friedensabkommen. Wir kämpfen weiter, um unseren Gegenangriff zu organisieren und massiv und kämpferisch zu antworten. Wir unterstützen die Kämpfe der Gefangenen in Italien, der Migrant*innen und Gefangenen in Griechenland und den Teilen der Gesellschaft, die trotzdem und immer noch widerstehen. Wissend, dass wir für ein weiteres Mal die Mangel des Systems tragen müssen, antworten wir im ersten Schritt mit Solidarität und Vernetzung und im zweiten Schritt mit Konfrontation gegen all die, die uns ein Leben des Überlebens aufbringen wollen. Aus diesen Gründen schließen wir uns dem Aufruf von #besetzen an, und treten ein für Besetzungen von AirBnb Wohnungen, lehrstehenden Wohnungen, Ferienwohnungen und Häusern, damit sie denen, die sie wirklich brauchen, zur Verfügung gestellt werden https://de.indymedia.org/node/74444. Wir unterstützen Solidaritätsaktionen für Gefangene https://de.indymedia.org/node/74177. Wir solidarisieren uns mit dem Kampf der Rigaer94 gegen den repressiven Angriff des Staates, durch Unterstützung von Aktionen und Aufrufen https://de.indymedia.org/node/73264 und wir grüßen die Menschen des SabotGarden in ihrem unfairen Kampf gegen Isolation und Repression https://de.indymedia.org/node/71168 [de] und https://de.indymedia.org/node/70661 [en]. Da die Gesellschaft Ungerechtigkeit und Ausbeutung reproduziert, werden wir weiterhin kämpfen und versuchen, neue Wege zu gehen, auch in dem wir in den Dialog treten. Wir haben viele Wege des Widerstands, der Selbstorganisierung und der Solidarität und noch viel mehr zu entdecken.

KΕΙΝΕ ΚÜNDIGUNG, KEINE ARBEITGEBERISCHE WILLKÜR, KEINE GEHALTSKÜRZUNGEN!

WÜRDEVOLLE WOHNVERHÄLTNISSE UND ÄRZTLICHE VERSORGUNG FÜR ALLE!

FREIHEIT FÜR DIE GEFANGENEN UND SCHUTZMASSNAHMEN FÜR ALLE, BIS ZUM ABRISS DES LETZTEN KNASTES!

MIETENSTOPP, KEINE ZWANGSRÄUMUNGEN, KEINE RÄUMUNGEN!

SOLIDARITÄT KENNT KEINE QUARANTÄNE!

Autonome Risikogruppen

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Ergänzungen

Die radikale Unfähigkeit des Kapitalismus, ein (gutes) Leben zu garantieren – Ambivalenzen, Widersprüche und linksradikale Forderungen in der Corona-Krise

„Ein Gespenst geht um in der Welt – das Gespenst des Corona-Virus“
(Christian Drosten) [1]

Ein vehementer Angriff erschüttert derzeit den Globus: das Corona-Virus, das tödliche Konsequen-zen mit sich bringen kann, versetzt viele Menschen in Angst und Panik und stellt scheinbar alle sozialen Gewissheiten in Lichtgeschwindigkeit auf den Kopf. Auch die Welt der Autor_innen steht derzeit Kopf – der folgende Text versammelt einige Gedanken, Perspektiven und Forderungen, ist aber nur bedingt stringent und deckt sicher nicht alle relevanten Themenfelder ab. Neben der ambivalenten Rolle des Staates in der Corona-Krise wollen wir auch auf die Ebene des Subjektes eingehen und zum Ende einige politische Forderungen formulieren.

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