[TÜ] Die Auswirkungen einer Krise – Leerstand und Wohnungsnot in Zeiten von Corona

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So viele Häuser stehen leer. Seit Jahren blockieren Eigentümer*innen durch Leerstand Wohnraum und lassen ihn verfallen. Andere verdienen ein Vermögen an überteuerten Airbnb-Wohnungen und Hotels, die derzeit leer stehen. Es handelt sich um Wohnraum, der hier in Tübingen viel zu knapp ist. Gerade jetzt in der Corona-Krise wird deutlich, dass es überall an Räumen für Menschen ohne sicheres zu Hause fehlt.

Das Haus in der Schwarzlöcherstr. 23 ist vom Verfall gezeichnet. Seit Jahren steht es leer und ist nun vermutlich nicht mehr bewohnbar. Gerade jetzt, in Zeiten von Corona, manifestiert sich das Versagen dieses Systems. Dringend benötigte Zufluchtsorte für Menschen werden verwehrt. Es ist nun erforderlich, diesen Missstand noch stärker anzuprangern als bisher.

Zuhause ist nicht für alle sicher.

Das Corona Virus diskriminiert nicht. Die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen es auftritt, diskriminieren jedoch umso mehr. Die Strategien der Regierungen haben einen Klassencharakter und wirken geschlechtsspezifisch. Durch das erzwungene „zuhause-bleiben" vieler Menschen, kommt es nachweislich zu einem Anstieg häuslicher Gewalt. Die Statistik zeigt seit Jahren einen massiven Anstieg rund um die Feiertage, wenn die Familien zusammen sind. Unter den verschärften Voraussetzungen von Isolation oder Ausgangsbeschränkungen werden Gewalttaten in den eigenen vier Wänden womöglich stark zunehmen. Studien über die Situation in Wuhan bestätigen dies bereits. [2]

Deswegen fordern wir: selbstverwaltete Frauen*häuser statt Leerstand!

Zuhause bleiben kann nur, wer ein Zuhause hat.

Auch andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen (Menschen ohne Papiere oder geregelten Aufenthaltsstatus sowie Obdachlose) werden durch den Corona Virus noch stärker marginalisiert und leiden besonders unter der momentanen Situation. Deshalb wird wirksame Unterstützung für diese Gruppen dringend benötigt. Einrichtungen für diese Menschen sind jedoch entweder nicht vorhanden oder maßlos überlastet. Vor dem Virus sind eben nicht alle gleich. Durch Corona entsteht eine Katastrophe im Besonderen für die sozial benachteiligte Bevölkerung.

Fakt ist: Diskriminierende Strukturen werden in der Krise verstärkt. Wer ohnehin durch Rassismus, Klassismus und/oder Sexismus betroffen ist, wird die Diskriminierung während Corona noch stärker spüren.

„Das bereits seit langem bestehende, weltweite Elend sowie die unzähligen Ungerechtigkeiten in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen treten angesichts der durch Corona ausgelösten Krise noch einmal verstärkt hervor. Diese Pandemie lässt die Unvernünftigkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems deutlicher denn je zu Tage treten: Profite stehen über Menschen. Wenn diese Krise überstanden ist, sollten wir also nicht einfach so weitermachen wie bisher (about:utopia).“ [3]

Lasst uns handeln!

Wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen: Konsequente Aneignung von privatem Leerstand und das sofortige öffnen von Hotels und Airbnbs, ist der Einstieg in eine notwendige und langanhaltende Debatte um das ausreichende Bereitstellen von sicherem Wohnraum und Anlaufstellen (z.B. Frauen*häuser, Unterkünfte für obdachlose Menschen und Geflüchtete).

Generell ist eine Bereitstellung von Wohnraum für alle Menschen eine grundlegende Forderung.
Wohnraum darf keine Ware sein, mit der spekuliert wird, sicheres Wohnen ist ein Grundrecht! Wir wollen mit der Logik des Profits brechen. Dieser Bruch darf nicht bei einer abstrakten und akademischen Analyse aufhören, sondern muss in gemeinsame Aktionen zur Stärkung der Solidarität von unten übergehen. Deswegen fordern wir einen kollektiven Mietstreik - in Solidarität mit allen, die sich keine Mieten leisten können. [4]

Wir wollen selbstverwaltete Strukturen zur gegenseitigen Hilfe schaffen und uns langfristig nicht auf staatliche Anlaufstellen verlassen. Emanzipatorische Kämpfe können nur geführt werden, wenn wir uns wirklich selbst ermächtigen und uns nehmen was uns zusteht.

Besonders wichtig ist uns zu verdeutlichen, dass #stayathome nicht den Rückzug ins Private bedeuten sollte, sondern ein Kampf für eine befreite Welt durch die momentane Situation noch viel dringlicher wird. Unsere Aktion findet als Teil der Kampagne "Housing Action Day" statt. Wir schließen uns den Forderungen des "Housing Action Day" an. Wir rufen euch dazu auf euch mit Aktionen dem Widerstand anzuschließen. #housingactionday2020 [5]

[1] Wir wollen direkt zu Beginn darauf hinweisen, dass wir nur einen Ausschnitt der Probleme aufzeigen können, die durch Covid-19 verstärkt sichtbar werden: Alle/Mehr Auswirkungen auf die Welt und ihre Bewohner*innen in diesen Text einzubringen, hätte den Rahmen gesprengt. Uns ist bewusst, dass es noch eine Reihe mehr Missstände gibt, die angeprangert werden müssen.

[2] https://weisser-ring.de/media-news/meldungen/27-03-2020-0

[3] https://de.indymedia.org/node/74100: Mindestmaßnahmen – Covid-19

[4] https://taz.de/Mietstreik-in-Hamburg/!5673132/

[5] https://www.housing-action-day.net/

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Ergänzungen

Also im Vergleich zu Berlin ist Tübingen ja eher unbedeutend